Was ist die Semantische Intuition?
Die Semantische Intuition ist eine Ideenfindungsmethode, die spielerisch erzeugte Wortkombinationen nutzt, um Ideen anzuregen. Die Ideen werden generiert, indem das Gehirn intuitiv den neuen, unbekannten Wörtern eine Bedeutung (Semantik) zuordnet. Diese Interpretation kann dann die Inspiration für eine Idee sein.
Die Methode gehört den Kreativitätstechniken, die in den 70er Jahren von Helmut Schlicksupp am Battelle-Institut in Frankfurt entwickelt wurden. Sie eignet sich auch als Kreativübung für Kinder, und wir haben sie auch an der Kinderuni benutzt, wo die Kinder unter anderem die ‚Omakiste‘ und den ‚Schulentferner‘ erfunden haben. Sie ist eine intuitive Kreativitätstechnik, die zu den Methoden der Strukturierten Assoziation gehört.
Wie funktioniert die Semantische Intuition?
Die Semantische Intuition verwendet zwei Listen von Wörtern, die in der Regel einen Bezug zur Ideenfindungsaufgabe haben. Diese Listen müssen im Voraus vorbereitet werden. Die Methode wird ausgeführt, indem zufällig Wörter aus beiden Listen gewählt und als Kombination präsentiert werden. Dieser Vorgang wird beliebig oft wiederholt.
Die Methode kann sehr gut von Software unterstützt werden. Wir haben ein kleines Beispiel zum Kennenlernen programmiert. SNIG (Semantic Networked Idea Generator) ist ein Internet-Werkzeug, das von Studenten der Universität Magdeburg gebaut wurde.
Beispiele
Um Ideen für eine mobile App zu generieren, werden für Wortliste 1 mögliche Zielgruppen und für Wortliste 2 typische App-Funktionen gewählt:
- Wortliste 1: Freiberufler, Baumarkt, Schwangere, Verein, Hochschule, Eltern, Fahrradfahrer, …
- Wortliste 2: Berater, Assistent, Planer, Kalender, Kommunikator, Werbemittel, Tagebuch, Infoquelle, …
Die Semantische Intuition produziert dann Anregungen wie Vereinsplaner, Hochschulinfoquelle und Baumarktberater.
Um Ideen für neue Einrichtungsgegenstände zu erhalten könnte man für Wortliste 1 Aktivitäten in der Wohnung wählen und für Wortliste 2 Einrichtungsgegenstände wählen:
- Wortliste 1: Schlafen, Kochen, Lesen, Duschen, Fernsehen, Spielen, Essen, Frühstücken, Feiern, …
- Wortliste 2: Kiste, Tisch, Schrank, Regal, Bett, Lampe, Ständer, Hocker, Kissen, …
Die Methode ergibt dann Anregungen wie Duschkiste, Spielhocker und Frühstücksregal.
Fortgeschrittene Anwendungen
Man kann Varianten der Semantischen Intuition entwickeln, die über das ursprüngliche Verfahren hinaus gehen.
Es ist zum Beispiel möglich, für Wortliste 1 Vorbilder oder Beispiele zu wählen, wenn welche bekannt sind. Wenn Ideen für ein Geschäftsmodell generiert werden sollen, könnte man wie folgt vorgehen:
- Wortliste 1: Amazon, Ebay, Uber, Lufthansa, Wikipedia, …
- Wortliste 2: Nutzenversprechen, Zielgruppe, Erlöseströme, Kundenbeziehung, Partner, …
Kombinationen wie Amazon-Nutzenversprechen oder Wikipedia-Kundenbeziehung liefern dann neue Perspektiven für das eigene Geschäftsmodell.
Es ist in manchen Fällen auch hilfreich, drei Wortlisten zu verwenden. Wir haben das einmal bei einem Kundenauftrag eingesetzt, um Ideen für die Prozessautomatisierung zu gewinnen.
Unsere Tipps zur Durchführung der Methode
Die Methode funktioniert am besten, wenn die Wortlisten thematisch gewählt werden und gut zusammenpassen. Beispielsweise könnte bei einer Problemlösungsaufgabe Wortliste 1 Aspekte oder Ursachen des Problems enthalten, und Wortliste 2 könnte Lösungsmaßnahmen beschreiben. Auf diese Weise kommen Anregungen wie Verzögerung(s-)Vorwarnung oder Fehlzeit-Kompensation zustande.
Die einfachste Implementierung der Methode besteht schlicht darin, die zwei Wortlisten auszudrucken. In einem professionellen Innovationsprojekt drucken wir die Wörter einzeln auf Karten, und der Team-Moderator gibt sie in Casino-Manier aus. Man kann auch die Karten unter den Teilnehmern verteilen und die Ideenfindungsmethode als Kartenspiel inszenieren.
Links
Anwendung der Semantischen Intuition in einem Kundenprojekt
Zuletzt aktualisiert am 19. September 2024 von Graham Horton