value innovation map

Einführung

Das Buch Blue Ocean Strategy der Professoren W. Chan Kim und Renée Mauborgne der INSEAD Business School in Frankreich ist wohl eines der am meisten beachteten Innovationbücher der letzten Jahre. Darin beschreiben sie, wie Unternehmen mit innovativen Produkten neue Märkte eröffnen und darin konkurrenzfrei wachsen können. Ihren Ansatz nennen sie Value Innovation. Im Buch sind einige Werkzeuge enthalten, die bei der Entwicklung neuer Produkte behilflich sein können.

Eines der Value Innovation Werkzeuge ist die so genannte Buyer Utility Map, eine Suchfeldmatrix für neue Produkte. Die Zeilen der Tabelle sind so genannte Utility Levers, d.h. Hebel zur Erhöhung des Kundennutzens. Im Original heißen diese Hebel

  • Risiko: Das Risiko für den Kunden wird verringert.
  • (Kunden-)Produktivität: Der Kunde kann eine Aufgabe mit dem neuen Produkt schneller erledigen.
  • Komfort: Das neue Produkt ist komfortabler als das bisherige Angebot.
  • Umweltfreundlichkeit: Das neue Produkt ist umweltfreundlicher als das bisherige.
  • Spaß und Image: Das neue Produkt macht dem Kunden mehr Spaß als das bisherige, oder es verbessert sein Image.
  • Einfachheit: Das neue Produkt ist einfacher als das bisherige.

Die Spalten der Tabelle sind die Phasen des so genannten Buyer Experience Cycle. Dies sind die verschiedenen Phasen der Begegnung des Kunden mit dem Produkt. Diese Phasen heißen im Einzelnen:

  • Kauf
  • Lieferung
  • Benutzung
  • Zusatzprodukte
  • Wartung
  • Entsorgung

Die Kombination der sechs Zeilen und sechs Spalten ergibt eine Tabelle mit 36 Feldern. Jedes dieser Felder liefert einen anderen Ansatz für ein neues oder verbessertes Produkt.

Die ursprüngliche Buyer Utility Map ist unter anderem auch bei Wikipedia zu finden.

Verbesserungen

Von einem guten Modell kann man verlangen, dass es zwei wichtige Eigenschaften besitzt:

  • Vollständigkeit: Das Modell enthält alle relevanten Aspekte; es wurden keine weggelassen.
  • Redundanzfreiheit: Die einzelnen Komponenten des Modells sind überschneidungsfrei; keine Komponente enthält Teile einer anderen.

Besitzt das Modell diese beiden Eigenschaften nicht, dann ist seine Nützlichkeit stark eingeschränkt. Wir müssen also untersuchen, ob die Spalten- und Zeilenüberschriften der Tabelle jeweils alle wünschenswerten Möglichkeiten abdecken und ob sie frei von Überschneidungen sind.

Es folgt eine Präsentation unserer Verbesserungsvorschläge. Das Ergebnis ist im Diagramm am Anfang des Artikels abgebildet.

Die Zeilen

Von den ursprünglichen sechs Zeilen der Tabelle übernehmen wir die ersten drei (Produktivität, Komfort und Risiko) unverändert.

Einfachheit halten wir für redundant, da sie entweder dem Komfort oder der Produktivität dient. Sie stellt also keinen eigenständigen Kundennutzen dar.

Spaß und Image erscheint uns unvollständig. Diese beiden Effekte sind psychologische Vorteile, die ohne Zweifel Kundennutzen darstellen, doch derlei gibt es viele mehr. Beispiele hierfür sind der Beruhigungseffekt von Zigaretten oder Kaugummi und das Zugehörigkeitsgefühl das Fan-Artikel ihren Eigentümern verleihen. Aus diesem Grund verallgemeinern wir diese Kategorie und nennen sie Psychologische Vorteile. Diese Kategorie enthält nicht nur Spaß und Image, sondern sämtliche Arten von psychologischem Kundennutzen.

Umweltfreundlichkeit halten wir ebenfalls für unvollständig. Wir ziehen an dieser Stelle den Begriff (Umfeld-)Kompatibilität vor. Umfeldkompatibilität enthält die zwar Umweltfreundlichkeit, geht aber darüber hinaus. Mit Umfeld meinen wir beispielsweise auch das funktionale oder physische Umfeld eines Produktes, und Kompatibilität schließt auch technische und geschmackliche oder stilistische Kompatibilität mit ein. So hat ein Computer eine hohe Umfeldkompatibilität, wenn er viele Schnittstellen zu anderen Geräten enthält, und ein Möbelstück hat eine hohe Umfeldkompatibilität, wenn es einem vorhandenen Einrichtungsstil entspricht.

Zukunftspotential ist ein neuer Hebel, die im Original keine Entsprechung hat. Er bezeichnet die Attribute eines Produktes, die es im weitesten Sinne zukunftsfähig machen. Bei einem technischen Gerät könnte dies die Ausstattung mit einer neuen Schnittstelle sein, die zwar angekündigt, aber noch nicht weit verbreitet ist. Zukunftsfähiger wird ein Produkt auch, wenn seine Wiederverkaufswert erhöht wird oder die Verfügbarkeit von Ersatzteilen für einen längeren Zeitraum garantiert wird.

Total Cost of Ownership ist ebenfalls ein neuer Hebel. Damit sind sämtliche Aufwendungen gemeint, die mit dem Kauf und dem Betrieb eines Produktes verbunden sind. Diese umfassen unter anderem den Kaufpreis, die Betriebs- und Wartungskosten und den Platzverbrauch. Jede Reduktion dieser Kosten bedeutet eine Erhöhung des Kundennutzens.

Zu jedem Hebel existiert eine Checkliste, die Anregungen enthält, wie der entsprechende Kundennutzen erzielt werden kann. Beispielsweise gehören zur Checkliste für Komfort erhöhen die folgenden Anregungen:

  • bequemer machen
  • Zugang erleichtern
  • verständlicher machen
  • individueller machen
  • Bedienung vereinfachen
  • intuitiver machen

Die Spalten

Im Originalmodell von Kim und Mauborgne steht in den Spalten der Matrix der Buyer Experience Cycle. Dieser beschreibt die einzelnen Phasen, in denen der Kunde das Produkt erlebt (Kauf, Lieferung, Betrieb, …) . Der Buyer Experience Cycle stellt aber nur eine von vielen möglichen Sichtweisen auf ein Produkt dar. Es gibt aber viele weitere Sichtweisen auf Produkte, und alle könnten an dieser Stelle eingesetzt werden. In diesem Sinne scheint die Buyer Utility Map nicht allgemeingültig genug zu sein. Es ist (zumindestens mir) nicht klar, warum Kim und Mauborgne diese spezielle Perspektive gewählt haben. Sie passt beispielsweise zu physischen Produkten, aber nicht zu Dienstleistungen (bei denen es weder Lieferung noch Entsorgung gibt.)

Aus diesem Grund haben wir die Spalten von Buyer Experience Cycle in Situation Focus umbenannt. Beim Situation Focus wird die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Perspektive auf die Ausgangssituation gelenkt. Einige mögliche Perspektiven sind:

  • Buyer Experience Cycle (wie bei Kim und Mauborgne)
  • Komponenten des Produktes (z.B. Gehäuse, Bedienelemente, Oberfläche usw.)
  • Prozesse im Zusammenhang mit der Aufgabenstellung (z.B. Schlange stehen, Einkaufswagen schieben, Parkplatz suchen)
  • Funktionen des Produktes, (z.B. Konto eröffnen, Geld ansparen, Kontoauszug holen)
  • Aufgaben im Zusammenhang mit dem Produkt (z.B. Einparken, Tanken, Kofferraum beladen)
  • Zielgruppen des Produktes (z.B. Jugendliche, Berufstätige, Alleinerziehende)

Je nach Aufgabenstellung eignen sich unterschiedliche Perspektiven natürlich eher mehr bzw. weniger.

Anwendung

Die Anwendung des Modells vollzieht sich in fünf Schritten:

  1. Ein relevanter Situation Focus wird gewählt, z.B. Aufgaben.
  2. Die entsprechenden Einträge für die Spaltenüberschriften werden eingetragen, z.B. Tanken, Reifen wechseln, Einparken, Kofferraum beladen.
  3. Ein vielversprechender Utility Lever wird ausgesucht, z.B. Komfort erhöhen.
  4. Mit Hilfe der entsprechenden Checkliste zum Utility Lever werden Fragen formuliert, die neue Produktideen anregen sollen, z.B. Wie können wir die Bedienung intuitiver machen? Wie können wir den Reifenwechsel vereinfachen?
  5. Der Vorgang wird ab Punkt 3. mit einem neuen Hebel wiederholt.

Der ganze Ablauf kann mit einem neuen Situation Focus wiederholt werden.

Das Ergebnis sind neue Ideen, die unterschiedliche Arten von Kundennutzen erzielen und aus einer Vielzahl unterschiedlicher Blickwinkel auf die gegebene Situation gewonnen worden sind.

Danksagung

Die Modellverbesserungen wurden im Rahmen der Idea Engineering-Forschung an der Universität Magdeburg entwickelt. Sie sind entstanden durch Gespräche mit Jana Görs und René Chelvier (Zephram GbR), Stefan Knoll und Falko Werner (Doktoranden der Universität) sowie David Bobles und Jana Schumann (Studenten der Universität).

 

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Innovationsworkshop für einen Automobilzulieferer 2007

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