Tom Fishburne und die Wasserfallprojekte

fishburne wasserfall

Wir hatten 2012 Tom Fishburne vorgestellt. Er ist amerikanischer Zeichner, der satirische Cartoons über Innovation und Marketing veröffentlicht.

Heute zeigen wir eine seiner Zeichnungen über den Innovationsprozess in Konzernen. Dieser wird „Wasserfall-Prozess“ genannt. Nachdem ein Projekt geplant und beschlossen worden ist, wird der Plan bis zum Ende umgesetzt, ohne die Möglichkeit, jemals den Kurs zu wechseln. Silicon Valley Entrepreneur Steve Blank gibt dieser Vorgehensweise die Schuld für viele gescheiterte Innovationsprojekte, zum Beispiel Webvan. Gerade wenn viele Ungewissheiten im Spiel sind, ist es eigentlich absurd, so vorzugehen. Aus diesem Grund sind neue Ansätze entstanden wie Agile Software Development, Lean Startup und unser eigenes Discovery-Driven Innovation. Diese Ansätze erkennen an, dass in einem Innovationsprojekt Unvorhergesehenes passieren kann bzw. dass noch dazu gelernt werden muss, und dass bestimmte Entscheidungen erst dann getroffen werden können.

Immer wieder begegnen wir dem Wasserfall in großen Organisationen, und es gehört zu unseren größten ungelösten Aufgaben, unsere Auftraggeber zu überzeugen, von dieser Praxis Abstand zu nehmen, um ihren Innovationsaktivitäten größere Erfolgschancen zu bescheren.

Bildquelle: Tom Fishburne

Wie viel ist ein Startup wert?

Guy Kawasaki

Guy Kawasaki ist ein bekannter kalifornischer Startup-Berater und Venture Capital-Investor. Er behauptet, man kann den Wert eines Startups vor der ersten Finanzierungsrunde mit der folgenden Formel berechnen:

Wert = Anzahl Ingenieure * 500.000$ – Anzahl Betriebswirte * 250.000$

Was er damit sagen will: In der ersten Phase eines Startups gibt es keine notwendige Rolle für einen Betriebswirt (im Original: einen MBA). Das mag später anders sein, wenn Startup reifer geworden ist, aber um Prototypen zu entwickeln, Geschäftsmodell und Business Plan zu erstellen und die erste Finanzierungsrunde zu sichern braucht es nur Produktive (Ingenieure, Programmierer, Designer) und natürlich die Gründer selbst.

Bildquelle: Wikipedia

Thirty Ways to Improve Process Efficiency

prozessoptimierung

One of the keys to profitability with established products is improving the efficiency of core processes. This may mean either increasing productivity or reducing costs, or both of these. For this reason, one of the classic tasks for an idea production and evaluation consultancy like Zephram is to help clients identify such opportunities.

One tool which we like to use for developing cost reduction ideas is a set of flashcards, each of which names a potential source of process inefficiency. There are thirty flashcards in total, derived from different knowledge sources including both our own experience and standard approaches such as the lean production movement.

The first five cards in the deck are:

  1. Media discontinuity
  2. Friction
  3. Overhead
  4. Redundancy
  5. Bureaucracy

The implementation as flashcards makes various techniques available to our facilitators. In the simplest case, they can simply be played out sequentially on the table (the „Las Vegas“ method). We find it helpful to provide additional inspiration with partial sentences to go with the cards such as …

  • We are effectively leaving money on the table because of …
  • Our people are occasionally not creating value for the customer owing to …
  • The one thing that really holds back our productivity is …

A further improvement to the ideation support can be obtained by providing a breakdown of the process under investigation, for example:

  • Receiving parts
  • Preparing completed units for transport
  • Re-tooling machines
  • Dealing with rejects
  • Requisitioning tools from the workshop
  • Dealing with unannounced changes in customer demands

This leads to facilitation suggestions such as

  • We are effectively leaving money on the table because of bureaucracy in dealing with rejects.
  • Our people are occasionally not creating value for the customer because they are performing redundant activities while receiving parts.

For clients who understand their own processes well, such rich suggestions are very effective in generating ideas for improving process efficiency.

 

Brasilianische Premiere

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Kurz nach unserem ersten Auftrag auf dem amerikanischen Kontinent hat es uns wieder über den Atlantik geführt. Diesmal waren wir aber in Südamerika – im Osten von Brasilien.

Dort haben wir uns die Abläufe in einem großen Automobilwerk angesehen und unserem Kunden geholfen, Ansätze zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit zu entwickeln.

Fünf Märchen über die Innovationsfähigkeit

innovation märchen

Selbsttäuschung Innovationsfähigkeit

Märchen sind frei erfundene Geschichten, die sich in einer Fantasiewelt abspielen. In diesem Fall geht es um Geschichten, die Unternehmen erzählen und hin und wieder mit der Wirklichkeit verwechseln. Innovationsbekenntnisse wie Wir begrüßen Querdenker! liest und hört man häufig bei Unternehmen. Doch in aller Regel entpuppen sie sich als unzutreffend. Dadurch erzeugen Unternehmen nicht nur bei anderen, sondern auch bei sich selbst ein falsches (und vielleicht gefährliches) Bild.

Märchen #1: Wir suchen Intrapreneure.

Das Wort „Intrapreneur“ ist eine relativ neue Erfindung. Es setzt sich aus den Bestandteilen „Intra“ und „Entrepreneur“ zusammen und bezeichnet Angestellte, die sich wie Unternehmensgründer verhalten. Gemeint sind Mitarbeiter, die aus eigenem Antrieb Verbesserungsmöglichkeiten suchen, Innovationen betreiben und neue, risikobehaftete Projekte vorantreiben. Unternehmen behaupten oft, sie würden derartige Mitarbeiter brauchen. So schrieb die Deutsche Bank beispielsweise 2003 in ihrem Bericht Corporate Cultural Affairs: Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter unternehmerisch denken und handeln. Unternehmen versprechen sich von solchen Mitarbeitern die Vorteile eines Startups wie Innovationsfähigkeit, Dynamik und schnelles Wachstum.

Die Hoffnung, solche Vorteile durch derartige unternehmerischen Mitarbeiter zu erhalten, kann aber nicht in Erfüllung gehen. Dafür gibt es mindestens zwei Gründe.

Aus rein ökonomischer Sicht wird es nie echte Intrapreneure geben, denn zum Entrepreneur gehört, dass dieser Risiken eingeht, dafür aber auch die materiellen Früchte seiner Arbeit selbst genießt. Angestellte, Arbeiter und Beamte tragen aber kein unternehmerisches Risiko, und im Erfolgsfall stehen nicht ihnen, sondern ihren Arbeitgebern die wirtschaftlichen Erträge zu. Wer ein regelmäßiges Einkommen genießt, das unabhängig vom wirtschaftlichen Ertrag seiner Arbeit ist, ist de facto kein Unternehmer, und es fehlt ihm auch ein wichtiger Anreiz dazu.

Ein Beispiel hierfür bilden Ideenmanagementsysteme, die von vielen Organisationen betrieben werden. So erzielten laut dem DIB Report 2012 die befragten Unternehmen aus Mitarbeitervorschlägen einen mittleren Nutzen von 1043 Euro, als Dankeschön haben sie aber an die Ideen gebenden Mitarbeiter eine mittlere Prämien von 90 Euro – weniger als zehn Prozent  des Wertes. Das entspricht kaum einem unternehmerischen Anreiz.

Der zweite Grund, weshalb Intrapreneurship ein Traum bleiben muss, liegt in der Inkompatibilität zwischen der Persönlichkeitsstruktur des „Unternehmertyps“ und der vorherrschenden Kultur von – insbesondere großen – Organisationen.

Der Unternehmertyp ist durch eine Reihe von Merkmalen charakterisiert, die ihn für die Integration in eine etablierte Organisation völlig ungeeignet machen. Er ist kreativ, autonom und aktionsorientiert, und er hat absolut keine Zeit für Bürokratie oder Politik. Aus diesen Gründen wird er in den meisten Organisationen schnell frustriert und unglücklich. Aus Sicht der Organisation gilt er andererseits als Querulant und als nicht managebar.

Davon kann man sich mit dem folgenden Gedankenexperiment leicht überzeugen: Wenn Steve Jobs bei Ihnen arbeiten würde, wie lang würde es dauern, bis er entweder wegen seiner „unmöglichen“ Art gekündigt werden oder wegen einer – aus seiner Sicht – absurden Regel selbst kündigen würde?

Dass Intrapreneurship nicht wirklich funktioniert, erkannt man schließlich daran, dass Unternehmen sich inzwischen an Startups wenden, um radikale Innovation voranzutreiben. Entweder richten sie Inkubatoren ein, oder sie gründen „Innovationskolonien“; beide sind Förderinstrumente für klassische Startups. Nur ein Startup bietet dem Entrepreneur ein Umfeld, das seiner Natur entspricht.

(Innovationskolonien werden im Trevor Owens‘ Buch „The Lean Enterprise„, das vor Kurzem erschienen ist, beschrieben.)

Märchen #2: Wir sind innovativ, weil wir einen Innovationsmanager haben.

Ab einer bestimmten Größe leisten sich manche Unternehmen einen Innovationsmanager. Seine Aufgabe ist, sich darum zu kümmern, dass Ideen ins Unternehmen kommen und dass die besten darunter ausgewählt und realisiert werden. Solche Posten sind hoch dotiert, setzen eine anspruchsvolle Qualifikation voraus und sind meistens direkt an der Geschäftsführung angesiedelt. Das ist eine schöne und gute Idee, nur in der Wirklichkeit hapert es leider oft ein wenig damit.

Tatsächlich haben viele Menschen, auf deren Visitenkarte „Innovation“ steht, herzlich wenig mit Innovation zu tun, oder sie werden regelmäßig daran gehindert, ihre eigentliche Aufgabe zu erfüllen.

Da gibt es den Innovationsmanager, der als Leih-Projektmanager eingesetzt wird. Immer dann, wenn es irgendwo brennt, wird er wie die Feuerwehr geschickt, um das Problem zu lösen.

Oder der Innovationsmanager, der sich um das Betriebliche Vorschlagswesen kümmern muss, weil so etwas heutzutage den viel sexyeren Namen „Ideenmanagement“ trägt und daher „irgendwie“ wohl mit Innovation zu tun hat. (Das hat es nicht.)

Es gibt auch den Innovationsmanager, der eingesetzt wird, um die Innovationsprojekte zu leiten, die er vorbereitet hat. (Das ist nicht sein Job; ein Innovationsmanager ist kein Innovationsprojekt-Manager.)

Schließlich gilt für viele Innovationsmanager, dass sie kaum über ein Budget verfügen, um Innovationsprojekte und -ideen voranzutreiben; immer wenn sie etwas Interessantes entdecken, müssen sie das Geld dafür beim Chef aufwendig beantragen. Wie soll ein Innovationsmanager seiner Aufgabe gerecht werden, wenn er es sich nicht einmal leisten kann, eine Master-Arbeit an einer Hochschule in Auftrag zu geben?

Märchen #3: Innovation hat bei uns eine hohe Priorität.

Wie oft lesen wir es in Unternehmensbroschüren: „Innovation hat bei uns eine hohe Priorität!“ Nur – Was eine hohe Priorität hat, wird behalten, wenn andere Sachen aufgegeben werden müssen; Wenn ich nur noch 10€ in der Tasche habe, gebe ich sie für Lebensmittel aus, nicht für einen Kinobesuch.

Tatsächlich verhält es sich aber in der Praxis mit der Innovation anders als wie mit den Lebensmitteln: wenn die Kassen knapp werden, gehen die Unternehmen ins Kino. Innovationsprojekte gehören in der Regel zu den ersten Opfern eines Sparprogramms.

Das haben wir bei Zephram in der Wirtschaftskrise 2008-2009 selbst zu spüren bekommen, als einer unserer Kunden plötzlich alle Innovationsprojekte gestoppt hat. Wohlgemerkt nicht, weil die einzelnen Abteilungen es wollten, sondern wegen einer flächendeckenden Anweisung von „oben“.

Für viele Unternehmen ist Innovation Voraussetzung für das Überleben – besonders dann, wenn rund um die Welt Startups an disruptiven Ideen arbeiten, die die eigene Branche auf den Kopf zu stellen drohen. Denn Startups kennen keine Wirtschaftskrisen.

Märchen #4: Wir begrüßen radikale Innovationsideen.

Wir begrüßen radikale Innovationsideen!

Auch dies gehört zu den oft gehörten Aussagen in Unternehmen. Es werden (angeblich) radikale oder sogar disruptive Innovationen gewünscht, also sollen die Kollegen ruhig mutig sein und ihre verrücktesten Ideen einbringen. Mal abgesehen davon, dass die Kultur großer Organisationen selten zulässt, dass ihre Mitarbeiter so viel Mut aufbringen, in Wirklichkeit wird diese Art von Ideen nicht wirklich gesucht.

Radikale Innovationen brechen mit dem Altherbrachten, sie erfordern neue Prozesse, neue Technologien oder neue Gedanken. Aus diesem Grund brauchen sie viel Zeit, Geld und Aufmerksamkeit, um erfolgreich realisiert zu werden. Tatsächlich sind die Auswahlverfahren, die von Unternehmen eingesetzt werden, so gestrickt, dass sie solche Ideen verwerfen. Es werden stattdessen die so genannten „quick wins“ befördert, die versprechen, schnell, einfach (und risikoarm) verwirklicht werden zu können, um so schnell die nächsten Berichtszahlen zu verbessern.

„Disruptiv“ ist ein Innovationswort, das inzwischen fast bis zur Unkenntlichkeit missbraucht worden ist. Eine disruptive Innovation ist eine, die einen ganzen Markt durcheinander bringt. Sie stammt fast immer von Außenseitern und zerstört die Stellung der etablierten Unternehmen. Dass ein Unternehmen disruptive Ideen sucht – jedenfalls im eigenen Markt – ist beinahe ein Widerspruch in sich.

Märchen #5: Wir belohnen Risikobereitschaft.

Innovation setzt Risikobereitschaft voraus – denn das Neue kann auch scheitern. Dies betrifft sowohl ein Unternehmen als Ganzes als auch den einzelnen Mitarbeiter, der die Verantwortung für das Projekt erhält. Selbst wenn die Geschäftsführung bereit ist, das unternehmerische Risiko eines Innovationsprojektes zu tragen, muss sie immer noch den Mitarbeiter finden, der bereit ist, das Karriererisiko auf sich zu nehmen. Denn entgegen allen Behauptungen zum Gegenteil, wird in den meisten Organisationen das (unternehmerische) Scheitern durchaus noch als Makel in der Personalakte gewertet.

Amerikanische Premiere

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Letzte Woche war für Zephram Premiere: wir haben unseren ersten Auftrag in USA durchgeführt. Unser Auftraggeber war ein weltweit agierender Konzern mit mehr als sieben Milliarden Dollar Umsatz. Wir hatten natürlich schon oft mit Amerikanern zu tun, aber es ist doch etwas Anderes, ein Projekt in USA selbst durchzuführen.

Wir haben unserem Kunden geholfen, Ansätze für ein großes Projekt zu entwickeln und wünschen ihm bei der Verwirklichung viel Erfolg!

 

Weniger Berichte, mehr Innovation

Aktiengesellschaften in der EU und in USA sind gesetzlich dazu verpflichtet, jedes Quartal einen Aktionärsbericht zu veröffentlichen. Die Absicht hinter dieser Vorschrift war, Transparenz für die Eigentümer und die Öffentlichkeit über die aktuelle Lage des Unternehmens zu erhöhen. Ein negativer Effekt dieser Regelung ist allerdings, dass die Vorstände – und damit alle Entscheider unter ihnen – stark fixiert sind auf die Quartalergebnisse. Um negative Presse und Kritik besonders der institutionellen Anleger zu vermeiden, wird kurzfristig gehandelt auf Kosten von langfristigen Investitionen.

Dieses Verhalten wirkt sich insbesondere auf die Innovation negativ aus. In der kurzfristigen Sicht sehen Innovationsprojekte wie Kosten aus, denen kein Ertrag gegenüber steht. Die Vorstandvorsitzenden zweier großer britischer Unternehmen, Steve Holliday (National Grid PLC) und Paul Polman (Unilever) haben öffentlich erklärt, dass die Pflicht zu Quartalsaussagen das langfristige Handeln beeinträchtigt. Mehr als einmal haben wir von Kunden sinngemäß gehört „das ist zwar eine sehr gute Idee, aber in diesem Quartal dürfen wir nichts unternehmen.“

Diese innovationshemmende Wirkung der Quartalberichterstattung ist seit ein paar Jahren anerkannt; der Nobelpreisträger und ehemaliger amerikanischer Vizepräsident Al Gore hat sich beispielsweise 2012 gegen die Pflicht zu Quartalsberichten ausgesprochen. Jetzt mehren sich die Zeichen, dass die Situation sich zum Besseren wendet. Einige große Unternehmen in USA – unter anderem Citigroup, Motorola und Intel – haben entweder angekündigt mit der Veröffentlichung von freiwilligen quartalsweisen Aktionärsberichten aufzuhören.

In der Europäischen Union werden die Quartalsberichte von der so genannten Transparency Directive gefordert. Diese wurde 2013 überarbeitet, und der Berichtsrhythmus wurde in einen halbjährigen geändert. Die neue Direktive gilt ab 2015, muss aber noch von den Nationalparlamenten ratifiziert werden.

Dies ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, bietet aber kaum eine Erleichterung für die vielen Innovationsprojekte, die – wenn überhaupt – erst nach Jahren Früchte tragen. Dennoch bleibt es zu hoffen, dass die Manager in den EU-Aktiengesellschaften ab nächstes Jahr ein offeneres Ohr für wichtige Innovationsinitiativen haben werden.

Was verkaufen Sie eigentlich?

Die Produktverbesserung ist die häufigste Art von Innovationsaktivität; jedes Produkt muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben, regelmäßig aktualisiert und ausgebaut werden. Versäumt man es, dies rechtzeitig zu tun, hat die Konkurrenz einen schnell überholt.

Eine wichtige Voraussetzung für ein solches Innovationsprojekt ist zu wissen, was mit dem Produkt eigentlich verkauft wird. Dies ist aber nicht so einfach, wie es zu sein scheint.

Ein Friseur beispielsweise verkauft nur oberflächlich Haare schneiden, färben usw. Was seine Kunden aber in Wirklichkeit kaufen, ist ein gutes Gefühl. Der Friseur, der dies versteht, kann wirksamere Innovationen finden, als einer, der nur die Leistungen sieht, die auf seiner Preisliste stehen.

Ein gutes Beispiel für dieses vertiefte Verständnis lieferte Apple vor etwa dreizehn Jahren bei der Einführung des iPod. Wo andere Hersteller ihre Geräte beworben haben mit Texten wie

Ein MP3-Spieler mit 5GB Speicher

beschrieb Apple das iPod wie folgt:

1000 Lieder in Ihrer Jackentasche

Im ersten Beispiel erfahren wir, was der Hersteller gebaut hat; im zweiten dagegen erfahren wir, wie sich unser Leben zum Besseren ändern wird.

Die gefährlichste Bedingung zuerst prüfen

Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Erfolg versprechende Idee entwickelt, aber es sind noch zwei Bedingungen offen, an denen die Idee noch scheitern könnte. Welche Bedingung sollten Sie zuerst prüfen?

Die Antwort ist eigentlich einfach, dennoch stellen wir gelegentlich fest, dass die Intuition unserer Klienten und Studenten falsch liegt und sie die falsche Wahl treffen lässt. Mit ein bisschen Mathematik kann man leicht begründen, wie man vorgehen soll. Wir brauchen dazu die folgenden Größen:

  • Die Bedingungen nennen wir x und y.
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Idee an Bedingung x scheitert, heißt Px.
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Idee an Bedingung y scheitert, heißt Py.
  • Der Arbeitsaufwand, Bedingung x zu prüfen, ist Ax.
  • Der Arbeitsaufwand, Bedingung y zu prüfen, ist Ay.

Jetzt können wir die Erwartungswerte für den Arbeitsaufwand für beide Vorgehensweisen aufschreiben. Wenn wir zuerst x und danach y prüfen, ist unser Arbeitsaufwand

Ax + (1 – Px) * Ay.

(Wir müssen auf jeden Fall x prüfen, was den Aufwand Ax verursacht, aber y müssen wir nur prüfen, wenn unsere Idee x überlebt, was die Wahrscheinlichkeit (1 – Px) hat.

Analog ist der Arbeitsaufwand für den umgekehrten Fall

Ay + (1 – Py) * Ax.

Nach ein paar einfacher algebraischer Manipulationen bekommen wir die einfacheren Ausdrücke zum Vergleichen:

Px /Ax   bzw.  – Py / Ay

Nun ist klar, in welcher Reihenfolge wir die Prüfungen vornehmen müssen: Wenn das Verhältnis der Scheiterwahrscheinlichkeit zum Prüfwand für Bedingung x größer ist, als für Bedingung y, dann sollten wir x zuerst prüfen, denn dann ist unser Gesamtaufwand geringer. Im anderen Fall wählen wir entsprechend die umgekehrte Prüfreihenfolge. (Eigentlich handelt es sich um die Erwartungswerte für den Gesamtaufwand.)

Sind die Wahrscheinlichkeiten gleich hoch, prüfen wir die billigere Bedingung zuerst. Diese Erkenntnis scheint den meisten Menschen intuitiv einzuleuchten.

Sind die Aufwände gleich, prüfen wir zuerst die Bedingung mit der höheren Scheiterwahrscheinlichkeit – mit anderen Worten, die Bedingung, die unsere Idee mehr gefährdet. Nach unserer Beobachtung scheint dieses Ergebnis nicht so offensichtlich zu sein.

Das Vorgehen, das sich durch diese einfache Überlegung empfiehlt ist in der Lean Startup-Bewegung bekannt – wenn auch in vereinfachter Form und mit einer schlichteren Begründung. Eric Ries formuliert es so: „[…] it makes sense to test the riskiest assumptions first“.

Die Erkenntnis bildet auch die Grundlage für ein wichtiges Prinzip der Discovery-Driven Innovation. Wir formulieren es dort wie folgt: „Mit welcher Frage können wir am billigsten die meiste Ungewissheit (über die Erfolgschancen einer Idee) abbauen?“ Wenn man sich strikt an dieses Gebot hält, minimiert man den Arbeitsaufwand, die Erfolgschancen einer Idee zu validieren.

 

Links

Kompaktwissen Innovationsmanagement

Experimentieren geht über spekulieren

Denke nicht, sondern führe das Experiment durch! Dies war das Motto des englischen Arztes und Wissenschaftlers John Hunter (1728- 1793). Hunter hat viele Krankheiten studiert und systematisches Experimentieren als methodische Grundlage der Medizinwissenschaft betont.

Edward Jenner, ein Kollege von Hunter, hatte beobachtet, dass Milchmädchen, die Kühen mit Kuhpocken gemolken hatten, nicht an Pocken erkrankten. Jenner spekulierte, dass der Kontakt mit dem Kuhpocken die Mädchen gegen Pocken immun gemacht hatte. Daraufhin hat Hunter mit seinem inzwischen berühmten Spruch  geantwortet, Denke nicht, sondern führe das Experiment durch! Anstatt über seine Hypothese zu spekulieren, sollte Jenner sie durch einen Versuch testen. (Die Hypothese hat sich als wahr herausgestellt, und Jenner konnte damit eine Impfung gegen die Pocken entwickeln. 1840 wurden Impfungen in Großbritannien für jeden kostenlos erhältlich, und 1979 erklärte die Weltgesundheitsorganisation die Krankheit für ausgestorben.)

Im modernen Innovationsprozess wird allzu oft das Schicksal von Rohideen auf Grund von Spekulationen entschieden („Das wird der Chef nie genehmigen“, „Das wird unseren Kunden nicht gefallen“, „Ich glaube nicht, dass das funktioniert“). In solchen Situationen sollte der Leitspruch von Hunter erneut Anwendung finden. Allerdings würden wir vorschlagen, „denken“ durch „spekulieren“ zu ersetzen: „Spekuliere nicht, sondern führe das Experiment durch!“

Moderne Innovationsprozesse wie Lean Startup oder Discovery-Driven Innovation berücksichtigen die Erkenntnis von Hunter: Alle Argumente bezüglich einer Rohidee bzw. eines Geschäftsmodells werden als ungesicherte Hypothesen betrachtet, die durch ein Experiment validiert werden müssen bevor sie implementiert werden dürfen. Das Leitprinzip von Discovery-Driven Innovation lautet „Von welcher Annahme hängt der Erfolg der Idee am stärksten ab und mit welchem Experiment können wir diese Annahme am schnellsten und am billigsten prüfen?“