von Graham Horton

Brainstorming im Workshop
Brainstorming wird gerne in Workshops für die Ideenfindung benutzt. Es hat ein bekanntes Format: Die ganze Gruppe sitzt zusammen, die Teilnehmer rufen ihre Ideen aus, und der Moderator erfasst die Ideen auf einem Flipchart oder einer Kärtchenwand. Vermutlich hat jeder irgendwann diese Art von Ideenfindung erlebt.
Allerdings hat das Brainstorming eine Reihe von Problemen, die seine Eignung für die Ideenproduktion fraglich erscheinen lassen. Die wichtigsten drei davon beschreiben wir in diesem Artikel. Es gibt viele Forschungsergebnisse, die belegen, dass Brainstorming weniger und schlechtere Ideen produziert als andere Methoden. Zu den wichtigsten Studien zählen die Arbeiten von Michael Diehl und Wolfgang Ströbe, die diese drei Hauptprobleme belegen und ihre negativen Folgen messen.
Problem #1: Bewertungsbefürchtung
In einem Ideenworkshop bedeutet Bewertungsbefürchtung die Angst, für eine Idee kritisiert zu werden. Die Folge ist, dass die Teilnehmer lieber schweigen, als eine Idee zu äußern – besonders dann, wenn die Idee radikal ist und daher kontrovers sein könnte. Dadurch gehen wertvolle Beiträge verloren, und das Workshopergebnis bleibt unter seinen Möglichkeiten.
Dieses Problem tritt besonders häufig in Organisationen auf, die konservativ sind oder starke Hierarchien haben. Der Sachbearbeiter im Ministerium traut sich nicht, in Anwesenheit des Abteilungsleiters eine innovative Idee auszusprechen, die zur Neuverteilung der Verantwortung im Büro führen würde. Das Problem wird dadurch noch erschwert, weil es unsichtbar ist: Die nicht-ausgesprochenen Ideen werden nicht vermisst, und niemand gibt zu, darunter zu leiden.
Problem #2: Produktionsblockierung
Produktionsblockierung tritt ein, wenn ein Teilnehmer daran gehindert wird, einen Beitrag zu machen. Dies passiert beim Brainstorming, weil der Moderator ein Flaschenhals ist: Jeder Wortbeitrag eine Teilnehmers muss von ihm verstanden, gegebenenfalls geklärt und dann aufgeschrieben werden. Während dieser Zeit kann kein anderer Teilnehmer einen Beitrag einbringen. Bis der Moderator wieder aufnahmebereit ist, hat der Teilnehmer möglicherweise sogar schon seine Idee vergessen. Die negativen Auswirkungen der Produktionsblockierung wachsen natürlich mit der Größe der Gruppe.
Problem #3: Trittbrettfahren
Dieses Phänomen tritt ein, wenn ein Teilnehmer aufhört, mitzuwirken. Dies ist nur möglich, wenn es nicht auffällt. In einer Brainstorming-Runde ist dies aber automatisch der Fall, weil alle Teilnehmer bis auf einen durch die Produktionsblockierung zum Stillstand gezwungen werden. Da kann ein Außenstehender zwischen jemand, der wartet, bis er dran kommt und jemand, der aus dem Geschehen ausgestiegen ist, nicht unterscheiden. Die negative Folge liegt auf der Hand: Ideen, die vielleicht entstanden wären, bleiben aus.
Lösungen
Die Lösung ist ganz einfach: Brainstorming sollte für die Ideenproduktion nicht verwendet werden. Da es ohnehin schon einen ausschlaggebenden Grund gibt, es nicht zu tun, bedeutet dies also letztendlich keine Einschränkung. (Zephram verwendet Brainstorming nie für die Ideenproduktion.)
Wer es dennoch gerne tun möchte, kann vorher das Aufwärmspiel Ja, genau! benutzen oder Förderphrasen einführen, um der Bewertungsbefürchtung entgegenzuwirken. Auf jeden Fall hilft auch eine Aufklärung vor Beginn des Workshops, dass innovative Ideen erwünscht sind. Die Bewertungsbefürchtung kann nur ganz ausgeschaltet werden, indem die Teilnehmer ihre Ideen anonym beitragen können. Dies erfordert einen Wechsel vom Aussprechen der Ideen zum Aufschreiben der Ideen.
Trittbrettfahren verhindert man, indem die Teilnehmer in kleinen Teams arbeiten. Wer an einem Tisch mit nur drei oder vier weiteren Personen sitzt, kann sich nicht so leicht zurückziehen. Aus diesem Grund sollten ein Ideenworkshop immer wie ein Restaurant aufgebaut sein mit Tischen für vier bis sechs Personen über den Raum verteilt. Im Idealfall hat jedes Team einen eigenen Moderator, der auch dafür sorgen kann, dass alle an seinem Tisch mitmachen. (So machen wir es auch bei Zephram.)
Wofür das Brainstorming sich sehr gut eignet, ist die letzte Phase der Ideenfindung, wo die entstandenen Ideen von allen Teilnehmern ergänzt werden können. Hier bietet es sich an, Brainstorming zu verwenden, weil es von Vorteil ist, wenn jeder die Ideen hört und Gelegenheit hat, sie zu verbessern. In diesem Fall hören die Teilnehmer auch zu, wenn andere ihre Ideen präsentieren; Das Zuhören konkurriert nicht mit dem Bedürfnis, die eigene Idee loszuwerden.
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Kompaktwissen Ideenfindung
M. Diehl und W. Stroebe (1987): „Productivity Loss in Brainstorming Groups: Toward the Solution of a Riddle“. Journal of Personality and Social Psychology 53 (3): 497–509. doi:10.1037/0022-3514.53.3.497
M. Diehl und W. Stroebe (1991): „Productivity Loss in Idea-Generating Groups: Tracking Down the Blocking Effect“. Journal of Personality and Social Psychology 61 (3): 392–403. doi:10.1037/0022-3514.61.3.392
von Graham Horton

Die Osborn-Checkliste stammt aus dem Jahr 1953 und ist eine der ältesten und bekanntesten Techniken zur Ideenfindung. Sie geht von einer existierenden Idee aus und enthält Handlungsvorschläge, wie diese Idee verbessert werden könnte:
- Ersetzen: Was an der vorliegenden Idee könnte ersetzt werden?
- Kombinieren: Was könnte kombiniert werden?
- Anpassen: Wie könnte die Idee für einen bestimmten Zweck angepasst werden?
- Verändern: Wie könnte die Idee verändert werden?
- Vergrößern: Was könnte hinzugefügt oder vergrößert werden?
- Verkleinern: Was könnte entfernt oder verkleinert werden?
- Anders verwenden: Wie könnte man die Idee für etwas Anderes gebrauchen?
- Umstellen: Was könnten wir neu anordnen?
- Umkehren: Was könnten wir auf den Kopf stellen oder vertauschen?
Wegen der Erstbuchstaben im englischen Original wird die Osborn-Checkliste manchmal auch SCAMPR genannt. Daraus ist später die SCAMPER- bzw. SCAMMPERR-Checkliste entstanden.
Für den Einsatz in der Ideenfindung ist der Perspektivwechsel der Osborn-Checkliste unserer Meinung nach zu schwach. Sie gehört zu den Methoden, die wir – trotz ihrer weiten Verbreitung – in unseren Ideen- und Innovationsworkshops nicht einsetzen.
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Kompaktwissen Ideenfindung
von Graham Horton

Die Checkliste SCAMPER ist eine Methode zur Ideenfindung, die von der Osborn-Checkliste abgeleitet ist. Sie geht von bereits bestehenden Ideen aus und versucht, diese zu verändern und zu verbessern. Ihren Namen hat sie von den Erstbuchstaben der Listeneinträge. Manchmal liest man auch die Variante SCAMMPERR wegen der Dopplung der Listeneinträge mit M und R. Die SCAMPER/SCAMMPERR-Checkliste fügt das zusätzliche Element Eliminate (Entfernen) zur Osborn-Checkliste hinzu:
- Substitute (Ersetzen): Was an der vorliegenden Idee könnte ersetzt werden?
- Combine (Kombinieren): Was könnte kombiniert werden?
- Adapt (Anpassen): Wie könnte die Idee für einen bestimmten Zweck angepasst werden?
- Modify (Verändern): Wie könnte die Idee verändert werden?
- Magnify (Vergrößern): Was könnte hinzugefügt oder vergrößert werden?
- Minify (Verkleinern): Was könnte entfernt oder verkleinert werden?
- Put to other uses (Anders verwenden): Wie könnte man die Idee für etwas Anderes gebrauchen?
- Eliminate (Entfernen): Was könnten wir vereinfachen oder entfernen?
- Rearrange (Umstellen): Was könnten wir neu anordnen?
- Reverse (Umkehren): Was könnten wir auf den Kopf stellen oder vertauschen?
Für den Einsatz in der Ideenfindung ist der SCAMPER-Perspektivwechsel unserer Meinung nach zu schwach. Sie gehört zu den Methoden, die wir – trotz ihrer weiten Verbreitung – in unseren Ideen- und Innovationsworkshops nicht einsetzen.
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Kompaktwissen Ideenfindung
von Graham Horton

Analogien als Quelle für Ideen
Die Analogietechnik ist eine vielseitige Methode zur Ideengenerierung, die wir sehr häufig in Workshops für Produktverbesserungen einsetzen. Sie eignet sich aber auch sehr gut für andere Innovationsaufgaben. Die Methode ist gut etabliert; Sogar im Harvard Business Review ist ein Artikel dazu erschienen.
Die Technik funktioniert, indem die Aufmerksamkeit auf fremde Personen und Organisationen gelenkt wird, um deren Attribute und Lösungen auf die eigene Aufgabe zu übertragen.
20 Analogien für Produktverbesserungen
Die folgende Tabelle nennt 20 Organisationen, die sich für die Analogietechnik bewährt haben. Ihre Produkte und Dienstleistungen besitzen eine Vielzahl von Attributen, die sich gut übertragen lassen. Außerdem ist jeder von ihnen den Workshop-Teilnehmern bekannt und auf seinem Gebiet führend.
Ein Fünf-Sterne-Hotel | Die NASA | Amazon | Apple | Airbus |
Frankfurter Flughafen | Fresenius | Daimler | Salesforce | IKEA |
Harvard University | Lego | Der TÜV | DHL | Disney |
Eine Klinik-Notaufnahme | Starbucks | ALDI | McKinsey | Google |
Diese Auswahl stellt nur ein Beispiel dar; es kann im Prinzip jede Organisation oder Person als Analogie verwendet werden. Es empfiehlt sich aber, Analogien zu wählen, deren Fähigkeiten oder Angebote in mehrfacher Hinsicht herausragend sind.
Anwendungsbeispiel
Wir nehmen als Beispiel für eine Analogie die Firma Lego. Die folgende Liste enthält 20 Beispiele für Eigenschaften von Lego-Produkten, die jedem bekannt sind.
- Nutzer können eigene Entwürfe damit realisieren.
- Es gibt immer wieder neue Variationen.
- Es gibt Standard- und Spezialprodukte.
- Die Komponenten sind universell kombinierbar.
- Es ist nach Kundenreife gestaffelt.
- Die Anleitungen versteht selbst ein Kind.
- Alle Teile können nachbestellt werden.
- Es gibt sowohl Online- als auch Offline-Shops dafür.
- Die Produkte ergänzen sich nahtlos.
- Jeder kennt es.
- Es kann auch gemietet werden.
- Es kann problemlos gereinigt werden.
- Es gibt auch Software zum Entwerfen eigener Kreationen.
- Es hält ewig.
- Es gibt einen lebhaften Gebrauchtmarkt.
- Spezialprodukte entstehen durch Kooperationen mit anderen Unternehmen.
- Manche Produkte sind programmierbar.
- Vielfältige Sensoren ermöglichen ein vielseitiges Verhalten.
- Es wird in Schulen und Universitäten im Unterricht eingesetzt.
- Es wächst mit dem Kunden mit.
Diese Eigenschaften der Bausteine und Bausätze von Lego dienen als Anregungen für Produktverbesserungen. Die anderen Analogien werden auf die gleiche Weise angewandt. Je nach Anwendungsfall fällt die Schwierigkeit des Transfers unterschiedlich aus; in der Regel kommen Workshop-Teilnehmer aber gut damit zurecht.
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Kompaktwissen Ideenfindung
Kompaktwissen Produktinnovation
von Graham Horton

Innovation in B2B-Dienstleistungen
Dienstleistungen unterliegen den selben Marktregeln wie Produkte: Sie müssen im Wettwerb bestehen und die Commoditisierung abwehren. Sie brauchen also genauso Innovationen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Darüber hinaus dient Dienstleistungsinnovation dazu, Kundenbeziehungen zu intensivieren und Kundenloyalität zu erhöhen.
Es gibt drei Suchfelder für die Innovation einer bestehenden B2B-Dienstleistung: Breite, Tiefe und Qualität. Diese drei Suchfelder können einerseits helfen, eine Strategie für die Dienstleistungsinnovation festzulegen, andererseits sind sie auch in der Ideenfindung nützlich, weil man Ideenfindungsmethoden auf diesen Stichworten aufbauen kann.
Ausdehnung in die Breite
Dienstleistungsinnovation in der Breite bedeutet, die Dienstleistung um neue Angebote zu erweitern, die nicht in der Wertschöpfungskette liegen. Dies könnte zum Beispiel heißen, einen Service anzubieten, den der Kunde derzeit woanders einkauft oder einen Prozess zu übernehmen, den der Kunde derzeit selbst ausführt. Die einfacheren Servitization-Angebote wie Finanzierung gehören zu dieser Kategorie.
Fragen, um Gelegenheiten aufzudecken:
Ausdehnung in die Tiefe
Innovation in die Tiefe bedeutet, die Dienstleistung in der Wertschöpfungskette nach vorne auszudehnen. Dies bedeutet, eine Kundenaktivität zu übernehmen, die der Kunde bisher glaubte, selbst ausführen zu müssen, jedoch nicht zu seinen Kernkompetenzen gehört. Rolls Royce und ICI Nobel liefern zwei bekannte Beispiele aus dieser Kategorie.
Fragen, um Gelegenheiten aufzudecken:
- Wie nutzt der Kunde unsere Dienstleistung als Beitrag zu seiner eigenen Wertschöpfung?
- Wie könnten wir unsere Dienstleistung auf spätere Aktivitäten in der Wertschöpfungskette ausdehnen, damit unser Kunde sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren kann?
Erhöhung der Qualität
Qualitätsinnovationen erhöhen den Wert der Dienstleistung. Dies wird erreicht, indem die Attribute der Dienstleistung verbessert werden, die dem Kunden wichtig sind. Diese Attribute könnten beispielsweise Zuverlässigkeit, Geschwindigkeit oder Flexibilität sein.
Fragen, um Gelegenheiten aufzudecken:
- Welche Eigenschaften unserer Dienstleistung sind für unsere Kunden am wichtigsten? Wie können wie diese verbessern, sodass die Dienstleistung für diese Kunden wertvoller wird?
Beispiele
Alle Beispiele betreffen ein Logistikunternehmen, dessen Dienstleistung darin besteht, Güter zu transportieren.
- Breiteninnovation: Lagerung und Versicherung der Güter
- Tiefeninnovation: Full Service für Online-Geschäfte einschließlich Auftragserfüllung und Kundenservice
- Qualitätsinnovation: Garantierte Übernachtlieferung oder Online-Sendungsverfolgung
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Kompaktwissen Ideenfindung