Die Telekom rät zum schnellen Scheitern

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In einem Artikel in der Gründerszene wird der neue Telekom-Vorstandsvorsitzende Tim Höttges zum Thema Startups zitiert. Dabei nennt er fünf Kriterien, die Startups erfüllen müssen, um für eine Investition der Telekom in Frage zu kommen. Dazu gehören zwei, die zum Kanon jedes Startups gehören:

  • Fail fast (Scheitere schnell). Das vollständige Motto lautet: „Fail fast, fail cheap“. Ein Startup muss sehr viel über seinen Markt und seine Kunden lernen. Dazu macht es Experimente, die zwangsläufig oft scheitern werden. (Dabei scheitern sie eigentlich gar nicht, denn aus jedem Experiment kann man etwas Nützliches lernen – vorausgesetzt, es wurde richtig aufgestellt.) Je schneller und billger das Startup durch „gescheiterte“ Experimente lernt, desto früher kann es anfangen, Geld zu verdienen und zu wachsen.
  • Compass instead of maps (Kompass statt Landkarten). Ein Landkarte ist eine statische Beschreibung der Welt. Da sich die Welt nur langsam ändert, behält die Karte relativ lange ihre Gültigkeit, und man kann sie nutzen, um seinen Weg zu finden. In einer sich schnell ändernden Welt nützt eine Landkarte bald gar nichts mehr; dann ist ein Kompass hilfreicher, denn er zeigt verlässlich die grobe Richtung an, während man sich mit seiner unmittelbaren Umgebung direkt auseinandersetzt. Dies ist ein Metapher für das Startup, das sich in einer sich schnell ändernden Umfeld bewegen muss, im dem jede in Stein gemeißelte Beschreibung bald in die Irre führen muss. (Dies ist übrigens auch der Hintergrund zum „Wurst-Zitat“ von Yossi Vardi.)

Dieses Vorgehen mag zwar in Silicon Valley schon zum Standard gehören, in deutschen Großunternehmen ist es bisher kaum bekannt. Wir freuen uns daher, dass der Chef eines DAX-Konzerns sich öffentlich zu der neuen Arbeitsweise bekennt, und wir hoffen, dass sich die Erkenntnis so schnell wie möglich unter seinen Kollegen ausbreitet.

 

Bildquelle: Deutsche Telekom

Wie viel ist ein Startup wert?

Guy Kawasaki

Guy Kawasaki ist ein bekannter kalifornischer Startup-Berater und Venture Capital-Investor. Er behauptet, man kann den Wert eines Startups vor der ersten Finanzierungsrunde mit der folgenden Formel berechnen:

Wert = Anzahl Ingenieure * 500.000$ – Anzahl Betriebswirte * 250.000$

Was er damit sagen will: In der ersten Phase eines Startups gibt es keine notwendige Rolle für einen Betriebswirt (im Original: einen MBA). Das mag später anders sein, wenn Startup reifer geworden ist, aber um Prototypen zu entwickeln, Geschäftsmodell und Business Plan zu erstellen und die erste Finanzierungsrunde zu sichern braucht es nur Produktive (Ingenieure, Programmierer, Designer) und natürlich die Gründer selbst.

Bildquelle: Wikipedia

Experimentieren geht über spekulieren

Denke nicht, sondern führe das Experiment durch! Dies war das Motto des englischen Arztes und Wissenschaftlers John Hunter (1728- 1793). Hunter hat viele Krankheiten studiert und systematisches Experimentieren als methodische Grundlage der Medizinwissenschaft betont.

Edward Jenner, ein Kollege von Hunter, hatte beobachtet, dass Milchmädchen, die Kühen mit Kuhpocken gemolken hatten, nicht an Pocken erkrankten. Jenner spekulierte, dass der Kontakt mit dem Kuhpocken die Mädchen gegen Pocken immun gemacht hatte. Daraufhin hat Hunter mit seinem inzwischen berühmten Spruch  geantwortet, Denke nicht, sondern führe das Experiment durch! Anstatt über seine Hypothese zu spekulieren, sollte Jenner sie durch einen Versuch testen. (Die Hypothese hat sich als wahr herausgestellt, und Jenner konnte damit eine Impfung gegen die Pocken entwickeln. 1840 wurden Impfungen in Großbritannien für jeden kostenlos erhältlich, und 1979 erklärte die Weltgesundheitsorganisation die Krankheit für ausgestorben.)

Im modernen Innovationsprozess wird allzu oft das Schicksal von Rohideen auf Grund von Spekulationen entschieden („Das wird der Chef nie genehmigen“, „Das wird unseren Kunden nicht gefallen“, „Ich glaube nicht, dass das funktioniert“). In solchen Situationen sollte der Leitspruch von Hunter erneut Anwendung finden. Allerdings würden wir vorschlagen, „denken“ durch „spekulieren“ zu ersetzen: „Spekuliere nicht, sondern führe das Experiment durch!“

Moderne Innovationsprozesse wie Lean Startup oder Discovery-Driven Innovation berücksichtigen die Erkenntnis von Hunter: Alle Argumente bezüglich einer Rohidee bzw. eines Geschäftsmodells werden als ungesicherte Hypothesen betrachtet, die durch ein Experiment validiert werden müssen bevor sie implementiert werden dürfen. Das Leitprinzip von Discovery-Driven Innovation lautet „Von welcher Annahme hängt der Erfolg der Idee am stärksten ab und mit welchem Experiment können wir diese Annahme am schnellsten und am billigsten prüfen?“

 

Eine naheliegende Partnerschaft

Existierende Unternehmen – vor allem wenn sie groß sind – tun sich oft schwer mit der Einführung von neuen Produkten außerhalb ihres gewohnten Geschäftsgebietes. Viele Faktoren wirken der Innovation entgegen: Bürokratie, Politik, und ein fehlendes Anreizsystem sind wahrscheinlich die schlimmsten. Anderseits verfügen erfolgreiche, etablierte Unternehmen über wichtige Ressourcen, z.B. eine starke Marke, Geld und Experten für Recht, Finanzen, Marketing u.v.m.

Ein Startup befindet sich dagegen in genau der umgekehrten Situation: es verfügt einerseits kaum über Ressourcen, dafür ist seine Innovationsfähigkeit enorm hoch, denn es ist frei von all den hinderlichen Faktoren, die ein etabliertes Unternehmen belasten.

Es scheint also eine naheliegende Strategie zu geben, nämlich dass existierende Unternehmen die Einführung neuer Produkte in die Hände von Startups geben. Sie unterstützen die Startups mit Startkapital und anderen Ressourcen, lassen aber ihre innovationsfeindliche Kultur zurück. Von einer solchen Lösung profitieren beide Parteien: das etablierte Unternehmen kommt schnell und günstig zum neuen Produkt, und das Startup erhält Unterstützung auf wichtigen Gebieten, die ihm fehlen.

Es gibt Vorläufer für ein derartiges Vorgehen, z.B. das Skunkworks oder die Ausgründung. Die neue Strategie ist aber radikaler, und sie bringt neue Probleme mit sich. Wie kann beispielsweise das etablierte Unternehmen seinen Einfluss im Startup sichern ohne dabei die Gründer in ihrer Handlungsfreiheit einzuengen? Wer diese Probleme löst und einen Weg findet, um Unternehmen und Gründungswillige zusammenzubringen, hat ein wichtiges neues Innovationswerkzeug erfunden.

 

Geschäftsmodell bewerten mit der KERNWEG-Checkliste

checkliste geschäftsmodell bewerten

Das Geschäftsmodell ist die Blaupause für ein Startup oder einen neuen Geschäftsbereich in einem existierenden Unternehmen. Die Qualität des Modells ist daher entscheidend für den unternehmerischen Erfolg. Aus diesem Grund werden Geschäftsmodelle vorzugsweise in einem strukturierten Entdeckungsprozess wie der Discovery-Driven Innovation entwickelt und validiert.

Aber was macht ein gutes Geschäftsmodell aus? Für uns muss ein Geschäftsmodell sieben Kriterien erfüllen, um eine gute Grundlage für ein neues Business zu sein. Diese sieben Kriterien kann man sich leicht mit dem Akronym KERNWEG merken:

  • Konkurrenzfähig. Es ist für unsere Konkurrenten schwierig, Marktanteile zu gewinnen. Beispiele: Starke Markenpräsenz, entscheidende Alleinstellungsmerkmale, einmaliges Werteversprechen.
  • Effizient. Führt das Geschäftsmodell alle notwendigen Funktionen mit dem geringstmöglichen Aufwand aus? Beispiel: Eine Aktivität nicht selbst durchführen, sondern von einem Partner einkaufen (Outsourcing).
  • Robust. Gibt es potentielle Entwicklungen, die das Geschäftsmodell gefährden? Beispiel: Die Regierung beendet ein Subventionsprogramm, von dem das Geschäftsmodell abhängt.
  • Nachhaltig. Kann das Geschäftsmodell im Prinzip für unbestimmte Zeit funktionieren? Gegenbeispiel: Schneeballsystem (Ist außerdem illegal!)
  • Wachstumsfähig. Zeigt das Geschäftsmodell Wege auf, wie das Geschäft ausgebaut werden kann? Beispiele: Upselling, Kunden werben Kunden, Angebotserweiterungen, zukünftige Zielgruppen.
  • Exklusiv. Inwiefern besitzt das Geschäftsmodell eine (schützbare) Einmaligkeit? Beispiele: Exklusiver Zugriff auf Ressourcen, Exklusivverträge mit wichtigen Partnern, Patente.
  • Gewinnfähig. Können wir mit dem Geschäftsmodell den gewünschten Gewinn erzielen? Hier spielen Effizienz und Konkurrenzfähigkeit natürlich eine wichtige Rolle. Ein weiterer Faktor ist die sogenannte Value Appropriation – die Fähigkeit, für den Wert, der erschaffen wurde eine entsprechende Entlohnung zu erhalten. Dies hängt unter anderem mit der Stärke der Verhandlungsposition gegenüber Partnern innerhalb der Wertschöpfungskette zusammen.

Jeder diese Aspekte kann um Teilaspekte und konkrete Beispiele verfeinert werden. Das Ergebnis ist ein ausführlicher Katalog von Kriterien und Anregungen, die für die  Geschäftsmodellentwicklung sehr hilfreich sein können. Diese können sowohl für die Generierung von Hypothesen als auch zur Überprüfung und Bewertung des Modells verwendet werden.

 

Links

Kompaktwissen Ideenbewertung

Kompaktwissen Geschäftsmodellinnovation

 

Zehn Gründe, warum Startups gewinnen

startups gewinnen
Die Produkte von Startup-Unternehmen sind oft Innovationen, die Kundenbedürfnisse auf radikal neuer Art befriedigen. Dabei gewinnen die Startups ein Rennen mit großen Unternehmen, die über wesentlich größere Ressourcen verfügen, oder sie erobern den Markt bevor die Großen sich überhaupt bewegt haben. Die Gründe hierfür sind vielfältig, und es ist schon viel darüber diskutiert und geschrieben worden. In diesem Beitrag präsentieren wir die Top-Ten Liste unserer Favoriten (in keiner besonderen Reihenfolge).

  1. Lebensmittelpunkt: Was ist der Lebensmittelpunkt der Menschen?
    Startup: Die Entwicklung des Produktes und der Aufbau der Firma
    Unternehmen: Meistens etwas Berufsfremdes (der Partner, die Kinder, ein Hobby, …)
    Der typische Gründer ist jung, ungebunden und hat nur eines im Sinn: sein Unternehmen. Diese Tatsache ermöglicht es ihm, hochmotiviert und -konzentiert zu sein und dadurch eine außerordentliche Produktivität zu erreichen.
  1. Arbeitszeit: Wieviele Stunden pro Woche verbringt ein Entwickler bei der Produktentwicklung?
    Startup: Mindestens 60 (Siehe 1, 3, 4, 5, 8, 9)
    Unternehmen: Höchstens 30 (Siehe 4)
    Der Gründer arbeitet nicht nur doppelt so lang als der Konzernmitarbeiter, sondern er ist dabei noch wesentlich effizienter.
  1. Entlohnung: Wie werden die Menschen für ihre Arbeit entlohnt?
    Startup: Zwischen 0€ und Millionen €, je nach eigenem Erfolg
    Unternehmen: Ein mittlerer Gehalt, unabhängig vom Erfolg
    Der wirtschaftliche Erfolg des Konzernmitarbeiters ist vom Markterfolg seines Produktes entkoppelt, während der Gründer proportional die Früchte genießt.
  1. Ablenkungen: Was lenkt die Entwickler von ihrer Arbeit ab?
    Startup: So gut wie gar nichts
    Unternehmen: Vieles, z.B. Bürokratie, Politik, Meetings, …
    Der Gründer kann sich zu 100% auf sein Produkt konzentrieren. Paul Graham nennt dies den „Macher-Zeitplan“, im Gegensatz zum „Manager-Zeitplan“.
  1. Arbeitsumfeld: Wie sieht die Arbeitsumgebung der Entwickler aus?
    Startup: Selbst gestaltet nach eigenem Geschmack und eigenen Bedürfnissen
    Unternehmen: Fremdbestimmt (oft unpersönlich und wenig inspirierend)
    Der Gründer richtet seine Arbeitsumgebung selbst ein, um darin sich maximal wohl zu fühlen und produktiv zu sein.
  1. Entscheidungen: Wie werden Entscheidungen getroffen?
    Startup: Schnell und unbürokratisch durch ein kleines Team; allein mit dem Ziel, den Geschäftserfolg zu maximieren
    Unternehmen: Langsam und umständlich durch eine Hierarchie oder Gremien, durch Politik und andere produktfremde Faktoren bestimmt
    Wir kennen Fälle, wo Unternehmen selbst nach mehr als einem Jahr eine Entscheidung immer noch nicht getroffen haben!
  1. Angst: Was steht für die Organisation und ihre Mitglieder auf dem Spiel?
    Startup: Haben nichts zu verlieren
    Unternehmen: Haben viel zu verlieren, z.B. Ruf, Aktienkurs, Markenwahrnehmung, Karrierechancen
    Wer etwas zu verlieren hat, traut sich weniger, Risiken einzugehen. Aus diesem Grund hat beispielsweise der Staubsaugerhersteller Hoover James Dyson’s (beutellose) Technologie nicht lizensiert, weil er Angst um sein Geschäft mit Staubbeuteln hatte.
  1. Mittelmaß: Wie geht man mit mittelmäßigen Mitarbeitern um?
    Startup: Mittelmäßige und schwache Entwickler werden schnell gekündigt oder werden gar nicht erst eingestellt.
    Unternehmen: Tragen mittelmäßige und schwache Mitarbeiter mit
    Es gibt Schätzungen, die besagen, dass die Produktivität in einem Startup das Zehnfache eines durchschnittlichen Angestellten übertreffen.
  1. Kultur: Wie fühlt es sich an, dort zu arbeiten?
    Startup: selbstbestimmt, fehlertolerant, familiär
    Unternehmen: bürokratisch, formal, konservativ
    Die Regeln, Anreizsysteme und Umgangsformen großer Organisationen sind selten für Höchstleistungen oder Kreativität förderlich.
  1. Agilität: Wie reagiert die Organisation auf neue Information oder Umstände?
    Startup: Sehr schnell, sogar innerhalb von Stunden
    Unternehmen: Oft inflexibel und unbeweglich
    Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, dass etablierte Unternehmen wegen ihrer Unbeweglichkeit eingehen. Ein Beispiel aus der letzten Zeit ist Kodak, der nicht entschlossen genug reagiert hat auf den Wandel im Fotografiemarkt.

Eine alte Teillösung für dieses Problem (aus der Sicht der etablierten Unternehmen) ist der so genannte Skunkworks, ein Bereich, der innovativen Projekten nachgeht und in dem die üblichen Unternehmensregeln nicht gelten. Mit einem Skunkworks hat man aber noch lange nicht alle zehn Nachteile gegenüber dem Startup behoben.

Eine vollständige Lösung wäre erst dann erreicht, wenn etablierte Unternehmen selbst Startups gründen würden, um innovative Produkte zu entwickeln. Dies wird zwar nominell bereits praktiziert, allerdings mit Einschränkungen, sodass mindestens einer der Nachteile bestehen bleibt. Zu diesen Einschränkungen gehört typischerweise, dass der Startup (dann Spin-Off genannt) aus Mitarbeitern des Mutterkonzerns besteht (die ihre Angestelltenmentalität mitbringen) oder dass der Mutterkonzern Vorgaben macht, die das Agieren als Startup beeinträchtigen. Erst wenn das etablierte Unternehmen den Mut aufbringt, seine Spin-Offs als genuine Startups zu betreiben, wird es auch in den Genuss von allen Vorteilen kommen.