Aktiengesellschaften in der EU und in USA sind gesetzlich dazu verpflichtet, jedes Quartal einen Aktionärsbericht zu veröffentlichen. Die Absicht hinter dieser Vorschrift war, Transparenz für die Eigentümer und die Öffentlichkeit über die aktuelle Lage des Unternehmens zu erhöhen. Ein negativer Effekt dieser Regelung ist allerdings, dass die Vorstände – und damit alle Entscheider unter ihnen – stark fixiert sind auf die Quartalergebnisse. Um negative Presse und Kritik besonders der institutionellen Anleger zu vermeiden, wird kurzfristig gehandelt auf Kosten von langfristigen Investitionen.
Dieses Verhalten wirkt sich insbesondere auf die Innovation negativ aus. In der kurzfristigen Sicht sehen Innovationsprojekte wie Kosten aus, denen kein Ertrag gegenüber steht. Die Vorstandvorsitzenden zweier großer britischer Unternehmen, Steve Holliday (National Grid PLC) und Paul Polman (Unilever) haben öffentlich erklärt, dass die Pflicht zu Quartalsaussagen das langfristige Handeln beeinträchtigt. Mehr als einmal haben wir von Kunden sinngemäß gehört „das ist zwar eine sehr gute Idee, aber in diesem Quartal dürfen wir nichts unternehmen.“
Diese innovationshemmende Wirkung der Quartalberichterstattung ist seit ein paar Jahren anerkannt; der Nobelpreisträger und ehemaliger amerikanischer Vizepräsident Al Gore hat sich beispielsweise 2012 gegen die Pflicht zu Quartalsberichten ausgesprochen. Jetzt mehren sich die Zeichen, dass die Situation sich zum Besseren wendet. Einige große Unternehmen in USA – unter anderem Citigroup, Motorola und Intel – haben entweder angekündigt mit der Veröffentlichung von freiwilligen quartalsweisen Aktionärsberichten aufzuhören.
In der Europäischen Union werden die Quartalsberichte von der so genannten Transparency Directive gefordert. Diese wurde 2013 überarbeitet, und der Berichtsrhythmus wurde in einen halbjährigen geändert. Die neue Direktive gilt ab 2015, muss aber noch von den Nationalparlamenten ratifiziert werden.
Dies ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, bietet aber kaum eine Erleichterung für die vielen Innovationsprojekte, die – wenn überhaupt – erst nach Jahren Früchte tragen. Dennoch bleibt es zu hoffen, dass die Manager in den EU-Aktiengesellschaften ab nächstes Jahr ein offeneres Ohr für wichtige Innovationsinitiativen haben werden.
Game-changing, disruptive Innovationen durch Deep Dive out-of-the-box denken. So – oder so ähnlich – lesen sich immer mehr Web-Seiten und Artikel zum Thema Innovation. Sie strotzen vor so genannten Buzzwords – Fachwörter, die durch häufige Benutzung verblassen (und durch häufig falsche Benutzung Verwirrung stiften.)
Als satirische Reaktion auf Buzzwords ist das Buzzword Bingo erfunden worden. Dieser Werbespot von IBM zeigt, wie es funktioniert.
Neben dem Marketing ist Innovation (leider) eines der Themen, das am meisten unter dem Gebrauch von Buzzwords leidet. Hier also unsere Innovation Buzzword Bingo Karte für das nächste Mal, wenn Sie sich an einem Gespräch über Innovation teilnehmen. (Klicken Sie auf die Grafik für eine höhere Auflösung.)
Existierende Unternehmen – vor allem wenn sie groß sind – tun sich oft schwer mit der Einführung von neuen Produkten außerhalb ihres gewohnten Geschäftsgebietes. Viele Faktoren wirken der Innovation entgegen: Bürokratie, Politik, und ein fehlendes Anreizsystem sind wahrscheinlich die schlimmsten. Anderseits verfügen erfolgreiche, etablierte Unternehmen über wichtige Ressourcen, z.B. eine starke Marke, Geld und Experten für Recht, Finanzen, Marketing u.v.m.
Ein Startup befindet sich dagegen in genau der umgekehrten Situation: es verfügt einerseits kaum über Ressourcen, dafür ist seine Innovationsfähigkeit enorm hoch, denn es ist frei von all den hinderlichen Faktoren, die ein etabliertes Unternehmen belasten.
Es scheint also eine naheliegende Strategie zu geben, nämlich dass existierende Unternehmen die Einführung neuer Produkte in die Hände von Startups geben. Sie unterstützen die Startups mit Startkapital und anderen Ressourcen, lassen aber ihre innovationsfeindliche Kultur zurück. Von einer solchen Lösung profitieren beide Parteien: das etablierte Unternehmen kommt schnell und günstig zum neuen Produkt, und das Startup erhält Unterstützung auf wichtigen Gebieten, die ihm fehlen.
Es gibt Vorläufer für ein derartiges Vorgehen, z.B. das Skunkworks oder die Ausgründung. Die neue Strategie ist aber radikaler, und sie bringt neue Probleme mit sich. Wie kann beispielsweise das etablierte Unternehmen seinen Einfluss im Startup sichern ohne dabei die Gründer in ihrer Handlungsfreiheit einzuengen? Wer diese Probleme löst und einen Weg findet, um Unternehmen und Gründungswillige zusammenzubringen, hat ein wichtiges neues Innovationswerkzeug erfunden.
Von Edward de Bono stammt das Konzept der Provokation, eine Methode zur Generierung von Ideen. Sie wurde in seinem Buch „Serious Creativity“ vorgestellt. Eine Provokation hat die Aufgabe, die Gedanken in neue Bahnen zu lenken, um so neue Ideen zu ermöglichen. De Bono beschreibt sechs Methoden, um Provokationen zu erzeugen, ausgehend von der vorliegenden Situation:
Idealfall (Wishful Thinking): Man beschreibt, was im Idealfall gelten würde.
Umkehrung (Reversal): Man vertauscht Ursache und Wirkung oder Subjekt und Objekt.
Verfälschung (Distortion): Man verändert eine qualitative Eigenschaft der Situation.
Übertreiben (Exaggeration): Man verändert eine quantitative Eigenschaft der Situation.
Annahme aufheben (Escape): Man macht eine Annahme über die Situation rückgängig.
Zufall (Random Stimulus): Man führt ein zufälliges Element in die Situation ein.
Provokationen sollte nach de Bono mit dem Wort „PO“ angezeigt werden. Für eine Universität erhält man die folgenden Beispielprovokationen:
Idealfall: PO Jeder Student erhält einen Abschluss.
Umkehrung: PO Die Studenten geben der Universität eine Abschlussurkunde.
Verfälschung: PO Universitäten haben einen geringes Ansehen.
Übertreiben: PO Jeder Student erhält 17 Abschlüsse.
Annahme aufheben: PO Es gibt keine Professoren.
Zufall: Universität PO Banane.
Man erkennt schon an der Syntax, dass #6 aus dem Rahmen fällt: während die ersten fünf Provokationen ausformulierte Sätze sind, ist der Zufall nur eine Wortgruppe. Darin liegt auch unserer Meinung nach der entscheidende Unterschied. Die Aufgabe einer Provokation ist (für uns) mehr als nur, die Gedanken in eine neue Richtung zu lenken (schließlich soll das jeder Perspektivwechsel tun). Vielmehr muss eine Provokation eine Aussage sein, die das bisherige Weltbild in Frage stellt. Dies gilt für die ersten fünf Listeneinträge, für die sechste jedoch nicht. Mit anderen Worten, eine Provokation könnte auch als „Was wäre, wenn …?“-Frage formuliert werden („Was wäre, wenn die Universität keine Professoren hätte?“), die zur gedanklichen Auseinandersetzung mit einer alternativen Realität einlädt.
Dies bedeutet natürlich nicht, dass der Zufall keine Rolle in der Ideenproduktion spielen soll. Im Gegenteil: Wir haben vor Kurzem behauptet, dass für einen geübten kreativen Denker jeder beliebige Begriff zu Ideen führen kann!
Innovationsmanagement ist eine betriebliche Kerntätigkeit, die im Wesentlichen an den Eigenschaften einer Innovation ausgerichtet ist und damit Managementaspekte verbindet. Es bedarf der unternehmerischen Relevanz, um eine Neuerung im betriebswirtschaftlichen Sinn als Innovation bezeichnen zu dürfen.
Wissen Sie nun, was Innovationsmanagement ist?
Da kann man aus dem ersten Absatz des entsprechenden Wikipedia-Eintrags eine kürzere, und dennoch hilfreichere Definition ableiten, zum Beispiel:
Innovationsmanagement ist die systematische Planung, Steuerung und Kontrolle von Innovationen in Organisationen. Es ist unter anderem auf die Umsetzung und Verwertung von Ideen in wirtschaftlich erfolgreiche Produkte bzw. Dienstleistungen ausgerichtet.
Seit über fünf Jahren existiert an der Universität Magdeburg der Kurs Idea Engineering. Dieser Kurs entstand durch eine Kooperation zwischen der Universität Magdeburg und Zephram. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus durften wir auf der 44. HICSS auf Hawaii vorstellen. Hier ein kurzer Eindruck:
Zephram glaubt daran, dass jeder kreativ sein kann und dazu in der Lage ist die nächste innovative Produktgeneration zu entwickeln. Alles was er dazu benötigt, ist eine passende Anleitung. Das bedeutet, Kreativität ist für uns nicht etwas Mystisches, was nur Auserwählte leisten können. Vielmehr, denken wir, ist es eine erlernbare und trainierbare Fähigkeit!
Einige der üblichen Sichtweisen in Bezug auf Kreativität und Innovationen zu denen unser Verständnis gegenläufig ist:
Innovativ ist nicht derjenige, der die verrücktesten Ideen hat sondern die nützlichsten!
Kreativität ist eine erlernbare Fähigkeit und nicht nur durch einige wenige Auserwählte produzierbar.
Viele Methoden zielen darauf ab, möglichst viele Ideen zu produzieren. Allerdings kommt es, unserer Meinung nach, stärker darauf an hochwertige Ideen zu produzieren.
In dem Hochschulkurs, Idea Engineering, kommen nun Methoden zum Einsatz, die das Ideen produzieren, selektieren und vertiefen systematisch und zielgerichtet ermöglichen. Unsere drei wesentlichen Erkenntnisse des Idea Engineering Kurses der letzten Jahre:
Erkenntnis #1
Wer wertvolle Innovationen aufdecken möchte, muss drei Perspektiven einnehmen:
Wirtschaftliche Perspektive: Was will ich mit Innovationen erreichen?
Ideation Perspektive: Wie finde ich passende Ideen für zukünftige Innovationen?
Psychologische Perspektive: Was muss ich auf meinem Weg dahin für psychologische Effekte berücksichtigen?
Erkenntnis #2
Wer anhand realer Anwendungsbeispiele übt, lernt besser. In die Lehrveranstaltung bringt Zephram praxisrelevante Fragestellungen und Ideenfindungsbeispiele ein. Den Studenten hilft das Gelernte an anwendungsnahen Beispielen zu trainieren.
Erkenntnis #3
In einer Kooperation zwischen Hochschullehrern und Anwendern entstehen wichtige Erkenntnisse und Methoden für die Praxis und die Forschung. Die Universität forscht an Möglichkeiten zielgerichtet und systematisch Ideen zu produzieren, zu selektieren und zu vertiefen. Zephrams Praxiserfahrung hilft dabei neue Modelle oder Methoden zu verbessern und dadurch relevanter für Anwendungen zu gestalten.