Eine Besonderheit unserer Innovationsworkshops sind unsere individuellen Drehbücher. Für jede Aufgabe setzen wir eigens entwickelte Werkzeuge ein, die inhaltlich für die jeweilige Aufgabenstellung maßgeschneidert sind – ganz gleich, ob es sich um die Sensibilisierung, die Ideenfindung oder die Ideenbewertung handelt.
In der Praxis gibt es eine Reihe immer wiederkehrender Aufgaben. Dazu gehören Ideenfindung für Produktinnovation, Geschäftsmodellinnovation, Namensfindung, Produktivitätssteigerung und Kostensparen. Für diese und weitere Themen haben wir die besten Anregungen in Form von Checklisten und Flashcards vorbereitet, die immer wieder zum Einsatz kommen. Wir haben inzwischen schon mehr als 30 verschiedene Kartensätze auf Lager, die für alle häufige vorkommenden Innovationsaufgaben verwendet werden können. In diesen Dokumenten stecken 10 Jahre Erfahrung in Moderation und Innovationsmanagement.
Flashcards
Eine Flashcard ist eigentlich eine Lernhilfe für Kinder. Fragen zu einem bestimmten Thema werden einzeln auf die Kartenvorderseiten geschrieben, und die Antworten kommen auf die jeweiligen Rückseiten. Die Karten können dann nacheinander gezogen werden wie bei einem Kartenspiel, und die jeweilige Frage wird beantwortet und die Antwort kontrolliert.
Wir setzen Flashcards anders ein. Jede Karte trägt eine Anregung zur Ideenfindung – gegebenenfalls um weitere Informationen ergänzt. Die Kartenrückseiten brauchen wir nicht. Der Team-Moderator zeigt die Karten nacheinander seinem Team ähnlich dem Croupier im Casino. Er verweilt solange bei einer Karte, bis dem Team nichts mehr dazu einfällt und geht dann zur nächsten Karte über. Manchmal können die Experten mit einer Karte nichts anfangen – in diesem Fall muss der Team-Moderator Hilfestellung leisten können, indem er die Bedeutung des Karteninhalts erläutert und Beispiele liefert. Fruchtet auch dies nicht, wird die Karte einfach verworfen.
Manche unserer Kartensätze umfassen um die 50 Karten (die größte hat mehr als Hundert!), andere dagegen weniger als zehn. Ein guter Moderator kann eine mehrstündige Ideenfindung allein mit Hilfe eines einzigen Kartensatzes durchführen.
Beispiele
Grundsätzlich kann jede Checkliste auch in Form von Flashcards inszeniert werden. Die Entscheidung obliegt bei uns immer dem Drehbuchautor während seiner Workshopvorbereitung.
Eine sehr häufig auftretende Workshopaufgabe bei uns ist die Prozessverbesserung; unsere Kunden suchen Möglichkeiten, ihre Produktivität zu erhöhen und um Kosten zu senken. Die 16 Ansätze zur Prozessoptimierung haben wir als Flashcards realisiert.
Zur Sensibilisierung setzen wir vor der Ideenfindung zur Prozessoptimierung Flashcards ein, die den Teilnehmern helfen, Engpässe im Arbeitsprozess zu identifizieren.
Für die Geschäftsmodellinnovation haben wir einen sehr umfangreichen Kartensatz entwickelt, der mehr als 100 Anregungen enthält. Dieser Kartensatz reicht für einen ganzen Tag!
Ein zweiter, sehr umfangreicher Kartensatz bechreibt die verschiedenen Arten von Kundennutzen. Die Karten sind in den sieben PERFECT-Kategorien organisiert, und jede Kategorie enthält 7 bis 10 einzelne Anregungen bzw. Beispiele.
Flashcards sind eine einfache und wirksame Inszenierung von Checklisten. Sie bringen Abwechslung in die Ideenfindung und können sowohl Texte als auch Bilder enthalten. Durch die Nähe zu Kartenspielen kann der Moderator auch Spiel-ähnliche Varianten durchführen.
Das Wichtige an Flashcards (und Checklisten) ist das darin enthaltene Innovationswissen. Um die Inhalte bereitstellen zu können, muss man natürlich über entsprechende Fachkenntnisse verfügen. Die Flashcards von Zephram enthalten unser kondensiertes Wissen aus 10 Jahren Innovationsworkshops für die verschiedensten Auftraggeber. Dies bildet eine wichtige Komponente unseres Wettbewerbsvorteils gegenüber anderen Workshopanbietern.
Die Moderation einer Flashcard-Technik ist sehr anspruchsvoll. Es genügt nicht, einfach die Karten nacheinander aufzudecken, sondern der Moderator muss dazu imstande sein, jede Karte zu erläutern und Beispielen dafür zu liefern. So muss er beispielsweise beim Kartensatz für Prozessverbesserungen nicht nur erklären können, was ein Medienbruch ist, sondern spontan Hilfestellungen liefern wie…
Wann muss etwas abgeschrieben oder kopiert werden?
Wann muss das Dateiformat gewechselt werden?
Wann ist etwas unverständlich?
Wann muss etwas umgelagert oder neu sortiert werden?
Wo sind bei Ihnen zwei Systeme inkompatibel?
Dies sind alle Beispiele oder Analogien für Medienbrüche, wie sie in Arbeits- und Produktionsprozessen häufig vorkommen.
Die Fähigkeit, zu jeder Flashcard solche Hilfestellungen geben können, bildet eine wietere wichtige Komponente unseres Alleinstellungsmerkmals.
Das allererste Ergebnis unserer Idea Engineering-Forschung vor zehn Jahren war die Erkenntnis, dass es im Grunde nur drei verschiedene Arten von Perspektivwechsel gibt, um Ideen zu produzieren. Nahezu alle Methoden („Kreativitätstechniken“), die man in zahlreichen Büchern und Webseiten findet, können auf einen dieser drei Ansätze (oder einer Kombination daraus) reduziert werden. Dicke Bücher wie VanGundys 101 Activities for Teaching Creativity and Problem Solving werden plötzlich viel übersichtlicher, wenn man erkennt, dass es praktisch nur eine Vielzahl von Varianten dieser drei Arten von Anregung enthält.
Seit nunmehr 10 zehn Jahren unterrichte ich diese drei Ansätze im Kurs Idea Engineering an der Universität Magdeburg, und einige Hundert Absolventen des Kurses haben diese Ansätze in Studium und Beruf eingesetzt. Wir nennen sie Pump, Jump und Dump, damit die Studenten sie sich leichter merken können 😉
Jump
Jump (springen) bezeichnet die Perspektivwechsel, die ein fremdes Konzept direkt verwenden: die Aufmerksamkeit „springt“ von der Aufgabenstellung zu einem anderen Ort. Dieser Sprung kann entweder bewusst gesteuert sein oder dem Zufall überlassen werden. Im letzteren Fall erhält man die so genannten Zufallstechniken.
Viel effektiver sind aber die Jump-Methoden, die sorgfältig ausgewählte Sprungziele verwenden. Zu diesen zählt vor allem die Analogietechnik, die Situationen betrachtet, die mit der Aufgabenstellung verwandt sind. Sucht man beispielsweise Ideen, wie man eine Dorfsparkasse beliebter machen kann, könnte man sich die Frage stellen, wie dies die Kirche, die Stammkneipe oder die Bäckerei machen würden bzw. bereits erreicht haben.
Dump
Oft wird das Finden neuer Ideen durch bestehende Glaubenssätze und Annahmen behindert. Für solche Fälle gibt es den Perspektivwechsel Dump (Wegwerfen). Beim Dump stellt man die eigenen Annahmen oder die eigenen Erfahrungswerte in Frage, um neue Perspektiven zu gewinnen. Das Dump kommt den Provokationen von Edward de Bono sehr nahe, ist aber präziser definiert. Eine alternative Bezeichnung für Dump ist Annahmen aufheben.
Beispiele für Dump sind:
Jeder, der traurig ist, trägt ein gelbes Hemd.
Dienstags heißen alle Polizisten Stefanie.
Kinder haften für ihre Eltern.
Pump
Die Kategorie Pump (aufpumpen) findet nur selten Erwähnung. Dabei ist sie noch naheliegender als das Dump. Sie bezeichnet die Analyse der Ideenfindungsaufgabe durch Nennung von Details. Der Name soll erinnern an das aufpumpen eines Luftballons, wodurch Details auf der Oberfläche sichtbar werden. Eine andere Metapher ist eine Lupe oder die Zoom-Funktion einer Kamera. Pump-Methoden werden oft mit Hilfe von Checklisten durchgeführt.
Pump bedeutet oft nichts anderes als die Verwendung von Fachwissen, um ein Problem zu lösen. Sucht man beispielsweise Ideen für Produktverbesserungen, bietet es sich an, die verschiedenen Arten von Kundennutzen zu betrachten (denn zu einer Produktverbesserung gehört immer eine Erhöhung des Kundennutzens).
Ein allgemeiner Ansatz, um eine Aufgabenstellung zu analysieren, ist unsere 8P-Technik. Ein „Aufpumpen“ eines Supermarktes ergibt z.B.
People (Menschen): Kassierer, Kinder, Senioren, …
Places (Orte): Kasse, Eingang, Parkplatz, …
Problems (Probleme): Ware verdorben, lange Wartezeiten, Ware ist ausverkauft, …
Processes (Abläufe): Schlange stehen, Ware suchen, Tasche packen, …
usw.
Die einzige weit verbreitete Pump-Methode ist die Osborn- bzw. SCAMPER-Checkliste, die bewährte Ansätze zur Modifikation eines Konzeptes enthält.
(Freies) Brainstorming
Die am häufigsten verwendete Arte von Ideenfindung ist gar nicht unter Pump, Jump und Dump zu finden, nämlich das klassische (freie) Brainstorming mit all seinen Varianten. Beim Brainstorming wird nämlich überhaupt kein Perspektivwechsel angeboten – die Teilnehmer sind auf sich alleine gestellt. Rund die Hälfte aller Methoden in VanGundys Buch sind von dieser Art – das traditionelle Brainstorming, die Galerie- und 635-Technik, Brainwriting, Brainwriting Pool usw.
Wie wir in diesem Blog bereits mehrfach erwähnt haben, kann eine Ideenfindung nur dann effektiv sein, wenn den Workshop-Teilnehmern gute Anregungen angeboten werden. Aus dem Grund setzen wir Brainstorming und seine vielen Geschwister niemals ein, wenn unsere Klienten innovative Ideen suchen, denn wir wollen es nicht dem Zufall überlassen, ob eine gute Idee entsteht oder nicht.
Fazit
Wer Pump, Jump und Dump kennt, braucht sich nie mehr um Kreativitätstechniken Gedanken zu machen. Wenn man die drei Prinzipien versteht, kann man sie effektiv moderieren, ganz gleich in welcher speziellen Gestalt sie durchgeführt werden mögen. Dann ist es beispielsweise egal, ob die Dump-Technik als König und Hofnarr, als Tag der offenen Tür oder als Fernsehquiz inszeniert wird, denn das zugrunde liegende Prinzip ist immer gleich.
Ideen werden fast immer von Gruppen bewertet. Entweder am Ende eines Innovationsworkshops oder in einem dedizierten Bewertungsworkshop sitzen Experten zusammen, um gemeinsam aus einer Menge von Ideen die besten zu identifizieren.
Entgegen der Erwartung vieler Kunden ist die Bewertung von Ideen viel schwieriger als das Generieren. Viele der Schwierigkeiten der Ideenbewertung entstehen, weil eine Gruppe beteiligt ist.
Es ist fast unvermeidlich, dass es in einer Gruppe zu abweichenden Urteilen der Gruppenmitglieder kommt. Eine Ursache dafür sind die versteckten Profile – unterschiedliche Vorstellungen von der selben Sache. Der Moderator oder Innovationsmanager hat dann das Problem, dass er die verschiedenen Urteile zusammenführen muss, um zu einem Gesamturteil zu kommen. selbst bei dieser scheinbar sehr einfachen Aufgabe kann man schwerwiegende Fehler machen, zum Beispiel indem man die Urteile in der falschen Reihenfolge aggregiert.
In diesem Artikel beschreiben wir einen subtilen Fehler der Gruppenideenbewertung, der sehr häufig begangen wird. Das Argument ist zwar theoretisch, hat aber unmittelbare praktische Konsequenzen. Die Erkenntnis ist im Rahmen unserer Idea Engineering-Forschung mit der Universität Magdeburg zusammen entstanden.
Aggregation von Urteilen bei der Gruppenideenbewertung
Fast immer wird für die Bewertung von Ideen eine Art von Punktevergabe verwendet. Im Innovationsmanagement wird beispielsweise die Nutzwertanalyse gerne eingesetzt, bei der den Ideen Punkte auf einer Skala von 1 bis 5 oder 1 bis 10 gegeben werden.
In einer Gruppe hat der Moderator zwei Möglichkeiten: entweder die Gruppe einigt sich auf die Punkte, die vergeben werden, oder die Mitglieder vergeben ihre Punkte alleine, und sie werden dann hinterher rechnerisch zusammengeführt. Findet die Bewertung räumlich oder zeitlich getrennt statt, bleibt nur die zweite Option.
Mittelwert und Median
Um verschiedene Punktzahlen zu einem Gesamturteil zusammenzuführen greifen die meisten Menschen zum (arithmetischen) Mittelwert (engl.: Mean). In der Titelgrafik zeigen wir ein Beispiel mit den fünf Experten A, B, C, D und E, die eine Idee mit 1, 1, 2, 5 bzw. 5 Punkten bewertet haben. Das arithmetische Mittel dieser fünf Bewertungen ist (1+2+2+5+5)/5 = 3.
Eine Alternative zum Mittelwert ist der Median. Der Median einer Menge von Zahlen ist definiert als diejenige, die in der Mitte steht, wenn alle Zahlen der Größe nach aufgereiht werden. Der Median der fünf Expertenbewertungen 1, 2, 2, 5, 5 in der Titelgrafik ist demzufolge die 2.
Das Argument für den Median
Wie zeigen nun ein theoretisches Argument, das gegen die Verwendung des arithmetischen Mittelwertes und für den Median spricht.
Ein Ziel der Gruppenideenbewertung ist, unter den Teilnehmern Konsens über das Endergebnis zu erzielen. Wir können den Konsens prüfen, indem wir in einem Gedankenexperiment eine Wahl durchführen, bei der jedes Einzelurteil jedem anderen Einzelurteil gegenübergestellt wird und die Experten darüber abstimmen, welchem Einzelurteil sie den Vorzug geben. Das Einzelurteil, das auf diese Weise die meisten Stimmen erhält, ist dann das aggregierte Gruppenergebnis.
Man kann relativ leicht mathematisch beweisen, dass der Median von allen Einzelurteilen dasjenige ist, das diese Wahl immer gewinnt. Es gibt zwar Fälle, in denen das arithmetische Mittel mit dem Median übereinstimmt und damit auch zum Mehrheitsergebnis führt, aber im allgemeinen werden die beiden Mittelwerte unterschiedlich sein.
Beispiel
Die Titelgrafik zeigt das bereits beschriebene Beispiel mit den fünf Bewertungen 1, 2, 2, 5 und 5, mit arithmetischem Mittel 3 und Median 2.
Die Tabelle zeigt die Stimmen für jeden paarweisen Vergleich. Wir lesen zum Beispiel als Antwort auf die Frage Wie viele Experten ziehen den Wert 2 dem Wert 1 vor? die Zahl 4. Das Ergebnis kommt wie folgt zustande:
Experte A, der mit 1 bewertet hat, zieht den Wert 2 dem Wert 1 nicht vor.
Experte B, der mit 2 bewertet hat, zieht den Wert 2 dem Wert 1 vor.
Experte C, der mit 2 bewertet hat, zieht den Wert 2 dem Wert 1 vor.
Experte D, der mit 5 bewertet hat, zieht den Wert 2 dem Wert 1 vor.
Experte E, der mit 5 bewertet hat, zieht den Wert 2 dem Wert 1 vor.
Bildet man die Zeilensummen der Tabelle, erkennt man, dass der Median 2 mit 13 die meisten Stimmen erhält. Das arithmetische Mittel 3 dagegen bekommt nur 10 Stimmen. Etwas einfacher kommt man zum gleichen Ergebnis, wenn man erkennt, dass die drei Experten mit den Bewertungen 1, 2 und 2 der Bewertung 2 den Vorzug vor der Bewertung 3 geben, auf der anderen Seite aber nur die beiden Experten mit der Bewertung 5 die 3 der 2 vorziehen.
Kommentar
Den Median zur Aggregation von Meinungen in der Gruppenideenbewertung zu verwenden ist ungewöhnlich, weil wir in so vielen ähnlichen Situationen im Leben dem arithmetischen Mittel begegnen, zum Beispiel bei der Bildung der Abiturnote aus den einzelnen Fachnoten. Wenn man im Beispiel die Werte (1, 2, 2, 5, 5) betrachtet, fühlt sich der Wert (1+2+2+5+5)/5=3 „irgendwie richtiger an“ als die 12 2 55. Nichtsdestotrotz würde die 3 in einer Abstimmung gegen die 2 unterliegen.
Es wird derzeit viel darüber geschrieben, wie radikale Innovationsprojekte am besten durchzuführen sind. Zwei verschiedene Systeme stehen sich gegenüber, die sich in vielen Kernelementen unterscheiden. Auf der einen Seite steht der Ansatz etablierter Unternehmen, der den sogenannten Wasserfall-Prozess verwendet. Als Alternative dazu steht die neue Vorgehensweise, die von Startups favorisiert wird, der häufig Lean Startup genannt wird.
Die traditionelle Methode beginnt mit umfangreichen Vorbereitungen, die zur Entscheidung durch einen hochrangigen Manager führt. Diese Entscheidung beruht auf einem detaillierten Business Plan. Bei einer positiven Entscheidung wird dann das Projekt in der beschlossenen Form verwirklicht, und das neu entwickelte Produkt kommt dann auf den Markt. Dieses Vorgehen hat sich bei Innovationsprojekten im bekannten Umfeld bewährt wie beispielsweise die Einführung eines neuen Modells eines bestehende Produktes. Unterstützer der Startup-Methode behaupten, dass dieser Ansatz sich nicht für Projekte mit großer Marktungewissheit eignet, bei denen nicht bekannt sein kann, wie das Produkt aussehen muss und wie der Markt darauf reagieren wird. In solchen Situationen ist es absurd, starre Pläne zu schmieden.
Bei einem modernen Startup dagegen geht man von der Annahme aus, das zu Beginn nichts bekannt ist, und alle wichtigen Fakten erst entdeckt werden müssen. Aus diesem Grund wird kein Business Plan geschrieben, und die Entwicklung des Produktes beginnt erst, wenn die Bestätigung seiner wichtigsten Merkmale durch den Markt feststeht. Für den Erfolg kommt es darauf an, schnell zu agieren und bei Bedarf den Kurs zu wechseln. Der Startup zielt zunächst auf eine kleine Zielgruppe ab, die für das neue Produkt schwärmt und begeistert davon berichtet.
In der untenstehenden Tabelle haben wir 16 charakteristische Unterschiede zwsichen den beiden Ansätzen zusammengefasst.
Thema
Startup
Konzern
Das Dokument, das den Startschuss ermöglicht
Skizze eines Geschäftsmodells
Umfangreicher, detailreicher Business Plan
Wer trifft die großen Entscheidungen?
Das Team
Der Chef
Worauf basieren die Entscheidungen?
Experimentell ermittelte Fakten
Zu Beginn getroffene Annahmen
Was macht eine gute Entscheidung aus?
Eine, die den größtmöglichen Lerneffekt ermöglicht
Eine, die aus einer gründlichen Vorbereitung hervorgeht
Was ist unsere Projektmanagement-Philosophie?
Agilität und Flexibilität
Konsistenz und Vorhersagbarkeit
Wie gehen wir mit dem Marktrisiko um?
Wird mit Hilfe von Experimenten reduziert
Hoffnung, dass das Produkt angenommen wird
Was ist unser erster großer Meilenstein?
Product Market Fit finden
Das Produkt entwickeln, das anfangs beschlossen wurde
1837 erfand der englische Mathematikprofessor und Erfinder Charles Babbage den ersten Computer der Welt. Diese Maschine, die er Analytical Engine taufte, war rein mechanisch – sie war aus Wellen, Zahnrädern und Nocken gebaut, war so groß wie eine Dampflok und musste von einer Dampfmaschine angetrieben werden. Allerdings wurde sie aus Kostengründen nie gebaut – sie existierte nur auf dem Papier.
Der entscheidende Unterschied zwischen einem Computer und einer Rechenmaschine besteht darin, dass eine Rechenmaschine Befehle ausführt, die ein Mensch manuell eingibt, während ein Computer seine Befehle einem Programm entnimmt, das er selbstständig ausführt.
Die Analytical Engine bezog seine Befehle aus aneinandergebundenen Lochkarten, die aus Pappe gefertigt waren. Diese Lochkarten sagten der Maschine sowohl welche Operationen auszuführen waren als auch die Variablen, auf die die Operationen anzuwenden waren.
Die Idee für die Steuerung seines Rechners hatte Babbage von einer früheren Erfindung aus Frankreich. Um 1800 hatte Joseph-Marie Jacquard den nach ihm benannten Webstuhl erfunden, der Ketten von Lochkarten benutzt, um die Farbmuster im gewebten Stoff vorzugeben.
Die englische Mathematikerin Ada Lovelace kannte die Entwürfe von Babbage und ahnte, welches Potential in seiner Erfindung steckte. Babbage hatte die Maschine zur Berechnung von Zahlentabellen konzipiert, aber Lovelace spekulierte, dass sie für viele weitere Anwendungen eingesetzt werden konnte. Dadurch gilt sie heute als Wegbereiterin der modernen Informatik.
Die Übertragung einer bereits existierenden Lösung in einen anderen Bereich ist ein wichtiges Erfindungsprinzip. Bei der Ideenfindung werden solche Vorbilder in Form von Analogien gesucht, die einer der wichtigsten Arten von Perspektivwechsel sind. Gerade in der Produktinnovation spielen sie eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund setzen wir sie in praktisch jedem Innovationsworkshop ein.
In einem Innovationsworkshop ist der größte Fehler bei der Ideenbewertung, eine Idee zu verwerfen, die sehr erfolgreich hätte werden können – das heißt, einen (großen) Ablehnungsfehler zu machen. Ideen, die am Anfang des Innovationsprozesses verworfen werden, erhalten nämlich normalerweise keine zweite Chance – sie sind für immer verloren. Der zweite Fehler bei der Ideenbewertung, eine schlechte Idee als gut zu bewerten, ist weniger kritisch, weil das Irrtum in den späteren Phasen des Innovationsprozesses noch aufgedeckt werden kann.
Das Vier T-Modell
Um Klienten auf die Gefahr eines Ablehnungsfehlers aufmerksam zu machen, haben wir das oben abgebildete Modell entwickelt. Es ist eine Erweiterung des zweigliedrigen Diagramms von Peter Thiel.
Das Modell hat die bekannte Form einer 2×2-Matrix. Beide Dimensionen beziehen sich auf eine zu bewertende Idee; die erste heißt Appears to be (scheint zu sein), und die zweite heißt Is actually (ist tatsächlich). In beiden Richtungen heißen die zulässigen Werte bad (schlecht) und good (gut). Daraus ergeben sich vier Kombinationen für die Idee, die wir Trash, Trend, Treasure und Temptation nennen.
Trash – die einfachsten Ideen
Trash (Abfall) ist die einfachste Kategorie. Dies sind Ideen, die sowohl schlecht zu sein scheinen als auch tatsächlich schlecht sind. Diese Ideen können sofort verworfen werden.
Trend – die Zukunftsideen
Eine Idee, die sowohl tatsächlich gut sind als auch als gut bewertet werden gehört zur Kategorie Trend. Wir nennen sie deswegen so, weil es wahrscheinlich ist, dass alle Marktteilnehmer sie entdecken und für gut befinden und demzufolge auch verwirklichen werden. Sie sollte auf jeden Fall im Hinblick auf die Realisierung genau untersucht werden, aber man wird mit ihr vermutlich kein Monopol haben, sondern lediglich dem nächsten Stand der Technik entsprechen. Selbst wenn sie auf dem ersten Blick als innovativ erscheint, kann sie sich im Nachhinein als notwendige defensive Maßnahme entpuppen.
Temptation – die gefährlichen Ideen
Ideen, die gut zu sein scheinen, in Wirklichkeit aber schlecht sind, gehören in unserem Modell zur Kategorie Temptation (Versuchung). Die Versuchung ist nämlich groß, dieses Ideen anzunehmen, was sich aber später als Fehler erweisen wird. Paul Graham nennt solche Ideen Sitcom-Ideen: Sie müssen plausibel sein, damit das Fernsehpublikum mitgeht, würden aber in der Realität nicht funktionieren.
Temptation-Ideen können mit wenig Aufwand entlarvt werden, wenn sie einen eindeutigen Mangel haben, der aber auf Anhieb nicht erkannt wurde. Sie können zum Beispiel gegen ein vorgegebenes Bewertungskriterium verstoßen, oder eine Lösung ohne Problem sein.
Treasure – die besten Ideen
Die besten Geschäftsideen haben die problematische Eigenschaft, dass sie zwar gut sind, aber schlecht aussehen. Diese ist genau die Aussage von Peter Thiel mit seinem Mengendiagramm. Zu einer guten Geschäftsidee gehört, dass sie innovativ ist und – zumindest eine zeitlang – allein am Markt ist. Innovative Ideen ecken aber immer an: Sie stehen im Widerspruch zum Status Quo und sehen für viele Menschen deswegen schlecht aus. Das würde niemals funktionieren!Das wollen unsere Kunden nicht! und ähnliche Killerphrasen sind dann das Ergebnis.
Tipps
Der Moderator kann auf spielerische Weise seine Teilnehmer auf die Gefahr von Fehlern bei der Ideenbewertung hinweisen. Für Treasure-Ideen eignet sich zum Beispiel das Killerphrasen-Bingo.
Treasure-Ideen sind auch oft umstritten und erhalten eine polarisierte Bewertung, falls das Bewertungsverfahren dies zulässt. Der Moderator sollte solchen Ideen, die kontrovers diskutiert werden, besonders viel Aufmerksamkeit widmen – vor allem wenn die Diskussion einen großen Nutzen der Idee auf der einen Seite und (vermutete) Implementierungs- oder Akzeptanzschwierigkeiten auf der anderen Seite zum Vorschein bringt.
Keinesfalls sollte die Auswahl der Ideen im Workshop als endgültig betrachtet werden; die Wahrscheinlichkeit ist hoch, sowohl dass die besten Ideen nicht zu den Siegern gehören (Treasure) als auch dass es schlechte Ideen unter den Siegern gibt (Temptation).
Servitization bezeichnet eine Geschäftsmodellinnovation bei einem Produkthersteller, bei der neue Dienstleistungen ins Angebot aufgenommen werden. Sie bringt viele Vorteile für beide Geschäftspartner mit sich. Für den Lieferanten kann sie eine bessere Kundenbindung, mehr Umsätze und eine Stärkung der Marktposition bringen. Zu den Kundenvorteilen gehören mehr Flexibilität, eine Senkung des Risikos und Konzentration auf die Kerntätigkeit ermöglichen kann. Aus diesen Gründen ist die Servitization ein wichtiger, langjähriger Trend, dem sich immer mehr produzierende Unternehmen anschließen.
Beschreibung des Workshops
Ziele und Teilnehmer
Der Servitization-Workshop richtet sich an produzierende Unternehmen und hat zum Ziel, Ideen für Dienstleistungen zu entwickeln, die das bereits existierende Produktportfolio ergänzen und im Idealfall auch Synergieeffekte mit bestehenden Angeboten erzeugt. Wie immer bei Angebotsinnovationen ist es wünschenswert, dass alle marktseitigen Unternehmensfunktionen im Workshop vertreten sind, damit möglichst viele Perspektiven auf die Aufgabenstellung eine Stimme haben. Auf jeden Fall sollten neben dem Prozessinhaber (typischerweise ein Produkt- oder Innovationsmanager) Vertrieb, Marketing, Entwicklung und Geschäftsleitung teilnehmen.
Ablauf
Der Workshop ist modular aufgebaut und kann einen, zwei oder drei Tage dauern. Am ersten Tag werden Suchfelder für die Ideenfindung festgelegt und Rohideen erzeugt. Dann werden am Tag 2 die Ideen sortiert und priorisiert, und ausgewählte Ideen werden hinsichtlich ihrer Attraktivität, Implementierung und Disruptionsgefahr vertieft und bewertet. Am dritten Tag werden für die potentialreichsten Ideen die Grundlagen für ein Business Case gelegt. Dazu gehören die Definition der Zielgruppe, die Strukturierung der Dienstleistung und die Entwicklung des Nutzenversprechens. Potentielle interne und externe Hürden werden identifiziert, und es werden die nächsten, verbindlichen Projektschritte festegelegt.
Projektbeispiel
Auftraggeber
Der Auftraggeber war eine Einheit eines global tätigen Konzerns der Maschinenbaubranche. Um die Marktposition zu stärken und zusätzliche Wachstumsmöglichkeiten zu eröffnen hatte es einen strategischen Beschluss gegeben, neue Serviceangebote zu entwickeln. Die zukünftigen Dienstleistungen sollten einen engen Bezug zur existierenden Produktpalette oder zu den vorhandenen Kernkompetenzen haben.
Workshop
Am zweitägigen Servitization-Workshop haben 18 Experten aus Geschäftsleitung, Innovationsmanagement, Vertrieb, Marketing und Entwicklung teilgenommen. Für die Ideenfindung haben wir Analogien und Vorbilder für die Servitization eingesetzt, unter anderem auch die bekannten Beispiele des Power by the Hour von Rolls Royce und der Sprengungen im Steinbruch durch ICI Nobel. Den Großteil der Anregungen bildeten jedoch anerkannte Ansätze aus der Literatur und der Servitization-Forschung.
Ergebnisse
Ergebnis des Servitization-Workshops waren etwa 200 Rohideen für zukünftige Services, von denen etwa 20 Stück vertieft und bewertet wurden. Nach einer ersten Beurteilung versprach die Gruppe der besten Ideen, die ehrgeizigen Wachstumsziele der Geschäftsleitung erfüllen zu können.
Betriebsblindheit ist eines der größten Hindernisse bei der Suche nach neuen Ideen. Sachen, an die wir uns gewöhnt haben, erscheinen uns als selbstverständlich – vielleicht sogar als verpflichtend, und wir sind nicht mehr dazu imstande, Alternativen in Betracht zu ziehen. Manchmal erkennen wir nicht einmal, dass es die Möglichkeit für Alternativen überhaupt gibt.
Die Betriebsblindheit ist ein Grund, warum Perspektivwechsel bei der Ideenfindung benötigt werden: Sie helfen nämlich, die Betriebsblindheit zu überwinden. Dies gilt insbesondere für die Provokationen, die unser Wissen und Erfahrung gezielt in Frage stellen.
Um Studenten und Klienten die Bedeutung der Betriebsblindheit zu verdeutlichen, erzähle ich gern zwei Geschichten. Die Geschichte mit dem Bratfisch ist erfunden, die mit dem Geschütz ist dagegen echt.
Der gekürzte Bratfisch
Es war einmal ein junges Ehepaar. Jeden Freitag briet die Ehefrau Fisch für die beiden zum Abendessen. Es geschah einmal, dass der Ehemann sagte, Schatz, Dein gebratener Fisch schmeckt mir sehr gut, aber warum schneidest Du jedes Mal den Kopf und den Schwanz vom Fisch ab? Seine Frau antwortete, Das kann ich Dir gar nicht sagen, das hat mir meine Mutter so beigebracht als ich ein Mädchen war.
Da die Frage ihres Mannes die junge Ehefrau nicht losließ, ging sie mit ihm zu ihrer Mutter und fragte, Mutti, warum hast Du mir als Mädchen beigebracht, dass man beim Fischbraten den Kopf und den Schwanz abschneiden muss? Ihre Mutter antwortete, Das kann ich Dir gar nicht sagen, das hat mir Deine Großmutter so beigebracht als ich ein Mädchen war.
Da nun alle drei die Antwort auf die Frage wissen wollten, gingen sie zur Großmutter, und die Mutter fragte, Großmutter, warum hast Du mir als Mädchen beigebracht, dass man beim Fischbraten den Kopf und den Schwanz abschneiden muss? Und die Großmutter antwortete, Das ist ganz einfach: Vor 40 Jahren hatte ich nur eine ganz kleine Bratpfanne.
Das alte Geschütz
Am Anfang des zweiten Weltkriegs befürchtete England eine Invasion. Als Abwehrmaßnahme wurden sogar alte Geschütze aus dem Ersten Weltkrieg hervorgeholt und der Heimwehr gegeben. Ihre Übung bestand darin, die Geschütze mit einem LKW zur Südküste zu ziehen, sie dort Richtung offener See aufzurichten und abzufeuern.
Eines Tages fuhr ein Beobachter mit zur Übung. Im ganzen Ablauf gab es eine Stelle, die er nicht verstand: Kurz vor dem Befehl zum Feuern stand einer der Soldaten auf und ging ein paar Schritte zur Seite. Der Beobachter fragte, was dies bedeuten soll, aber der Soldat konnte nur antworten, dass er sich dabei nur an seine Anweisungen halten würde.
Der Beobachter machte ein Foto von der Situation mit dem etwas abseits stehenden Soldaten und suchte einen pensionierten Artillerieoffizier aus dem Ersten Weltkrieg auf, dem er es zeigen konnte. Können Sie mir erklären, was der hier macht? fragte er. Das ist ganz einfach, antwortete der Veteran, Er hält die Pferde fest.
Bedeutung für die Innovation
Oft besteht die erste Hürde in einem Innovationsprojekt aus der Fülle an alten Vorstellungen in den Köpfen der Teilnehmer. Das ist auch der Gedanke des berühmten Zitates von J. M. Keynes. Diese alten Vorstellungen mögen früher durchaus ihre Berechtigung gehabt haben – wenn die Bratpfanne zu klein ist, muss man eben den Fisch kürzen. Mit der Zeit kann aber der Grund für die Gewohnheit überholt sein, aber sie hat sich so fest in den Köpfen – und vielleicht sogar in den Regelbüchern – etabliert, dass sie nur schwer wieder entfernt werden kann – sofern sie für die Betroffenen überhaupt noch sichtbar ist.
Aus diesem Grund ist es die Aufgabe des Innovationsmanagers oder des Workshop-Moderators, seinen Kollegen bzw. Teilnehmern zu helfen, ihre Betriebsblindheit zu überwinden. Erst dann sind diese dazu in der Lage, Ideen zu entwickeln, die den Status Quo signifikant verändern.
Gute Methoden zur Ideenfindung verwenden einen Perspektivwechsel. Der Perspektivwechsel lenkt die Aufmerksamkeit auf Anregungen, die zu neuen Ideen führen sollen. Im einfachsten Fall sind die Perspektivwechsel schlicht Zufallsbegriffe; Bei einem professionell moderierten Ideenworkshop oder Innovationsworkshop werden die Perspektivwechsel dagegen sorgfältig vorbereitet.
Bei Ideenfindungsmethoden wie der Zufallstechnik, der Mr. X-Technik und der Analogietechnik sind die Attribute der Perspektivwechsel der Schritt zur neuen Idee. Werden beispielsweise Ideen für einen Toaster gesucht, und der (zufällige) Perspektivwechsel ist Wäschemangel, dann könnte dadurch die Idee entstehen, dass der Toaster aus zwei heißen Rollen besteht, zwischen denen die Toastscheibe langsam bewegt wird. die Idee entsteht durch das Attribut der Wäschemangel, Sie hat zwei Rollen, die ihre Wirkung entfalten, indem zwischen ihnen etwas Dünnes durchgezogen wird.
Um den größtmöglichen Nutzen aus einer Ideenfindungsmethode zu ziehen, sind also zwei (Denk-)Fähigkeiten erforderlich:
Für eine vorgegebene Anregung (die Wäschemangel) möglichst schnell möglichst viele Attribute aufzählen können
Diese Attribute (Zwei Pressrollen) sinngemäß auf die Aufgabenstellung übertragen (Zwei Heizrollen)
Je besser man diese Fähigkeiten beherrscht, desto mehr Ideen kann man während einer Ideenfindung generieren (und umso mehr gilt man dann als kreativ). Wit nennen sie den Ideenmuskel. Zum Glück kann man den Ideenmuskel sehr leicht trainieren.
Der Erdbeerjoghurt-Test
Die zwei oben genannten Denkfähigkeiten kann man üben, indem man mit ihrer Hilfe – von einem beliebigen Gegenstand ausgehend – für eine willkürlich gewählte Ideenfindungsaufgabe möglichst viele Ideen generiert. Zum Beispiel:
Raumschiff: Was könnten wir <X> zu Weihnachten schenken?
Clown: Wohin fahren wir im Sommer in Urlaub?
In einem Idea Engineering-Kurs vor ein paar Jahren haben Studenten Erdbeerjoghurt als Ausgangspunkt für die Übung gewählt. Da die Übung nicht von der Wahl der Anregung abhängt, sind wir seit dieser Zeit bei der Entscheidung der Studenten geblieben, und heute muss jede Ideenfindungsaufgabe bei uns mit Hilfe von Erdbeerjoghurt gelöst werden.
30 Eigenschaften von Erdbeerjoghurt
Als kleine Hilfestellung haben wir hier 30 Attribute von Erdbeerjoghurt vorbereitet:
ist rot
ist klebrig
ist feucht
ist nahrhaft
ist verderblich
muss kühl bleiben
wird löffelweise verzehrt
gibts zum Frühstück
kann man mit Müsli mischen
erzeugt Plastikmüll
hat etwas mit Kühen zu tun
nimmt Curry die Schärfe
fängt an zu stinken, wenn es zu lange draußen steht
enthält Bakterien
ist ein Naturprodukt
ist nur eine von vielen möglichen Varianten
sein Behälter kann leicht zerdrückt werden
passt sich der Form seines Behälters an
gibts überall zu kaufen
ist leicht säuerlich
enthält Fett
ist süß
hat seinen Ursprung im Mittleren Osten
enthält künstliche Aromastoffe
hat einen südländischen Zutat
passt in fast jede Tasche
kann kleckern
passt nicht gut zu Knoblauch
Man reißt den Deckel ab
hat eine lange Reise hinter sich
Beispiel
Nehmen wir an, die Aufgabe (für einen Schüler oder Studenten) lautet, Welche Anforderung habe ich an meinen zukünftigen Beruf? Mit Hilfe des Erdbeerjoghurts könnte der junge Mensch auf folgende Erkenntnisse kommen:
Südländisch: Soll mir Gelegenheit zu Auslandsdienstreisen geben.
Nahrhaft: Soll mir helfen, mich weiter zu entwickeln.
Süß: Soll mir Spaß machen.
Varianten: Soll abwechslungsreich sein.
Lautet die Aufgabe dagegen, Wie können wir mit dem schwierigen Kollegen X besser umgehen? könnte ein Team folgende Ideen entwickeln:
Kleckern: Wir sollten den Kollegen bei Ausfällen sofort auf deren schädliche Wirkung aufmerksam machen, statt sie unkommentiert durchgehen zu lassen (den Joghurtfleck sofort wegwischen statt ihn zu ignorieren.)
Kühl bleiben: Wir sollten uns gegenseitig dabei unterstützen, kühl zu bleiben, wenn der Kollege sich wieder unmöglich verhält.
Abreißen: Wenn es zu schlimm wird, wird der Kollege unmissverständlich zur Rede gestellt.
Schärfe nehmen: Wir legen uns Repliken und Antworten zu (zum Beispiel in einem Kommunikationsseminar), die sich dazu eignen, schwierige Situationen zu entschärfen.
Trainieren
Wählen Sie eine der folgenden Ideenfindungsaufgaben und entwickeln Sie dafür mit Hilfe von Erdbeerjoghurt so viele Ideen wie möglich!
Wie könnte ich mein Zuhause schöner machen?
Wie könnte ich mich weiterbilden?
Was könnte ich für meinen Lebenspartner/meine Eltern/meine Kinder machen?
Welches Ziel könnte ich mir für nächstes Jahr vornehmen?
Wenn Ihnen Erdbeerjoghurt nicht gefällt, können Sie natürlich stattdessen jedes andere Objekt verwenden. (Eine alternative Version ist zum Beispiel als Bleistift-Übung bekannt.) Hier sind ein paar Vorschläge:
Kino
Airbus
Hawaii
Glaskugel
Kathedrale
(Alle Beispiele funktionieren mindestens genauso gut wie Erdbeerjoghurt.)
Wenn Sie gut trainiert sind, können Sie in vielen Situationen zuverlässig Ideen produzieren, indem Sie kurz in sich gehen und Erdbeerjoghurt (bzw. den Perspektivwechsel Ihrer Wahl) einsetzen. Sie haben dann bald den Ruf, kreativ zu sein!
Warum die meisten Kreativitätstechniken nicht funktionieren
Der Schlüssel zu einer effektiven Ideenfindungsmethode ist ein guter Perspektivwechsel. Die große Mehrzahl aller Kreativitätstechniken besitzt jedoch keinen oder nur einen wenig wirksamen Perspektivwechsel. Das schränkt ihre Eignung für einen professionellen Ideenworkshop nach stark ein. Aus diesem Grund ist die Liste der Kreativitätstechniken, die wir nie benutzen, sehr lang.
Die Aufgabe einer Kreativitätstechnik ist, den Benutzer von seiner Betriebsblindheit zu befreien und ihm eine hilfreiche Anregung für eine Idee zu liefern. Dies erreicht sie mit Hilfe des Perspektivwechsels, der (so meinen wir) es schaffen muss, gleichzeitig sich von der Aufgabe zu entfernen als auch einen Bezug dazu behalten muss. Dadurch entstehen im Idealfall Ideen, die gleichzeitig nützlich und innovativ sind. Diesen Anspruch haben unsere Auftraggeber, die oft Innovationsmanager oder Produktmanager sind. Sie bringen Aufgaben aus der Produkt- oder der Geschäftsmodellinnovation mit, die für ihre Unternehmen von großer Bedeutung sein können.
Fast alle der weit verbreiteten Ideenfindungsmethoden sind inzwischen ziemlich alt:
Das klassische Brainstorming und die Osborn-Checkliste stammen aus den 1950er Jahren.
Die Morphologische Matrix ist aus den 1960er Jahren.
Die 6-3-5-Technik wurde in den 1970er Jahren eingeführt.
Praktisch alle Bücher und Websites über Kreativitätstechniken bedienen sich ausschließlich aus diesem Vorrat an alten Methoden; modernere Ansätze finden dagegen kaum Beachtung.
Wir haben die Liste der Kreativitätstechniken, die wir nie benutzen, in drei Kategorien eingeteilt:
Die Methode besitzt keinen Perspektivwechsel. Das sind die Techniken der freien Assoziation nach der Taxonomie der Deutschen Gesellschaft für Kreativität.
Der Perspektivwechsel ist wenig effektiv.
Die Methode hat eigentlich eine ganz andere Funktion als Ideenfindung.
Dabei haben wir uns auf die eher bekannten Ansätze beschränkt; die vollständige Liste umfasst mehr als 300 Einträge!
Methoden ohne Perspektivwechsel
Am Anfang der Liste der Kreativitätstechniken, die wir nie benutzen, muss das Klassische Brainstorming stehen. Diese Technik – zusammen mit ihren zahlreichen Varianten – dürfte die mit Abstand am häufigsten benutzte Ideenfindungsmethode sein, und sie ist zugleich von allen Methoden am wenigsten dafür geeignet, innovative Ideen zu produzieren. Das Klassische Brainstorming verwendet nämlich keinerlei Perspektivwechsel, um neue Ideen anzuregen: Die ganze kreative Leistung muss von den Workshop-Teilnehmern selbst kommen. Hinzu kommen weitere Nachteile, die durch das Format als Zurufmethode entstehen.
Die Nachteile des Brainstormings als Zurufmethode können beseitigt werden, indem man zum Aufschreiben der Ideenbeiträge übergeht. Daraus sind zuerst die 6-3-5 Methode und dann ihre Varianten Brainwriting Pool und Galeriemethode entstanden. Da diese Methoden aber ebenfalls keinen Perspektivwechsel anbieten, kommen sie für uns genausowenig in Frage wie das Brainstorming.
Durch den Ausschluss von Techniken ohne Perspektivwechsel entfällt nach unserer Schätzung etwa die Hälfte aller veröffentlichten Kreativitätstechniken. Von den 101 Methoden in VanGundys Buch 101 Activities for Teaching Creativity and Problem Solving sind es sogar mehr als 50%, die keinen Perspektivwechsel anbieten.
Methoden mit ineffektiven Perspektivwechseln
Die älteste veröffentlichte, uns bekannte Ideenfindungsmethode mit Perspektivwechsel ist die Osborn-Checkliste. Diese enthält eine Reihe von Anregungen (verändern, anpassen, vergrößern, …), auf welche Weise eine bereits vorliegende Idee modifiziert werden könnte. Damit kann sie für eine Ideenfindung allenfalls dafür verwendet werden, eine bereits existierende Sache zu verändern. Die Anregungen sind jedoch nur wenig hilfreich, weil sie weder einen Anhaltspunkt liefern, wo genau die Veränderung vorgenommen werden soll, noch erlaubt sie es, die Zielsetzung der ganzen Übung zu berücksichtigen. Die Checkliste wurde 20 Jahre später von Bob Eberle um einen Eintrag erweitert, um die SCAMPER-Checkliste zu bilden. Unsere Kritikpunkte bleiben jedoch dadurch unverändert.
Die Morphologische Matrix wurde von Fritz Zwicky 1969 eingeführt, um komplexe Systeme zu modellieren. Ihre eigentliche Funktion besteht darin, sinnvolle Kombinationen aus bereits bekannten Varianten zu identifizieren. Sie wurde aber auch als Kreativitätstechnik interpretiert und als solche propagiert. Da die Methode aber sämtliche zulässige Ideenmöglichkeiten aufzählt, ist der Suchraum von vornherein eingeschränkt, und es ist nicht möglich, mit ihr innovative Ideen zu produzieren.
Die Zufallstechnik bildet einen Perspektivwechsel durch ein Zufallselement wie ein Bild oder Wort, das aus einer beliebigen Quelle stammen kann. Das können auch ägyptische Hieroglyphen sein. Diese Vorgehensweise lässt Perspektivwechsel mit einem Bezug zum Ideenfindungsauftrag nicht zu und eignet sich daher nicht für anspruchsvolle Aufgaben. Fast ein Viertel der Methoden bei VanGundy sind Zufallstechniken.
Methoden, die eine andere Funktion haben
Einige Methoden werden als Ideenfindungstechniken gezählt, sind es jedoch in Wirklichkeit nicht. Stattdessen haben sie eine andere Funktion.
Die erste Technik in dieser Kategorie ist die Six Hats-Methode von Edward de Bono. Diese Methode dient zur Lenkung einer Diskussion, indem sie sechs verschiedene Arten von Gesprächsbeitrag benennt und die Teilnehmer für die Art des jeweiligen Beitrags sensibilisiert. Dafür eignet sie sich sehr gut, und Diskussionen mit Sechs-Hüte-Kennern verlaufen nach unserer Erfahrung sowohl effizienter als auch effektiver als mit ungeübten Gesprächspartnern. Wir haben die sechs farbigen Hüte anfertigen lassen, und sie schmucken derzeit unsere Ideenfabrik. Trotz alledem hat die Methode mit Ideenfindung kaum etwas zu tun.
Ein weiteres, oft zitiertes Vorgehen, das sich aber für die Ideenfindung nicht eignet, ist die Disney-Methode. Diese Methode ist nichts anderes als eine reduzierte und leicht abgewandelte Version der Sechs-Hüte-Methode. Sie wird eingesetzt, um bereits existierende Ideen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und zu ergänzen.
Das Mind Mapping ist eine Schreib- und Zeichentechnik, das stark von seinem grafischen Aufbau und seinen gestalterischen Elementen lebt. Es eignet sehr gut, um Gedanken zu sortieren und zu strukturieren, bietet aber keinerlei Unterstützung, um Ideen zu entwickeln.
Fazit
Es sind sehr viele Kreativitätstechniken veröffentlicht worden; Arthur VanGundys Buch enthält 101 Stück, und die Website mycoted.com zitiert fast 200. Um effektiv zu sein, muss eine solche Technik unserer Meinung nach einen Perspektivwechsel enthalten, der Betriebsblindheit überwindet und eine relevante Anregung enthält. Für die große Mehrzahl der bekannten Techniken trifft dies jedoch nicht zu. Aus diesen Gründen setzen wir sie in unseren Ideen- und Innovationsworkshops so gut wie nie ein.
Je schwächer der Perspektivwechsel, desto mehr müssen unsere Workshop-Teilnehmer selbst leisten – im Extremfall des Klassischen Brainstormings oder der 6-3-5-Technik müsste die komplette Kreativleistung durch unsere Kunden selbst erbracht werden. Damit wären wir aber nur Moderatoren, die Methoden aus dem Buch vortragen.
Der Anspruch von Zephram ist aber höher: Wir bieten unsere Auftraggebern Ideenfindungsmethoden mit starken, auf ihre spezifische Aufgabenstellung zugeschnittene Perspektivwechsel an. Damit erreichen wir eine wesentlich höhere Quote an guten Ideen, und unsere Teilnehmer können sich mehr auf ihr Expertenwissen konzentrieren und müssen sich nicht mit dem „Kreativsein“ abmühen. Das wohl beste Beispiel für eine solche Methode ist die Analogietechnik, die durch eine entsprechende Wahl der verwendeten Analogien in ihrem Kreativanspruch, Aufgabennähe und Radikalität sich vom Drehbuchautor sehr gut steuern lässt.