Der Stage Gate Process

Stage Gate Process

Der Stage Gate Process ist ein Konzept zur Gestaltung von Innovationsprozessen. Der Begriff wurde 1988 vom Marketing-Professor Robert Cooper geprägt. Er gibt dem Innovationsprozess eine formale Struktur, die von Unternehmen übernommen werden kann und die die Gefahr von Fehlentwicklungen reduzieren soll. Im Vordergrund dabei steht die Gefahr (Fehl-)Entscheidungen zu treffen sowie Ideen und Innovationsprojekte voranzutreiben, die später am Markt keinen Erfolg haben werden.

Beim Stage Gate Process wird der Innovationsprozess in Phasen (Stages) unterteilt, die durch Tore (Gates) getrennt sind. In den einzelnen Phasen werden die Projekte vorangetrieben. Bei den Gates werden die Projekte geprüft, und es wird entschieden, ob sie in die nächste Phase gelangen dürfen oder nicht (die sogenannte Go/NoGo- oder Go/Kill-Entscheidung.) Durch eine geeignete Wahl von Vorarbeiten in den Phasen bzw. Entscheidungskriterien bei den Gates soll sichergestellt werden, dass nur die richtigen Projekte fortgesetzt werden und dadurch Verschwendung von Ressourcen vermieden wird.

Ein typischer Stage Gate Process besteht aus den folgenden sechs Phasen:

  1. Ideengenerierung
  2. Ideenbewertung I
  3. Ideenbewertung II
  4. Entwicklung
  5. Test und Validierung
  6. Markteinführung

Unserer Auffassung nach lässt sich die Ideenbewertung sehr gut als Stage Gate Process gestalten. Allerdings fehlen im Modell von Cooper einige Funktionen, die für eine sichere und umfassende Ideenbewertung notwendig sind. Ein Beispiel hierfür ist die Notwendigkeit einer unterschiedlichen Behandlung von wertsystemkonformen bzw. -nichtkonformen Ideen.

Ideenbewertungsprozesse, die Zephram für seine Kunden entwirft, enthalten daher einige Änderungen und Ergänzungen, die zusammen gesehen weit über den herkömmlichen Stage Gate Process hinaus gehen.

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Kompaktwissen Innovationsmanagement

Quelle: Robert Cooper, Winning at New Products

Die Ansoff-Matrix in der Innovationsstrategie

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Wir suchen neue Produktideen! So oder so ähnlich lautet oft die Aussage eines Kunden beim Kennenlerngespräch. Leider ist diese Ideenfindungsaufgabe noch viel zu unpräzise, um als Grundlage einer Ideenproduktion dienen zu können. So besteht unsere Aufgabe als Dienstleister darin, die Ziele unseres Kunden herauszufinden, um dann das Suchfeld einzugrenzen. Hierzu setzen wir verschiedene Werkzeuge ein, unter anderem die bekannten Portfolio-Diagramme.

Eines der bekanntesten (und auch ältesten) Portfolio-Diagramme ist die so genannte Ansoff-Matrix oder Produkt-Markt-Matrix. Die Achsen der Ansoff-Matrix heißen Produkt bzw. Markt; beide unterscheiden zwischen bestehenden und neu zu entwickelnden Produkten bzw. Märkten. Diese Unterscheidung liefert vier Quadranten, die unterschiedliche Strategien darstellen:

  • Marktdurchdringung. Hier wird Wachstum in einem bestehenden Markt angestrebt, indem der Marktanteil erhöht wird. Dies geschieht durch verschiedene Absatz fördernde Maßnahmen und hat mit Innovation wenig zu tun.
  • Produktentwicklung. Hier wird Wachstum durch neue oder verbesserte Angebote im bestehenden Markt angestrebt. Dies ist der übliche Bereich der Innovation. Mit inkrementellen Innovationen wird ein bestehendes Produkt gegenüber der Konkurrenz attraktiver gemacht, mit radikalen Innovationen werden dagegen signifikante Leistungsverbesserungen erzielt. Auch können mit komplementären und ergänzenden Angeboten neue Umsätze entstehen.
  • Markterweiterung. Hier werden neue Zielgruppen angesprochen, die sich für ein bestehendes oder allenfalls leicht angepasstes Produkt interessieren könnten.
  • Diversifikation. Bei der Diversifikation werden neue Produkte in neuen Märkten einführt. Dies ist der riskanteste Quadrant, der aber auch die größten Chancen enthält. Die Einführung der iTunes Music Store durch Apple ist ein Beispiel für eine sehr erfolgreiche Diversifikation.

Je nachdem, was ein Kunde will, sind in der Ideenfabrik unterschiedliche Vorgehensweisen und Fragen erforderlich. Sowohl die Ideenproduktion als auch die Ideenbewertung sind in jedem der vier Fälle sehr verschieden. Dazu drei Beispielfragen:

  • Wer sonst könnte sich für unser Produkt X interessieren? ist nur für die Markterweiterung relevant.
  • Welche neuen Produkte könnten wir mit unseren vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen herstellen? ist nur für die Diversifikation relevant.
  • Welche Probleme müssen unsere Kunden lösen, wenn sie unser Produkt X einsetzen? ist nur für die Produktentwicklung relevant.

Je präziser der Kunde sein Bedürfnis nach neuen Ideen kennt, desto gezielter können wir die Ideenfindung und Ideenbewertung gestalten. Einige positive Folgen sind:

  • Die Trefferquote wird verbessert; bei guten Fragestellungen ist der Anteil brauchbarer Rohideen wesentlich höher.
  • Weniger Rohideen; wegen der verbesserten Trefferquote genügt eine kleinere Anzahl Rohideen, um die geforderte Anzahl guter Ideen zu garantieren.
  • Geringerer Aufwand; Der Aufwand für Ideenproduktion und -bewertung sinkt.
  • Höhere Zufriedenheit; Die Teilnehmer haben mehr Spaß an der Ideenproduktion, arbeiten dadurch effektiver und sind hinterher mit dem Ergebnis zufriedener.

Zombie-Projekte

zombie-projekte

In ihrem Beitrag mit dem Titel Innovating During A Recession bei Forbes.com betonen Autoren Scott D. Anthony und Leslie Feinzaig, dass es auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten wichtig ist, zu innovieren. Im Artikel erwähnen sie ein bekanntes Phänomen, das häufig neue Innovationsbemühungen blockiert – die so genannten Zombie-Projekte.

Zombie-Projekte sind Innovationsprojekte, die folgendermaßen charakterisiert sind:

  • Sie wurden vor langer Zeit gestartet; oft ist ihre Begründung inzwischen längst überholt.
  • Das Projekt macht keine oder kaum Fortschritte.
  • Niemand scheint gewillt zu sein, das Projekt zu beenden.

So existieren Zombie-Projekte als Halbtote im Unternehmen weiter, verbrauchen dabei wertvolle Ressourcen und blockieren weitere Innovationsinitiativen, ohne jedoch eine Aussicht auf einen Gewinn bringenden Abschluss zu haben.

Geisterideen sind eine besondere Form von Zombie-Projekten; sie verbrauchen zwar keine Ressourcen im üblichen Sinne, aber sie verhindern, dass ihre Besitzer offen sind für neue Ideen. Somit blockieren sie die Diskussion über neue Projekte und sorgen so dafür, dass diese nicht oder nur zäh vorankommen.

In unserer Arbeit mit Klienten begegnen wir Zombie-Projekten häufig, sowohl in ihrer klassischen Form als auch in Form von Geisterideen. Dies wirkt sich unter anderem bei der Ideenbewertung aus. Hier müssen wir dafür sorgen, dass die Zombie-Projekte keinen negativen Einfluss auf die neuen Ideen ausüben können.

Das radikale Gegenteil von Zombie-Projekten kommt durch die Innovationsmaxime von Silicon Valley zum Ausdruck:

Kill fast and kill cheap.

Hier geht es darum, Innovationsprojekte schnell zu beenden, bevor sie viele Ressourcen verbrauchen können. Dies zu können setzt allerdings einen Innovationsprozess voraus, der in geeignete Phasen gegliedert ist und schnell Erkenntnisse produziert. Ein häufig verwendetes Instrument ist der Phase Gate-Prozess. In einem stringent geführten Prozess werden Zombie-Projekte spätestens bei dem nächsten Gate beendet, bevor sie in Zombies mutieren. Wir empfehlen als erste Stufe dieses Prozesses die Ist es Echt?-Fragen. Dieser Kriterienkatalog eignet sich sehr gut, um Zombie-Projekte gar nicht erst entstehen zu lassen – ganz im Sinne von Kill fast and kill cheap.

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Geschäftsideen prüfen mit dem VARIUS-Modell

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Die häufigste Anwendung unserer Ideenfabrik ist die Generierung von Geschäftsideen. Damit legen unsere Kunden den Grundstein für zukünftige Umsätze und Wachstum.

In manchen Fällen sind die neuen Ideen natürliche Ergänzungen oder Verbesserungen für bereits existierende Angebote unseres Kunden, so dass sie reibungslos in sein bestehendes Geschäftsmodell hineinpassen. Oft aber handelt es sich um völlig neuartige Geschäftsideen, die wenig oder nichts mit den bisherigen Angeboten zu tun haben. In solchen Fällen lässt sich die neue Geschäftsidee nicht im bestehenden Geschäftsmodell verwirklichen, so dass ein neues Modell formuliert werden muss. Da aber die Umsetzung von neuen Geschäftsmodellen oft mit großen Aufwendungen und hohen Risiken verbunden ist, müssen die Ideen sehr sorgfältig bewertet werten.

Es gibt viele Methoden zur Prüfung eines Geschäftsmodells, die unterschiedliche Aspekte in den Vordergrund stellen. Ganz am Anfang des Bewertungsvorgangs beispielsweise – noch bevor irgendwelche Detailfragen geklärt werden – ist die prinzipielle Wettbewerbsfähigkeit des Geschäftsmodells die dringendste Fragestellung.

Für diese erste Prüfphase haben wir ein eigenes Verfahren entwickelt, das wir die VARIUS-Checkliste nennen. Varius ist das lateinische Wort für Vielfalt, ist aber in diesem Fall ein Akronym für sechs Kriterien:

  • Value
  • Appropriability
  • Robustness
  • Imitability
  • Uniqueness
  • Substitutability

Value bezeichnet den Wert, der durch das Geschäftsmodell erzeugt werden soll. Dieser Wert ist meistens mit dem Kundennutzen gleichzusetzen. Dies wird gelegentlich auch Value Proposition (Nutzenversprechen) genannt. Der Kundennutzen muss groß genug sein, um das Geschäftsmodell zu rechtfertigen.

Appropriability (Aneigenbarkeit) ist die Fähigkeit, aus dem erzeugten Wert bzw. Nutzen, Geld verdienen zu können. Allein die Bereitstellung eines hohen Nutzens ist noch lange keine Gewähr dafür, dass man auch damit Geld verdienen kann. Ein bekannter Test für Appropriability sind die Five Forces von Michael Porter.

Robustness (Robustheit) beschreibt die Haltbarkeit des Geschäftsmodells. Eine Gefährdung einer seiner Grundlagen bedeutet ein Risiko für das Geschäftsmodell. Beispiele hierfür sind eine schrumpfende Zielgruppe oder gesetzliche Rahmenbedingungen, die sich schnell ändern können.

Imitability (Kopierbarkeit) misst, wie leicht das Geschäftsmodell von Konkurrenten kopiert werden kann. Ist das Modell leicht kopierbar, so ist seine Wettbewerbsfähigkeit reduziert. Nachahmung kann erschwert werden durch den Besitz einmaliger Ressourcen wie Patente oder Marken oder durch vertraglich gebundene Partnernetzwerke.

Uniqueness (Einmaligkeit) ist eine wünschenswerte, aber seltene Eigenschaft eines Geschäftsmodells. Im Idealfall (für seinen Besitzer) wäre ein erfolgreiches Geschäftsmodell einmalig, unkopierbar und nicht substituierbar. Dann hätte das Unternehmen nämlich ein effektives Monopol auf das Modell.

Substitutability (Ersetzbarkeit) gibt an, ob das Geschäftsmodell durch ein anderes ersetzt werden kann, das in seiner Wirkung gleichwertig ist. Im Idealfall (aus der Sicht seines Besitzers) würde ein Geschäftsmodell durch kein anderes angreifbar sein.

Die VARIUS-Checkliste liefert schnell Erkenntnisse darüber, ob ein vorgeschlagenes Geschäftsmodell fundamental wettbewerbsfähig sein kann. Besteht das Modell die Prüfung, können detailliertere Analysen folgen, die die einzelnen Elemente des Modells untersuchen.

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Kompaktwissen Ideenbewertung

Das Unternehmen der Zukunft

Alle zwei Jahre bringt IBM eine globale CEO Studie heraus. Dieses Jahr war das Thema der Studie „Das Unternehmen der Zukunft“. An dem Ergebnis waren mehr als 1.000 CEOs auf der ganzen Welt beteiligt.

Die Studie berichtet über fünf Erkenntnisse der CEOs für die Realisierung der Wachstumspotentiale ihrer Unternehmen:

  1. Unternehmen und Organisationen werden von Veränderungen geradezu überrollt und viele haben Mühe, damit Schritt zu halten.
  2. Die CEOs betrachten anspruchsvollere Kunden nicht als Bedrohung sondern als Chance zur Differenzierung.
  3. Fast alle CEOs passen ihr Geschäftsmodell an – zwei Drittel verwirklichen Innovationen in großem Umfang.
  4. Die CEOs wenden sich offensiv globalen Geschäftsmodellen zu und setzen auf grundlegende Änderungen ihrer Fähigkeiten und auf die umfangreichere Zusammenarbeit mit Partnern.
  5. Finanziell überdurchschnittlich erfolgreiche Unternehmen sind mutiger.

Diese Studie ist deswegen interessant, weil wir heutzutage ein zukunftsfähiges Unternehmen auch immer mit einem innovativen Unternehmen gleichsetzen.  Die Studie bestätigt dieses allgemeine Bild und berichtet, dass zwei Drittel der CEOs sogar verstärkt auf Geschäftsmodellinnovationen und nicht nur auf Produktinnovationen setzen.

Die CEOs ändern ihr Geschäftsmodell eigenen Angaben zufolge, weil es für ihr Unternehmen zunehmend schwierig ist, sich allein über Produkte und Services von Mitbewerbern zu differenzieren. Sie nannten jedoch noch einen weiteren wichtigen Grund: Sie haben jetzt schlicht mehr  Möglichkeiten.

Der Tipp der Studie für die Unternehmen, die in Zukunft erfolgreich sein wollen:

Das Unternehmen der Zukunft stellt sein Geschäftsmodell radikal in Frage und definiert so die Grundlagen des Wettbewerbs neu. Es verändert seinen Wertbeitrag, hinterfragt traditionelle Services und erfindet sich und seine gesamte Branche neu, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet.

Wir leiten daraus ab, dass das Thema Geschäftsmodellinnovationen zunehmen an Bedeutung für eine langfristig starke Positionierung am Markt gewinnen wird. Aus diesem Grund haben wir bereits vor einiger Zeit ein Werkzeug erstellt, mit dem Unternehmen Ideen für neue Geschäftsmodelle entwickeln können.

Quelle: Global CEO Study 2008 von IBM

Bildquelle: IBM

Die Kaufhierarchie von Windermere

Das Buying Hierarchy ist ein Erklärungsmodell, das die Kaufentscheidungen von Kunden erklärt. Es stammt von dem Beratungsunternehmen Windermere Associates aus San Francisco. Das Modell hat viel Beachtung gefunden seit es von Clayton Christensen in seinem erfolgreichen Buch The Innovator’s Dilemma beschrieben wurde.

Zunächst betrachtet das Modell vier mögliche Arten von Kundennutzen eines Produktes, die Interessenten bei ihrer Kaufentscheidung berücksichtigen. Das Modell ordnet diese Nutzenarten in einer bestimmten Reihenfolge an:

  1. Funktionalität
  2. Zuverlässigkeit
  3. Komfort
  4. Preis

Nach Aussage des Modells ist diese Reihenfolge eine Prioritätenliste für den Kaufinteressenten, die bestimmt, wie er konkurrierende Angebote bewertet.

Zunächst ist dem Interessenten die Funktionalität der verschiedenen Angebote am wichtigsten. Gibt es nur ein Produkt, dessen Funktionalität seinen Wünschen entspricht, kauft er dieses. Erfüllen mehrere Produkte seine Anforderungen, dann wechselt seine Aufmerksamkeit zur zweiten Priorität, der Zuverlässigkeit. Gibt es nur ein Produkt am Markt, das seinen Anforderungen an die Zuverlässigkeit gerecht wird, kauft er dieses. Bieten dagegen mehrere Produkte sowohl Funktionalität als auch Zuverlässigkeit in ausreichendem Maße, vergleicht der Kaufinteressent auf Basis des Komforts. Wenn auch in diesem Bereich mehrere Angebote seine Anforderungen erfüllen, entscheidet nur noch der Preis.

Ein Produkt, das nur noch über seinen Preis differenziert wird, ist eine Commodity geworden. Diese Situation ist meistens ungünstig für ein Unternehmen, da es Gewinne schmälert und zu permanenten Kostenreduktionen zwingt.

Das Buying Hierarchy-Modell hat wichtige Konsequenzen für die Innovationsstrategie von Unternehmen, denn die Rangfolge der Prioritäten beim Interessenten bestimmt die optimale Reihenfolge der Innovationen in einem Markt.

Ein Produkt wird im Allgmeinen zum Zeitpunkt seiner Einführung nicht die volle Funktionalität besitzen, die seine Zielgruppe wünscht. Aus diesem Grund werden zunächst Sustaining Innovations betrieben, um die Funktionalität des Produktes zu erhöhen. So lange die Bedürfnisse der Zielgruppe noch nicht erfüllt sind, stellt die Funktionalität den primären Kundennutzen dar, und Verbesserungen der Zuverlässigkeit und des Komforts werden von der Zielgruppe wenig beachtet.

Irgendwann erreicht die Funktionalität allerdings das maximale Niveau, das die Kunden wünschen bzw. bereit sind zu bezahlen. Danach macht es keinen Sinn mehr, weitere Funktionsinnovationen zu entwickeln. Weitere Innovationen in bereits erfüllte Merkmale werden Over Engineering genannt, und das Produkt gilt als overshot.

Jetzt sollte das Unternehmen in Innovationen zur Verbesserung der Zuverlässigkeit des Produktes investieren. Wenn nach entsprechender Zeit auch eine ausreichende Zuverlässigkeit erreicht worden ist, wechselt das Unternehmen zu Innovationen zur Erhöhung des Komforts über. Ist schließlich auch das Komfortniveau erreicht, das die Zielgruppe bereit ist, zu bezahlen, ist das Produkt eine Commodity geworden und kann nur noch über seinen Preis konkurrieren.

Aus diesen Beobachtungen heraus können nun Leitlinien für die Innovationsstrategie abgeleitet werden. Nach Einführung eines neuen Produktes (womöglich als Ergebnis einer radikalen oder disruptiven Innovation) werden inkrementelle Innovationen zur Verbesserung des aktuell relevanten Nutzens geplant. Erst wenn die Leistung eines Produktes die Anforderungen des Marktes in einer bestimmten Dimension erreicht, werden Innovationen in der nächsten Dimension der Hierarchie betrieben. Spätestens wenn das Produkt der so genannten Commodity-Falle und somit dem Ende seines gewinnbringenden Lebens nahe ist, sollte natürlich die nächste radikale oder disruptive Innovation in den Startlöchern stehen. Diese Strategie kann z.B. in einer Innovation Road Map beschrieben und visualisiert werden.

In der Praxis muss man natürlich davon ausgehen, dass alle Konkurrenten eine ähnliche Strategie verfolgen. Damit wird selbst bei einer hohen Innovationsintensität zwangsläufig irgendwann die Commoditization des Produktes erreicht sein. Aus diesem Grund braucht es weitere, orthogonale Innovationen, um auf anderem Wege Differenzierungsmerkmale aufzubauen und sich so aus der Commodity-Falle zu befreien und das gewinnbringende Leben des Produktes zu verlängern. Diese orthogonalen Innovationen sind aber in der Regel breiter angelegt als reinen Produktinnovationen und betreffen nicht selten ganze Geschäftsmodelle.

Wir haben die Buying Hierarchy weiterentwickelt, indem wir jede Stufe in drei Bereiche unterteilt haben. Diese liefern genauere Hinweise bei der Suche nach Gelegenheiten für Innovationen.

Die Rohidee

rohidee

Eine Rohidee ist eine Idee, die gerade erst entstanden ist. Meist umfasst eine Rohidee nicht mehr als ein paar Worte. Ihre Vorzüge sind daher noch nicht eindeutig erkennbar. Aussagen über die Qualität oder Brauchbarkeit können in diesem Stadium noch nicht getroffen werden.

Rohideen entstehen entweder durch Zufall oder als Ergebnis von Ideenproduktionstechniken. In einer systematischen Ideenfindung werden hunderte davon in wenigen Stunden produziert. Diese werden im Anschluss durch weitere Verarbeitungsschritte sortiert, geclustert, ausgebaut, bewertet und dadurch in eine fertige Idee umgewandelt.

Man kann eine Rohidee mit einem Rohdiamanten vergleichen. Genauso wie dieser ist eine „rohe Idee“ wie ein noch nicht verarbeiteter Rohstoff. Wie schwer es ist, die Vorzüge eines „rohen Diamantklumpens“ überhaupt zu erkennen, macht das Zitat von G. F. Herbert Smith deutlich: „A rough diamond […] is no more attractive to the eye than a piece of washing-soda.

In einigen Fällen ist es von der Rohidee zur fertigen Idee noch ein weiter Weg. In anderen liegt die fertige Idee bereits auf der Hand. Die Qualität von Rohideen kann hierzu durch die verwendeten Ideenproduktionstechniken maßgeblich beeinflusst werden. Sehr häufig werden generische Kreativitätstechniken verwendet, die keine oder nur wenig zielgerichtete Perspektivwechsel enthalten. Die Folge ist, dass die Rohideen kaum bis gar nicht nutzbar sind. Verwendet man generische Techniken, sind weniger als 1% der so entstandenen Rohideen überhaupt brauchbar.

Die Rohideen können allderdings auch nur dann in nutzbare Ideen gewandelt werden, wenn ihre Vorzüge erkannt werden. Dies verhält sich ähnlich wie beim Rohdiamanten: Bei einem Diamanten kann das „Feuer“ erst durch die Nacharbeitsschritte spalten, reiben, schleifen und polieren zum „Leuchten“ gebracht werden. Auch bei einer Rohidee können erst durch die innovationstheoretisch maßgeschneiderten Nacharbeiten die Vorzüge erkennbar werden.

Ein wichtiger innovationstheoretischer Nacharbeitsschritt ist zum Beispiel zu erkennen, welcher Rohideen Typ vorliegt…

  • Eine technologiegetriebene Rohidee
    Beispiel: Bei 3M beschäftigte sich Spencer Silver mit der Erfindung eines Superklebers. Dabei stieß er allerdings auf eine klebrige Masse, die zwar auf vielen Materialien klebte, jedoch leicht wieder zu entfernen war. Innerhalb von 3M suchte man dann nach einem passenden Bedürfnis für diese Lösung. Das Ergebnis sind die heute sehr bekannten Klebezettel – Post It’s.
  • Eine marktgetriebene Rohidee
    Beispiel: Eine amerikanische Kartoffelchip-Firma beobachtete das steigende Bedürfnis ihrer Kunden nach fett- und cholesterinarmen Produkten. Damit diese Firma den neuen Trend besser verstand, richtete sie ihr Produktdesign, ihre Marktevaluierungen und ihren Vertrieb auf diesen neuen Markt aus. Das Ergebnis war eine neue entwickelte Kartoffelchip-Sorte, deren Fett der Körper nicht absorbiert.

Einer technologiegetriebenen Rohidee fehlt das passende Marktbedürfnis. In der Nacharbeit dieser ist es also wichtig, ein passendes Bedürfnis für die Vorteile dieser Rohidee zu finden. Dahingegen braucht eine marktgetriebenen Rohidee die passende Lösung.

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Zitat von Herbert Smith bei Project Gutenberg

Rohidee-Beispiele: „Fuzzy Front End: Effective Methods, Tools and Techniques

Ein Optionenportfolio für Innovationsprojekte

innovation portfolio

Im Artikel Das Innovationsportfolio haben wir gesehen, wie Innovationsprojekte in einem Portfolio organisiert werden können. Dabei sind verschiedene Dimensionen der Organisation möglich. Ein gutes Beispiel für ein solches Innovationsportfolio findet man in einem sehr lesenswerten Artikel von Ian MacMillan von der University of Pennsylvania und Rita McGrath von Columbia University.  Der Artikel heißt Crafting R&D Project Portfolios und bildet ein Kapitel im Buch Managing Strategic Innovation and Change von Michael Tushman und Philip Anderson.

In dem Modell von MacMillan und McGrath werden die Achsen des Portfoliodiagramms durch zwei Arten von Erfolgsungewissheit beschrieben, die jeweils in die Bereiche gering, mittel und hoch unterteilt werden. Die Marktungewissheit gibt an, wie unsicher der kommerzielle Erfolg des Projektes ist. Diese Ungewissheit wird beeinflusst durch Faktoren wie die Höhe der Nachfrage, mögliche Reaktionen der Konkurrenz oder der Einfluss von zukünftigen Gesetzen und Verordnungen. Die technische Ungewissheit dagegen beschreibt die Unsicherheiten bezüglich der Realisierbarkeit des Projektes. Diese werden unter anderem von den zu lösenden technischen Problemen, der Verfügbarkeit der notwendigen Ressourcen oder die Kosten für benötigte Infrastruktur beeinflusst.

Je nach ihrer Position im Portfolio haben unterschiedliche Innovationsprojekte unterschiedliche Bedeutungen für das Unternehmen.

Projekte, bei denen sowohl die Marktungewissheit als auch die technische Ungewissheit gering sind, sind inkrementelle Innovationen, z.B. Verbesserungsinnovationen an bestehenden Produkten oder schlichte Line Extensions. Solche Projekte sind technisch beherrschbar, und ihre kommerziellen Erfolgsaussichten können relativ sicher ermittelt werden.

Projekte, bei denen die Ungewissheit mittel ist, sind oft so genannte Plattformprojekte. Ein Plattformprojekt führt mittelfristig zu einem Produkt mit neuer Technologie, das als Grundlage für weitere (inkrementelle) Innovationen dienen soll.

Sowohl inkrementelle Projekte als auch Plattformprojekte dienen in erster Linie dazu, Umsätze zu sichern; sie sollen kurz- oder mittelfristig erfolgreiche Produkte hervorbringen, mit denen Marktanteile geschützt werden.

Die Innovationsprojekte, bei denen mindestens eine Dimension eine hohe Ungewissheit hat, sind dagegen laut MacMillan und McGrath als Optionen zu behandeln. An der Börse erwirbt man mit einer Kaufoption das Recht, in Zukunft eine bestimmte Aktie kaufen zu dürfen. Entwickelt sich das Wertpapier positiv, so macht man von diesem Recht Gebrauch; entwickelt sie sich negativ, so lässt man die Option ungenutzt verfallen. Optionen sind ein Mechanismus, mit dem man sich mit einem verhältnismäßig kleinen Betrag das Recht auf die Teilnahme an eine zukünftige positive Entwicklung kaufen kann. Aus dieser Überlegung heraus sind Innovationsprojekte mit hoher Ungewissheit als Option zu behandeln; sie sind „Eintrittskarten“ für eventuelle zukünftige Märkte oder Technologien.

Innovationsprojekte mit hoher technischer Ungewissheit, aber nur geringer oder mittlerer Marktunsicherheit werden Positionierungsoptionen genannt. Diese Projekte werden dann eingesetzt, wenn die Erfolgsaussichten einer bestimmten Technologie unbekannt sind, beispielsweise weil ihre Realisierbarkeit unklar ist oder weil verschiedene Technologien um die Vorherrschaft konkurrieren. Sollte sich die untersuchte Technologie als machbar bzw. als Sieger herausstellen, liefert die Positionierungsoption den Zugang zum Markt. Positionierungsoptionen haben also zum Ziel, Technologiefähigkeiten zu erwerben.

Innovationsprojekte mit hoher Marktunsicherheit, aber nur geringer oder mittlerer technischer Ungewissheit werden Kundschafteroptionen genannt. Dies sind Projekte,  bei denen die technische Machbarkeit zwar gegeben ist, es aber noch unklar ist, ob der Markt die neue Lösung annehmen wird bzw. ob sich die Lösung am Markt durchsetzen lässt. Kundschafteroptionen dienen dazu, Informationen über den Markt zu gewinnen.

Innovationsprojekte mit sowohl hoher Marktunsicherheit als auch hoher technischer Ungewissheit werden Trittsteinoptionen genannt, weil sie als Trittstein zu völlig neuen Lösungen und Märkten fungieren. Sie sind von ihrer Natur her sowohl Positionierungsoptionen als auch Kundschafteroptionen.

Je nach Branche und Art des Unternehmens haben die unterschiedlichen Felder des Portfolios eine unterschiedlich große Bedeutung. Eine gute Innovationsstrategie weiß um die Bedeutung der Felder und formuliert Ziele für jedes dieser Felder, die dann von Innovationsmanagement zu erfüllen sind. In einer technologisch sich schnell ändernden Branche beispielsweise wird der Anteil an Positionierungoptionen höher sein; in einem schnelllebigen, von Trends beherrschten Konsummarkt bekommen Kundschafteroptionen dagegen eine größeres Gewicht.

Wie im Beitrag Das Innovationsportfolio bereits geschrieben wurde, hat ein Innovationsportfolio Konsequenzen sowohl für die Ideengenerierung als auch für die Ideenbewertung. Eine Ideenfabrik zum Thema „Wir suchen Ideen für neue Plattformprodukte“ lässt sich wesentlich zielgenauer gestalten als eine zum Thema „Wir suchen Ideen für neue Produkte„. Analog ist auch die Ideenbewertung bei der ersten Aufgabenstellung wesentlich zielführender als bei der zweiten. Aus diesem Grund ist die Verknüpfung mit der Innovationsstrategie ein wichtiger Bestandteil jedes Ideenfindungsauftrags.

 

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Das Innovationsportfolio

innovationsportfolio

Das Innovationsportfolio ist ein wichtiges Instrument der Innovationstrategie, das unmittelbare Konsequenzen für das Innovationsmanagement hat. Es dient dazu, die Gesamtheit aller Innovationsprojekte eines Unternehmens zu visualisieren und zu strukturieren. Damit soll erreicht werden, dass die Innovationsaktivitäten eines Unternehmens ausgewogen sind; es soll vermieden werden, dass in manchen Innovationsbereichen zu viel investiert wird, während andere Bereiche vernachlässigt werden.

Eine typische Gliederungsstruktur  für eine Innovationsportfolio ist die bekannte dreidimensionale Darstellung im Diagramm oben. Alle aktuellen Innovationsprojekte des Unternehmens werden als Kreise im Diagramm platziert. Dabei bezeichnen die zwei Raumachsen Dimension 1 und Dimension 2 sowie das Kreisdurchmesser relevante Merkmale von Innovationsprojekten. Mögliche Merkmale sind unter anderem:

  • Marktunsicherheit
  • Technische Unsicherheit
  • Erwarteter Umsatz
  • Dauer bis zur Realisierung
  • Realisierungsaufwand
  • Strategisches Potential

Das Innovationsportfolio spielt eine wichtige Rolle in der letzten Phase der Ideenbewertung. Dort werden die Ideen im Portfoliodiagramm verortet, und es wird geprüft, ob die zu bewertende Idee eine sinnvolle Ergänzung zum Gesamtbild darstellt. Ideen, die auf einem bereits besetzten Platz landen, können zurückgestellt werden, oder sie können das dort vorhandene Projekt verdrängen. Ideen, die im Gegensatz dazu eine wichtige Lücke schließen, erhalten eine entsprechend höhere Priorität.

Das Innovationsportfolio spielt auch bei der Suchfeldbestimmung eine wichtige Rolle, denn gefährliche Lücken im Portfolio liefern den Anlass für eine gezielte Ideenproduktion, bei der der Innovationsmanager eine auf die Lücke maßgeschneiderte Ideenfindungsaufgabe formulieren kann.

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Äpfel und Birnen in der Ideenbewertung

äpfel und birnen in der ideenbewertung

Eine der fundamentalen Schwierigkeiten der Ideenbewertung ist das „Äpfel-Birnen-Problem“. Aus einer Menge von Ideen sollen die besten selektiert werden, die dann in die nächste Phase des Bewertungsprozesses gelangen. Dabei sind die Ideen, die während einer Ideenproduktion entstanden sind, meistens sehr unterschiedlicher Natur, und sie zu vergleichen ist daher wenig sinnvoll. Tut man dies dennoch, kommt es fast unausweichlich zu Bewertungsfehlern.

Ideen können sich in vielerlei Hinsicht unterscheiden, sowohl nach ihrer Art als nach ihrer Bedeutung:

  • Inkrementelle Verbesserung oder radikale Innovation?
  • Sustaining Innovation oder disruptive Innovation?
  • Marktneuerung oder Technologieneuerung?
  • Neues Feature oder neue Plattform?
  • Kurzfristiger Umsatzschutz oder strategische Option?

Es macht nur Sinn, Ideen gegeneinander konkurrieren zu lassen, die tatsächlich vergleichbar sind. Man sollte beispielsweise fragen, „Welche Idee stellt die beste inkrementelle Verbesserung dar?“ statt einfach nur „Welche Idee ist die Beste von allen?“

Stellen wir uns zum Beispiel vor, wir nehmen an einer Ideenbewertung bei Sony Anfang der achtziger Jahre teil. Es liegen drei Ideen zur Bewertung vor:

  1. „Wir brauchen eine gegen Spritzwasser geschützte Variante des (Kassetten-) Walkmans.“
  2. „Wir sollten einen Walkman auf CD-Basis entwickeln.“
  3. „Wir sollten ein Hollywood-Studio kaufen.“

Diese drei Ideen dienen alle sehr unterschiedlichen Zwecken:

  1. Der wasserdichte Walkman ist eine Linienerweiterung der bereits erfolgreichen Walkman-Serie und dient dazu, kurzfristig neue Umsätze zu generieren.
  2. Der CD-Walkman ist eine radikale Innovation auf der Basis einer neuen Technologie, die erhebliche Leistungsvorteile gegenüber der bestehenden Technologie besitzt. Mit ihr sichert sich Sony einen Marktanteil in der mittelfristigen Zukunft.
  3. Durch den Kauf eines Hollywood-Studios erhält Sony Zugang zu Inhalten für verschiedene Mediengeräte. Dies soll ihre Attraktivität erhöhen und einen Wettbewerbsvorteil gegenüber konkurrierenden Formaten sichern.

Rückblickend ist es klar, dass alle drei Ideen für Sony sinnvoll waren und eine weitere Untersuchung verdient hatten. Ebenso klar ist, dass sie auf Grund ihrer völlig unterschiedlichen Bedeutung für das Unternehmen auch unterschiedliche Bewertungsmaßstäben unterzogen werden sollten. Auf keinen Fall sollten sie miteinander konkurrieren!

Obwohl diese Einsicht auf der Hand liegt, beobachten wir häufig, dass vielen Unternehmen (und Autoren) diese Gefahr nicht bewusst ist: Dutzende von Ideen unterschiedlichster Art sollen auf Grund einer einheitlichen Liste von Bewertungskriterien gegeneinander antreten. Die Auswahl verläuft erfahrungsgemäß entsprechend kontrovers, wenn die Teilnehmer die unterschiedlichen Vorzüge unterschiedlich favorisieren. Dann findet der sprichwörtliche Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen statt.

Die Lösung für das Problem liegt im Prinzip nahe: Die Ideen müssen vor der Bewertung in verschiedene Kategorien unterteilt werden, und jede Kategorie muss getrennt behandelt werden. Diese Kategorien sollten nach den unterschiedlichen Funktionen der darin enthaltenen Ideen gewählt werden. Mit diesem Vorgehen konkurrieren dann nur solche Ideen miteinander, die für den Auftraggeber dieselbe Bedeutung haben.

Die Kunst an der Sache liegt allerdings darin, die relevanten Kategorien zu identifizieren. Diese hängen nicht nur von innovationstheoretischen Überlegungen ab, sondern auch von den Details der Aufgabenstellung und dem Innovationsmanagement des Auftraggebers ab.

P.S. Sony hat alle drei Ideen verwirklicht.

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7 Regeln für die Ideenbewertung