von Graham Horton

Eine Definition von Servitization
Servitization ist eine bestimmte Art von Geschäftsmodellinnovation, die den Wandel eines Unternehmens weg vom Verkauf eines materiellen Produktes allein hin zu einem Kombinierten Angebot aus Produkt und Dienstleistung. Diese Kombination hat einen höheren Nutzen als das physische Produkt allein – sowohl für den Kunden als auch für den Lieferanten. Das zusammengesetzte Angebot aus Produkt und Dienstleistung wird Product-Service-System genannt.
Die Servitization eines Unternehmens hat tiefgreifende Änderungen des Geschäftsmodells und des Selbstverständnisses zur Folge und gilt daher als anspruchsvolle Führungs- und Managementaufgabe.
Gründe für Servitization
Immer mehr Hersteller erkennen, dass heutzutage ein hochwertiges Produkt sichere Umsätze nicht mehr garantieren kann, sondern lediglich die Eintrittskarte zum Markt ist. Kunden legen immer mehr Wert auf die Beziehung zu ihren Lieferanten, und Servitization ist eine gute Möglichkeit, dies zu erreichen.
Hersteller von Sachgütern erwägen die Servitization als Innovationsstrategie vor allem wegen …
- Wettbewerbsdruck
- Margendruck
- Gefahr von Commoditisierung
- radikaler Innovationen durch Konkurrenten
- des Installed Base-Arguments*
- Übermacht von Kunden
- Überlegener technischer Kompetenz
*Das Installed Base-Argument lautet wie folgt: Auf jedes neu verkaufte Produkt kommen viel mehr, die bereits im Einsatz sind. Es macht also Sinn, zu versuchen, mit den vielen Geld zu verdienen statt nur mit dem einen. Für Automobile beispielsweise hat dieser Faktor den Wert 12.
Jürgen Schrempp, der ehemalige Vorstandsvorsitzende von DaimlerChrysler, hat bereits 2001 prophezeit: Innerhalb von zehn Jahren wird der Kaufpreis eines Autos nur noch ein Viertel des gesamten Wertes sein, den der Kunde erhält. Der Rest wird aus Wartung, Finanzierung und anderen Dienstleistungen bestehen.
Anlässe für Servitization
Servitization ist für OEMs am einfachsten, weil sie den direkten Kontakt zum Nutzer des Endproduktes haben, bei dem die meisten Gelegenheiten für Dienstleistungen liegen. First Tier-Lieferanten haben es hier deutlich schwieriger, weil ihr Produkt nur eine funktionale Komponente in einem umfassenderen Produkt darstellt. Die so genannte Downstream Analysis liefert Hinweise, wann Servitization für solche Unternehmen attraktiv sein kann.
Im B2B-Geschäft ist die Servitization oft darin begründet, dass der Kunde Aufwände hat, um mit dem gekauften Produkt umzugehen. Diese können teuer sein oder eine Ablenkung von seinem Kerngeschäft sein. Hier bieten Dienstleistungen des Zulieferers die Gelegenheit, sich wieder auf die Kernkompetenzen zu konzentrieren.
Es lassen sich sechs Strategien für die B2B-Servitization identifizieren, die sich in der Herkunft und Ort der Dienstleistung unterscheiden.
Vorteile
Die Servitization verspricht viele Vorteile, sowohl für den Kunden als auch für den Lieferanten. Auf der Kundenseite gibt es ökonomische Vorteile wie die Verwandlung von Fixkosten in variable Kosten als auch technische Vorteile wie die Optimierung der Leistung. Auf der Lieferantenseite liegen die Vorteile hauptsächlich in der Verbesserung der Wettbewerbsposition.
Um in den Genuss der Vorteile der Servitization zu kommen, entwickeln produzierende Unternehmen in einem Servitization-Workshop Ideen für Dienstleistungen, mit denen sie ihr Produktportfolio ergänzen können.
Beispiele
Das wohl bekannteste Beispiel für Servitization ist der Power-by-the-hour-Service von Rolls Royce. Anstatt Triebwerke an den Flugzeughersteller zu verkaufen, werden Schubstunden an die Fluglinien verkauft.
Ein zweites, ähnliches Beispiel ist das frühere britische Unternehmen ICI-Nobel, das Sprengstoffe für Steinbrüche herstellte. ICI-Nobel ging dazu über, die Sprengung als Dienstleistung anzubieten, was zu besserer Kundenbindung und höheren Gewinnen führte.
Bei diesen beiden Beispielen wird ein Produkt durch eine Dienstleistung ersetzt, die das Produkt zur Ausführung voraussetzt. Viel häufiger sind konzeptuell einfachere produktbegleitende Dienstleistungen wie Installation oder Wartung. Die verschiedenen Varianten und häufigsten Beispiele haben wir in diesem Artikel zusammengefasst.
Bemerkung
Die Informationen in diesem Artikelcluster haben wir als Grundlage verwendet, um die Originalversion der Wikipedia-Seite Servitization zu verfassen.
von Graham Horton

Servitization und Product-Service Systems
Durch Servitization wird ein (alleistehendes, materielles) Produkt durch ein sogenanntes Product-Service System (PSS) ersetzt. Damit ist eine Kombination aus Produkt und Dienstleistung gemeint, die zusammen ein Angebot bilden. Dabei können die Anteile des Produktes und der Dienstleistung stark variieren. Im konservativen Fall steht das Produkt nach wie vor im Vordergrund, und es wird einfach eine Dienstleistung begleitend angeboten. Im Extremfall ersetzt die Dienstleistung das Produkt sogar vollständig.
Varianten von Product-Service Systems
Es gibt fünf verschiedene Ansätze für Product Service Systems, die hier in der Reihenfolge zunehmender Bedeutung des Dienstleistungsanteils aufgeführt sind:
- Produktorientiert: Das Produkt wird um zusätzliche Dienstleistungen ergänzt. Diese stehen in Zusammenhang mit dem Produkt, könnten aber vom Kunden selbst durchgeführt werden. Beispiele sind Installation und Wartung. Diese Variante ist am einfachsten zu realisieren und ist mit dem geringsten Risiko verbunden.
- Integrationsorientiert: Die Dienstleistung übernimmt eine Funktion weiter vorne in der Wertschöpfungskette, zum Beispiel Finanzierung. Diese Variante ist auch relativ leicht zu realisieren und mit einem geringen Risiko verbunden.
- Serviceorientiert: Produkt und Dienstleistung bilden zusammen das Angebot. Ein Beispiel ist der Verkauf eines Antriebs inVerbindung mit einem Dienst, der den Zustand des Gerätes überwacht und gegebenenfalls ein Warnsignal auslöst.
- Nutzungsorientiert: Hier bleibt das Produkt Eigentum des Dienstleisters. Anstatt das Produkt zu verkaufen, werden seine Funktionen verkauft. Leasing ist ein bekanntes Beispiel hierfür. Dies erfordert tiefgreifende Änderungen – sowohl im Geschäftsmodell als auch im Bewusstsein (beider Geschäftspartner!)
- Ergebnisorientiert: Das Produkt wird durch eine Dienstleistung komplett ersetzt. Ein Beispiel ist der Voicemail-Dienst eines Telekom-Providers, der den Anrufbeantworter (als Tischgerät) ersetzt.
Beispiele für Product-Service Systems
Nach einer Studie in Großbritannien 2009 waren die am häufigsten anzutreffenden Servitization-Dienstleistungen (in absteigender Reihenfolge):
- Design und Entwicklung
- Systems und Lösungen
- Wartung und Support
- Einzelhandel und Distribution
- Installation und Implementierung
- Gebäude- und Grundstückverwaltung
- Finanzdienstleistungen
- Consulting
- Leasing
- Outsourcing und Betrieb
- Einkauf
- Transportdienste
Links
Definition von Servitization
Vorteile der Servitization für den Lieferanten
Vorteile für den Kunden
Wann lohnt sich Servitization für einen Teilehersteller?
von Graham Horton

Vorteile durch Servitization
Servitization ist derzeit ein wichtiger Trend in der Industrie. Immer mehr produzierende Unternehmen ergänzen ihre bisherigen Produkte durch Dienstleistungen, weil sie eine Reihe von Vorteilen bieten. Diese Checkliste präsentiert die zehn wichtigsten davon.
1. Der Kunde verlangt es.
Oftmals fragt der Kunde beim Lieferanten nach, ob dieser eine bestimmte Dienstleistung erbringen kann. Meistens hat diese Dienstleistung eine unmittelbaren Bezug zum Produkt selbst, zum Beispiel Unterstützung bei der Installation oder der Wartung.
2. Wachstum
Das Unternehmen sieht in der Servitzation eine Gelegenheit zum Wachstum. Dieses Wachtum kann durch die zusätzlichen Umsätze durch die Dienstleistung erfolgen oder weil die Dienstleistung neue Gelegenheiten eröffnet, Produkte abzusetzen. Aus diesem Grund würde es zum Beispiel für einen Reifenhersteller Sinn machen, einen Reifenwechselservice anzubieten.
3. Preiskampf kommt nicht in Frage
Unternehmen in den Industrieländern können sich aus Kostengründen einen Preiskampf mit Anbietern aus Schwellenländern nicht leisten. Sie sind dazu gezwungen, Mehrwerte zu bieten, und Dienstleistungen bieten sich hierfür an.
4. Das Bereits-im-Feld-Argument
Auf jedes neu verkaufte Auto kommen 12, die schon auf der Straße fahren. Es macht daher Sinn, Geschäfte zu suchen, die mit den 12 Autos gemacht werden können statt sich auf das Geschäft mit dem einen neuen Auto zu beschränken.
5. Kunden binden
Als Lieferant von Sachgütern ist ein Unternehmen oft schnell austauschbar. Mit Dienstleistungen kann es dagegen viel eher einen Kunden an sich binden, zum Beispiel weil die Dienstleistung mit den Prozessen des Kunden eng verzahnt ist und dadurch schwierig, auszutauschen.
6. Wettbewerber ausschließen
Man kann mit einer Hilfe einer Dienstleistung viel leichter einen Wettbewerber bei einem Kunden ausschließen, als mit einem Sachgut. Die Gründe sind die gleichen wie im Fall der Kundenbindung.
7. Alleinstellungsmerkmale schaffen
Mit innovativen Dienstleistungen kann ein Unternehmen sich Alleinstellungsmerkmale aufbauen und sich so von seiner Konkurrenz abheben.
8. Umwelt
Manche typischen Dienstleistungen der Servitization dienen dazu, Umweltschäden zu reduzieren oder den Rohstoff- oder Energieverbrauch zu reduzieren. Beispiele dafür sind Energie- und Flottenmanagement.
9 Erlösestrom glätten
Die Erlöseströme aus Dienstleistungen sind eher stetig, während die aus dem Produktverkauf Schwankungen unterliegen können. Dienstleistungen können daher auf den Cash Flow stabilisierend wirken.
10. Kundenbeziehung intensivieren
Schließlich bieten Dienstleistungen (noch viel mehr als Sachgüter) eine Gelegenheit zur Intensivierung der Beziehung zum Kunden. Durch sie lernt der Lieferant den Kunden besser kennen, es gibt eine formale Zusammenarbeit und zwischenmenschliche Kontakte sind häufiger.
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Vorteile der Servitization für den Kunden
Definition von Servitization
Varianten und Beispiele
Wann lohnt sich Servitization für einen Teilehersteller?
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Components ist der vorletzte Buchstabe des Akronyms SERVICE, bildet aber den zweiten Schritt eines Dienstleistungsdesigns.
Nachdem im ersten Schritt die Bedürfnisse der Kunden ermittelt worden sind, müssen die verschiedenen Komponenten der zukünftigen Dienstleistung festgelegt werden. Es müssen Fragen beantwortet werden wie
- Welche Funktionen muss die Dienstleistung erfüllen?
- Welche Aufgaben müssen erledigt werden?
- Welche Zusatz- oder Ergänzungsfunktionen gibt es?
Diese Fragen sehen auf dem ersten Blick einfach aus, sie aber zu beantworten ist aber in der Praxis schwieriger, als man denkt. Aus diesem Grund setzen wir im Kundenworkshop eine Reihe von Techniken ein, um die geplante Dienstleistung vollständig zu erfassen.
Es empfiehlt sich, die Dienstleistung in möglichst kleine Komponenten zu unterteilen. Dies gilt auf jeden Fall für Tätigkeiten, die der Kunde wahrnimmt, ist aber auch für die Aktivitäten ratsam, die der Kunde nicht sieht. Dies gibt Flexibilität bei der späteren Strukturierung, z.B. bei einer Einteilung in verschiedene Angebotsumfänge, und es liefert Ansätze für kreative Verbesserungen.
Bei einer unserer Dienstleistungen beispielsweise gibt es unter anderem die Komponenten
- Briefing-Gespräch mit dem Kunden durchführen
- Drehbuch für den Ideenworkshop schreiben
- Workshop moderieren
- Workshop-Ergebnisse dokumentieren
- Feedback-Gespräch mit dem Kunden durchführen
Ein Ergebnis dieser Aufzählung war die Erkenntnis, dass diese Aufgaben getrennt und von unterschiedlichen Kollegen ausgeführt werden können. Dies wiederum führte zu einem besseren Verständnis dafür, welche Informationen an welcher Stelle im Prozess benötigt werden.
Die Komponente Workshop-Ergebnisse dokumentieren enthält wiederum Komponenten wie
- Handschriftliche Beiträge und Diskussionsprotokolle digitalisieren
- Fotos sortieren und aufarbeiten
- Dokument formatieren
- Empfehlungen verfassen
- Daten-CD brennen und versenden
- Ergebnis-Website einrichten
- Website-Passwort an Kunden versenden
Hieraus ergab sich unter anderem die Erkenntnis, dass die Dokumentation mit Kundenbetreuer und Moderator besser abgestimmt werden musste. Der Moderator liefert wertvolle Empfehlungen aus dem Workshop, die in die Dokumentation aufgenommen werden, und der Kundenbetreuer muss diese Empfehlungen im Feedback-Gespräch mit dem Kunden diskutieren können. Die Empfehlungen müssen sich ferner auf die Kundenbedürfnisse beziehen, die der Kundenbetreuer im Briefing-Gespräch kennengelernt hat. Aus diesen Beobachtungen haben wir ein standardisiertes Briefing-Dokument abgeleitet, das nicht nur die interne Kommunikation untersützt, sondern auch gegenüber dem Kunden eine wertvolle Funktion ausübt (siehe die späteren Beiträge Validation und Ergonomics.)
von Graham Horton

Im letzten Beitrag haben wir die SERVICE-Checkliste für das Dienstleistungsdesign vorgestellt. In diesem Akronym steht der Eintrag Requirements zwar an dritter Stelle, er stellt aber den ersten Schritt im Entwurfsprozess dar.
Voraussetzung für den Entwurf oder die Verbesserung einer Dienstleistung ist genaue Kenntnis der Bedürfnisse der Zielgruppe. Dazu dienen Fragen wie
- Wer bildet unsere Zielgruppe?
- Wer sind dabei die verschiedenen Stakeholder (Nutzer, Käufer, Entscheider, Beeinflusser)?
- Was sind deren jeweiligen Bedürfnisse?
- Welche Ziele verfolgen sie durch unsere Dienstleistung?
- Was wünschen sie sich durch unsere Dienstleistung?
- Welche Probleme soll die Dienstleistung für die Zielgruppe lösen?
- Was muss die Dienstleistung demzufolge leisten?
Für die Erfassung von Kundenbedürfnissen gibt es verschiedene Techniken. Eine einfache Methode ist die Metapher von Lebensmitteln. Demnach gibt es drei verschiedene Kategorien von Kundenbedürfnissen, die jeweils durch eine andere Art von Lebensmittel repräsentiert werden:
- Kaviar. Kaviar ist ein Luxus; Man kauft es, wenn es einem gut geht, und es dient dazu, ein noch besseres Gefühl zu erzeugen.
- Brot. Brot dient dazu, uns jeden Tag am Leben zu halten. Wir essen es jeden Tag – es muss einfach sein.
- Lebertran. Lebertran wird kranken Kindern zur Stärkung gegeben. Es dient zur Lösung eines Problems.
Nun kann man sich fragen, was beim Kunden (in Bezug auf das eigene Angebot) Kaviar, Brot oder Lebertran sein könnten. Bei unserer Dienstleistung beispielsweise gehört die Herstellung und Bewertung von neuen Produktideen bei unseren Kunden zur Kategorie Brot: Es ist eine Grundaufgabe des Innovationsmanagements, die kontinuierlich geleistet werden muss. Wenn ein Konkurrent einem Unternehmen droht, Marktanteile wegzunehmen oder durch aggressive Preise den Gewinn zu vernichten, haben wir es mit einer Innovationsaufgabe aus der Kategorie Lebertran zu tun: es muss ein dringendes Problem gelöst werden. Zur Kategorie Kaviar gehört beispielsweise eine schicke Präsentation für die Geschäftsführung.
von Graham Horton
Der Anteil der Dienstleistungen am wirtschaftlichen Geschehen nimmt immer mehr zu. Der Anteil der Arbeitsplätze in Dienstleistungen wächst seit Jahrzehnten, während der Anteil in der produzierenden Industrie schrumpft. Selbst bei klassischen Herstellern von Gütern setzen die Innovationsstrategien zunehmend auf Servitization, d.h. die Ergänzung von materiellen Produkten um Services. In der Wissenschaft vertritt die neue Service-Dominant Logic die These, dass alle Unternehmen Dienstleistungsunternehmen sind und dass sämtliche Produkte als Dienstleistungen zu verstehen sind.
Die Entwicklung und Bewertung von Ideen für Dienstleistungen hat vieles gemeinsam mit dem entsprechenden Vorgehen für Produkte, aber auch einige Besonderheiten. Das Service Design stellt beispielsweise viele Techniken und Themen bereit, die für Produkte wenig relevant sind.
Für die Arbeit mit Dienstleistungsideen haben wir eine Checkliste entwickelt, die unseren Kunden hilft, die wesentlichen Aspekte einer Dienstleistung zu berücksichtigen. Die Checkliste lässt sich durch den Akronym SERVICE leicht merken:
- Structure: Wie ist die Dienstleistung aufgebaut?
- Economics: Der Business-Teil der Dienstleistung
- Requirements: Was muss die Dienstleistung leisten?
- Validation: Wie wird Qualität definiert und nachgewiesen?
- Illustration: Wie präsentieren wir die Dienstleistung Interessenten?
- Components: Woraus besteht die Dienstleistung?
- Ergonomics: Wie erlebt der Kunde die Dienstleistung und wie interagiert er mit ihr?
In zukünftigen Blog-Beiträgen wollen wir diese sieben Aspekte kurz erklären.