Wo kein Druck, da keine Innovation

voltolina

Dieses Bild setze ich häufig in Präsentationen ein, um zu zeigen, dass Innovation (auch) eine Frage des Wettbewerbsdrucks ist.

Das Bild ist etwa 1350 entstanden und zeigt eine Vorlesung in einer Universität. Vorne steht ein Dozent hinter einem Pult und liest aus einem Buch. Ihm gegenüber sitzen die Studenten in Reih und Glied. Ganz vorne sitzen die aufmerksamen Studenten und verfolgen das Geschehen in ihren eigenen Exemplaren. In der zweiten Reihe stützt ein Gelangweilter seinen Kopf auf, hinten unterhalten sich die Studenten untereinander, und einer scheint sogar zu schlafen.

Der Punkt: es hat sich bis heute nichts geändert! Eine Vorlesung heute sieht – bis auf die Kleidung und die Technologie – genauso aus wie im Bild. Der Grund dafür, dass hier seit 650 Jahren keine Innovation stattgefunden hat, liegt schlicht daran, dass es keinen Wettbewerbsdruck gegeben hat, und damit keinen Antrieb, etwas zu verbessern. Ich bin sicher: wenn die Bildung ein freier Markt wäre, hätten wir längst effektivere Lehrformen eingeführt.

Bildquelle: Wikipedia

Warum Unternehmen Selbstzerstörung betreiben müssen

Fast alle Unternehmen wachsen langsamer als ihre Branche.

Vor mehr als 60 Jahren hat der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter das Konzept der Kreativen Zerstörung eingeführt. Damit meinte er die Einführung neuer Technologien und Lösungen am Markt, die die Bedürfnisse der Kunden anders und besser befriedigen, als ihre Vorgänger. Diese neuen Lösungen waren das Ergebnis kreativer Arbeit, beispielsweise naturwissenschaftliche Entdeckungen oder technische Erfindungen. Eine unausweichliche Folge der Einführung war jedoch, dass alles, was auf der vorhergehenden Lösung aufbaute, zerstört wurde.

Ein klassisches Beispiel für Kreative Zerstörung ist die Einführung der elektrischen Beleuchtung durch Thomas Edison, wodurch die Gasbeleuchtungsindustrie binnen kurzer Zeit ausstarb. Auch die Einführung des Automobils durch Gottlieb Daimler, Carl Benz und andere verdrängte den ganzen Wirtschaftszweig, der auf Transport durch Pferdekraft existierte – es gab bald kaum noch einen Markt mehr für Kutschen, Futter, Peitschen usw.

Nach Schumpeter ist Kreative Zerstörung eine Voraussetzung für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt: neue und bessere Lösungen erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und die Lebensqualität der Menschen.

Nach einer Studie von Robert Foster1 wachsen die meisten Unternehmen langsamer als ihr Branchendurchschnitt. Dieses zunächst überraschende Ergebnis wird dadurch erklärt, dass die Zusammensetzung einer Branche einem ständigen Erneuerungsprozess unterliegt. Eine Branche ist durch Zugänge und Abgänge charakterisiert – es treten ständig neue Anbieter in den Markt, während andere verdrängt oder aufgekauft werden. Da die Neuzugänge in der Regel starkes Wachstum mitbringen, und die Abgänge eher durch Stagnation charakterisiert sind, ergibt sich ein durchschnittliches Wachstum, das höher ist, als das der meisten ihrer ständigen Mitglieder.

Diese ständige Erneuerung ist aber nichts anderes als das Prinzip der Kreativen Zerstörung – diesmal auf Branchen und Unternehmen statt auf Kundenbedürfnisse und Lösungen angewandt. Will ein Unternehmen mit ihrer Branche mithalten, so liegt die Schlussfolgerung nahe, dass es auf ähnliche Weise bei sich Kreative Zerstörung praktizieren muss, das heißt, ständig neue, vielversprechende Bereiche zulegen und stagnierende Geschäfte abgeben.

Es gibt aber einen weiteren Grund, der für eine derartige ständige Kreative Zerstörung der Organisation spricht. Je älter ein Markt ist, desto wichtiger werden Faktoren wie Kosteneffizienz und Qualitätssicherung. Diese führen zu restriktiveren Arbeitsweisen, rigide spezifizierten Prozessen und mehr Bürokratie. All dies schränkt die Fähigkeit eines Unternehmens – und dessen Mitarbeiter – spontan und unkompliziert zu handeln, was Voraussetzungen für die Innovation sind. „Business as usual“ blockiert.

Diese Erkenntnis liefert einen weiteren Beleg dafür, dass das Geschäftsmodell von Film-Produktionen in Hollywood zu den innovationsfähigsten gehört. Um einen Film herzustellen, stellt das Studio oft nur die Finanzierung zur Verfügung; Drehbuchautor, Regisseur, Schauspieler, Animationsspezialisten und alle anderen, die für die Herstellung des Films benötigt werden, werden für dieses Projekt beauftragt. Beim nächsten Film kann die Zusammensetzung der Beitragenden komplett anders sein. Mit diesem Modell sichert sich das Studio die maximale Innovationsfähigkeit, denn es kann für jedes Projekt die bestmöglichen Partner holen.

Das Konzept der Kreativen Zerstörung des Unternehmens habe ich in einem Artikel von Innosight entdeckt, den ich zur Lektüre empfehle. Ich halte es für eine interessante und überzeugende Einsicht, die zwar sehr schwer in der Umsetzung, aber zugleich vielleicht auch für viele Unternehmen (über-)lebenswichtig sein kann. Je dynamischer der Markt und je höher der Erfolgsdruck, desto mehr muss ein Unternehmen bereit sein, nicht nur seine Angebote, sondern auch sich selbst zu erneuern.

Quelle: Innosight – Creative Destruction Whips through Corporate America

1Richard Foster: Creative Destruction

Punktevergabe oder Paarvergleich?

punktevergabe oder paarvergleich

Methoden mit Punktevergabe und Paarvergleich

Die Bewertung von Ideen ist ein wichtiger, aber schwieriger Teil des Innovationsprozesses. Sie dient dazu, die Attraktivität der Ideen zu ermitteln. Sie ist die Vorbereitung für einen anschließenden Auswahlschritt, wo die Ideen ausgewählt werden, die im Prozess verbleiben. Die meisten Methoden verwenden entweder die Punktevergabe oder den Paarvergleich.

In der Praxis sind die meisten Methoden zur Bewertung von Ideen Punktemethoden. Die Ideenbewerter vergeben Punkte, die zum Ausdruck bringen, inwiefern die Ideen einem vorgegebenen Bewertungskriterium entsprechen. Die Vorteile einer Punktebewertung liegen auf der Hand: sie ist einfach, und die Punktzahlen von verschiedenen Experten oder für verschiedene Kriterien lassen sich leicht zusammenaddieren, um zu einer Gesamtsumme zu kommen. Eine Ideenbewertungsmethode, die so vorgeht, ist die Paarvergleichsmatrix.

In der wissenschaftlichen Literatur findet man jedoch auch Bewertungsmethoden, die auf Paarvergleichen beruhen. Die bekannteste ist der Analytical Hierarchy Process. Hier werden den Bewertern Paare von Ideen vorgelegt, und sie müssen angeben, welche der beiden am ehesten einem Kriterium entspricht. Aus der Menge aller Paarvergleiche kann dann ein Ranking aller Ideen berechnet werden.

Obwohl die Verfahren, die auf Paarvergleichen beruhen, aufwendiger sind, gibt es eine Reihe von theoretischen und praktischen Gründen, die für sie sprechen.

Vier Beispiele

Stellen wir uns vor, zwei Ideen sollen von zwei Experten begutachtet werden. Im ersten Experiment dürfen die Experten Punkte von 1 bis 10 vergeben, im zweiten führen sie Paarvergleiche durch.

Beispiel 1: Gleichstand

Wenn im ersten Experiment beide Experten einer Idee die gleiche Punktzahl geben, bedeutet dies nicht dasselbe. Beim ersten Experten kann ein Punkt etwas anderes bedeuten, als beim zweiten. Geben beiden Experten jedoch beim Paarvergleich an, dass beide Ideen gleichwertig sind, dann haben beide in diesem Fall tatsächlich die selbe Aussage gemacht.

Beispiel 2: Denkaufwand

Es ist anstrengender, eine Punktbewertung vorzunehmen, als einen Paarvergleich zu machen. Dies liegt daran, dass eine Punktbewertung eine Skala voraussetzt, die aber in den meisten Fällen nicht existiert. (Was heißt es genau, dass eine Idee 7 Punkte bekommt und nicht 6 oder 8 Punkte?)

Beispiel 3: Beständigkeit des Urteils

Bei der Punktevergabe kommt es oft vor, dass ein Experte seine früheren Bewertungen revidieren möchte. Das passiert, wenn er nach der Erstbewertung weitere Ideen kennenlernt, die seine erste Punktbewertung in einem anderen Licht erscheinen lassen. Beim Paarvergleich dagegen kann dieser Effekt nicht eintreten. Die Feststellung, dass Idee A besser ist, als Idee B hängt nicht von der Kenntnis von Idee C ab.

Beispiel 4: Genauigkeit

Die Verwendung von Punkten zur Bewertung suggieriert eine Genauigkeit, die in Wirklichkeit nicht vorhanden ist. Wenn die Punkte mehrerer Bewerter oder für unterschiedliche Kriterien zusammengezählt werden, kommen große Zahlen zustande, die sich oft wenig unterscheiden. Die Versuchung ist dann groß, zu schlussfolgern, dass die Idee mit 97 Punkten besser ist, als die mit 96 Punkten. Dabei sind die einzelnen Punktangaben, aus denen sich die Gesamtsummen zusammensetzen, oft ungenau, denn sie beruhen lediglich auf einem Bauchgefühl. Demnach sind Schlussfolgerungen, die auf geringen Punkteunterschieden beruhen, nicht gerechtfertigt. Im Gegensatz hierzu sind Paarvergleiche genau, denn Entscheidung, welche von zwei Ideen besser ist, enthält keine Abstufungen.

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Kompaktwissen Ideenbewertung

Tagungsbericht HICSS45

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Jedes Jahr findet die Hawaii International Conference on System Sciences auf Hawaii statt. Bei dieser Tagung, die von Wissenschaftlern aus der ganzen Welt besucht wird, werden Forschungsergebnisse aus einem breiten Spektrum an Themen vorgestellt. Für uns von Interesse sind die Bereiche Kreativität, Innovation und Kollaboration, da wir hier wertvolle Impulse für unsere Arbeit gewinnen können.

Dieses Jahr haben wir zwei Ergebnisse unserer Forschung auf dem Gebiet der Ideenbewertung präsentiert.

Bei der ersten Studie haben wir die Frage untersucht, wie eine Gruppe von Experten eine Menge von Rohideen am besten in die zwei Kategorien „behalten“ und „verwerfen“ einteilen kann. Dabei soll der Vorgang so schnell wie möglich sein, ohne jedoch dabei an Zuverlässigkeit zu verlieren. Wir haben eine neue Methode vorgestellt, die diese (und weitere) wichtigen Anforderungen erfüllt.

In unserer zweiten Studie ging es ebenfalls um die Bewertung von Rohideen. Auch hier sollte die Ideenmenge in die zwei Mengen „behalten“ und „verwerfen“ partitioniert werden, wobei aber die Ideen, die die Prüfung bestehen, priorisiert werden sollen. Ferner soll der Ideenbewerter seine Urteile von Bedingungen abhängig machen können, die zum Zeitpunkt der Bewertung unbekannt sind. Wir haben hierfür eine neue Methode entwickelt, die für alle möglichen Kombinationen von Bedingungen die gewünschten Ranking-Ergebnisse berechnet. Dabei werden die vielen Kombinationen von Bedingungen vom Computer verwaltet.

In der Rolle von Zuhörern war der für uns wichigste Teil der Tagung eine Präsentation von Gwendolyn Kolfschoten von der Delft University of Technology und Robert Briggs von der State University of San Diego. Diese haben ein Modell von kollaborativer Arbeit vorgestellt, das hilft, Workshops besser zu verstehen und zu planen. Dieses Modell lässt sich direkt auf die Vorbereitung unserer Ideenfabriken anwenden, und wir haben beschlossen, es schon bei unserem ersten Kundenprojekt im neuen Jahr einzusetzen.

Unsere beiden wissenschaftlichen Artikel können von der Website des Lehrstuhls für Simulation an der Universität Magdeburg heruntergeladen werden.

Betriebsblindheit durch Prototypen

prototypen

Leonardis beschreibt eine interessanten Beobachtung in der aktuellen Ausgabe des Harvard Business Review. Er hat beobachtet, dass das Bauen von Prototypen die Kreativität von Entwicklerteams hemmt.

Häufig werden Prototypen in der Entwicklung eingesetzt, um Ideen für neue Produkte zu erarbeiten. Sie dienen dem Team dazu Ideen auszuprobieren und zu kommunizieren.

Der Nachteil dieser Prototypen ist nun allerdings, dass das Entwicklungsteam sich sehr schnell auf diesen Prototypen konzentriert und Alternativen zur Lösung der Aufgabe verborgen bleiben. Der Prototyp fesselt das Team gedanklich. Leonardis hat beobachtet, dass die Entwickler nach dem Prototypen nur noch an der Optimierung von diesem arbeiten: Funktionen werden ergänzt, Verbesserungen werden vorgenommen, etc. Die Freiheit alternative Lösungsmöglichkeiten zu finden ist beschränkt.

Damit sich das Entwicklungsteam nicht durch einen Prototypen einengen lässt, empfehlen wir:

  1. Geben Sie Ihrem Entwicklungsteam einen klaren Auftrag (Briefing).
  2. Bevor Sie Ideen sammeln, sammeln Sie Probleme, die gelöst werden müssen.
  3. Sammeln Sie viele verschiedene Alternativen für das Lösen der Probleme.
  4. Sobald Sie einen Prototypen entwickelt haben, stellen Sie Ihr eigenes Konzept wieder in Frage: „Was wäre wenn, … ?“

[Quelle: HBR, Dezember 2011, Paul Leonardis „Early Prototypes Can Hurt a Team’s Creativity“]

Ein Paradox der Ideenbewertung

paradox ideenbewertung

Drei Experten A, B und C sollen eine Idee beurteilen. Für diese Beurteilung sind die zwei Bewertungskriterien X und Y relevant. Erfüllt die Idee beide Kriterien, so wird sie akzeptiert, sonst wird sie abgelehnt.

Wir nehmen nun für die drei Experten eine bestimmte Kombination von Meinungen an:

  1. Experte A ist der Meinung, dass beide Kriterien erfüllt sind und votiert deshalb für die Idee.
  2. Experte B ist der Meinung, dass Kriterium X erfüllt ist, das Kriterium Y jedoch nicht. Er stimmt also gegen die Idee.
  3. Experte C ist der Meinung, dass Kriterium X nicht erfüllt ist, das Kriterium Y jedoch schon. Er stimmt also ebenfalls gegen die Idee.

Nun haben wir die paradoxe Situation, dass die Mehrheit der Experten sowohl Kriterium X als auch Kriterium Y als erfüllt ansieht, die Idee aber dennoch abgelehnt wird. Die Situation ist ähnlich dem Problem mit den versteckten Profilen, wo eine spezifische Verteilung von Wissen oder Meinungen (möglicherweise) zum falschen Ergebnis führen kann.

Die Wissenschaft hat erst in letzter Zeit dieses Paradox entdeckt und hat es zum Anlass genommen, Bewertungsmethoden zu entwickeln, die damit umgehen können. Diese Methoden setzen aber Bedingungen voraus, die für die Bewertung von Ideen im Innovationsprozess nicht realistisch sind.

Eine Lösung für die Ideenfabrik würde darin bestehen, die Evaluation der Kriterien einzeln zu aggregieren, und das Gesamturteil auf der Grundlage der aggregierten Kriterienurteile zu bilden.

Auf die Formulierung kommt es an

Es war einmal ein Dorf, in dem eine seltsame Krankheit wütete. Diese Krankheit tötete manche Menschen, andere versetzte sie aber nur in einen tiefen Schlaf, der sie wie tot erscheinen ließ. Nach einigen Tagen wachten diese aber auf und waren wieder völlig gesund. Leider fiel dies den Dorfbewohnern aber recht spät auf, weshalb sie befürchten mussten, dass sie bereits einige Mitbewohner lebendig begraben hatten.

Damit dies in Zukunft nie wieder passieren konnte, gab der Dorfrat dem Dorfbestatter den folgenden Auftrag: „Sorgen Sie dafür, dass jeder, den wir begraben, auch wirklich tot ist!“ Der Bestatter sicherte dem Rat zu, dass er dies tun würde.

Es vergingen einige Wochen, und das Dorf musste weitere Opfer der seltsamen Krankheit zu Grabe tragen. Erst dann wurde bekannt, dass der Bestatter alle seine Särge mit einem Eisendorn im Deckel versehen hatte, dessen Spitze beim Schließen bis zum Boden des Sarges reichte.

Beim anschließenden Gerichtsverfahren verteidigte sich der Bestatter mit dem Argument, dass er genau das getan hatte, was ihm befohlen worden war. Der Richter musste den Bestatter freisprechen, und er gab ihm einen neuen Arbeitsauftrag, der lautete: „Sorgen Sie dafür, dass niemand begraben wird, der noch lebt!“

Ein ähnliches Problem kann es zu Beginn eines Innovationsprojektes geben: eine unvorsichtige  Formulierung bei der Auftragserteilung kann das Projekt in eine völlig unerwünschte Richtung führen. Suchfelder, Ideenproduktion und Ideenbewertung hängen eng mit dem Innovationsziel zusammen, und schon ein einziges mehrdeutiges Wort kann zur Verfehlung dieses Ziels führen. Wir setzen Fragen wie diese ein, um die Wünsche unserer Kunden kennenzulernen und möglichst eindeutig zu erfassen:

  • Welche Randbedingungen (finanziell, zeitlich, politisch, strategisch) müssen die zu entwickelnden Ideen einhalten?
  • Werden Produkte nur für bestehende oder auch für neue Kunden gesucht?
  • Müssen die Ideen mit den vorhandenen Ressourcen umsetzbar sein?
  • Welches Chance/Risiko-Verhältnis suchen Sie?
  • Müssen die Ideen im Rahmen Ihres bestehenden Geschäftsmodells funktionieren?
  • Was wollen Sie durch die Ideen eigentlich erreichen?

Um sicherzustellen, dass das Innovationsziel wirklich eindeutig verstanden worden ist, muss ausreichend Zeit in eine Zielvereinbarung investiert werden. Nur dadurch kann man ein Unglück wie beim Dorfbestatter vermeiden.

 

Bionische Ideenbewertung

bionische ideenbewertung

Wenn eine Bienenkolonie einen neuen Nistplatz sucht, schickt sie einige Hundert Bienen heraus, um geeignete Orte zu suchen. Diese Bienen entdecken viele Alternativen, die unterschiedlicher Qualität sein können, und die Kolonie braucht ein Verfahren, um zwischen den potentiellen neuen Nistplätzen die beste Wahl zu treffen.

Eine ähnliche Situation gibt es im Innovationsprozess. Hier liegen statt Nistplätze Ideen zur Evaluation vor, und statt einiger Tausend Bienen gibt es eine Gruppe von typischerweise fünf bis 20 Experten, die die Ideen anhand von strategischen, technischen und marktorientierten Kriterien bewerten sollen.

Das Auswahlverfahren der Bienen sieht wie folgt aus:

  1. Einige Hundert Bienen schwärmen aus auf der Suche nach geeigneten Nistplätzen.
  2. Erfolgreiche Bienen kehren zur Kolonie zurück und führen einen „Wackeltanz“ vor. Dies ist ein Flugmanöver, das aus mehreren wiederholten Zickzackbewegungen besteht und dadurch an einen Tanz erinnert. Dabei hängt die Anzahl der Bewegungen von der Qualität des gefundenen Nistplatzes ab.
  3. Durch diesen Tanz angeregt fliegen weitere Bienen zum Nistplatz, um ihn zu prüfen. Diese führen dann nach ihrer Rückkehr ebenfalls Wackeltänze vor den anderen Bienen in der Stammkolonie vor.
  4. Wenn eine genügend hohe Anzahl von Bienen den neuen Nistplatz besucht hat, trennt sich die Kolonie in zwei etwa gleich große Teile, und die eine Hälfte zieht zum neuen Wohnort um.

Forscher haben mit Hilfe von Simulationen herausgefunden, dass dieses Verfahren optimal ist. Dies bedeutet, dass die Parameter von der Natur so gewählt sind, um das bestmögliche Kompromiss zwischen der Qualität des gewählten Nistplatzes und dem dafür notwendigen Arbeitsaufwand zu erreichen. Zu diesen Parametern gehört die Anzahl der Wackelbewegungen in Abhängigkeit von der geschätzten Qualität eines Nistplatzes. Beobachtungen von Bienen haben gezeigt, dass diese sechs verschiedene Qualitätsstufen unterscheiden, und diese Stufen mit 15, 45, 90, 150, 225 bzw. 315 Wackelbewegungen kommunizieren.

Der finnische Student Juho Salminen ist in seiner Master-Arbeit der Frage nachgegangen, ob sich dieses Verfahren auf die Ideenauswahl im Innovationsprozess übertragen lässt. Dazu hat er einen Prototyp des natürlichen Verfahrens entwickelt und an seiner Universität getestet. Seine Ergebnisse bewertet er positiv, und er empfiehlt die Realisierung eines produktiven Werkzeugs auf der Basis der Methode.

Eine häufig verwendete Methode für die Ideenauswahl ist das so genannte Punktekleben. Jeder Experte vergibt Punkte an die Ideen, und diese Punkte werden anschließend zusammengezählt, um die besten Ideen zu ermitteln. Dabei dürfen typischerweise Punkte auf einer linearen Skala von 1 bis 10 vergeben werden.

Obwohl sie sehr weit verbreitet ist, setzt Zephram diese Methode nicht ein, denn sie hat eine Reihe von entscheidenden Nachteilen. Zu diesen Nachteilen gehört, dass die Methode dazu neigt, Unterschiede zwischen den Alternativen zu verwaschen. Die folgende Tabelle illustriert diesen Effekt:

Vier Experten W, X, Y und Z haben die drei Ideen A, B und C mit Punkten zwischen 1 und 6 bewertet. In der Summe erhält Idee A 11 Punkte, Idee B 12 Punkte und Idee C 11 Punkte. Damit ist Idee B der knappe Sieger, und Ideen A und C stehen gleichrangig knapp dahinter.
Bildet man aber diese Punkte auf die Skala ab, die von den Bienen eingesetzt wird, erhält man das folgende Ergebnis:

Idee B bleibt Sieger, aber der relative Abstand zu den anderen ist größer geworden. Außerdem haben Ideen A und C nicht mehr Gleichstand, sondern es steht jetzt A vor C, wenn auch nur knapp. Diese Unterschiede zwischen den beiden Verfahren erkennt man besser in einem Diagramm:

Die bionische Ideenbewertung bildet also Unterschiede zwischen den Alternativen klarer ab als die lineare Bewertung. Diese Eigenschaft ist für den Innovationsmanager, der vielversprechende Ideen identifizieren muss, sehr hilfreich.

Natürlich setzt ein solches Verfahren die Unterstützung durch einen Computer voraus, denn man kann den Experten eine solche „krumme“ Bewertungsskala nicht zumuten; diese sollten wie gewohnt Punkte linear vergeben. Für den Rechner ist es eine Kleinigkeit, diese umzuwandeln und die Summen zu bilden.

Aufgrund dieser Beobachtung scheint eine nichtlineare Abbildung von Punkten für die Ideenbewertung Vorteile zu bieten. Es ist aber Forschung notwendig, um die optimalen Parameter der Abbildung herauszufinden. Dies wollen wir in den kommenden Monaten im Rahmen unserer Kooperation mit der Universität Magdeburg studieren.

Quelle: Juho Salminen: Applying Collective Intelligence to Idea Evaluation at the Front End of Innovation

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Kompaktwissen Ideenbewertung

Invention on Demand

invention on demand

Erfindungen sind der Zwischenschritt zwischen Ideen und Innovationen. Sie beschreiben die Anwendung einer Idee zur Lösung einer technischen Aufgabe. Sie sind eine wichtige Voraussetzung für Produktinnovationen, und sie bilden die Grundlage für Patente, mit denen Unternehmen eine temporäre Monopolstellung und eine stärkere Wettbewerbsposition erzielen können. Erfindungen können also ein wichtiger Baustein im Innovationsprozess sein.

Invention on Demand (IoD) bezeichnet den Ansatz, Erfindungen gewissermaßen „auf Bestellung“ zu erzeugen. Damit dies funktionieren kann, werden leistungsstarke Techniken für die Ideenproduktion benötigt, die Experten binnen kurzer Zeit zu den gewünschten Erfindungen führen. Das bekannteste Beispiel für eine solche Technik ist die Widerspruchmatrix von TRIZ, eine Methode, mit der physikalische Problemlösungen gezielt gefunden werden können.

Die Anforderungen an einen IoD-Workshop sind sehr hoch: innerhalb von einem oder zwei Tagen müssen Ideen entwickelt werden, die den Ansprüchen des Patentamtes gerecht werden. Um die notwendige Erfindungshöhe zu besitzen, muss eine Idee nämlich „new-to-the-world“ sein, und sie darf selbst für einen Experten nicht trivial sein. Für IoD-Workshops gilt der Brainstorming-Leitsatz von Alex Osborn „je mehr Ideen, desto besser“ nicht; vielmehr wird ein hoher Aufwand in die Problemanalyse investiert, um wenige, auf Anhieb qualifizierte Ideen zu erhalten. Unser übliches Workshop-Ziel ist, eine patentierfähige Idee pro Teilnehmer zu produzieren.

IoD-Workshops setzen eine intensive Auseinandersetzung der Moderatoren mit der Aufgabenstellung voraus, und sie erfordern die Entwicklung von maßgeschneiderten Techniken und Arbeitsmaterialien. Funktionen und Komponenten bisheriger Lösungen, sowie technische Probleme und deren Ursachen werden alle für die Ideenproduktion eingesetzt. Neben erprobten Ansätzen wie beispielsweise TRIZ spielt die Provokation eine wichtige Rolle, denn sie hilft den Experten, sich von ihren bekannten Systemen gedanklich zu befreien und neue Lösungswege zu entdecken.

Invention on Demand lohnt sich vor allem für technologieorientierte Unternehmen, die eine Technologieführerschaft oder First Mover-Strategie betreiben. Solche Unternehmen können am meisten vom strategischen Einsatz eines Patentportfolios profitieren. Darüber hinaus haben sie in der Regel das professionelle Innovationsmanagement, das notwendig ist, um die entstandenen Erfindungen aufzubereiten und bis zur Patentanmeldung zu begleiten.

 

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Projektbeispiel Patentierfähige Erfindungen entwickeln

Kompaktwissen Innovationsmanagement

Kompaktwissen Produktinnovation

 

HICSS44, Teil 1

Zur Zeit befinden wir uns auf Hawaii, da wir zwei Präsentationen bei der Tagung HICSS geben. HICSS ist die Hawaii International Conference on System Sciences, eine Tagung, die jedes Jahr stattfindet und eine Vielzahl von Themen rund um große, komplexe menschliche und technische Systeme umfasst.

Wir berichten über zwei Projekte, bei denen Zephram die Universität Magdeburg unterstützt hat. Die erste Präsentation ist forschungsorientiert und betrifft die Analogietechnik zur Ideenproduktion. Sie beschäftigt sich mit der Frage, wie man gute Analogien findet. Unsere These lautet, dass Attribute, die für die Aufgabenstellung relevant und typisch sind, zu guten Analogien und somit zu guten Ideen führen.

In der zweiten Präsentation beschreiben wir das Modul Idea Engineering in Form eines Case Study. Dieses Modul wird seit 10 Semestern an der Universität durchgeführt und bietet Studenten aller Fakultäten einen Einblick in die Innovation und in die Produktion und Bewertung von Ideen. Wir beschreiben die Besonderheiten dieses Kurses und die Vorteile, die sich für die Studenten dadurch ergeben.

Beide Paper werden nach der Tagung auf der Website des Lehrstuhls für Simulation der Universität Magdeburg veröffentlicht.

Dieses Jahr findet die Konferenz im Hotel Grand Hyatt auf der Insel Kauai statt. Bis zum Konferenzbeginn am 5. Januar sehen wir uns die Insel ein wenig an.