Über das Scheitern in der Innovation

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Woody Allen hat einmal über seine Arbeit als Filmemacher gesagt:

If you’re not failing every now and again, it’s a sign you’re not doing anything very innovative.

Innovative Projekte sind immer mit Risiken behaftet, da sie auf unsicheren Daten beruhen oder die Grenzen des bisher Üblichen berühren oder weil der Weg zum Ziel von vornherein nicht bekannt ist. Neue Produkte müssen ohne Kenntnis der zukünftigen Marktlage, der technologischen Entwicklungen und des Publikumsgeschmacks konzipiert werden. Zwei der aktuell am meisten diskutierten Prinzipien des Innovationsmanagements – die Lead User Methode und Open Innovation – sollen unter anderem dazu dienen, dieses Informationsrisiko zu minimieren und dadurch die Erfolgsquote von Innovationsprojekten zu erhöhen.

Was Allen zum Audruck bringen will ist die Erkenntnis, dass der, der stets auf der sicheren Seite bleibt und keine Risiken eingeht, auch seltener einen Misserfolg erlebt. Allerdings sind seine Ergebnisse damit auch stets gewöhnlich; sie entsprechen dem Durchschnitt und sind vorhersehbar. Mit anderen Worten sind Misserfolge eine zwangsläufige Begleiterscheinung des innovativen Handelns.

Ähnlich schreibt Kreativitätsexperte Edward de Bono über die mentalen Provokationen zur Genierung neuer Ideen. Provokationen sind bewusste gedankliche Verfälschungen der Realität mit dem Ziel, neue Sichtweisen auf die gegebene Situation zu gewinnen. De Bono sagt, Provokationen sollten eine Erfolgsquote von höchstens 40% haben, d.h. mehr als die Hälfte davon darf nicht zu einer Idee führen. Eine höhere Quote würde nämlich bedeuten, dass die Provokationen zu zaghaft gewählt worden sind, und dass die daraus resultierenden Ideen zwangsläufig gewöhnlich sein werden. In diesem Sinne sind auch Provokationen „risikobehaftete“ Gedanken, und nur wer bereit ist, das Denkrisiko einzugehen, kann durch innovative Ideen belohnt werden.

Allens Zitat enthält aber eine weitere, weniger offensichtliche Botschaft für Unternehmen, die Innovationsprozesse betreiben. Eine häufige Praxis besteht darin, Ideenworkshops zu veranstalten, aus denen viele Ideen hervorgehen, die aber sehr schnell auf wenige möglichst erfolgversprechende Ideen reduziert werden. Nur diese Ideen gehen dann in die Analyse- und Entwicklungsphase über. Die Gefahr bei dieser Vorgehensweise besteht darin, das Potential vieler Ideen zu verlieren, weil diese zugunsten von den wenigen Top-Ideen fast sofort verworfen werden. Sie bekommen also keine Chance, weiter entwickelt zu werden, und sie werden weder zum Erfolg noch zum Misserfolg.

Innovative Unternehmen wie Google lassen aber zu, dass viele Ideen verfolgt werden, so dass sie sich nach und nach beweisen können bzw. sich als nicht weiter verfolgungswürdig erweisen können. Dies ist das Prinzip des Pflanzensaats: man will eine bestimmte Pflanzensorte züchten, hat aber viele unsortierte Samen bekommen. Man sät also alle Samen aus und pflegt sie alle, bis sie keimen und anfangen zu wachsen. Erst dann zeigt sich, welche der kleinen Pflanzen diejenigen sind, die man gesucht hat. Es gilt also das Zitat von Henry Ford:

Wenn Sie erfolgreich werden wollen, müssen Sie Ihre Fehlerrate verdoppeln!

Im selben Sinne weiß man aus dem Sport, dass diejenigen Sportler, die die meisten Tore bzw. Home Runs geschossen bzw. geschlagen haben auch diejenigen sind, die die meisten Torgelegenheiten verschossen haben bzw. ein Strike Out bekommen haben.

Die Moral der Geschichte für Unternehmen besteht also darin, nicht vorschnell Ideen zu verwerfen, sondern so vielen von ihnen wie möglich die Gelegenheit zu geben, weiter entwickelt zu werden. Das Ergebnis wird sein, dass sowohl die Innovationserfolgs- als auch die Innovationsfehlerrate erhöht werden.

(Bildquelle: Wikipedia)

Cross-Boundary Disruptions

andy grove

In the newest entry to his Innovation on Purpose blog, Jeffrey Phillips discusses an article in Portfolio magazine by former Intel CEO Andy Grove. There, he talks about what he calls Cross Boundary Disruptions. These are disruptive innovations introduced by large companies in new markets. The example quoted is Apple’s introduction of the iPod and iTunes online music store, which has severely disrupted the music business (and increased Apple’s profits from $57 million to about $2 billion in the process.)

As Grove points out, this is a different kind of disruption to that described by Christensen (for example in his book The Innovators Dilemma). For Christensen, disruptive innovations have a comparatively low functionality at a lower price. These might be called low-end disruptive innovations (LEDIs), to contrast with the large-scale, extra- functionality type of innovation such as iTunes (which might be referred to as a high-end disruptive innovation (HEDIs).)

Christensen states that disruptive innovations are almost always introduced by startups, since these are not burdened by the baggage that the established companies have to carry. In the second book in the series (The Innovators Solution), Christensen provides a model for describing this baggage, which he calls the RPV model.

RPV refers to the resources, processes and values of a company which need to be analysed to determine the company’s ability to perform a disruptive innovation. Whilst a large, established company might well have the financial resources for this, it could lack the management resources to do so, since its managers may only have experience working within the established processes of a large corporation. The processes themselves will generally not be conducive to LEDIs, since they are designed to be optimal for established products in known markets. Similarly, the value network of an established company will make it difficult to consider a disruption in its own market, since it will meet resistance both from within as well as from customers and suppliers. Furthermore, the low sales and margins to be expected from a LEDI are inconsistent with the typical expectations of a large company.

The case is, however, much more favourable for HEDIs, since resources, values and processes are better aligned to deal with them. In particular, the values are more in line: the company is entering a new market, so it is not hampered by existing partners who stand to lose by the disruptive innovation, and the financial goals are similar in size to those that a large company needs.

Christensen’s theory provides a useful tool for analysing prospective disruptions and determining the steps to be taken to enable them. As many well-documented failures have shown, ignoring core issues such as are described in the RPV model can prove fatal to the success of an innovation.

On a final note, it is interesting to consider what high-end disruptive innovations might be successful, for example:

  • Amazon (or some other well-established online marketplace) selling prescription and non-prescription medication,
  • Shell (or another large oil company) buying up and farming large areas of agricultural land for growing biofuels,
  • Auctioning of loans, insurance policies and other private financial products on eBay.

(Photo: www.intel.com)

Innovation und Bildung – Eine Paralleldebatte

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George Chen und John Zapolski schreiben in ihrem Artikel The Seven Myths of Innovation über sieben gängige negative Meinungen zum Thema Innovation. Auch hierzulande begegnen wir von Zephram oft solchen Einstellungen, und ich musste schmunzeln als ich die sieben „Mythen“ las.

Drei der Mythen von Chen und Zapolski lauten

  • Mythos #3: Innovation ist risikoreich.
  • Mythos #5: Innovation ist teuer.
  • Mythos #6: Innovation lenkt nur von wichtigeren Dingen ab.

Diese Bedenken erinnerten mich sehr stark an frühere Debatten über die Notwendigkeit von Bildung. Da haben einige berühmte Menschen Aphorismen und Maxime zugunsten der Bildung ausgeprochen, zum Beispiel:

  • The only thing more expensive than education is ignorance.
    (Benjamin Franklin)
  • We believe […] that education is not an expense. We believe it is an investment.
    (Lyndon B. Johnson)
  • Education is the best provision for old age.
    (Aristoteles)
  • If you think education is expensive, try ignorance.
    (Sir Claus Moser)
  • If a man empties his purse into his head, no one can take it from him. An investment in knowledge always pays the highest return.
    (Ben Franklin)
  • Education is our passport to the future, for tomorrow belongs to the people who prepare for it today.
    (Malcolm X)
  • Learning is not compulsory. Neither is survival.
    (W. Edwards Deming)
  • Get learning with a great sum of money, and get much gold by her.
    (Ecclesiasticus 51:28)
  • Education – lifelong education for everyone – from toddlers to workers well advanced in their careers – is indeed an excellent investment for individuals and society as a whole.
    (Ben Bernanke)
  • Human history becomes more and more a race between education and catastrophe.
    (H.G. Wells)
  • It is a truism that education is no longer a luxury. Education in this day and age is a necessity.
    (Lyndon B. Johnson)

Heute befinden wir uns in einer ähnlichen Situation bezüglich Innovation. Dementsprechend kann man in diesen Zitaten die Begriffe „Bildung“, „Wissen“ „Lernen“ usw. sinngemäß durch „Innovation“ bzw. „Innovationsfähigkeit“ ersetzen. Bezieht man dann die resultierenden Aussagen auf Unternehmen bzw. die Wirtschaft, erhält man Argumente, die für die aktuelle Diskussion über Innovation genauso relevant sind wie es die Originalzitate für Bildungsdebatten waren.

So erhält man beispielsweise:

  • Das Einzige, was teurer ist, als Innovation, ist die Innovationslosigkeit.
  • Wenn Sie glauben, dass Innovation teuer ist, versuchen es mal mit Innovationslosigkeit.
  • Die Geschichte von Unternehmen wird zunehmend zu einem Rennen zwischen Innovation und der Katastrophe.
  • Innovation ist heute kein Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit.

Dass die Bildung ein Schlüsselfaktor für die persönliche und gesellschaftliche Zukunft ist, ist in den westlichen Industrieländern inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Es bleibt zu hoffen, dass die analoge Erkenntnis sich schnell in allen betroffenen Teilen unserer Wirtschaft etablieren kann.

Innovation: Nur ein Modewort?

 

Mode

Ende September veröffentlichte das Handelsblatt einen Bericht über die Auswirkungen des weltweiten Wettbewerbs. Dieser zwingt Unternehmen dazu, mit dem Markt Schritt zu halten und in immer kürzeren Zyklen neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt zu bringen. Das Handelsblatt beschreibt in einem Beispiel aus der Unterhaltungsindustrie die Situation:

Eine einfache Kurve verdeutlicht oft am besten, vor welchen Herausforderungen Unternehmen stehen: Sie zeigt den rasanten Preisverfall bei DVD-Spielern – Geräte, die Mitte bis Ende der 90er-Jahre als echte Innovation auf den Markt kamen. Anfang des Jahrtausends kostete ein DVD-Spieler rund 500 Euro. Zwei Jahre später war es nur noch die Hälfte. Wiederum zwei Jahre danach mussten Käufer nur noch zwischen 30 und 50 Euro für DVD-Spieler ausgeben.Ähnlich steil bergab fielen in dieser Zeit die Gewinne, die die Hersteller mit den Geräten erzielen konnten. Für Philips, Sony und Co. galt es, möglichst schnell die nächsten Innovationen auf den Markt zu bringen: DVD-Rekorder etwa. Doch auch dort ist der Preisverfall nun rasant.

Der Geschäftsführer von Capgemini Zentral- & Osteuropa Antonio Schnieder setzt folgende Schlüsselfaktoren auf die Tagesordnung der Unternehmen von heute: Wachstum, Innovation und die Erschließung neuer Märkte.

Das Wort Innovation ist nicht mehr aus den Medien oder unserem Alltag wegzudenken. Das Handelsblatt berichtet von Sätzen wie von Ulrich Lehner (Vorsitzender der Geschäftsführung von Henkel): „Innovationen sind der Schlüssel für Nachhaltigkeit.“

Viele Unternehmen sprechen bereits von Innovationen. Wer allerdings richtig innovieren möchte, muss viele Regeln beachten. Management-Vordenker Fredmund Malik machte folgende Beobachtung: in Firmen gäbe es zu viel Innovationsromantik und zu wenig Professionalismus.

Unser Fazit: Innovationen dürfen in Unternehmen nicht als Modewort missbraucht werden. Denn die Kunden und die eigenen Mitarbeiter sind sonst von dem angeblichen Allheilmittel Innovation schnell frustriert. Wenn Unternehmen Innovationen wirklich betreiben möchten, sollten sie eine Innovationskultur von Grund auf etablieren. Nur so können sie von den langfristigen Vorteilen profitieren.

(Quelle: Handelsblatt Online)

Recycling von „uralten Innovationen“

Recycling von PrinzipienKritiker wie Ambrose Bierce behaupten: There is nothing new under the sun but there are lots of old things we don’t know. In dem folgenden Beitrag wollen wir diese Behauptung näher beleuchten.

Starten wir doch gleich bei einer der ältesten und wichtigsten Erfindungen der Menschheit: das Rad. Ungefähr 4000 v. Chr. hat die Menschheit das Rad erfunden. Allerdings: Wie viele Koffer mit Rädern konnten Sie im Jahre 1990 auf Flughäfen oder Bahnhöfen beobachten?

Das Rad – eine uralte Innovation. Das zugrundeliegende Prinzip des Rades ist, etwas Schweres leichter über den Boden zu befördern. Ein alt bekanntes Prinzip. Nichts Neues soweit. Allerdings trifft dieses Prinzip immer wieder auf neu entdeckte Bedürfnisse der Menschen. Zum Beispiel:

  • Erleichterte Personenbeförderung (z.B. Fahrrad).
  • Flexiblere Büroraumgestaltung (z.B. Schrank, Stuhl).
  • Erhöhung des Reisekomforts (z.B. rollengelagerter Reisekoffer).

Das Neue daran ist nicht das Rad, sondern die Wiederverwendung des Rades für neu entdeckte Bedürfnisse.

Betrachten wir ein weiteres Beispiel für das Recycling von Prinzipien: Menschen tauschen bereits sehr lang Erfahrung in Form von Tagebüchern aus. Im Internetzeitalter hat man dieses Prinzip des Erfahrungsaustauschs in Form von Weblogs wiederentdeckt. Auch hier: Das Prinzip ist bekannt. Neu ist, das es für dem individuellen Erfahrungsaustausch im Internet genutzt wird.

Wirft man einen Blick in die Entdeckungsgeschichte der Menschheit, stößt man auf einige Ursprünge von heute recycelten Prinzipien. Wie zum Beispiel:

  • 400 v. Chr. : Der erste realisierte Roboter von Archytas von Tarent (die fliegende Taube von Archytas).
  • 1725: Entdeckung des lichtempfindlichen Silbersalzverfahrens durch Johann Heinrich Schulze. Später die Grundlage zum Fixieren einer Fotografie.
  • 1838: Entdecker des Prinzips der Brennstoffzelle durch Christian Friedrich Schönbein.
  • 1839: Entdeckung des fotoelektrischen Effekts als Grundlage der Photovoltaik (Solarzellen) durch Alexandre Edmond Becquerel.

Die genannten Beispiele haben alle dieselbe Eigenschaft: sie sind der Ursprung eines zugrundeliegenden Prinzips und wurden später für verschiedenste Bedürfnisse wiederverwendet.

In der Geschichte der Menschheit lassen sich viele Konzepte aufdecken, die heute immer noch Innovationspotential in sich bergen. Lernen Sie doch für Ihr nächstes Problem von bereits vorhandene Lösungsprinzipien. Sie könnten es zum Beispiel mit folgenden uralten Innovationen versuchen:

  • Relativieren Sie etwas wie Einstein.
  • Machen Sie etwas Unsichtbares sichtbar wie ein Mikroskop.
  • Trennen Sie wesentliche Informationen von Unwesentlichen wie Röntgenstrahlen.
  • Mobilisieren Sie etwas wie es der Ottomotor tut.
  • Geben Sie etwas eine besondere Note wie Schokolade.
  • Machen Sie Informationen verfügbar wie die Braille Schrift.
  • Vervielfältigen Sie etwas wie die Buchdruckmaschine von Guten- berg.
  • Machen Sie das Wichtigste extrem kompakt wie ein Bouillonwürfel.

Das Innovationsdilemma der Automobilindustrie

automobilindustrie

In seiner Studie „Car Innovation 2015“ untersucht das Beratungsunternehmen Oliver Wyman Innovationen in der Automobilindustrie. Daraus geht unter anderem hervor, dass Automobilhersteller in immer aufwendigeren Innovationen investieren, für die Kunden aber immer weniger bereit sind, einen Aufpreis zu zahlen. Vielmehr scheint es einen großen Bedarf an einfacheren, kostengünstigeren Autos zu geben.

Solche Kunden sind in der Sprache von Christensen [1] overserved, und die Automobilindustrie steckt im Innovators Dilemma. Demnach zwingt das Wertesystem eines Anbieters zu immer teuereren Innovationen, die die Bedürfnisse seiner Kunden zunehmend übersteigen. Gleichzeitig hindert es sie daran, disruptive Innovationen, die einfachere und günstigere Produkte ermöglichen, einzuführen.

Die Autoren der Studie sagen preisgünstigere Autos voraus; diese sollen auf Grund vorhersehbarer, inkrementeller Innovationen etablierter Anbieter erreicht werden. Dazu gehören beispielsweise der Einsatz von Leichtbauteilen und die Vereinfachung der Kabelbäume. In einer overserved Situation muss man aber nach Christensen’s Theorie damit rechnen, dass der Markt durch eine disruptive Innovation eines neuen Anbieters aufgemischt wird.

Es bleibt zu abzuwarten, wer Recht hat…

(Quelle: http://www.car-innovation.de/)

[1] Christensen, Anthony, Roth: Seeing What’s Next: Using the Theories of Innovation to Predict Industry Change.