Neue Umgebungen fördern die Kreativität

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Oftmals ist die Suche nach dem Ort für die Ideenfindung nur eine Frage der Verfügbarkeit von Räumen. Die Entscheidung scheint einfach: entweder es ist ein Besprechungsraum im Unternehmen verfügbar oder man weicht auf einen Seminarraum in der Umgebung aus.

Dabei beeinflusst die Art des Raumes das Ergebnis der Ideenfindung erheblich. Das hat unter anderem mit den Assoziationen der Teilnehmer zu tun, die sie mit dem Raum verbinden.

In den Räumen des Unternehmens erinnern sich die Teilnehmer an aktuelle Herausforderungen im Tagesgeschäft. Dieses Bewusstsein macht es den Teilnehmern schwer, sich in der Ideenfindung vom Tagesgeschäft zu lösen und sich auf die Aufgabe zu konzentrieren. Ähnlich verhält es sich bei externen Seminarräumen. Sie sind meistens kahl, farblos, uninspirierend und wecken ähnliche Assoziationen.

Andere – eher überraschende Umgebungen – unterstützen die Teilnehmer das Tagesgeschäft auszublenden. Darüber hinaus fördern außergewöhnliche Umgebungen die Kreativität der Teilnehmer, weil neue Inspirationen entstehen, die in die Ideenfindung einfließen.

Einige Ideen für überraschende Umgebungen sind zum Beispiel:

  • in einer historischen Festung
  • in einem Flugzeughangar
  • im leeren Schwimmbad
  • in einem Bus- oder Straßenbahndepot
  • im Foyer des Museums
  • auf der Bühne eines Theaters
  • in einer Messehalle
  • auf einem Schiff
  • in einem Bierzelt

Es ist wichtig, die Umgebung der Ideenfindung sorgfältig zu wählen. Wenn sich die Teilnehmer wohl fühlen und den Alltag schnell ausblenden können, so ist ein wichtiger Grundstein für gute und zielführende Ideen gelegt.

Innovationsquelle: „Unmögliches“?

Unmöglich?

Oft lese oder höre ich die Frage: „Wie bekomme ich Ideen für Innovationen?“ An dieser Stelle möchte ich gern eine Gegenfrage stellen: „Würden Sie denn eine Idee für eine Innovation erkennen?“ Ein Beispiel …

Fast jede Stadt hat eine Grünanlage, einen Park. Dort gehen die Bürger spazieren und sich erholen. Üblicherweise sind diese Parks frei zugänglich. Es gibt allerdings auch Parks für die Besucher Eintritt zahlen. Der Besitzer eines solchen Parks hatte sich einmal die Frage gestellt, wie er regelmäßig Besucher für seinen Park erhält. Eine Idee, die ihm präsentiert wurde, lautete „Bauen Sie Heroin in ihrem Park an!“.

Der Parkbesitzer stutzte und verwirft diese Idee sofort. Aussagen wie: „Das ist ungesetzlich.“ und „Damit mache ich mich strafbar!“ begegneten dem Ideengeber. Jeder vernünftig denkende Mensch gibt ihm natürlich sofort Recht! Diese Idee ist allein aus gesetzlicher Sicht unmöglich zu verwirklichen.

In der Ideenfindung geht es allerdings genau darum solche Provokationen aufzudecken. Nicht, weil Sie genau so umgesetzt werden sollen. Ganz und gar nicht! Viel mehr, weil in der Idee ein neuer Grundgedanke verborgen ist. Versuchen wir es: Was wäre der Vorteil an der Idee, dass der Park Heroin anbauen sollte?

  • Jugendliche würden in den Park gelockt werden.
  • Der Park würde Schlagzeilen machen.
  • Der Park hätte ein Alleinstellungsmerkmal.

Nun ist der Heroinanbau für den Parkbesitzer aus gesetzlichen Gründen unmöglich. Wie können wir dennoch den Kern der ursprünglichen Rohidee weiter verarbeiten? Wenn Heroin nicht möglich ist, was wäre stattdessen möglich? Wie können wir den Grundgedanken der Rohidee nutzen ohne ein Gesetz brechen zu müssen?

  • An der Stelle von Heroin werden nicht heimische Heilkräuter angebaut. Eine Art Apothekergarten.
  • Der Park installiert eine Aufklärungskampagne zu Pflanzen, Drogen und Folgen von Drogenkonsum.
  • Einmal monatlich stellt der Park eine Pflanze und deren Heilkraft vor.

Der Heroinanbau und somit das Ungesetzliche ist verschwunden. Unmögliches wird mit einigen Anpassungen realisierbar. Dies funktioniert jedoch nur, indem man sich überhaupt mit der unmöglichen Idee auseinander setzt. Natürlich würden die meisten Menschen diese Idee schnell als schlecht beurteilen. Durch diese automatische Reaktion kann allerdings das Gute der Idee gar nicht erkannt werden. Nicht alles was zu Beginn unmöglich scheint, muss letztendlich auch unmöglich sein.

Die Fähigkeit, eine scheinbar unmögliche Idee in eine realisierbare Idee umzuwandeln, ist trainierbar. Hinterfragen Sie die nächste unmögliche Idee in Ihrer Umgebung. Was würden Sie durch diese Idee gewinnen? Was müssten Sie an der Idee anpassen, so dass Sie doch realisierbar ist? Wie kann das Unmögliche umgangen werden?

P.S.: Die Ideen, die zu Beginn unmöglich zu realisieren erscheinen, sind meist die spannendsten und innovativsten Ideen!

Open Innovation hat zwei Seiten!

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Open Innovation ist heutzutage in aller Munde. Sie wird oft als Medikament für innovationsmüde Unternehmen und Allheilmittel für zukünftiges Wachstum angepriesen. Überall sprießen Web-Portale, Blogs und andere Informationsquellen zum Thema Open Innovation aus dem Boden. Open Innovation ist in der Tat ein vielversprechender Ansatz zur Belebung der Innovationskraft (und der Innovationserlöse) eines Unternehmens, nur wird sie leider in den seltensten Fällen vollständig verstanden.

Der Begriff Open Innovation wurde von Henry Chesbrough, Management-Professor an der University of California geprägt. Damit wollte er einen Paradigmenwechsel in der Einstellung zur Innovation einläuten. Früher wurden sämtliche Phasen des Innovationsprozesses streng innerhalb eines Unternehmens betrieben; Chesbrough nennt dieses Vorgehen Closed Innovation. Bei der Open Innovation dagegen öffnet ein Unternehmen seinen Innovationsprozess für externe, beispielsweise für Kunden, Lieferanten, unabhängige Experten oder sogar für jedermann. Die Mauern, mit denen sich ein Unternehmen früher umschloss werden durchlässig gemacht. Diese Öffnung soll viele Vorteile für Innovationsaktivitäten mit sich bringen; Chesbrough spricht von einer Erhöhung der metabolischen Innovationsrate.

Wichtig am Konzept der Open Innovation ist, dass diese Durchlässigkeit in beiden Richtungen (sowohl nach Innen als auch nach Außen) und über den ganzen Innovationsprozess hinweg (von der Ideengenerierung bis zur Vermarktung) gegeben sein muss. Fast jeder, der z.Zt. über Open Innovation schreibt, beschäftigt sich lediglich mit der Partizipierung von Externen Personen an der Ideengenerierung, beispielsweise mit der Lead User Methode oder über Crowdsourcing. Sie beschränken sich also auf den ersten Prozessschritt und dort auf den nach Innen gerichteten Informationsfluss. Spätere Zuflüsse in den Innovationsprozess sowie sämtliche nach Außen gerichtete Elemente werden ignoriert. Dabei sind diese genau so wichtig wie die externe Ideengenerierung. IBM beispielsweise verdient jährlich mehr als eine Milliarde Dollar durch die Lizensierung von eigenen Erfindungen an Dritte.

Eine der wenigen Quellen im Internet, die ein balanciertes Bild der Open Innovation geben, findet man bei der BASF Future Business GmbH. Von dort stammt die Grafik, die am Anfang dieses Artikels steht und die einige Möglichkeiten der Open Innovation zeigt. Aufgabe der BASF Future Business GmbH ist es, neue Geschäftsfelder aufzudecken, in denen BASF noch nicht vertreten ist. Bei diesem Auftrag liegt es auf der Hand, sämtliche Möglichkeiten der Open Innovation auszuschöpfen.

Unsere Erfahrung aus der Ideenfabrik zeigt, dass Kunden dort oft viel mehr potentialreiche Ideen entwickeln, als sie zunächst allein aus eigener Kraft realisieren können. Nicht selten handelt es sich um Ideen, die sich durch Kooperationen oder andere Methoden der Open Innovation verfolgen ließen. Allerdings wird diese Chance oft nicht wahrgenommen, und der Nutzen der Idee geht verloren. Mit einer konsequenten Umsetzung beider Seiten der Open Innovation müssten solche Gelegenheiten weniger oft verpasst werden, und die Rendite der Investition in die Ideengenerierung würde noch höher ausfallen.

Bildquelle: BASF

Wenn Wissen die Kreativität blockiert

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Das Lichtschalter-Rätsel

  1. Drei Glühlampen sind mit drei Schaltern verbunden.
  2. Die Glühlampen sind weit weg von den Schaltern, in einem anderen Gebäude.
  3. Sie sollen herausfinden, welche Glühlampe mit welchem Schalter verbunden ist.
  4. Die einzige Möglichkeit, den Zustand der Lampen zu ermitteln, besteht darin, sie eigenhändig zu kontrollieren.
  5. Sie stehen bei den Schaltern und dürfen nur ein einziges Mal zu den Glühlampen gehen, um sie zu kontrollieren.
  6. Wie machen Sie das?

Man kommt relativ schnell darauf, wie man mit zwei Kontrollgängen die Zuordnung der Schalter zu den Glühlampen herausfinden kann, aber es kann eine Weile dauern, bis man die Lösung des Rätsels findet. So lange dies einem nicht gelingt, ist man Geisel seines eigenen Wissens. Dieses Rätsel funktioniert, weil das, was man am ehesten über Glühlampen weiß, anderes Wissen verdrängt, das zur Lösung des Rätsels erforderlich ist.

Ähnlich verhält es sich bei Ideenfindungsaufgaben: das Wissen über die Problemstellung kann die Sicht auf neue Lösungen versperren. Dies ist einer der Gründe, warum einfaches Brainstorming als Kreativitätstechnik oft scheitert. Um dieses Problem zu umgehen, sind anspruchsvollere Ideenproduktionstechniken erforderlich, die geeignete Perspektivwechsel erzeugen.

P.S. Die Lösung des Glühlampen-Rätsels gibt es auf Anfrage 🙂

Polarisierende Ideen sind die innovativsten!

polarisierende ideen

Bei der Bewertung von Ideen im Ideenworkshop wiederholen sich einige typische Muster. Das interessanteste und ungewöhnlichste darunter ist die so genannte Polarisierung. Eine polarisierende Idee ist eine, die manche Teilnehmer hoch bewerten, andere aber niedrig. Es herrscht also eine stark geteilte Meinung. Die Grafik zeigt ein Bewertungsergebnis, bei dem fünf Menschen einer Idee 1 bis 3 Punkte von 10 und fünf andere mindestens 8 Punkte gegeben haben.

Der Mittelwert aller Einschätzungen beträgt 5,4 Punkte – eine scheinbar gleichgültige Gesamteinschätzung. Die gleiche Gesamteinschätzung erhält man bei einer mittelmäßigen Idee, die alle Teilnehmer mit 5 oder 6 Punkten bewerten. Obwohl beide Ideen die gleiche durchschnittliche Punktzahl erhalten haben, sind sie sehr unterschiedlich zu beurteilen. Während die zweite Idee vermutlich tatsächlich mittelmäßig ist, ist die polarisierende Idee wahrscheinlich innovativ und erfolgsversprechend.

Es ist bekannt, dass innovative Ideen zunächst auf Widerstand stoßen. Es gibt hierfür zahlreiche historische Beispiele wie die Ablehnung des Dampfschiffs durch Napoleon und des Telefons durch Western Union oder das Kommentar „unrealistisch“ durch einen Professor zur Idee von Federal Express. Innovative Ideen brechen nämlich mit dem Status Quo – sie stellen bekannte Systeme und etablierte Praktiken in Frage und erfordern neue Denkweisen und Prozesse. Eine typische Reaktion auf eine innovative Idee besteht also darin, sie abzulehnen, oder nur die Implementierungsschwierigkeiten zu erkennen.

Andere – eher optimistisch oder unternehmerisch veranlagte Menschen – sehen dagegen in der innovativen Idee zuerst das Potenzial. Sie wissen natürlich, dass es Umsetzungshindernisse geben wird, aber sie sind zuversichtlich, dass diese überwunden werden können.

Natürlich sind auch solche Ideen, die ausschließlich hohe Bewertungen erzielen, vielversprechend. Da aber ihr Wert von allen auf Anhieb erkannt wird, liegt die Vermutung nahe, dass diese eher die Grundlage für inkrementelle Innovationen bilden werden.

Es ist wichtig, im Innovationsworkshop (und im Innovationsprozess allgemein), solche polarisierenden Ideen aufzudecken und geeignet zu behandeln. Es sind häufig diese Ideen, die das größte (wenn auch disruptivste) Potenzial in sich tragen.

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Kompaktwissen Ideenbewertung

Über das Scheitern in der Innovation

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Woody Allen hat einmal über seine Arbeit als Filmemacher gesagt:

If you’re not failing every now and again, it’s a sign you’re not doing anything very innovative.

Innovative Projekte sind immer mit Risiken behaftet, da sie auf unsicheren Daten beruhen oder die Grenzen des bisher Üblichen berühren oder weil der Weg zum Ziel von vornherein nicht bekannt ist. Neue Produkte müssen ohne Kenntnis der zukünftigen Marktlage, der technologischen Entwicklungen und des Publikumsgeschmacks konzipiert werden. Zwei der aktuell am meisten diskutierten Prinzipien des Innovationsmanagements – die Lead User Methode und Open Innovation – sollen unter anderem dazu dienen, dieses Informationsrisiko zu minimieren und dadurch die Erfolgsquote von Innovationsprojekten zu erhöhen.

Was Allen zum Audruck bringen will ist die Erkenntnis, dass der, der stets auf der sicheren Seite bleibt und keine Risiken eingeht, auch seltener einen Misserfolg erlebt. Allerdings sind seine Ergebnisse damit auch stets gewöhnlich; sie entsprechen dem Durchschnitt und sind vorhersehbar. Mit anderen Worten sind Misserfolge eine zwangsläufige Begleiterscheinung des innovativen Handelns.

Ähnlich schreibt Kreativitätsexperte Edward de Bono über die mentalen Provokationen zur Genierung neuer Ideen. Provokationen sind bewusste gedankliche Verfälschungen der Realität mit dem Ziel, neue Sichtweisen auf die gegebene Situation zu gewinnen. De Bono sagt, Provokationen sollten eine Erfolgsquote von höchstens 40% haben, d.h. mehr als die Hälfte davon darf nicht zu einer Idee führen. Eine höhere Quote würde nämlich bedeuten, dass die Provokationen zu zaghaft gewählt worden sind, und dass die daraus resultierenden Ideen zwangsläufig gewöhnlich sein werden. In diesem Sinne sind auch Provokationen „risikobehaftete“ Gedanken, und nur wer bereit ist, das Denkrisiko einzugehen, kann durch innovative Ideen belohnt werden.

Allens Zitat enthält aber eine weitere, weniger offensichtliche Botschaft für Unternehmen, die Innovationsprozesse betreiben. Eine häufige Praxis besteht darin, Ideenworkshops zu veranstalten, aus denen viele Ideen hervorgehen, die aber sehr schnell auf wenige möglichst erfolgversprechende Ideen reduziert werden. Nur diese Ideen gehen dann in die Analyse- und Entwicklungsphase über. Die Gefahr bei dieser Vorgehensweise besteht darin, das Potential vieler Ideen zu verlieren, weil diese zugunsten von den wenigen Top-Ideen fast sofort verworfen werden. Sie bekommen also keine Chance, weiter entwickelt zu werden, und sie werden weder zum Erfolg noch zum Misserfolg.

Innovative Unternehmen wie Google lassen aber zu, dass viele Ideen verfolgt werden, so dass sie sich nach und nach beweisen können bzw. sich als nicht weiter verfolgungswürdig erweisen können. Dies ist das Prinzip des Pflanzensaats: man will eine bestimmte Pflanzensorte züchten, hat aber viele unsortierte Samen bekommen. Man sät also alle Samen aus und pflegt sie alle, bis sie keimen und anfangen zu wachsen. Erst dann zeigt sich, welche der kleinen Pflanzen diejenigen sind, die man gesucht hat. Es gilt also das Zitat von Henry Ford:

Wenn Sie erfolgreich werden wollen, müssen Sie Ihre Fehlerrate verdoppeln!

Im selben Sinne weiß man aus dem Sport, dass diejenigen Sportler, die die meisten Tore bzw. Home Runs geschossen bzw. geschlagen haben auch diejenigen sind, die die meisten Torgelegenheiten verschossen haben bzw. ein Strike Out bekommen haben.

Die Moral der Geschichte für Unternehmen besteht also darin, nicht vorschnell Ideen zu verwerfen, sondern so vielen von ihnen wie möglich die Gelegenheit zu geben, weiter entwickelt zu werden. Das Ergebnis wird sein, dass sowohl die Innovationserfolgs- als auch die Innovationsfehlerrate erhöht werden.

(Bildquelle: Wikipedia)

Alte Möbelstücke im Kopf

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Dee Hock, der Gründer des Kreditkartenunternehmens Visa, hat einmal über die Kreativität gesagt:

The problem is never how to get new, innovative thoughts into your mind, but how to get old ones out. Every mind is a building filled with archaic furniture. Clean out a corner of your mind and creativity will instantly fill it.

Unsere Köpfe sind voll mit Wissen, Regeln und Annahmen über die Welt, in der wir leben. Diese helfen uns zwar, Kompetenzen zu erwerben und im Alltag uns zurecht zu finden, doch stellen sie Hindernisse dar, wenn es darum geht, neue Ideen zu bekommen. Dieses wertvolle Wissen wird plötzlich zur Betriebsblindheit, die neue Gedanken verhindert und die Ablehnung fremder Ideen hervorruft.

Gute Ideenproduktionstechniken helfen, diese Betriebsblindheit zu überwinden, indem sie hilfreiche und unerwartete Perspektivwechsel vorschlagen. Besonders die provokativen Techniken sind dazu in der Lage, die „altertümlichen Möbelstücke“ in Kopf zu verdrängen.

Ähnlich verhält es sich in Organisationen. Hier sind die „altertümlichen Möbelstücke“ die Prozesse, Strukturen und Werte, die in der Organisation etabliert sind und Innovatives im Keim zu ersticken drohen. Clayton Christensen beschreibt diese und deren paralysierende Wirkung sehr gut in seinen Büchern „The Innovator’s Dilemma“ und „The Innovator’s Solution„. Hier helfen nur radikale Maßnahmen der Geschäftsleitung, um eine neue Innovationskultur aufzubauen.

Innovation und Bildung – Eine Paralleldebatte

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George Chen und John Zapolski schreiben in ihrem Artikel The Seven Myths of Innovation über sieben gängige negative Meinungen zum Thema Innovation. Auch hierzulande begegnen wir von Zephram oft solchen Einstellungen, und ich musste schmunzeln als ich die sieben „Mythen“ las.

Drei der Mythen von Chen und Zapolski lauten

  • Mythos #3: Innovation ist risikoreich.
  • Mythos #5: Innovation ist teuer.
  • Mythos #6: Innovation lenkt nur von wichtigeren Dingen ab.

Diese Bedenken erinnerten mich sehr stark an frühere Debatten über die Notwendigkeit von Bildung. Da haben einige berühmte Menschen Aphorismen und Maxime zugunsten der Bildung ausgeprochen, zum Beispiel:

  • The only thing more expensive than education is ignorance.
    (Benjamin Franklin)
  • We believe […] that education is not an expense. We believe it is an investment.
    (Lyndon B. Johnson)
  • Education is the best provision for old age.
    (Aristoteles)
  • If you think education is expensive, try ignorance.
    (Sir Claus Moser)
  • If a man empties his purse into his head, no one can take it from him. An investment in knowledge always pays the highest return.
    (Ben Franklin)
  • Education is our passport to the future, for tomorrow belongs to the people who prepare for it today.
    (Malcolm X)
  • Learning is not compulsory. Neither is survival.
    (W. Edwards Deming)
  • Get learning with a great sum of money, and get much gold by her.
    (Ecclesiasticus 51:28)
  • Education – lifelong education for everyone – from toddlers to workers well advanced in their careers – is indeed an excellent investment for individuals and society as a whole.
    (Ben Bernanke)
  • Human history becomes more and more a race between education and catastrophe.
    (H.G. Wells)
  • It is a truism that education is no longer a luxury. Education in this day and age is a necessity.
    (Lyndon B. Johnson)

Heute befinden wir uns in einer ähnlichen Situation bezüglich Innovation. Dementsprechend kann man in diesen Zitaten die Begriffe „Bildung“, „Wissen“ „Lernen“ usw. sinngemäß durch „Innovation“ bzw. „Innovationsfähigkeit“ ersetzen. Bezieht man dann die resultierenden Aussagen auf Unternehmen bzw. die Wirtschaft, erhält man Argumente, die für die aktuelle Diskussion über Innovation genauso relevant sind wie es die Originalzitate für Bildungsdebatten waren.

So erhält man beispielsweise:

  • Das Einzige, was teurer ist, als Innovation, ist die Innovationslosigkeit.
  • Wenn Sie glauben, dass Innovation teuer ist, versuchen es mal mit Innovationslosigkeit.
  • Die Geschichte von Unternehmen wird zunehmend zu einem Rennen zwischen Innovation und der Katastrophe.
  • Innovation ist heute kein Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit.

Dass die Bildung ein Schlüsselfaktor für die persönliche und gesellschaftliche Zukunft ist, ist in den westlichen Industrieländern inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Es bleibt zu hoffen, dass die analoge Erkenntnis sich schnell in allen betroffenen Teilen unserer Wirtschaft etablieren kann.

Betriebsblindheit überwinden

keinebetriebsblindheit.jpgBetriebsblindheit ist eigentlich ein negatives Wort. Doch sie hat auch etwas Gutes an sich: Sie hilft, unsere Konzentration zu fokussieren, indem sie Wesentliches von Unwesentlichem trennt. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für ein effizientes Arbeiten. Sie entsteht als Konsequenz von angewandtem Expertenwissen, etablierten Prozessen und routinierten Arbeitsweisen.

Was ist aber, wenn Veränderungen, Optimierungen oder gar neue Ideen benötigt werden? In diesem Fall ist die Betriebsblindheit in der Tat hinderlich. Sie macht es den Menschen sehr schwer, sich von ihren gewohnten Gedanken und Annahmen zu trennen, die sie bisher nicht hinterfragt haben oder womöglich sogar nicht einmal mehr erkennen.

Ein berühmtes Beispiel für die Betriebsblindheit waren die Ingenieure um den Entrepreneur Henry Ford. Sie sollen behauptet haben, es sei unmöglich, einen Sechszylinder-Motor zu bauen – woraufhin Ford gesagt haben soll, „besorgt mir Leute, die noch nicht gelernt haben, was nicht geht!

Das ist auch unsere Empfehlung für die Ideenfindung. Holen Sie sich Teilnehmer in Ihren Ideenworkshop, die nicht im Thema stecken. Menschen, die nicht wissen, was „nicht geht“. Damit werden Sie viele neue Perspektiven erhalten, auf die Sie selbst nur mit einem viel höheren Aufwand oder sogar gar nicht gekommen wären. Wenn Sie keine Fremden zur Hand haben, können Sie die Provokationstechnik nutzen, um ihre Betriebsblindheit zu überwinden.

Wir haben festgestellt, dass Studenten die idealen Teilnehmer in Ideenfabriken sind. Diese „Ideengeber“ – die in den Techniken des Idea Engineering ausgebildet sind – besitzen die richtige Mischung aus dem „nicht wissen, was nicht geht“ und der Fähigkeit, sich schnell in eine neue Situation einzuarbeiten und Anregungen zu liefern.

Das Offensichtliche sehen

das offensichtliche sehen

Roger van Oech stellt in seinem Blog die Frage, wie sieht man das Offensichtliche? Da dieses Thema mich im Kontext der Ideenproduktion durch Provokation sehr interessiert, habe ich dort geantwortet. Ich gebe hier meinen (übersetzten) Kommentar wieder, zusammen mit einem Nachtrag.

Ich glaube, dass die Fähigkeit, das Offensichtliche zu sehen zu den wichtigsten gehört beim Kreativen Denken (die andere ist die Fähigkeit schnell zahlreiche Assoziationen zu bilden.)

Hier sind zwei Methoden, die wir in unseren Ideenfabriken einsetzen (und die ich Studenten beibringe):

1) Kindertag. Im Büro ist heute Kindertag: Die Kinder der Mitarbeiter kommen zu den Arbeitsplätzen ihrer Eltern und stellen Fragen. Erklären Sie den Kindern, was Sie tun und wie alles hier funktioniert. Ermutigen Sie die Kinder, die Frage „warum?“ zu stellen. Sie werden feststellen, dass Sie dadurch viele grundlegende „Tatsachen“ und Annahmen über Ihre Arbeit (wieder) entdecken.

2) Der Gerichtsmediziner. Tun Sie wie ein Gerichtsmediziner bei einer Autopsie. Untersuchen Sie Ihren Gegenstand gründlich und sprechen Sie selbst die kleinsten Beobachtungen ins Mikrophon, etwa wie folgt: „Das Opfer ist männlich, etwa 30 Jahre alt und ungefähr 180cm groß…“ Mit ein wenig Übung werden Sie dadurch lernen, viele offensichtliche Dinge zu erkennen.

Nachtrag:

Eine Blockade für neue Ideen ist die Betriebsblindheit; Sie macht gewohnte Dinge für uns unsichtbar.

Die Provokationstechnik ist eine ergiebige Quelle für neue Ideen. Jana hat sie bereits in ihrem Beitrag Ein Trittstein … beschrieben. Sie besteht aus zwei Schritten:

  1. Annahmen und Fakten über die Aufgabenstellung sammeln (Beobachten)
  2. Diese Annahmen und Fakten systematisch verfälschen (Provozieren)

Ein Beispiel dazu:

  1. Beobachtung: Meine Studenten bekommen die Prüfungsfragen am Ende des Semesters.
  2. Provokation: Meine Studenten bekommen die Prüfungsfragen am Anfang des Semesters.

Die Erfahrung zeigt, dass die besten Provokationen entstehen, wenn die Beobachtung möglichst grundlegend (und daher oft unsichtbar) war.

 

Links

Kompaktwissen Ideenfindung