Die Feinde des Moderators

Feind des Moderators

In fast jedem Ideenworkshop gibt es einen oder mehrere problematische Teilnehmer. Diese Teilnehmer stören den Ideenproduktionsprozess – manchmal absichtlich, manchmal aber auch ohne Absicht. Die Folgen dieser Störungen sind demotivierte Teilnehmer, mehr Arbeit für den Moderator und eine Verschlechterung der Ergebnisse.

Wenn man viele Ideenworkshops moderiert hat, lernt man die unterschiedlichen Arten von Problemteilnehmer kennen. In der folgenden Liste habe ich meine Top-Dutzend der häufig anzutreffenden Arten zusammengestellt:

  1. Derjenige, der zwar ständig lächelt und nickt, aber nie etwas Nützliches sagt.
  2. Derjenige, der lautstark erklärt, dass er Innovationsworkshops für überflüssig hält und sich kategorisch weigert, mitzumachen.
  3. Derjenige, der behauptet, dass niemand von Außerhalb des Unternehmens helfen kann.
  4. Derjenige, der sich ständig mit einem Kollegen über irrelevante Details streitet.
  5. Derjenige, mit seinem Nachbarn ständig sarkastische Bemerkungen austauscht.
  6. Derjenige, der sich beschwert, dass der Raum zu kalt/warm/dunkel/hell ist und dass er so nicht arbeiten kann.
  7. Derjenige, der erst seit letzter Woche bei der Firma ist und noch nichts über die Aufgabenstellung weiß.
  8. Derjenige, der von seinem Chef angewiesen worden ist, am Workshop teilzunehmen und eigentlich gar nicht da sein will.
  9. Derjenige, der am Nachmittag einen wichtigen Termin hat und nach dem Mittagessen verschwunden ist.
  10. Derjenige, der einen wichtigen Anruf erwartet und sein Mobiltelefon neben sich am Tisch angeschaltet lässt (das dann alle 15 Minuten klingelt).
  11. Derjenige, der alle wissen lässt, dass er selbst genug Ideen hat und wenn er nicht in diesem Innovationsworkshop sitzen müsste, könnte er vielleicht eine davon sogar implementieren.
  12. Derjenige, der meint, dass der Raum irgendwie komisch riecht.

Die Stimmung und folglich auch die Effektivität der Ideenproduktion sind sehr zerbrechlich – schon ein einziger Störenfried kann sehr viel kaputt machen. Aus diesem Grund betonen wir bei den Vorbereitungsgesprächen zu einem Innovationsprojekt stets die Wichtigkeit der Teilnehmerauswahl bei den Ideenfabriken. Den negativen Einfluss von Störern kann der Moderator nämlich nur begrenzt durch seine Wahl von Format und Inszenierung und den Einsatz von Ideengebern eindämmen.

Wenn Sie einen Innovationsworkshop oder eine vergleichbare Veranstaltung organisieren, achten Sie also darauf, dass Sie die richtigen Menschen dazu einladen. Sie sollten es zur Bedingung machen, dass die Teilnehmer

  • positiv motiviert sind, teilzunehmen
  • gegenüber dem Ablauf und dem Ergebnis aufgeschlossen sind,
  • über eine hohe soziale Kompetenz verfügen,
  • nützliche Kenntnisse haben und bereit und fähig sind, diese einzubringen.

Open Innovation hat zwei Seiten!

basf open innovation

Open Innovation ist heutzutage in aller Munde. Sie wird oft als Medikament für innovationsmüde Unternehmen und Allheilmittel für zukünftiges Wachstum angepriesen. Überall sprießen Web-Portale, Blogs und andere Informationsquellen zum Thema Open Innovation aus dem Boden. Open Innovation ist in der Tat ein vielversprechender Ansatz zur Belebung der Innovationskraft (und der Innovationserlöse) eines Unternehmens, nur wird sie leider in den seltensten Fällen vollständig verstanden.

Der Begriff Open Innovation wurde von Henry Chesbrough, Management-Professor an der University of California geprägt. Damit wollte er einen Paradigmenwechsel in der Einstellung zur Innovation einläuten. Früher wurden sämtliche Phasen des Innovationsprozesses streng innerhalb eines Unternehmens betrieben; Chesbrough nennt dieses Vorgehen Closed Innovation. Bei der Open Innovation dagegen öffnet ein Unternehmen seinen Innovationsprozess für externe, beispielsweise für Kunden, Lieferanten, unabhängige Experten oder sogar für jedermann. Die Mauern, mit denen sich ein Unternehmen früher umschloss werden durchlässig gemacht. Diese Öffnung soll viele Vorteile für Innovationsaktivitäten mit sich bringen; Chesbrough spricht von einer Erhöhung der metabolischen Innovationsrate.

Wichtig am Konzept der Open Innovation ist, dass diese Durchlässigkeit in beiden Richtungen (sowohl nach Innen als auch nach Außen) und über den ganzen Innovationsprozess hinweg (von der Ideengenerierung bis zur Vermarktung) gegeben sein muss. Fast jeder, der z.Zt. über Open Innovation schreibt, beschäftigt sich lediglich mit der Partizipierung von Externen Personen an der Ideengenerierung, beispielsweise mit der Lead User Methode oder über Crowdsourcing. Sie beschränken sich also auf den ersten Prozessschritt und dort auf den nach Innen gerichteten Informationsfluss. Spätere Zuflüsse in den Innovationsprozess sowie sämtliche nach Außen gerichtete Elemente werden ignoriert. Dabei sind diese genau so wichtig wie die externe Ideengenerierung. IBM beispielsweise verdient jährlich mehr als eine Milliarde Dollar durch die Lizensierung von eigenen Erfindungen an Dritte.

Eine der wenigen Quellen im Internet, die ein balanciertes Bild der Open Innovation geben, findet man bei der BASF Future Business GmbH. Von dort stammt die Grafik, die am Anfang dieses Artikels steht und die einige Möglichkeiten der Open Innovation zeigt. Aufgabe der BASF Future Business GmbH ist es, neue Geschäftsfelder aufzudecken, in denen BASF noch nicht vertreten ist. Bei diesem Auftrag liegt es auf der Hand, sämtliche Möglichkeiten der Open Innovation auszuschöpfen.

Unsere Erfahrung aus der Ideenfabrik zeigt, dass Kunden dort oft viel mehr potentialreiche Ideen entwickeln, als sie zunächst allein aus eigener Kraft realisieren können. Nicht selten handelt es sich um Ideen, die sich durch Kooperationen oder andere Methoden der Open Innovation verfolgen ließen. Allerdings wird diese Chance oft nicht wahrgenommen, und der Nutzen der Idee geht verloren. Mit einer konsequenten Umsetzung beider Seiten der Open Innovation müssten solche Gelegenheiten weniger oft verpasst werden, und die Rendite der Investition in die Ideengenerierung würde noch höher ausfallen.

Bildquelle: BASF

Wenn Wissen die Kreativität blockiert

wissen blockiert kreativität

Das Lichtschalter-Rätsel

  1. Drei Glühlampen sind mit drei Schaltern verbunden.
  2. Die Glühlampen sind weit weg von den Schaltern, in einem anderen Gebäude.
  3. Sie sollen herausfinden, welche Glühlampe mit welchem Schalter verbunden ist.
  4. Die einzige Möglichkeit, den Zustand der Lampen zu ermitteln, besteht darin, sie eigenhändig zu kontrollieren.
  5. Sie stehen bei den Schaltern und dürfen nur ein einziges Mal zu den Glühlampen gehen, um sie zu kontrollieren.
  6. Wie machen Sie das?

Man kommt relativ schnell darauf, wie man mit zwei Kontrollgängen die Zuordnung der Schalter zu den Glühlampen herausfinden kann, aber es kann eine Weile dauern, bis man die Lösung des Rätsels findet. So lange dies einem nicht gelingt, ist man Geisel seines eigenen Wissens. Dieses Rätsel funktioniert, weil das, was man am ehesten über Glühlampen weiß, anderes Wissen verdrängt, das zur Lösung des Rätsels erforderlich ist.

Ähnlich verhält es sich bei Ideenfindungsaufgaben: das Wissen über die Problemstellung kann die Sicht auf neue Lösungen versperren. Dies ist einer der Gründe, warum einfaches Brainstorming als Kreativitätstechnik oft scheitert. Um dieses Problem zu umgehen, sind anspruchsvollere Ideenproduktionstechniken erforderlich, die geeignete Perspektivwechsel erzeugen.

P.S. Die Lösung des Glühlampen-Rätsels gibt es auf Anfrage 🙂

Polarisierende Ideen sind die innovativsten!

polarisierende ideen

Bei der Bewertung von Ideen im Ideenworkshop wiederholen sich einige typische Muster. Das interessanteste und ungewöhnlichste darunter ist die so genannte Polarisierung. Eine polarisierende Idee ist eine, die manche Teilnehmer hoch bewerten, andere aber niedrig. Es herrscht also eine stark geteilte Meinung. Die Grafik zeigt ein Bewertungsergebnis, bei dem fünf Menschen einer Idee 1 bis 3 Punkte von 10 und fünf andere mindestens 8 Punkte gegeben haben.

Der Mittelwert aller Einschätzungen beträgt 5,4 Punkte – eine scheinbar gleichgültige Gesamteinschätzung. Die gleiche Gesamteinschätzung erhält man bei einer mittelmäßigen Idee, die alle Teilnehmer mit 5 oder 6 Punkten bewerten. Obwohl beide Ideen die gleiche durchschnittliche Punktzahl erhalten haben, sind sie sehr unterschiedlich zu beurteilen. Während die zweite Idee vermutlich tatsächlich mittelmäßig ist, ist die polarisierende Idee wahrscheinlich innovativ und erfolgsversprechend.

Es ist bekannt, dass innovative Ideen zunächst auf Widerstand stoßen. Es gibt hierfür zahlreiche historische Beispiele wie die Ablehnung des Dampfschiffs durch Napoleon und des Telefons durch Western Union oder das Kommentar „unrealistisch“ durch einen Professor zur Idee von Federal Express. Innovative Ideen brechen nämlich mit dem Status Quo – sie stellen bekannte Systeme und etablierte Praktiken in Frage und erfordern neue Denkweisen und Prozesse. Eine typische Reaktion auf eine innovative Idee besteht also darin, sie abzulehnen, oder nur die Implementierungsschwierigkeiten zu erkennen.

Andere – eher optimistisch oder unternehmerisch veranlagte Menschen – sehen dagegen in der innovativen Idee zuerst das Potenzial. Sie wissen natürlich, dass es Umsetzungshindernisse geben wird, aber sie sind zuversichtlich, dass diese überwunden werden können.

Natürlich sind auch solche Ideen, die ausschließlich hohe Bewertungen erzielen, vielversprechend. Da aber ihr Wert von allen auf Anhieb erkannt wird, liegt die Vermutung nahe, dass diese eher die Grundlage für inkrementelle Innovationen bilden werden.

Es ist wichtig, im Innovationsworkshop (und im Innovationsprozess allgemein), solche polarisierenden Ideen aufzudecken und geeignet zu behandeln. Es sind häufig diese Ideen, die das größte (wenn auch disruptivste) Potenzial in sich tragen.

Links

Kompaktwissen Ideenbewertung

Innovation und Bildung – Eine Paralleldebatte

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George Chen und John Zapolski schreiben in ihrem Artikel The Seven Myths of Innovation über sieben gängige negative Meinungen zum Thema Innovation. Auch hierzulande begegnen wir von Zephram oft solchen Einstellungen, und ich musste schmunzeln als ich die sieben „Mythen“ las.

Drei der Mythen von Chen und Zapolski lauten

  • Mythos #3: Innovation ist risikoreich.
  • Mythos #5: Innovation ist teuer.
  • Mythos #6: Innovation lenkt nur von wichtigeren Dingen ab.

Diese Bedenken erinnerten mich sehr stark an frühere Debatten über die Notwendigkeit von Bildung. Da haben einige berühmte Menschen Aphorismen und Maxime zugunsten der Bildung ausgeprochen, zum Beispiel:

  • The only thing more expensive than education is ignorance.
    (Benjamin Franklin)
  • We believe […] that education is not an expense. We believe it is an investment.
    (Lyndon B. Johnson)
  • Education is the best provision for old age.
    (Aristoteles)
  • If you think education is expensive, try ignorance.
    (Sir Claus Moser)
  • If a man empties his purse into his head, no one can take it from him. An investment in knowledge always pays the highest return.
    (Ben Franklin)
  • Education is our passport to the future, for tomorrow belongs to the people who prepare for it today.
    (Malcolm X)
  • Learning is not compulsory. Neither is survival.
    (W. Edwards Deming)
  • Get learning with a great sum of money, and get much gold by her.
    (Ecclesiasticus 51:28)
  • Education – lifelong education for everyone – from toddlers to workers well advanced in their careers – is indeed an excellent investment for individuals and society as a whole.
    (Ben Bernanke)
  • Human history becomes more and more a race between education and catastrophe.
    (H.G. Wells)
  • It is a truism that education is no longer a luxury. Education in this day and age is a necessity.
    (Lyndon B. Johnson)

Heute befinden wir uns in einer ähnlichen Situation bezüglich Innovation. Dementsprechend kann man in diesen Zitaten die Begriffe „Bildung“, „Wissen“ „Lernen“ usw. sinngemäß durch „Innovation“ bzw. „Innovationsfähigkeit“ ersetzen. Bezieht man dann die resultierenden Aussagen auf Unternehmen bzw. die Wirtschaft, erhält man Argumente, die für die aktuelle Diskussion über Innovation genauso relevant sind wie es die Originalzitate für Bildungsdebatten waren.

So erhält man beispielsweise:

  • Das Einzige, was teurer ist, als Innovation, ist die Innovationslosigkeit.
  • Wenn Sie glauben, dass Innovation teuer ist, versuchen es mal mit Innovationslosigkeit.
  • Die Geschichte von Unternehmen wird zunehmend zu einem Rennen zwischen Innovation und der Katastrophe.
  • Innovation ist heute kein Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit.

Dass die Bildung ein Schlüsselfaktor für die persönliche und gesellschaftliche Zukunft ist, ist in den westlichen Industrieländern inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Es bleibt zu hoffen, dass die analoge Erkenntnis sich schnell in allen betroffenen Teilen unserer Wirtschaft etablieren kann.