Geisterideen

 

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In manchen Unternehmen spukt es – und zwar in denen, die kein oder nur ein schlecht funktionierendes Ideen- oder Innovationsmanagementsystem haben. Diese Geister sind nicht die Überbleibsel verstorbener Mitarbeiter, die keine Ruhe finden, sondern vielmehr alte Mitarbeiterideen. Diese Ideen haben die Mitarbeiter oft mehr als einmal versucht, im Unternehmen bekannt zu machen oder zu realisieren, aber jedes Mal ohne Erfolg. Aus diesem Grund spuken diese Ideen im Unternehmen und in den Köpfen ihrer Erfinder herum und finden ebenfalls keine Ruhestätte.

Solche Geisterideen kommen nicht um Mitternacht zum Vorschein, sondern immer dann, wenn das Unternehmen eine Ideeninitiative startet. Dann werden die Geisterideen geweckt und erneut in das System eingespeist, in der Hoffnung, dass sie dieses Mal Gehör finden.

In einer Ideenfabrik sind Geisterideen problematisch, weil sie psychologisch belastet sind. Manchmal wollen die Erfinder einer Geisteridee die Ideenfabrik als Plattform nutzen, um sie allen Anwesenden vorzutragen oder sich laut darüber zu beschweren, dass sie die Idee schon oft eingebracht haben. Für diese bespukten Mitarbeiter ist ihre Geisteridee oft eine Idee fixe, von der sie sich nicht lösen können, und die sie mit aller Gewalt als Top-Idee erklären lassen wollen. Auf der anderen Seite können Geisterideen bei den übrigen Teilnehmern Frustration und Reaktionen der Form „Nicht schon wieder!“ oder „Hör bloß auf!“ auslösen. Geisterideen stellen also eine Gefahr für den Ablauf und das Ergebnis des Workshops dar.

Die ideale Lösung für dieses Problem ist natürlich, ein gut funktionierendes Ideen- oder Innovationsmanagementsystem zu besitzen, das alle Mitarbeiterideen aufnimmt und ihre Erfinder zeitnah und transparent über deren weiteren Bearbeitungsstand informiert. Das Ziel ist, dass jeder Ideeneinreicher das Gefühl hat, dass seine Ideen vom Unternehmen gehört und ernst genommen werden. Selbst im Falle einer Ablehnung – was ja das Schicksal der Mehrzahl aller Ideen ist – soll der Grund dafür klar und verständlich genannt werden, so dass auch der Einreicher damit einverstanden sein kann.

Diese ideale Lösung ist natürlich nicht leicht – und auf keinen Fall schnell – zu realisieren. So bleibt es oft dem Drehbuchautor und dem Moderator der Ideenfabrik überlassen, ihre Veranstaltung so zu bauen und zu inszenieren, dass das Störpotential von Geisterideen minimiert wird, ohne natürlich die bespukten Teilnehmer zu benachteiligen. Denn man weiß ja nie: vielleicht ist inzwischen der Zeitpunkt für eine geniale Geisteridee genau richtig!

Zehn Wege, um Innovation zu ersticken

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Keith Sawyer hat neulich in seinem Blog Creativity & Innovation das Innovationsbuch The Change Masters von Rosabeth Moss Kanter besprochen. In seinem Artikel Ten Rules for Stifling Innovation zitiert er zehn Management-Fehler, die Innovation in einem Unternehmen behindern:

  1. Regard any new idea from below with suspicion-because it’s new, and because it’s from below.
  2. Insist that people who need your approval to act first go through several other levels of management to get their signatures.
  3. Ask departments or individuals to challenge and criticize each other’s proposals. (That saves you the job of deciding; you just pick the survivor.)
  4. Express your criticisms freely, and withhold your praise.(That keeps people on their toes.) Let them know they can be fired at any time.
  5. Treat identification of problems as signs of failure, to discourage people from letting you know when something in their area isn’t working.
  6. Control everything carefully. Make sure people count anything that can be counted, frequently.
  7. Make decisions to reorganize or change policies in secret, and spring them on people unexpectedly. (That also keeps people on their toes.)
  8. Make sure that requests for information are fully justified, and make sure that it is not given out to managers freely. (You don’t want data to fall into the wrong hands.)
  9. Assign to lower-level managers, in the name of delegation and participation, responsibility for figuring out how to cut back, layoff, move people around, or otherwise implement threatening decisions you have made. And get them to do it quickly.
  10. And above all, never forget that you, the higher-ups, already know everything important about this business.

Hier sind fünf Vorschläge aus meiner eigenen Beobachtung zur Fortsetzung der Liste:

  1. Uphold the age-old principle of punishing people who are associated with failed projects. (That will demotivate everyone from supporting innovative ideas.)
  2. Insist on seeing financial data on every idea proposed. (You can kill any idea with financial forecasts.)
  3. Do not make innovation part of anyone’s annual goals. (To make sure that nobody has an incentive to pursue it.)
  4. Insist that everybody take on innovation tasks in addition to their current projects. (No matter that they are all working at 130% already.)
  5. Never venture beyond your established mindset. (Change is uncomfortable!)

Die zehn „Regeln“ sind sarkastisch oder ironisch formuliert. Dennoch enthalten sie ein Körnchen Wahrheit, denn sie sind das Ergebnis der Forschung von Kanter in vielen amerikanischen Unternehmen. Obwohl Kanters Buch aus dem 1983 stammt, trifft man selbst heute noch in Deutschland viele dieser Praktiken an.

Charles Goodyear – „Failure is not an option“

Charles Goodyear

Auf der Suche nach Innovationserfolgen stieß ich auf eine echte Ideenverfechter-Geschichte des Erfinders des Vulkanisationsverfahrens, Charles Goodyear. Dieses Verfahren wird heute bei der Verarbeitung von Kautschuk angewendet, um ihn zu härten. Erst dadurch kann dieser als Hartgummi in Form von Gummistiefeln, Taucheranzügen, Reifen, u.v.m. genutzt werden.

Zu Beginn allerdings war es aber gar nicht so klar, dass man aus Kautschuk überhaupt ein brauchbares Material herstellen kann …

1830 gab es ein regelrechtes Kautschuk Fieber. Der neue Stoff war für die Industrie zunächst faszinierend, da er wasserabweisend war. Viele neue Unternehmen sind entstanden, die sich mit Produkten aus Kautschuk beschäftigten. Allerdings platzte die anfängliche Euphorie als man feststellte, dass der Kautschuk im Winter hart wie Stein (und dadurch brüchig) und im Sommer weich wie Kleber wurde. Investoren verloren Millionen. Amerika war mit dem importierten Stoff aus Brasilien „durch“.

Etwa zur gleichen Zeit entdeckte Goodyear seine Faszination für Gummi: „There is probably no other inert substance, which so excites the mind.“ Im Gegensatz zum restlichen Amerika war Goodyear derart überzeugt von der Wichtigkeit des Rohstoffs, dass er fieberhaft nach Wegen zur Verwendung des Kautschuks suchte. Denn für ihn gab es vielfältige Anwendungsfelder wie Schmuck, Geldscheine, Schiffssegel, Schiffe, Kleidung, Fahnen und Musikinstrumente. Diese Überzeugung ging sogar so weit, dass kein Widerstand und kein sozialer Umstand ihn von dieser Idee abbringen konnte. Ein echter Ideenverfechter, für den ein Misserfolg einfach keine Option ist!

Schon vor seiner Besessenheit nach Gummi war Goodyear verschuldet. So kam es, dass er seine ersten Bearbeitungsversuche mit Kautschuk in einem Gefängnis durchführte. Seine Frau brachte ihm Rohmaterial und ein Nudelholz. Das Problem, das er lösen wollte, war die mangelnde Temperaturbeständigkeit des Kautschuks sowie die Klebrigkeit des Stoffes. Er experimentierte mit verschiedenen Beimischungen. Mit den Zusatzstoffen Magnesium und Talkum erreichte Goodyear, dass das Gummi geschmeidiger wurde und dadurch besser verarbeitet werden konnte. Nachdem er einen Investor von den Fortschritten überzeugt hatte, produzierte er mit seiner Familie jede Menge Gummi-Überziehschuhe. Der Sommer brachte jedoch zutage, dass die Beimischungen keine Lösung für die mangelnde Temperaturbeständigkeit waren. Das Produkt zerschmolz in der Hitze und so auch das Vermögen seines Investors.

Goodyear experimentierte nach dem Trial and Error-Prinzip immer weiter. Die vielen Fehlschläge wirkten sich auf sein Privatleben aus. Seine Familie hatte enorme finanzielle Schwierigkeiten. Nach zwei weiteren geschäftlichen Fehlschlägen stieß er dann auf einen glücklichen Zufall. Seine neueste Gummimischung (Kautschuk und Schwefel) kam zufällig mit starker Hitze in Berührung. Der Effekt war verblüffend. Das Gemisch veränderte seine Struktur: es war immer noch elastisch aber jetzt auch hitzebeständig! Nach zahlreichen Experimenten fand Goodyear die richtige Mischung, die richtige „Backdauer “ und die richtigen Temperaturen heraus.

Noch einmal konnte er einen Investor (einen Bekleidungshersteller) davon überzeugen, Gummifäden in Herrenhemden einzuweben. Erste geschäftliche Erfolge stellten sich ein – nach 10 Jahren Beharrlichkeit!

Auch wir konnten beobachten, dass der Erfolg einer Idee von der Beharrlichkeit ihres Verfechters abhängt. Charles Goodyear zeigt uns, wie viel Beharrlichkeit und Überzeugung eine Idee brauchen kann bis sie erfolgreich ist. Denn die Idee allein kann noch nicht erfolgreich werden, sie braucht jemanden der für sie kämpft, der sie verteidigt und der für sie eintritt.

Quellen: www.goodyear.com; „Teflon, Post-It und Viagra“ von Martin Schneider

Erster Idea Engineer-Tag in der Denkfabrik

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Am 9. August 2008 fand unser erster Idea Engineer-Tag in der Denkfabrik statt. Zu diesem Event waren alle freien Mitarbeiter und die Studierenden der Vorlesung “Idea Engineering” an der Universität Magdeburg eingeladen.

Idea Engineer-Tage dienen dazu, unsere freien Mitarbeiter im Idea Engineering und anderen Innovationswerkzeugen zu schulen und sie über die aktuellen Unternehmensentwicklungen auf dem Laufenden zu halten. Gleichzeitig stärkt und fördert das Treffen das freie Mitarbeiter-Netzwerk.

“An dem Tag habe ich viel über die neuesten Innovationswerkzeuge und deren Anwendung bei Zephram gelernt. In dem Austausch mit den anderen freien Mitarbeitern außerhalb einer Ideenfabrik habe ich viele Erfahrungen mitnehmen können. Wir freuen uns alle sehr auf die nächsten Projekte.” sagte Elena Dieckmann, Idea Engineer bei Zephram.

Joy’s Law und Open Innovation

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Bill Joy war einer der Gründer der Computerfirma Sun Microsystems. Im Jahr 2003 hat er in einem Vortrag die folgende Bemerkung gemacht:

Innovation happens elsewhere.“

Der Gedanke, aus dem diese Bemerkung entstanden ist, wird Joy’s Gesetz (Joy’s Law) genannt. Dieses Gesetz lautet

Die Mehrheit der cleveren Menschen arbeitet nicht für Sie – ganz gleich, wer Sie sind.

Moderne Innovationsstrategien berücksichtigen Joy’s Gesetz. Dadurch kommen Unternehmen an die Ideen vieler Menschen heran und können somit ihre Innovationsprozesse mit möglichst vielen guten Ideen versorgen.

Eine solche Innovationsstrategie ist Open Innovation. Open Innovation beteiligt externe Experten und fremde Organisationen in allen Phasen des Innovationsprozesses – insbesondere auch bei der Ideengenerierung. (Siehe auch Open Innovation – Offen für Neues und Open Innovation hat zwei Seiten!)

Berücksichtigt auch Ihre Innovationsstrategie Joy’s Gesetz? Welche externen Experten integrieren Sie in Ihren Innovationsprozess? Welchen Fragen stellen Sie diesen Experten, um möglichst viel Nutzen aus ihrem Wissen zu ziehen?

Ideenverfechter für mehr Innovation

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In einer Ideenfabrik produzieren, bewerten und priorisieren unsere Kunden viele potentialreiche Ideen. Damit diese auch umgesetzt werden, müssen die Ideen nach dem Event im Unternehmen weiter vorangetrieben werden. Dabei gibt es einige Hürden zu meistern. Die zwei größten Hürden sind unserer Meinung nach:

  1. Die den Mitarbeitern zu Verfügung stehenden Ressourcen wie Zeit, Geld und Manpower sind sehr knapp.
  2. Eine Idee benötigt viel Aufmerksamkeit und Engagement, um sich im Unternehmen (trotz des Alltagsgeschäftes) durchsetzen zu können. Die dafür notwendigen Maßnahmen werden oft unterschätzt.

In diesem Artikel stellen wir ein Lösungsprinzip für Punkt 2 vor: die Ideenverfechter. Ideenverfechter sind Mitarbeiter des Unternehmens und Teilnehmer der Ideenfabrik, die sich für eine potentialreiche Idee einsetzen. Ihr Ziel ist es, die Idee mindestens bis zur Entscheidung zu bringen, ob aus der Idee ein Innovationsprojekt gestartet wird. Bestenfalls begleiten Ideenverfechter die Idee sogar bis zur Umsetzung.

Aus unserer Erfahrung heraus empfehlen wir, drei verschiedene Arten von Ideenverfechter für jede Idee zu benennen.

Machtpate: Eine Idee benötigt einen Machtpaten für die Überwindung von politischen Hürden oder die Klärung von Zuständigkeiten. Der Machtpate unterstützt auch bei der Akquise von Ressourcen. Er ist selbst im Management oder in der Führungsebene angesiedelt. Ein Machtpate kann für mehrere Ideen gleichzeitig Pate sein.

Netzwerkpate: Eine Idee benötigt einen Netzwerkpaten für die Verknüpfung von Know-how im Unternehmen. Der Netzwerkpate organisiert und motiviert Experten, damit eine Idee um alle relevanten Informationen ergänzt werden kann. Er hat selbst viel Erfahrungen und ein großes Netzwerk im Unternehmen aufgebaut. Ein Netzwerkpate kann für mehrere Ideen gleichzeitig Pate sein.

Promotor: Eine Idee benötigt einen Promoter für das Vorantreiben der Idee. Der Promotor präsentiert die Idee bei jeder Gelegenheit, organisiert die Nachbereitung, sammelt Informationen und spricht Macht- und Netzwerkpaten an. Er ist derjenige, der sich aktiv für eine Idee einsetzt. Promotoren können aus jedem Unternehmensbereich kommen. Seine Motivation für den Einsatz als Promotor ist jedoch stark von der eigenen Position im Unternehmen abhängig (dafür wird es einen weiteren Blogartikel geben).  Ein Promotor fördert in der Regel nur eine Idee auf einmal.

Das Prinzip der Ideenverfechter ist sinnvoll. Zum Beispiel wenn die Erfolgschancen für potentialreiche Ideen auch nach einer Ideenfabrik im Unternehmen zu überleben um zu einer fundierten Entscheidung für nächste Schritte zu gelangen, spürbar erhöht werden soll. Weil somit mehr Ideen bis zur Entscheidung für ein Innovationsprojekt kommen, erhöht sich die Innovationsrate deutlich.

Das Prinzip des Ideenverfechters ist auch in der Fachliteratur nachzulesen. Zum Beispiel in „Grundlagen des Innovationsmanagements„.

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Kompaktwissen Innovationsmanagement

Ein Werkzeugkoffer für Mitarbeiterideen

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Im November veranstaltet die HLP Informationsmanagement GmbH ihr Forum 2008. Bei diesem Forum treffen sich Ideenmanager und Kunden von HLP, um sich über neue Erkenntnisse und Entwicklungen aus dem Ideenmanagement zu informieren. Dort habe ich Gelegenheit, einen Vortrag zu halten.

Der Titel meine Vortrags lautet Ein Werkzeugkoffer für bessere Mitarbeiterideen. Dort will ich über Ideenproduktionstechniken sprechen, die im Ideenmanagement eingesetzt werden können. Mit diesen Mitarbeiterideen werden Prozesse verbessert oder Verschwendung und Bürokratie verringert. Diese Sammlung von Techniken will ich in Form eines Ideen-Werkzeugkoffers präsentieren.

Der Vortrag ist wie folgt angekündigt:

Mitarbeiterideen werden oft in Gruppenveranstaltungen wie Ideenworkshops, Qualitätszirkeln oder Ideenkreisen erarbeitet. Der „Werkzeugkoffer“ enthält spielerische Arbeitsanweisungen, mit denen Problemsymptome im Arbeitsumfeld gesammelt, Ursachen analysiert und Lösungsideen gefunden und bewertet werden können.

Einige Vorteile des Werkzeugkoffers sind:

  • die Einfachheit der Schritte, die auch von unmoderierten Gruppen durchgeführt werden können
  • die systematische Erfassung von Verbesserungspotentialen
  • die strukturierte Hinführung zu bewerteten Lösungsideen

Mit dem Werkzeugkoffer werden die Qualität der Verbesserungsideen erhöht und der Aufwand für die Gutachter im anschließenden Bewertungsprozess reduziert.

Die Broschüre zum Forum kann hier heruntergeladen werden.

Ich freue mich sehr über diese Gelegenheit und hoffe, mit meinem Vortrag ein paar nützliche Informationen an die Teilnehmer vermitteln zu können.

Value Innovation: Verbesserung der Buyer Utility Map

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Einführung

Das Buch Blue Ocean Strategy der Professoren W. Chan Kim und Renée Mauborgne der INSEAD Business School in Frankreich ist wohl eines der am meisten beachteten Innovationbücher der letzten Jahre. Darin beschreiben sie, wie Unternehmen mit innovativen Produkten neue Märkte eröffnen und darin konkurrenzfrei wachsen können. Ihren Ansatz nennen sie Value Innovation. Im Buch sind einige Werkzeuge enthalten, die bei der Entwicklung neuer Produkte behilflich sein können.

Eines der Value Innovation Werkzeuge ist die so genannte Buyer Utility Map, eine Suchfeldmatrix für neue Produkte. Die Zeilen der Tabelle sind so genannte Utility Levers, d.h. Hebel zur Erhöhung des Kundennutzens. Im Original heißen diese Hebel

  • Risiko: Das Risiko für den Kunden wird verringert.
  • (Kunden-)Produktivität: Der Kunde kann eine Aufgabe mit dem neuen Produkt schneller erledigen.
  • Komfort: Das neue Produkt ist komfortabler als das bisherige Angebot.
  • Umweltfreundlichkeit: Das neue Produkt ist umweltfreundlicher als das bisherige.
  • Spaß und Image: Das neue Produkt macht dem Kunden mehr Spaß als das bisherige, oder es verbessert sein Image.
  • Einfachheit: Das neue Produkt ist einfacher als das bisherige.

Die Spalten der Tabelle sind die Phasen des so genannten Buyer Experience Cycle. Dies sind die verschiedenen Phasen der Begegnung des Kunden mit dem Produkt. Diese Phasen heißen im Einzelnen:

  • Kauf
  • Lieferung
  • Benutzung
  • Zusatzprodukte
  • Wartung
  • Entsorgung

Die Kombination der sechs Zeilen und sechs Spalten ergibt eine Tabelle mit 36 Feldern. Jedes dieser Felder liefert einen anderen Ansatz für ein neues oder verbessertes Produkt.

Die ursprüngliche Buyer Utility Map ist unter anderem auch bei Wikipedia zu finden.

Verbesserungen

Von einem guten Modell kann man verlangen, dass es zwei wichtige Eigenschaften besitzt:

  • Vollständigkeit: Das Modell enthält alle relevanten Aspekte; es wurden keine weggelassen.
  • Redundanzfreiheit: Die einzelnen Komponenten des Modells sind überschneidungsfrei; keine Komponente enthält Teile einer anderen.

Besitzt das Modell diese beiden Eigenschaften nicht, dann ist seine Nützlichkeit stark eingeschränkt. Wir müssen also untersuchen, ob die Spalten- und Zeilenüberschriften der Tabelle jeweils alle wünschenswerten Möglichkeiten abdecken und ob sie frei von Überschneidungen sind.

Es folgt eine Präsentation unserer Verbesserungsvorschläge. Das Ergebnis ist im Diagramm am Anfang des Artikels abgebildet.

Die Zeilen

Von den ursprünglichen sechs Zeilen der Tabelle übernehmen wir die ersten drei (Produktivität, Komfort und Risiko) unverändert.

Einfachheit halten wir für redundant, da sie entweder dem Komfort oder der Produktivität dient. Sie stellt also keinen eigenständigen Kundennutzen dar.

Spaß und Image erscheint uns unvollständig. Diese beiden Effekte sind psychologische Vorteile, die ohne Zweifel Kundennutzen darstellen, doch derlei gibt es viele mehr. Beispiele hierfür sind der Beruhigungseffekt von Zigaretten oder Kaugummi und das Zugehörigkeitsgefühl das Fan-Artikel ihren Eigentümern verleihen. Aus diesem Grund verallgemeinern wir diese Kategorie und nennen sie Psychologische Vorteile. Diese Kategorie enthält nicht nur Spaß und Image, sondern sämtliche Arten von psychologischem Kundennutzen.

Umweltfreundlichkeit halten wir ebenfalls für unvollständig. Wir ziehen an dieser Stelle den Begriff (Umfeld-)Kompatibilität vor. Umfeldkompatibilität enthält die zwar Umweltfreundlichkeit, geht aber darüber hinaus. Mit Umfeld meinen wir beispielsweise auch das funktionale oder physische Umfeld eines Produktes, und Kompatibilität schließt auch technische und geschmackliche oder stilistische Kompatibilität mit ein. So hat ein Computer eine hohe Umfeldkompatibilität, wenn er viele Schnittstellen zu anderen Geräten enthält, und ein Möbelstück hat eine hohe Umfeldkompatibilität, wenn es einem vorhandenen Einrichtungsstil entspricht.

Zukunftspotential ist ein neuer Hebel, die im Original keine Entsprechung hat. Er bezeichnet die Attribute eines Produktes, die es im weitesten Sinne zukunftsfähig machen. Bei einem technischen Gerät könnte dies die Ausstattung mit einer neuen Schnittstelle sein, die zwar angekündigt, aber noch nicht weit verbreitet ist. Zukunftsfähiger wird ein Produkt auch, wenn seine Wiederverkaufswert erhöht wird oder die Verfügbarkeit von Ersatzteilen für einen längeren Zeitraum garantiert wird.

Total Cost of Ownership ist ebenfalls ein neuer Hebel. Damit sind sämtliche Aufwendungen gemeint, die mit dem Kauf und dem Betrieb eines Produktes verbunden sind. Diese umfassen unter anderem den Kaufpreis, die Betriebs- und Wartungskosten und den Platzverbrauch. Jede Reduktion dieser Kosten bedeutet eine Erhöhung des Kundennutzens.

Zu jedem Hebel existiert eine Checkliste, die Anregungen enthält, wie der entsprechende Kundennutzen erzielt werden kann. Beispielsweise gehören zur Checkliste für Komfort erhöhen die folgenden Anregungen:

  • bequemer machen
  • Zugang erleichtern
  • verständlicher machen
  • individueller machen
  • Bedienung vereinfachen
  • intuitiver machen

Die Spalten

Im Originalmodell von Kim und Mauborgne steht in den Spalten der Matrix der Buyer Experience Cycle. Dieser beschreibt die einzelnen Phasen, in denen der Kunde das Produkt erlebt (Kauf, Lieferung, Betrieb, …) . Der Buyer Experience Cycle stellt aber nur eine von vielen möglichen Sichtweisen auf ein Produkt dar. Es gibt aber viele weitere Sichtweisen auf Produkte, und alle könnten an dieser Stelle eingesetzt werden. In diesem Sinne scheint die Buyer Utility Map nicht allgemeingültig genug zu sein. Es ist (zumindestens mir) nicht klar, warum Kim und Mauborgne diese spezielle Perspektive gewählt haben. Sie passt beispielsweise zu physischen Produkten, aber nicht zu Dienstleistungen (bei denen es weder Lieferung noch Entsorgung gibt.)

Aus diesem Grund haben wir die Spalten von Buyer Experience Cycle in Situation Focus umbenannt. Beim Situation Focus wird die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Perspektive auf die Ausgangssituation gelenkt. Einige mögliche Perspektiven sind:

  • Buyer Experience Cycle (wie bei Kim und Mauborgne)
  • Komponenten des Produktes (z.B. Gehäuse, Bedienelemente, Oberfläche usw.)
  • Prozesse im Zusammenhang mit der Aufgabenstellung (z.B. Schlange stehen, Einkaufswagen schieben, Parkplatz suchen)
  • Funktionen des Produktes, (z.B. Konto eröffnen, Geld ansparen, Kontoauszug holen)
  • Aufgaben im Zusammenhang mit dem Produkt (z.B. Einparken, Tanken, Kofferraum beladen)
  • Zielgruppen des Produktes (z.B. Jugendliche, Berufstätige, Alleinerziehende)

Je nach Aufgabenstellung eignen sich unterschiedliche Perspektiven natürlich eher mehr bzw. weniger.

Anwendung

Die Anwendung des Modells vollzieht sich in fünf Schritten:

  1. Ein relevanter Situation Focus wird gewählt, z.B. Aufgaben.
  2. Die entsprechenden Einträge für die Spaltenüberschriften werden eingetragen, z.B. Tanken, Reifen wechseln, Einparken, Kofferraum beladen.
  3. Ein vielversprechender Utility Lever wird ausgesucht, z.B. Komfort erhöhen.
  4. Mit Hilfe der entsprechenden Checkliste zum Utility Lever werden Fragen formuliert, die neue Produktideen anregen sollen, z.B. Wie können wir die Bedienung intuitiver machen? Wie können wir den Reifenwechsel vereinfachen?
  5. Der Vorgang wird ab Punkt 3. mit einem neuen Hebel wiederholt.

Der ganze Ablauf kann mit einem neuen Situation Focus wiederholt werden.

Das Ergebnis sind neue Ideen, die unterschiedliche Arten von Kundennutzen erzielen und aus einer Vielzahl unterschiedlicher Blickwinkel auf die gegebene Situation gewonnen worden sind.

Danksagung

Die Modellverbesserungen wurden im Rahmen der Idea Engineering-Forschung an der Universität Magdeburg entwickelt. Sie sind entstanden durch Gespräche mit Jana Görs und René Chelvier (Zephram GbR), Stefan Knoll und Falko Werner (Doktoranden der Universität) sowie David Bobles und Jana Schumann (Studenten der Universität).

 

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Kompaktwissen Produktinnovation

Kompaktwissen Ideenfindung

Ablehnungsfehler in der Musikkritik

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Ludwig van Beethoven komponierte seine zweite Symphonie in D-Dur in den Jahren 1801 und 1802. Ihre Uraufführung fand im darauf folgenden Jahr 1803 statt. Ein Jahr später erschien in der Zeitung für die Elegante Welt eine Kritik der Symphonie, worin zu lesen ist:

Die Zweite Symphonie ist ein krasses Ungeheuer, ein angestochener, sich unbändig windender Lindwurm, der nicht ersterben will und selbst verblutend im Finale noch mit aufgerecktem Schweife wütend um sich schlägt.

Dieses Zitat und viele ähnliche findet man im Buch Lexicon of Musical Invective von Nicolas Slonimsky. Das Buch ist eine Sammlung von Musik-Kritiken von ca. 1800 bis 1950. Allen Kritiken ist gemeinsam, dass ihre Autoren das Innovative an den neuen Werken abgelehnt und die Bedeutung der Werke nicht erkennen konnten. Es ist für mich erstaunlich, mit welcher Vehemenz gegen neue Kunstwerke zu Felde gezogen wird; aus diesem Grund macht das Buch auch viel Spaß. erstaunlich ist für mich auch, dass dieses Phänomen so beständig ist: Scheinbar können manche Kritiker nicht aus Fehlern der Vergangenheit lernen – im Gegensatz zu den Komponisten, über die sie so leidenschaftlich herziehen.

Ähnlich verhält es sich bei der Ideenbewertung im modernen Innovationsprozess. Da innovative Ideen stets einen Bruch mit bisherigen Vorstellungen mit sich bringen, stoßen sie bei vielen zunächst auf Unverständnis. Auch in diesem Falle gilt: je innovativer die Idee, desto heftiger ist der Widerstand, denn gute Ideen können kulturgefährdend sein, und es kommt zunächst zu Killerphrasen und dann zum Ablehnungsfehler.

(Bildquelle: Wikipedia)

Vermeidung negativer psychologischer Faktoren

Psychologische Faktoren

Im folgenden Blogbeitrag möchte ich über einige negative psychologische Faktoren schreiben. Das sind die Faktoren an die man als Moderator eines Workshops meist nicht denkt. Allerdings können im schlimmsten Fall negative psychologische Faktoren das Ergebnis einer Gruppenarbeit gefährden.

Was sind überhaupt psychologische Faktoren? Psychologische Faktoren beschreiben die Effekte verschiedenster Gruppenarbeiten. In diesem Beitrag beziehe ich mich auf einige psychologischen Faktoren, die in der Gruppenarbeit der ersten Innovationsphase auftreten können. Wichtig bei psychologischen Faktoren in Gruppen ist, dass sie Effekte auslösen können, die sich negativ sowie positiv auf ein Gruppenergebnis auswirken können. Somit beeinflussen sie die Effizienz und die Effektivität von Gruppenprozessen. In diesem Beitrag werde ich über einen negativen psychologischen Faktor informieren.

Warum sollten diese Faktoren in der Planung beachtet werden? Negative psychologische Faktoren können in einem Workshop das Ergebnis gefährden. Die Arbeitszeit von einer Gruppe von Experten kann umsonst gewesen sein. Und das obwohl Zeit die einzige Ressource ist, die nicht vermehrt werden kann! Wird diese wertvolle Zeit einer Gruppe nicht effizient genug genutzt, entstehen Kosten. Daher sollte der Einsatz der Gruppenmitglieder genau durchdacht, geplant und maximal produktiv eingesetzt werden.

In unseren Workshops haben wir einige hilfreiche Maßnahmen zur Vermeidung negativer psychologische Faktoren entdeckt und möchten hier darüber berichten.

Negativer psychologischer Faktor: Produktionsblockierung
(einer der bekanntesten Faktoren überhaupt)

Beschreibung: Sobald ein Teilnehmer einer Gruppe spricht, müssen alle anderen Teilnehmer dieser Gruppe zuhören. Sie können keinen eigene Gedanken, Ideen oder Beiträge nachgehen.

Beispiel: Maximale Produktionsblockierung erleben Sie zum Beispiel in einem Vortrag. Ein Referent erzählt und alle anderen müssen diesem zuhören. In diesem Fall ist das ok, weil die Teilnehmer dem Referenten wegen seiner Expertise zuhören möchten.

Auswirkung: Schlecht ist Produktionsblockierung immer dann, wenn Beiträge verhindert oder Gedanken unterbrochen werden. Klassisch tritt Produktionsblockierung häufig während der Ideensammlung auf. Der Effekt ist fataler als es zu sein scheint. Nicht nur, dass Teilnehmer sich gegenseitig blockieren, weil sie nicht gleichzeitig Beiträge liefern können. Es ist noch viel schlimmer, ihre eigenen Gedanken werden unterbrochen, weil sie dem Sprecher zuhören müssen. Das Ergebnis ist: Das Potential einer Gruppe wird nicht genutzt. Im schlimmsten Fall schalten Vielredner den gesamten Rest der Gruppe aus. Dadurch gehen wertvolle Beiträge verloren.

Mögliche Maßnahmen: (Dimension: Format) In der Informatik gibt es einen berühmten Sortieralgorithmus, der viel Aufwand spart: Teile und Herrsche. Nach diesem Prinzip kann auch der Flaschenhals Produktionsblockierung gelöst werden. Statt in einer Gruppe von 20 Teilnehmern eine Ideensammlung durchzuführen, führt man es in vier Teams mit jeweils fünf Personen parallel durch. Erfahrungsgemäß tritt kaum noch Produktionsblockierung, wenn die Gruppe nicht größer als sechs Teilnehmer ist. Die Produktionsblockierung wirkt sich dadurch nicht länger negativ auf die Effizienz der Gruppe aus.

Allerdings muss der Moderator dann vier Teams zentral moderieren. Denn der Einfluss des Moderators auf die Teilnehmer sinkt. In einem klar und leicht verständlich strukturierten Prozess dürfte dieser Mangel an Einfluss keine negativen Auswirkungen haben.

Weitere negative psychologische Faktoren über die wir hier auch berichten werden, sind beispielsweise Ablenkung, kognitive Interferenz, konzeptuelle Frustration, Aufwandsredundanz, Bewertungsbefürchtung (Ideenbewertung) und Geisterideen (Ideenbewertung).