von Graham Horton

Suchfelder in der Dienstleistungsinnovation
Wie bleiben wir wettbewerbsfähig? Diese Frage ist im Dienstleistungssektor genauso wichtig wie in der Industrie. Allerdings ist die Anzahl der Methoden und Bücher zum Thema Dienstleistungsinnovation wesentlich geringer als die für physische Produkte. Dabei werden solche Methoden auf Grund der ständig wachsenden Bedeutung des Dienstleistungssektors dringend benötigt.
Der erste Schritt in der Ideenproduktion ist die Festlegung der Suchfelder. Suchfelder sind die Bereiche der Aufgabenstellung, in denen vielversprechende Ideen vermutet werden. In der Ideenfabrik dienen sie zur Strukturierung des Drehbuchs und zur Lenkung der Aufmerksamkeit der Teilnehmer. Gute Suchfelder zerlegen die Aufgabenstellung in einer Weise, die die Ideenproduktion erleichtern, und sie sind oft Blickwinkel, die selbst für Experten unerwartet sein können.
Service Blueprinting
Ein sehr gutes Beispiel für Suchfelder für die Entwicklung von Dienstleistungsinnovationen ist das so genannte Service Blueprinting. Ein Service Blueprint (Dienstleistungsblaupause) ist eine Visualisierung des Ablaufs einer Dienstleistung, die geeignete Ansatzpunkte für Veränderungen aufzeigt. Diese Veränderungen können Qualitätsmaßnahmen, inkrementelle Verbesserungen oder Innovationen sein. Eine solche Blaupause haben Mary Bitner, Amy Ostrom und Felicia Morgan in ihrem Artikel Service Blueprinting: A Practical Technique for Service Innovation vorgestellt. Während viele andere Darstellungen eher oberflächlich sind, werden in diesem Artikel Suchfelder beschrieben, die den o.g. Qualitätskriterien entsprechen.
Die Blaupause
Bitner, Ostrom und Morgan beschreiben fünf Suchfelder, die sich in ihrer Wahrnehmbarkeit für den Kunden unterscheiden. In der Reihenfolge abnehmender Wahrnehmbarkeit heißen sie:
- Physical Evidence: Dies sind die materiellen Komponenten der Dienstleistung. Es sind die Gegenstände, die der Kunde im Rahmen der Dienstleistung sieht oder selbst benutzt.
- Customer Interaction: Dies sind die Handlungen des Kunden, während er die Dienstleistung in Anspruch nimmt.
- On-Stage Activities: Hiermit sind alle Aktivitäten gemeint, die Kontakt mit dem Kunden enthalten oder für den Kunden sichtbar sind.
- Backstage Activities: Hiermit sind alle Aktivitäten gemeint, die zwar für den Kunden unsichtbar sind, aber immer noch zur Dienstleistung gehören.
- Support Processes: Dies sind die Abläufe, die für den Kunden unsichtbar sind und nicht zur Dienstleistung per se gehören, die aber dennoch für die Erbringung der Dienstleistung notwendig sind.
Die Blaupause entsteht, indem der gesamte Ablauf der Dienstleistung als Flussdiagramm gezeichnet wird und die einzelnen Aktivitäten den unterschiedlichen Bereichen zugeordnet werden. Nachdem die Blaupause erstellt worden ist, können dann mit Hilfe geeigneter Fragen Ideen für Verbesserungen und Innovationen generiert werden.
Beispiel: Hotelaufenthalt
Einige Beispiele für Suchfelder bei einem Hotelbesuch sind:
- Physical Evidence: Zimmer, Schwimmbad, Garage
- Customer Interaction: Essen, Schlafen, Tagen
- On-Stage Activities: Check-In, Cocktail zubereiten, Massage
- Backstage Activities: Telefonische Reservierung entgegennehmen, Zimmer reinigen, Bügelservice
- Support Processes: Essen in der Küche zubereiten, Wäsche waschen, Elektronische Reservierung
Ein Auszug aus der Blaupause für den Hotelbesuch könnte beispielsweise wie folgt aussehen:
- Der Kunde fährt vor das Hotel (Customer Interaction) und nimmt die Grünanlage und den Vorplatz wahr (Physical Evidence).
- Der Kunde wird von einem Mitarbeiter begrüßt und übergibt seinen Autoschlüssel an ihn (Customer Interaction).
- Das Gepäck wird aus dem Auto entladen (On-Stage Activity).
- Das Auto wird in die Tiefgarage gefahren (Backstage Activity).
- Beim Check-In erkennt der Hotelcomputer, dass es sich um einen Stammkunden handelt (Support Process) und veranlasst automatisch, dass dessen Lieblingsblumen auf sein Zimmer gebracht werden (Physical Evidence).
Ein weit verbreitetes Ergebnis der Service-Blaupause ist das zum Dreieck gefaltete letzte Blatt des Toilettenpapiers im Badezimmer. Es ergibt sich als Antwort auf die Frage , „Wie können wir Physical Evidence für eine Backstage Activity erzeugen, damit diese für den Kunden sichtbar wird?“ Die gleiche Frage liefert beispielsweise für eine Autowerkstatt die Idee, dass der verantwortliche KFZ-Meister (den der Kunde nie kennenlernt) nach dem Kundendienst seine Visitenkarte im Auto hinterlässt.
Quelle:
Mary Jo Bitner, Amy L. Ostrom, Felicia N. Morgan: Service Blueprinting: A Practical Technique for Service Innovation (PDF)
von Graham Horton

Most of Zephram’s clients are in B2B sectors, and probably the most common type of project we do is helping such clients develop new offers. As an aid to generating and evaluating ideas, it is useful to understand exactly why a company would purchase a B2B service. The following list gives you the answer:
- Outsource a secondary process. By outsourcing secondary activities, companies can concentrate on their core business and core competencies. Examples are cleaning services or facility management.
- Utilize specialist knowledge. Especially in the case of unique situations or for projects, it can be more efficient to buy in specialist knowledge that is not available within the company. Consultants are an example of this type of service.
- Flexibility. Specialised service providers are more able to adapt to changing circumstances and possess state of the art knowledge. This is often true, for example, for IT services, where the software and hardware base is continually changing.
- Dealing with load spikes. Projects and other load spikes can be accomodated with temporary external help. This solution is flexible and avoids fixed costs. This is one of the reasons for job agencies.
- Internal solution is too expensive or difficult. Internal bureaucracy and cost structures can make an internal solution more expensive (or complicated) than an external one. This can be the case for large corporations, which have high salary overheads or during hiring freezes.
- Impartiality. For some types of project, it is important to have impartial input or facilitation. This could be to maintain neutrality or to overcome occupational myopia. Examples are mediation in the first case, or an innovation service such as ours in the second.
This list can be very useful for examining and developing new service ideas in depth and for estimating their market potential.
The first five entries can be found in the book Business-to-Business Marketing by Michel, Naudé, Salle and Valla. The sixth is an addition of our own.
von Graham Horton

Die Mehrzahl der Aufträge bei Zephram sind Innovationsprojekte für neue Produkte und Dienstleistungen im B2B-Bereich. Wir helfen unseren Klienten, neue Angebote zu entwickeln, durch die sie konkurrenzfähig bleiben und organisch wachsen können.
Im Laufe eines typischen Kundenprojektes entstehen zunächst viele Hundert Ideen, die im Folgeprozess wiederholt bewertet und gefiltert werden, bis die besten fünf bis zehn Ideen feststehen. Dabei unterscheiden sich die Bewertungskriterien und -methoden am Anfang und am Ende des Prozesses erheblich. Am Anfang geht es vorwiegend darum, schnell eine große Anzahl von Ideen herauszufiltern, die nicht weiter betrachtet werden sollen. Am Ende des Prozesses geht es dagegen darum, mit Hilfe einer genaueren Betrachtung aus einer kleinen Anzahl guter Ideen die allerbesten zu finden. Für diese werden dann umfassende Entscheidungsvorlagen erarbeitet, beispielsweise in Form von Patentrecherchen, Marktanalysen oder Businessplänen.
In ihrem Buch Business-to-Business Marketing präsentieren Autoren Daniel Michel, Peter Naudé, Robert Salle und Jean-Paul Valla die Ergebnisse einer Studie über B2B-Dienstleistungen. Dort wurden 342 Unternehmen gefragt, aus welchen Gründen sie externe Dienstleistungen einkaufen. Die fünf wichtigsten Gründe werden im Buch zitiert und kurz besprochen.
1. Einen Sekundärprozess abgeben. Indem sie nebensächliche Aktivitäten auslagern, können sich Unternehmen auf ihr Kerngeschäft und ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Ein Beispiel hierfür ist die Gebäudereinigung.
2. Spezialwissen nutzen. Besonders für Projekte und einmalige Situationen kann es günstiger sein, notwendige, aber im Unternehmen nicht vorhandene, Spezialkompetenzen extern einzukaufen. Hierfür sind Unternehmensberatungen ein gutes Beispiel.
3. Flexibilität und Änderungsfähigkeit. Spezialisierte Dienstleister sind eher dazu imstande, auf wechselnde Umstände flexibel zu reagieren und auf dem neuesten Stand zu bleiben. Dies gilt beispielsweise oft für IT-Dienstleistungen, bei denen sich Hardware und Software ständig ändern.
4. Ausgleich von Lastschwankungen. Projekte und andere vorübergehende Lastspitzen können durch externe Kräfte aufgenommen werden. Die externe Lösung ist flexibel und vermeidet Fixkosten. Dieser Bedarf wird durch Zeitarbeitagenturen bedient.
5. Interne Lösung ist zu teuer. Interne bürokratische Hürden und Kostenstrukturen machen eine interne Lösung oft teurer (oder umständlicher) als eine externe Lösung. Dies ist beispielsweise wegen Konzernaufschläge zu Gehältern oder während eines Einstellungsstopps der Fall.
Diese Liste ist Ergebnis einer deskriptiven a posteriori-Analyse, wie sie für die Wirtschaftswissenschaft typisch ist. In dieser Form ist sie für uns als Innovationsdienstleister jedoch wenig nützlich. Wir brauchen stattdessen konstruktive Werkzeuge zur Generierung oder Bewertung von Ideen. Glücklicherweise für uns ist oft möglich, aus Analysewerkzeuge Synthesewerkzeuge zu gewinnen. So auch in diesem Fall: Die Listeneinträge können bei der Bewertung von Ideen für neue Dienstleistungen als Prüfkriterien genutzt werden. Hierzu werden sie zu Bewertungsfragen wie folgt umformuliert:
- Gibt es eine Zielgruppe, für die diese Dienstleistung einen Sekundärprozess beschreibt?
- Mit welchen Argumenten könnten wir einen Interessenten dazu bewegen, diesen Prozess auszulagern?
- Wie teuer ist diese Aktivität bei unserer Zielgruppe? Können wir sie billiger durchführen?
- Spielt Flexibilität bei dieser Dienstleistung eine wichtige Rolle? Warum wären wir flexibler als ein Kunde? Inwiefern wäre der Kunde selbst zu inflexibel?
- Wie können wir diese Dienstleistung so günstig und unkompliziert wie möglich anbieten?
- Welche Spezialkompetenzen sind für diese Dienstleistung erforderlich? Warum haben wir sie in höherem Maße als unsere Zielgruppe? Warum ist es für unsere Zielgruppe unattraktiv, sich diese Kompetenzen selbst anzueignen?
Mit diesen und ähnlichen Fragen können wir Ideen für neue B2B-Dienstleistungen auf ihr Potential hin prüfen, damit nur die überzeugendsten in die letzte und intensivste Phase des Bewertungsprozesses gelangen.
von Graham Horton

„Momente der Wahrheit“ sind die Augenblicke, in denen ein Kunde einen entscheidenden Eindruck über ein Unternehmen machen kann. So ist beim Autokauf die Übergabe der Schlüssel an den neuen Besitzer ein solcher Moment.
1986 ist das Buch „Moments of Truth“ von Jan Carlzon, dem damaligen CEO von Scandinavian Airlines, erschienen. Carlzon war es gelungen, aus einer defizitären, bürokratischen Fluglinie ein profitables Unternehmen zu machen, indem er es radikal auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden ausgerichtet hat.
Eine Auseinandersetzung mit solchen „Momenten der Wahrheit“ kann wertvolle Anregungen für Innovationen geben. Durch ein sorgfältiges Design oder eine wirksame Inszenierung dieser Momente können der Nutzen für den Kunden erhöht und sein Erlebnis bereichert werden. Dies führt wiederum zu einem besseren Image, einer erhöhten Kundenbindung und positiven Referenzen.
Die Innovation kann in den folgenden Schritten durchgeführt werden:
- Schreiben Sie den vollständigen Kundenprozess auf. Dieser beginnt mit dem ersten Kontakt des Kunden mit Ihrer Dienstleistung und enthält sämtliche Begegnungen, Informationen oder andere Zeitpunkte, bei denen der Kunde Ihr Unternehmen in irgendeiner Weise erlebt.
- Identifizieren Sie bei diesem Prozess die Situationen, die „Momente der Wahrheit“ sind oder sein könnten, d.h. in denen das Erlebnis des Kunden einen bleibenden Eindruck hinterlässt bzw. hinterlassen könnte.
- Entwerfen Sie für diese Momente außergewöhnliche Maßnahmen, die den Kundennutzen erhöhen und einen positiven Eindruck bewirken.
- Setzen Sie Ihre Maßnahmen in der Praxis um!
Für ein Luxushotel könnten solche Momente der Wahrheit sein:
- Der Erhalt der Reservierungsbestätigung
- Das Vorfahren vor dem Hotel
- Das erstmalige Betreten des Hotels
- Das erstmalige Betreten des Zimmers
- Das Auschecken
- Die Wiederankunft zu Hause
Luxushotels sind besonders gut in der Inszenierung solcher Momente. So habe ich neulich im Atlantis-Hotel in Dubai folgende Annehmlichkeiten erlebt:
- In der Email mit der Reservierungsbestätigung wird mir ein Begrüßungsgetränk in der Hotelbar angeboten.
- Beim Vorfahren vor dem Hotel kümmert sich ein Angestellter fast unsichtbar um mein Gepäck.
- Beim Betreten des Hotels werde ich Willkommen geheißen.
- Beim Einchecken bekomme ich eine praktische Umhängetasche für meine Zimmerkarte.
- Der Fernseher in meinem Zimmer zeigt eine persönliche Begrüßungsseite.
- Es gibt einen ganztägig bewirtschafteten Aufenthaltsraum mit Meerblick nur für die Bewohner meiner Etage.
- Beim Auschecken darf ich die Umhängetasche behalten.
- Wieder zu Hause angekommen finde ich eine freundliche Email des Hotels in meiner Inbox.
Der Gesamteffekt solcher Angebote ist das Gefühl, dass ich ein besonderer Gast bin (und dass ich mit diesem Blog-Beitrag für das Hotel werbe!)
Was sind die „Momente der Wahrheit“ bei Ihrem Angebot, und wie könnten Sie sie besser nutzen?