Rettungsfragen

Die Bewertung von Ideen ist der schwierigste Teil der ersten Innovationsphase. Besonders die radikalen Ideen sind schwer einzuschätzen, da die Voraussetzungen für ihr Gelingen (oder Misslingen) oft nicht bekannt sind.

Im Ergebnis gibt es nur zwei Arten von Bewertungsfehler: den Ablehnungsfehler und den Annahmefehler. Beide Arten von Fehler können einem sehr teuer zu stehen kommen: ein Ablehnungsfehler führt zu einer verpassten Gelegenheit (eine gute Idee wird nicht weiter verfolgt), während ein Annahmefehler Kosten Ressourcen verschwendet (durch die Weiterbeschäftigung mit einer Idee, die sich später als erfolglos erweisen wird).

Wegen der hohen Kosten, die Bewertungsfehler verursachen können, liegt die Frage nahe, wie man sich dagegen schützen kann. Natürlich könnte man alle Ideen, die man hat, sorgfältig recherchieren, aber dies ist in der Regel unpraktikabel. Einen kleinen Schutz bieten Fragen, die auf den üblichen Ursachen für Bewertungsfehler basieren, oder die mit einem Perspektivwechsel Denkfehler überwinden können. Solche Fragen nennen wir Rettungsfragen.

Bevor man eine Idee endgültig ablehnt, kann man beispielsweise fragen …

  • Was wäre, wenn unsere Konkurrenz diese Idee verwirklichen würde?
  • Fehlt uns vielleicht nur ein Stückchen Mut oder Fantasie?
  • Welche Umstände bräuchte es, damit diese Idee doch attraktiv wird?
  • Was könnten wir tun, um Akzeptanz für diese Idee zu erhöhen?
  • Was müsste eintreten, damit diese Idee funktioniert?
  • In welcher speziellen Situation würde diese Idee bereits heute funktionieren?
  • Auf welcher Annahme beruht unsere Ablehnung dieser Idee?
  • Wie könnten wir in zehn Jahren unsere Entscheidung, diese Idee nicht zu verfolgen, beurteilen?
  • Was würde ein Visionär wie Steve Jobs in dieser Situation tun?

Bevor man eine Idee endgültig zur Implementierung empfiehlt, kann man fragen …

  • Was hat uns daran gehindert, das schon früher zu tun?
  • Warum hat das die Konkurrenz nicht schon längst gemacht?
  • Auf welcher Annahme basiert unser Optimismus?

Unsere Erfahrung zeigt, dass je intensiver und schneller jemand eine Idee verwerfen oder befördern möchte, desto mehr lohnt eine Rettungsfrage; oft ist die Begründung, die dann vorgetragen wird, leicht zu beseitigen oder zu relativieren.

Mit solchen Rettungsfragen haben wir unsere Klienten schon öfter vor einer Fehlbewertung bewahren können. In einem Fall wollte ein Kunde eine elegante Lösung für ein technisches Problem verwerfen, weil sie (angeblich) mechanisch nicht stabil genug sei. Mit Hilfe der dritten Frage konnten wir aber dafür sorgen, dass diese Idee dennoch im Rennen blieb, und eine spätere Recherche hat ergeben, dass die Lösung durch eine kleine Anpassung sehr wohl die geforderte Stabilität erbringen konnte.

 

Auf die Formulierung kommt es an

Es war einmal ein Dorf, in dem eine seltsame Krankheit wütete. Diese Krankheit tötete manche Menschen, andere versetzte sie aber nur in einen tiefen Schlaf, der sie wie tot erscheinen ließ. Nach einigen Tagen wachten diese aber auf und waren wieder völlig gesund. Leider fiel dies den Dorfbewohnern aber recht spät auf, weshalb sie befürchten mussten, dass sie bereits einige Mitbewohner lebendig begraben hatten.

Damit dies in Zukunft nie wieder passieren konnte, gab der Dorfrat dem Dorfbestatter den folgenden Auftrag: „Sorgen Sie dafür, dass jeder, den wir begraben, auch wirklich tot ist!“ Der Bestatter sicherte dem Rat zu, dass er dies tun würde.

Es vergingen einige Wochen, und das Dorf musste weitere Opfer der seltsamen Krankheit zu Grabe tragen. Erst dann wurde bekannt, dass der Bestatter alle seine Särge mit einem Eisendorn im Deckel versehen hatte, dessen Spitze beim Schließen bis zum Boden des Sarges reichte.

Beim anschließenden Gerichtsverfahren verteidigte sich der Bestatter mit dem Argument, dass er genau das getan hatte, was ihm befohlen worden war. Der Richter musste den Bestatter freisprechen, und er gab ihm einen neuen Arbeitsauftrag, der lautete: „Sorgen Sie dafür, dass niemand begraben wird, der noch lebt!“

Ein ähnliches Problem kann es zu Beginn eines Innovationsprojektes geben: eine unvorsichtige  Formulierung bei der Auftragserteilung kann das Projekt in eine völlig unerwünschte Richtung führen. Suchfelder, Ideenproduktion und Ideenbewertung hängen eng mit dem Innovationsziel zusammen, und schon ein einziges mehrdeutiges Wort kann zur Verfehlung dieses Ziels führen. Wir setzen Fragen wie diese ein, um die Wünsche unserer Kunden kennenzulernen und möglichst eindeutig zu erfassen:

  • Welche Randbedingungen (finanziell, zeitlich, politisch, strategisch) müssen die zu entwickelnden Ideen einhalten?
  • Werden Produkte nur für bestehende oder auch für neue Kunden gesucht?
  • Müssen die Ideen mit den vorhandenen Ressourcen umsetzbar sein?
  • Welches Chance/Risiko-Verhältnis suchen Sie?
  • Müssen die Ideen im Rahmen Ihres bestehenden Geschäftsmodells funktionieren?
  • Was wollen Sie durch die Ideen eigentlich erreichen?

Um sicherzustellen, dass das Innovationsziel wirklich eindeutig verstanden worden ist, muss ausreichend Zeit in eine Zielvereinbarung investiert werden. Nur dadurch kann man ein Unglück wie beim Dorfbestatter vermeiden.

 

Denken Sie nicht an einen rosa Elefanten!

rosa elefant

Woran müssen Sie denken beim Lesen der Überschrift? Ja, Sie denken sofort an einen rosa Elefanten. Egal was ich in der Überschrift geschrieben hätte: Sie müssten unweigerlich an das denken, was ich mit meinem Stichwort ausgelöst hätte – Denkverbot oder nicht. Dieser Effekt ist gerade für Moderatoren von Innovationsworkshops wichtig, denn ihnen ist es wichtig Diskussionen richtig zu lenken. Der „Rosa-Elefanten-Effekt“ kann einen Moderator behindern allerdings auch fördern…

Der negative Effekt ist: Das ausgesprochene Verbot an einen rosa Elefanten zu denken, lässt uns unweigerlich eben dieses tun. Unsere Gedanken sind gefangen und schlimmer noch, wir können uns nur schwer wieder von diesem Gedanken lösen. Nicht das, was der Autor erreichen wollte. Leitet ein Moderator nun einen Innovationsworkshop mit einem Verbot ein, erreicht er mitunter das Gegenteil: Denken Sie in diesem Workshop nicht an unsere bisherigen Produkte. Denken Sie frei.

Der positive Effekt ist: Allerdings kann sich ein Moderator diesen Effekt auch zunutze machen, indem er die Aufmerksamkeit seiner Teilnehmer lenkt. Nehmen wir an ein Moderator sucht in seinem Workshop Ideen für einen neuen Hausschlüssel. Damit er sicherstellen kann, dass die Teilnehmer eine neue zielgerichtete Perspektive einnehmen, gibt er ihnen ausgewählte Anregungen. So kann der Moderator die Gedanken der  Teilnehmer lenken und für sich nutzen, z.B.:

  1. Wie können Personen identifiziert werden?
  2. Wie kann man diese Identifizierung dazu nutzen, um eine Haustür zu öffnen?

Gerade als Moderator sollte man es vermeiden „Denkverbote“ auszusprechen. Diese blockieren die Teilnehmer. Viel mehr sollte ein Moderator mit gezielten Anregungen und neuen Perspektiven die Aufmerksamkeit seiner Teilnehmer lenken. Viel Erfolg beim Experimentieren. 😉

Vorsicht: Hotelwerbung!

vorsicht hotelwerbung

Vor Kurzem haben wir einen Innovationsworkshop für einen Kunden in einem Vier-Sterne-Hotel durchgeführt. Dieses Hotel wirbt mit seinem „Perfect Meeting Concept“, das in jedem Raum an der Flipchart prangt. Leider war der Raum für das Arbeiten völlig ungeeignet: Die Decke hing tief, die Fenster waren klein, und es gab nur eine Dämmerbeleuchtung, die sich zudem nicht regeln ließ. Darüber hinaus schien das Hotelpersonal nicht auf die Betreuung von Workshops vorbereitet zu sein.

Seminare und Workshops scheinen ein lukraktives Geschäft zu sein, denn nahezu jedes Hotel bietet heutzutage entsprechende Pakete an. Nach unserer Erfahrung erfüllen aber die wenigsten von ihnen auch nur die Grundbedingungen für ein gelungene Veranstaltung – selbst wenn sie vier Sterne über der Eingangstür hängen.

Die wohl häufigste Falle ist die Raumkapazität, denn Hotels teilweise mit absurden Kapazitäten für ihre Meeting-Räume werben. So will beispielsweise das Alleehotel Europa in Bensheim in einem 80qm-Raum 50 Personen in der Bankettbestuhlung unterbringen. Dies entspricht 1.6 qm pro Person. Das Hyatt Regency Paris Charles de Gaulle behauptet sogar, es könnte im 450qm-großen Saal 450 Personen (1 qm pro Person) und in einem 80 qm-Raum sogar 100 Personen (0.8 qm pro Person) unterbringen. Solche Personendichten schaffen eine  Atmosphäre, die eher zu einer Sardinenbüchse passt als zu kreativer Gruppenarbeit.

Zephram rechnet ganz anders als solche Hotels. Für eine Standard-Ideenfabrik benötigen wir ungefähr 10 qm pro Person. Erst bei dieser Raumgröße haben wir genug Platz, um die verschiedenen Arbeitsbereiche unterzubringen und gleichzeitig das notwendige Raumgefühl zu bewahren. Allein eine Pinnwand, die beidseitig verwendet wird, braucht schon mehr als 5 qm, und in einer ergiebigen Ideenfabrik produziert jeder Teilnehmer genug Rohideen, um eine Pinnwandseite zu füllen. Die Forderung nach 10 qm pro Person löst staunen und bisweilen auch Widerstand bei den Hotels aus, ist aber dennoch unserer Meinung nach für eine gutes Arbeitsergebnis unentbehrlich.

P.S. Am besten geht man natürlich gar nicht erst in ein Hotel, weil diese fast ausnahmslos eine sterile und monotone Stimmung ausbreiten. Lieber wählen wir ungewöhnliche Orte mit Charakter wie beispielsweise ein Fußballstadion, eine alte Festung oder ein Festzelt. Darüber haben wir hier schon berichtet.

Ungewöhnliche Orte fördern den Ideenfluss

stadionbild

Eine unserer Regeln bei Ideenfabriken ist, sie außerhalb der gewohnten Arbeitsumgebung durchzuführen. Dies hilft unseren Kunden, ihre Alltagsgedanken hinter sich zu lassen und für neue Ideen offen zu sein. Noch besser ist es, wenn die Ideenfabrik an einem außergewöhnlichen oder sogar exotischen Ort stattfindet.

Die untenstehende Liste enthält eine Auswahl der Orte, die wir für Ideenfabriken verwendet haben:

  1. Eine frühere Reithalle
  2. Eine umgebaute Panzergarage
  3. Eine ehemalige preußische Festung
  4. Ein Ausstellungsstudio von Möbeldesignern
  5. Ein Zelt in einem Hafen
  6. Ein sanierter Getreidespeicher
  7. Ein Kloster aus dem 12. Jahrhundert
  8. Ein Fitness-Studio
  9. Ein Gesellschaftshaus aus dem Jahr 1828
  10. Ein Schloss aus dem 17. Jahrhundert
  11. Die VIP-Lounge eines Fußballstadiums
  12. Ein Flugzeughangar

Das Foto oben zeigt die Teilnehmer an einer Ideenfabrik, die wir im VIP-Bereich eines Fußballstadions durchgeführt haben. In der hinteren Reihe stehen die Mitarbeiter unseres Auftraggebers zusammen mit einigen Kunden; in der vorderen Reihe die Ideengeber und das Moderationsteam von Zephram. Eine Besonderheit dieser Location ist, dass wir in den Pausen auf dem Spielfeld selbst ein wenig Fußball spielen dürfen!

Werden Sie Ideen-FAN!

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In einer typischen Ideenproduktion entstehen Hunderte von Ideen. Bei der ersten Sichtung müssen sehr schnell die besten Ideen herausgefiltert werden, die dann näher betrachtet werden sollen. Eine einfache Testfrage, die Ihnen dabei hilft, eine Idee schnell zu bewerten, lautet

Bin ich ein FAN dieser Idee?

Dabei ist „FAN“ ein Akronym für

  • Feasible (machbar)
  • Attractive (lohnend)
  • Novel (innovativ)

Erfüllt eine Idee diese drei Kriterien, darf sie in die zweite Bewertungsrunde kommen. (Dort werden allerdings genauere Bewertungskriterien eingesetzt!)