Ideenfindung mit der Analogietechnik

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Analogien in der Ideenfindung

Analogien bilden eines der wichtigsten Prinzipien zur Herstellung von Perspektivwechseln, denn sie lassen sich gut lenken, sie sind ergiebig und sie sind einfach durchzuführen.

Analogien sind Organisationen, Personen oder Objekte, die mit der Aufgabenstellung mindestens ein gemeinsames Merkmal besitzen und somit ihnen ähnlich sind. Solche Merkmale werden Attribute genannt. Die Analogietechnik nutzt solche gemeinsamen Attribute, um aus vergleichbaren Situationen Lösungen zu sammeln und diese auf die ursprüngliche Aufgabenstellung übertragen. Dabei können die Analogien sowohl real als auch fiktiv sein, und die dort gefundenen Lösungen sowohl echt als auch erfunden sein. Damit gehört dieser Perspektivwechsel zu den empfohlenen Suchbereichen für neue Ideen.

Ein bekannter Spezialfall der Analogietechnik ist die Bionik. Die Bionik sucht Analogien aus der Natur und wird meistens zur Lösung technischer Aufgaben eingesetzt.

Analogien bilden

Zur Bildung einer Analogie wählt man ein Attribut der Aufgabenstellung. Die Analogien sind dann andere Dinge, Personen oder Organisationen usw., die dieses Attribut ebenfalls besitzen. Die Wahl der Attribute ist entscheidend für die Qualität der Ideen. Die Frage, wie man gute Analogien findet ist aber manchmal nicht einfach zu beantworten.

Analogien zur Ausgangssituation

Die klassische Methode bildet Analogien über Attribute der Ausgangssituation. Situationsanalogien zur einer Universität sind zum Beispiel:

  • Theater, Flughafen, Tagungszentrum. (Attribut: Besitzt einen großen Saal.)
  • Kindergarten, Tanzschule, Flugsimulator. (Attribut: Dort wird gelernt.)
  • Finanzamt, Rathaus, Polizei. (Attribut: Ist eine Einrichtung des Öffentlichen Dienstes.)
  • Unternehmen, Verein, Kirche. (Attribut: Ist ein Arbeitgeber)
  • Labor, Archiv, Südpol. (Attribut: Ist ein Ort, an dem geforscht wird.)

Mit der 8P-Liste haben wir einen allgemeinen Ansatz zur Sammlung solcher Attribute entwickelt. In der Praxis verwenden wir aber lieber Attributlisten, die wir speziell für die Aufgabenstellung entwickeln.

Analogien zum Ziel

In der Regel erhält man bessere Ideen mit Analogien, die das gleiche Ziel verfolgen. Zielanalogien zu einer Universität könnten sein:

Vorgehen

Die Analogietechnik besteht in der vollständigen Ausführung aus vier Schritten:

  1. Ein Attribut der gegebenen Aufgabenstellung wählen.
  2. Inhaber dieser Attribute sammeln. Diese können real oder fiktiv sein.
  3. Die Aufgabenstellung aus der Sicht dieser Inhaber lösen. Die Lösungen können echt oder erfunden sein.
  4. Die so gefundenen Lösungen auf die Aufgabenstellung übertragen.

In einer einfacheren Form besteht die Analogietechnik aus nur zwei Fragen:

  1. Wer ist wie wir? / Wer ist Experte auf unserem Gebiet?
  2. Wie würde er/sie unser Problem lösen?

Die einfachste Variante der Analogiemethode nennen wir die Mr. X-Technik. Sie besteht lediglich aus der Frage

  1. Was würde Mr. X an unserer Stelle tun?

Es empfiehlt sich, eine Liste von Mr. Xen bereit zu halten, mit denen man gute Erfahrungen gemacht hat, zum Beispiel diese Liste mit 100 Einträgen.

Beispiele

Wir zeigen drei Beispiele für die Anwendung der Analogietechnik.

Supermarkt (Situationsanalogie)

Als erstes Beispiel stellen wir uns vor, wir suchen Ideen für einen Supermarkt. Die Analogietechnik könnte dann folgendermaßen verlaufen:

  1. Frage:‚Was ist ein Merkmal eines Supermarktes?“
    Antwort:‚Ein Supermarkt hat ganz lange Wände“
  2. Frage:‚Wo gibt es sonst ganz lange Wände?“
    Antwort:‚In einer Kunstgalerie“
  3. Frage: “Was wird dort den Menschen angeboten?“
    Antwort:‚Bilder und Skulpturen“
  4. Frage: “Wie können wir diese Lösung auf unsere Aufgabe übertragen?“
    Antwort:
    “Wir könnten im Supermarkt die Wände nutzen, um Bilder von Künstlern der Region oder von Kindern der örtlichen Schule auszustellen.“

Kinosaal (Situationsanalogie)

Im zweiten Beispiel suchen wir Ideen für ein ehemaliges Kino. Die Analogietechnik könnte dann folgendermaßen verlaufen:

  1. Frage:‚Was ist ein Merkmal eines Kinos?“
    Antwort:‚Es hat einen großen Saal.
  2. Frage:‚Wo sonst gibt es einen großen Saal?“
    Antwort:‚In der Kirche“
  3. Frage: “Was wird dort den Menschen angeboten?“
    Antwort:‚Gottesdienste, Bürgerversammlungen, Proberaum“
  4. Frage: “Wie können wir diese Lösung auf unsere Aufgabe übertragen?“
    Antwort:
    “Wir könnten das ehemalige Kino an religiöse Gruppen, Bürgerinitiativen oder Bands vermieten.“

Supermarkt (Zielanalogie)

Im Beispiel werden wieder Ideen für einen Supermarkt gesucht. Die Analogietechnik mit Ziel könnte dann folgendermaßen verlaufen:

  1. Frage:Welches Ziel haben wir für unseren Supermarkt?‘
    Antwort: Unser Supermarkt ist der Mittelpunkt der Stadt
  2. Frage: Wer hat dieses Ziel bereits erreicht?
    Antwort: Das Stammlokal
  3. Frage: Was wird dort den Menschen angeboten?
    Antwort: Einen Sitzplatz und etwas zu trinken
  4. Frage: Wie können wir diese Lösung übertragen?
    Antwort:
    Wir könnten eine Sitzecke mit einem Kaffeeautomat für unsere Stammkunden einrichten.

Vor- und Nachteile

Die Analogietechnik hat eine Reihe von Vorteilen:

  • Durch eine gezielte Wahl der Attribute kann die Methode gut gelenkt werden.
  • Die Methode ist leicht verständlich und für ‚logisch‘ denkende Menschen zugänglich.
  • Man kann die Attribute systematisch sammeln und anwenden.
  • Wir verstehen, worauf es bei der Wahl der Attribute ankommt.

Nachteile hat die Technik kaum.

Anwendungen der Analogietechnik

Wegen ihrer vielen Vorteile lässt sich die Analogietechnik für nahezu jede Ideenfindungsaufgabe einsetzen. Es gibt kaum einen Ideenfindungsworkshop oder Innovationsworkshop, in dem wir diese Technik nicht in irgendeiner Form einsetzen.

Ein Auftraggeber hat Ideen gesucht, mit denen er seine Produktivität steigern konnte. Für das Workshop-Drehbuch haben wir Analogien mit einer hohen Produktivität vorbereitet und die Merkmale gesammelt, die diese hohe Produktivität ermöglichen. Für die Automobilproduktion ist dies beispielsweise Es gibt keine Schleifen im Prozess oder Die benötigten Teile kommen genau zur rechten Zeit am rechten Ort an.

Eine weitere, häufig wiederkehrende Aufgabe ist die Suche nach Ideen für Produktverbesserungen. Auch dafür kann man eine Liste von Unternehmen mit erfolgreichen Produkten entwickeln und als Anregung für die Workshop-Teilnehmer Lösungen bereithalten. Bei der Firma Lego beispielsweise die Eigenschaften Die Komponenten sind universell kombinierbar oder Das Produkt wächst mit dem Kunden mit.

Hinweis

Dieser Artikel diente als Grundlage für den Wikipedia-Eintrag „Analogietechnik“

 

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Kompaktwissen Ideenfindung

 

Gute Ideen können kulturgefährdend sein

papierkorb

Jedes Semester unterrichte ich an der Universität Magdeburg den Kurs „Idea Engineering“. Dort lernen die Studenten einige Prinzipien der Ideenproduktion und der Ideenbewertung kennen, und sie müssen selbstständig in kleinen Teams eigene Ideenfabriken planen und durchführen. Letzte Woche fand die schriftliche Prüfung zum Kurs statt. Auf eine Frage zu den Problemen bei der Bewertung von Ideen hat eine Studentin geantwortet:

Die Ablehnung einer guten Idee ist eben leichter als die Änderung einer Kultur.

Dieser kurze Satz bringt eine wichtige Erkenntnis zum Ausdruck: Gute Ideen ermöglichen nicht nur eine Produkt- oder Marketing-Innovation sondern sie erfordern manchmal auch Änderungen beim Unternehmen selbst. Wenn diese Änderungen an den Grundfesten des Unternehmens – wie z.B. an seinem Wertesystem – rütteln, wird es oft schwer, solche Ideen noch objektiv zu bewerten.

So beobachten wir in unseren Ideenfabriken, dass es manchmal die besten Ideen sind, die von den Experten am schnellsten abgelehnt werden. Dies ist dann der Fall, wenn die Idee im Widerspruch zu ihrem Bild oder Verständnis des Unternehmens steht. So werden dann oft als Ablehnungsgrund Sätze wie „Das geht bei uns nicht!„, „Das passt nicht zu uns!“ und ähnliche Killerphrasen geboten. Wenn Moderator und Bewertungsprozess nicht gegen solche Reaktionen gewappnet sind, lässt der Ablehnungsfehler nicht mehr lange auf sich warten.

Ein guter Bewertungsprozess kann mit solchen Ideen umgehen; er bietet entsprechende Fragen und Kontrollen, um innovative Ideen zu identifizieren, potentielle Konflikte mit der existierenden Unternehmenskultur aufzudecken und Ablehnungsfehler zu verhindern. So stellt er sicher, dass gerade die am meisten versprechendsten Ideen nicht vorzeitig verworfen, sondern für die Geschäftsleitung aufbereitet und beurteilt werden.

Nominierung bei Superblog 2008

superblogs 2008

Die Veranstalter des Wettbewerbs “Superblogs 2008″ haben unseren Blog “Impulse für Innovation” nominiert. Auf der Startseite des Wettbewerbs heißt es dazu: [Wir entdecken] immer wieder wirklich gute Blogs, in deren Betrieb viel Zeit, Interesse und Liebe gesteckt wird. Dieses Engagement, welches die Blogger für ihre Blogs an den Tag legen, wollen wir von Hitmeister/Hitflip fördern.

Impulse für Innovation ist relativ jung: er ist erst im Oktober 2007 online gegangen. Wir geben uns viel Mühe, dort interessante und nützliche Beiträge zu den Themen Ideenproduktion und Ideenbewertung zu veröffentlichen. Wir freuen uns daher sehr über die Nominierung.

Link zum Wettbewerb

Zwei Kontrollfragen für die Ideenbewertung

Kontrollfragen Ideenbewertung

Die zwei Grundfehler, die man bei der Ideenbewertung begehen kann, heißen Ablehnungsfehler und Annahmefehler. Beim Ablehnungsfehler wird eine (gute) Idee vom Ideenbewertungsprozess irrtümlicherweise abgelehnt, und beim Annahmefehler wird eine (schlechte) Idee von Prozess zu Unrecht für gut befunden. Ablehnungsfehler führen zu verpassten Gelegenheiten, während Annahmefehler zur Verschwendung von Ressourcen führen. Natürlich will man bei der Ideenbewertung beide Arten von Fehler vermeiden.

Es gibt für jeden Fehlertyp eine hilfreiche Kontrollfrage, die einem davor bewahren kann, den jeweiligen Fehler zu begehen. Die Kontrollfragen werden gestellt, kurz bevor eine Idee endgültig abgelehnt bzw. angenommen wird; sie dienen dazu, diese bevorstehende Entscheidung in Frage zu stellen. Beide Fragen nutzen einen cleveren Perspektivwechsel, indem sie die Idee aus der Sicht der Konkurrenz betrachten.

Als Schutz gegen mögliche Ablehnungsfehler dient die folgende Frage:

Wir sind gerade dabei, diese Idee abzulehnen. Was würde passieren, wenn einer unserer Konkurrenten diese Idee realisieren würde?

Ablehnungsfehler beruhen oft auf übereilten Urteilen, dass eine Idee zu aufwendig sei oder nicht zur Organisation passen würde. Gerade radikale und disruptive Ideen erfordern auch Änderungen in der Organisationsstruktur, die aber von Organisationsmitgliedern abgelehnt oder für unmöglich gehalten werden. Mit dieser Kontrollfrage kann man diese Bedenken kurzzeitig überwinden und sich mit dem Fall beschäftigen, dass die Idee tatsächlich umgesetzt wird. Wegen der Einwände, die mit der eigenen Organisation möglicherweise verbunden sind, wird die Perspektive auf die Konkurrenz verlagert.

Als Schutz gegen einen möglichen Annahmefehler dient die folgende Frage:

Wir sind gerade dabei, diese Idee in die nächste Phase zu befördern. Warum hat noch keiner unserer Konkurrenten diese Idee realisiert?

Auch hier nutzen wir den Perspektivwechsel auf die Konkurrenz, um zu prüfen, ob es nicht doch entscheidende Argumente gegen die Idee gibt. Hier ist es wichtig, die Kontrollfrage nicht mit der Killerphrase „Wenn es so einfach wäre, hätte es jemand längst schon umgesetzt!“ zu verwechseln!

Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass Workshop-Teilnehmer manchmal dazu neigen, die Entscheidung für oder gegen eine Idee etwas zu einfach treffen zu wollen. In solchen Fällen helfen diese Kontrollfragen, ein sichereres Bewertungsergebnis zu erhalten.

 

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Kompaktwissen Ideenbewertung

Expected Commercial Value: Wie viel ist eine Innovationsidee wert?

Expected Commercial Value

Bei der Bewertung von Ideen für Produktinnovationen muss in den späteren Phasen der ökonomische Wert der Ideen geschätzt werden. Eine beliebte Größe hierzu ist der sogenannte Expected Commercial Value (ECV) der Idee. Der ECV ist der Erwartungswert für den Wert der Idee unter Berücksichtigung der Erfolgswahrscheinlichkeiten und Kosten der einzelnen Phasen des Innovationsprozesses. Der ECV lässt sich sehr gut mit dem Stage-Gate Process von Cooper verbinden.

Um auf die Formel für den ECV zu kommen, zählt man zunächst die n Phasen des Prozesses von hinten nach vorne, d.h. die Markteinführung erhält die Nummer 1 und die aktuelle Phase des Prozesses die Nummer n. Wir bezeichnen dann in der i-ten Phase den ECV der Idee mit E_i (wobei nur der Wert E_n wirklich relevant ist), die Kosten zur Durchführung der Phase mit c_i und die Wahrscheinlichkeit, dass die Idee in der Phase erfolgreich ist mit p_i. Wir bezeichnen den geschätzen Wert der erfolgreichen Idee am Markt mit V. Dann liefert die rekursive Formel in der Graphik den gesuchten Wert für E_n.

Typischerweise werden in der Literatur nur zwei Phasen betrachtet: Produktentwicklung und Markteinführung, und für V wird der Net Present Value (NPV) verwendet. (Der NPV betrachtet den Wert der Idee in aufeinanderfolgenden zukünftigen Jahren, relativiert zu einem unterstellten Zinssatz.)

Der ECV hat die Vorteile, dass er sehr einfach ist und einen schnellen, quantitativen Vergleich mehrerer Ideen ermöglicht. Oft genügen schon grobe Schätzwerte, um sich ein Bild des Ideenportfolios zu machen. In den Endrunden der Ideenbewertung werden dann natürlich aufwendigere Methoden zur Ermittlung des Potentials der Ideen eingesetzt.

 

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Kompaktwissen Ideenbewertung

 

Die Top-20 Killerphrasen gegen innovative Ideen

killerphrasen workshop

Jeder, der einen Ideenworkshop oder einen Innovationsworkshop moderiert hat, kennt die sogenannten Killerphrasen. Killerphrasen sind spontane – und fast immer unbegründete – negative Reaktionen auf neue Ideen und Vorschläge. Sie werden auch Totschlagargumente genannt, weil sie zum bewusst oder unbewusst zum Ziel haben, eine Diskussion auf der Stelle zu beenden oder eine Idee zu begraben.

Killerphrasen werden von Menschen ausgesprochen wenn sie sich oder ihr Weltbild bedroht sehen. Dies kommt vor allem dann vor, wenn eine innovative Idee vorgeschlagen wird, weil innovative Ideen fast immer gegen den Status Quo verstoßen. Manchmal sind Killerphrasen also Hinweise auf Ideen, die sich besonders lohnen könnten.

Hier ist die Liste der 20 häufigsten Killerphrasen, die in unseren Workshops vorkommen:

  1. Das gibts schon.
  2. Das geht nicht.
  3. Das ist zu teuer.
  4. Das werden unsere Kunden nicht mögen.
  5. Dafür haben wir keine Zeit.
  6. Seien Sie doch realistisch!
  7. Wir müssen erst recherchieren.
  8. Dafür gibt es kein Budget.
  9. Wir wollen keinen Fehler machen.
  10. Die Geschäftsleitung wird nicht zustimmen.
  11. Dafür bin ich nicht verantwortlich.
  12. Das ist zu schwierig.
  13. Das ist eine zu große Veränderung.
  14. Dafür ist der Markt noch nicht reif.
  15. Das behalten wir erst einmal nur im Auge.
  16. Das dürfen wir hier nicht.
  17. Das würde bei uns nicht funktionieren.
  18. Seit wann sind Sie der Experte?
  19. Aus längjähriger Erfahrung weiß ich…
  20. Bei uns gibt es niemand, der das umsetzen könnte.

Dem Moderator stehen Werkzeuge zur Verfügung, um Killerphrasen zu begegnen. Für einige typische Killerphrasen gibt es beispielsweise spezielle Antworten, die sie entkräften. Auch tragen ein geeignetes Drehbuch und eine gute Inszenierung dazu bei, Killerphrasen von vornherein zu unterbinden.

Letzten Endes bleibt aber die beste Vorbeugung gegen Killerphrasen die sorgfältige Auswahl der Ideenfabrik-Teilnehmer. Lieber auf einen problematischen Teilnehmer verzichten als ihn den Workshop für alle Beteiligten verderben lassen. Allerdings sprechen manche Auftraggeber „politisch korrekte“ Einladungen aus – selbst an bekannte Störenfriede. Hierzu ist seitens des Workshopverantwortlichen eine gewisse Strenge erforderlich; in der Regel lassen sich die politischen Erfordernisse auf andere Weise erreichen.

 

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Kompaktwissen Innovationsmanagement

Front End of Innovation Blog

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Vor kurzem erhielt ich das Angebot, Gastautor beim amerikanischen Blog Front End of Innovation (FEoI) zu werden. Dort werde ich in unregelmäßigen Abständen ausgewählte Artikel aus unserem Blog Impulse für Innovation in englischer Sprache veröffentlichen.

Ich freue mich sehr über diese Einladung, denn der thematische Schwerpunkt von FEoI – die erste Innovationsphase – entspricht genau dem Schwerpunkt von Impulse für Innovation. Damit können wir unsere Erkenntnisse und Tipps einem internationalen Publikum vorstellen.

Graham

Kompaktwissen Geschäftsmodellinnovation

kompaktwissen geschäftsmodellinnovation

Was ist ein Geschäftsmodell?

Ein Geschäftsmodell ist eine Beschreibung der Struktur, Aktivitäten und Beziehungen die eingesetzt werden, um Wertschöpfung zu betreiben. Es zeigt, wie Komponenten eines Unternehmens zusammenspielen, um Gewinne zu erzielen. Es dient als Blaupause bei einer Unternehmensgründung und als Gestaltungswerkzeug bei der Unternehmensentwicklung.

Das Konzept des Geschäftsmodells kann sehr einfach mit dem „Kuhspiel“ vermittelt werden, das wir in Workshops und Seminaren gern einsetzen, um die Prinzipien des Geschäftsmodells zu vermitteln.

Was ist Geschäftsmodellinnovation?

Jede Änderung an einem bestehenden Geschäftsmodell kann im Prinzip als Geschäftsmodellinnovation gesehen werden. Damit wäre jede Produktinnovation theoretisch auch eine Geschäftsmodellinnovation, weil das Produkt eines Unternehmens Bestandteil des Geschäftsmodells ist. In der Praxis aber spricht man erst dann von einer Geschäftsmodellinnovation, wenn mehrere Aspekte des Geschäftsmodells gemeinsam erneuert werden, um eine neue Konstellation zu ergeben.

Ein häufig anzutreffendes Beispiel für eine Geschäftsmodellinnovation ist das Outsourcing von Kernprozessen, wobei ein Unternehmen Aktivitäten an einen externen Geschäftspartner abgibt. Dadurch werden mindestens drei Aspekte seines Geschäftsmodells verändert:

  • Bestimmte eigene Aktivitäten werden aufgegeben, zum Beispiel Teile der Produktion.
  • Die Kostenstruktur ändert sich (typischerweise werden Fixkosten in variable Kosten verwandelt).
  • Das Partnernetzwerk wird um den neuen Outsourcing-Partner erweitert.

Outsourcing ist so häufig anzutreffen, dass es kaum noch als Geschäftsmodellinnovation wahrgenommen wird.

Ziele der Geschäftsmodellinnovation

Auf Grund des zunehmenden Wettbewerbsdrucks durch die Globalisierung und der schnelleren Marktdynamik auf Grund der schnelleren Ausbreitung von Information und Wissen reichen Produkt- und Prozessinnovationen als Garant für Überleben und Wachstum heute oft nicht mehr aus. Vielmehr werden zunehmend sämtliche Aspekte des bisherigen Geschäftsmodells unter die Lupe genommen, um neue Möglichkeiten zur Erreichung der Unternehmensziele aufzudecken. In einer internationalen Studie von IBM aus dem Jahr 2006 schätzten mehr als 30 Prozent der befragten Unternehmensführer die Geschäftsmodellinnovation in den kommenden acht bis zehn Jahren als überlebenswichtig ein.

Geschäftsmodellinnovation kann für jedes Unternehmen, das unter Wachstums- oder Überlebensdruck steht, ein wichtiges Werkzeug zur Zukunftssicherung sein. Ein aktuelles Beispiel für eine Branche, für die Geschäftsmodellinnovation notwendig ist, sind die traditionellen Apotheken in Deutschland. Diese werden durch die Liberalisierung des Medikamentenverkaufs nach und nach ihre Monopolstellung verlieren und immer mehr Wettbewerbsdruck durch Ketten und Online-Händler erfahren. Einer Prognose zufolge werden nur etwa 16.000 der derzeit rund 22.000 inhabergeführten Apotheken in Deutschland diesen Prozess überleben.

In einem gesättigten Markt sind die Möglichkeiten zu wachsen beschränkt. Unternehmen setzen auf die Innovation am Geschäftsmodell, um Wachstum in neuen Märkten oder mit neuen Angeboten zu erzielen. Der Wandel vom traditionellen Hotel zu einem Wellness-Hotel ist ein Beispiel dafür. (Nur gibt es inzwischen so viele Wellness-Hotels, dass der Markt dafür vermutlich auch schon gesättigt ist.)

Geschäftsmodellinnovation bietet auch einen Ansatz, in reifen Märkten Wettbewerbsvorteile aufzubauen, indem neue Arten des Kundennutzens oder neue Wege, diese bereitzustellen, eingeführt werden. Servitization wird oft mit diesem Ziel betrieben. Beispiele wie IKEA und Cirque du Soleil beweisen, dass neue Geschäftsmodelle, die die Regeln der Branche brechen, sehr erfolgreich sein können.

Oft sind es Startups, die als erste innovative Geschäftsmodelle in einem Markt einführen. Dies ist Bestandteil ihrer Strategie, im Wettbewerb mit den großen, etablierten Marktführern für sich einen Vorteil zu erarbeiten. Das Unternehmen Salesforce wurde zum Beispiel erfolgreich, weil es ein innovatives Geschäftsmodell für IT-Funktionen mit vielen Kundenvorteilen gefunden hat.

Beschreibung von Geschäftsmodellen

Es gibt viele verschiedene Vorschläge zur Beschreibung von Geschäftsmodellen. Fast alle davon haben die Form einer Schablone, in der die verschiedenen Komponenten eines Geschäftsmodells angeordnet sind. Zu ihnen gehört das Business Model Canvas, das am meisten verwendete Visualisierung eines Geschäftsmodells.

Eine weiteres nützliches Werkzeug der Geschäftsmodellbeschreibung sind Wertenetzwerke, die die Partnerschaften und die Transaktionen zwischen ihnen im Vordergrund haben.

Beispiele für Geschäftsmodellinnovationen

Einige Beispiele für neue Geschäftsmodelle und Geschäftsmodellinnovationen sind:

  • IBM, der sich von einem Computerhersteller zum Beratungs- und IT-Dienstleister gewandelt hat,
  • das deutsche Startup Kilenda, das einen Kinder- und Babykleidung-Service als Alternative zum Kauf anbietet,
  • Rechtsanwaltskanzleien in Silicon Valley, die auf die Beratung von Startups spezialisiert sind, und einen Teil ihrer Entlohnung in Form von Unternehmensanteilen statt Honoraren auszahlen lassen,
  • die so genannte Servitization, wobei zusätzlich zu den materiellen Produkten Dienstleistungen wie Wartungsverträge oder Verfügbarkeitsgarantien verkauft werden,
  • Uber, ein Startup aus USA, das private Fahrzeuge und Fahrgäste vermittelt,
  • die Haloid Corporation (jetzt Xerox), die durch das Leasing (statt den Verkauf) von Bürofotokopierern erfolgreich wurde,
  • Diversifizierung, um Wachstum und Unabhängigkeit von einzelnen Märkten zu schaffen,
  • Outsourcing, wobei Wert schaffende Aktivitäten auf externe Partner verlagert werden, um Fixkosten durch variable Kosten zu ersetzen. Dies ist in der Automobilindustrie häufig anzutreffen.

Ideenfindung für Geschäftsmodelle

Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle vollzieht sich in drei Schritten. Zunächst wird das durch die Geschäftsmodellinnovation angestrebte Ziel festgelegt. Dieses Ziel kann beispielsweise Umsatzwachstum, die Diversifizierung der Zielgruppe oder die Stabilisierung des Erlösestroms sein.

Im zweiten Schritt wird das Modell des Unternehmens in seiner bisherigen Form aufgeschrieben. Hat das Unternehmen unterschiedliche Angebote, muss für jedes Angebot das Modell separat formuliert werden. Da die wenigsten Unternehmen diese Grundübung durchgeführt haben, kann schon dieser erste Schritt bereits wertvolle Aufschlüsse und Hinweise zur Verbesserung liefern.

Im dritten Schritt werden dann mögliche neue Varianten des Modells systematisch erkundet und analysiert. Dabei werden nicht nur Innovationen in den einzelnen Komponenten des Modells in Betracht gezogen, sondern auch viel versprechende Kombinationen. Diese Checkliste mit 100 Fragen kann dafür als Anregung dienen.

Erfolgreiche Unternehmen können bei der Ideenfindung als Anregung dienen, zum Beispiel durch die IBMisieren-Methode.

Bewertung von Geschäftsmodellen

Geschäftsmodelle müssen sehr hohe Ansprüche erfüllen, um erfolgsversprechend zu sein. Nicht nur die einzelnen Komponenten müssen vielen Kriterien gerecht werden, sondern auch das Geschäftsmodell als Ganzes.

Für die Bewertung des Wertversprechens nutzen wir die VALUEPROP-Checkliste.

Für die Gesamtbewertung eines Geschäftsmodells haben wir die KERNWEG-Checkliste entwickelt.

Drei Suchbereiche für neue Ideen

drei suchorte für ideen

Wer die Literatur zu Kreativität studiert, wird von der sehr großen und wenig übersichtlichen Vielzahl an Kreativitätstechniken schier überwältigt. Diese Erkenntnis war einer der Auslöser für die Idea Engineering-Forschung, die Zephram gemeinsam mit der Universität Magdeburg betreibt. Eine der Aufgaben dieser Forschung besteht darin, diese Kreativitätstechniken (die bei Idea Engineering Ideenproduktionstechniken genannt werden) zu systematisieren. Die wichtigste solche Systematisierung ist die Einteilung in Algorithmus, Format und Inszenierung, die bereits für eine sehr große Vereinfachung sorgt.

Eine weitere, einfache Hilfe zum Verständnis von Methoden zur Ideenfindung bietet die obige Grafik. Sie zeigt den Raum aller möglichen Ideen zur Lösung einer Ideenproduktionsaufgabe, die in drei große Bereiche eingeteilt ist. Diese Bereiche stellen die drei unterschiedlichen Ideensuchfelder empfohlen, zufällig und verborgen dar.

  • Empfohlene Suchorte sind solche, die auf Grund von Erfahrung, Expertenwissen oder gesundem Menschenverstand als wahrscheinliche Fundorte für Ideen nahe liegen. Hierzu gehören alle Empfehlungen der Innovationsliteratur wie die Lead User Methode, TRIZ und die Fragen der Value Innovation. Aus den generischen Ideenproduktionstechniken gehören neben den Experten-Checklisten auch die naheliegenden Analogietechniken hier hinein.
  • Zufällige Suchorte sind solche, die durch eine rein zufällige Anregung bestimmt werden. Diese Methoden sind oft die Lieblinge der Kreativitätsbücher und der Standard-Kreativseminare, spielen aber für die systematische Ideenproduktion nur eine nebensächliche Rolle, da die Wahrscheinlichkeit eines Treffers sehr gering ist. Zephram setzt Zufallstechniken vor allem zur Auflockerung der Ideenfabrik ein, da sie sich temporeich und mit viel Spaß und Abwechslung inszenieren lassen.
  • Verborgene Suchorte sind solche, die der Ideensuchende von sich aus nicht erkennt oder sogar für sich ausgeschlossen hat. Dieser Bereich hat seine Ursache in Betriebsblindheit und in der unkritischen Übernahme überholter Annahmen und Regeln. Es ist die Aufgabe der Provokationstechnik, diese Wahrnehmungsbarrieren zu sprengen. Meistens entstehen die innovativsten Ideen auf diesem Weg. Gleichzeitig ist er aber auch der schwierigste, da er die eigenen Annahmen und Glaubenssätze in Frage stellt.

In der Mitte der Grafik befindet sich der gelbe Kreis Eigener Horizont. Dieser stellt den Ideenbereich dar, den der einzelne Mensch bzw. die Gruppe ohne zusätzliche Anregungen abdeckt. Dieser Bereich ist natürlich wesentlich kleiner als der gesamte Bereich alle möglichen Ideen. Die Grafik macht deutlich, welche Aufgabe Ideenproduktionstechniken erfüllen, nämlich den Blick für einen größeren Suchraum für Ideen zu öffnen. Sie erklärt auch, warum das klassische Brainstorming, die 6-3-5-Technik und andere Methoden, die keinen Perspektivwechsel bieten, bei ungeübten Teilnehmern so wenig erfolgreich sind bei der Erzeugung innovativer Ideen.

Ein guter Ideenworkshop wird mit Hilfe eines im Voraus erstellten Drehbuchs moderiert. Zur Kunst des Drehbuchautors gehört, den richtigen Mix aus geeigneten Ideenproduktionstechniken zu wählen. Die obige Grafik ist ein Hilfsmittel zur Gestaltung dieses Portfolios.

Die Value Innovation-Checkliste

value innovation

Zu den bekannteren Innovationsbüchern der letzten Jahre gehört Blue Ocean Strategy von W. Chan Kim und Renée Mauborgne. Darin befindet sich unter dem Stichwort Value Innovation ein Werkzeug zur Aufdeckung von neuen, Erfolg versprechenden Produkten. Value Innovation bezeichnet ein neues Produkt oder ein neue Dienstleistung, das bzw. die durch einen neuen Nutzen ein bisher vernachlässigtes oder noch nicht wahrgenommenes Kundenbedürfnis befriedigt. Aus diesem Grund genießen Value Innovations – jedenfalls vorläufig – eine Monopolstellung.

Das Werkzeug zählt sechs „Grenzen“ auf, die die bisherige Sichtweise einer Industrie auf ein bestimmtes Produkt einschränken. Diese Grenzen charakterisieren also gewissermaßen die Betriebsblindheit einer Industrie. Würde es einem gelingen, diese Denkgrenzen zu überwinden, wäre der Blick frei für innovative – und hoffentlich auch attraktive – Weiterentwicklungen des Produktes.

Die sechs Grenzen von Kim und Mauborgne sind:

  1. Die eigene Industrie: Oft liefert die Suche außerhalb der eigenen Industrie ungewöhnliche Anregungen für die eigenen Angebote.
  2. Die strategische Gruppe: Ähnliches gilt für die Suche bei anderen strategischen Gruppen bzw. Segmenten des bisher bedienten Marktes.
  3. Die Reichweite des Produktkontaktes: Welche noch nicht ausgeschöpften Potentiale liegen vor, nach und während des Gebrauchs des Produktes?
  4. Der Blick in die Zukunft: Mit Hilfe der Szenariotechnik und ähnlichen Werkzeugen den Einfluss von Trends und Megatrends auf den eigenen Markt untersuchen.
  5. Der Wechsel des Emotionsgrades: Einem bisher rein funktional wahrgenommenen Produkt eine emotionale Komponente geben bzw. umgekehrt.
  6. Die Zielgruppe neu definieren: Die Zielgruppe ausweiten: Wer kauft, nutzt oder beeinflusst den Kauf des Produktes und welche Interessen und Bedürfnisse haben sie?

Mit dieser Checkliste, die im Buch natürlich ausführlich beschrieben ist, können gezielt Anregungen für neue Produktvarianten gesucht werden.

Nach der Idea Engineering-Definition gehört diese Methode zur Kategorie Brainstorming/Weg (oft gelenktes Brainstorming genannt), da sie keinen Perspektivwechsel enthält und die Aufmerksamkeit auf bekannte Lösungswege lenkt. Zu dieser Kategorie gehört auch die bekannte Osborn- bzw. SCAMPER-Checkliste.

Die Blue Ocean Strategy genießt eine große Beliebtheit, und die Checkliste enthält in der Tat einige wertvolle Anregungen. In Kombination mit anderen Techniken bildet sie eine wertvolles Werkzeug für die Produktinnovation.

Literatur: W. Chan Kim, Renée Mauborgne: Blue Ocean Strategy