Methoden zur Ideenfindung

Im Internet findet man mehr als Hundert verschiedene Methoden zur Ideenfindung – die Webseite mycoted.com zeigt beispielsweise 192 verschiedene Kreativitätstechniken. In unseren Workshops bieten wir unseren Teilnehmern aber nur drei verschiedene Ansätze, um ihre Aufgabe zu lösen. In diesem Artikel beschreiben wir diese drei Ansätze zur Ideenfindung, und wir erklären, warum wir keine weiteren Methoden benötigen.

Warum wir Methoden zur Ideenfindung benötigen

Ideenfindung Methode

Das Paradoxe an Ideen ist, dass sie vorher schwierig zu finden sind, aber hinterher offensichtlich zu sein scheinen. Es hat zum Beispiel bis 1987 gedauert, bis der Pilot Robert Plath auf den ’naheliegenden‘ Gedanken gekommen ist, einen Koffer mit Rädern und einer Teleskopstange auszustatten. Die Idee ist nützlich und verständlich; trotzdem hat es sehr lange gedauert, bis jemand darauf gekommen ist.

Methoden zur Ideenfindung existieren, um diese Blockade zu überwinden. Darum enthalten die besten Techniken einen Perspektivwechsel, der den Ideensuchenden auf einen anderen Gedanken lenkt. Die Blockade wird dadurch umgangen, und der neue Gedanke führt leichter zu einer Idee.

Drei Blockaden, drei Lösungsansätze

Nach mehr als fünfzehn Jahren in der Durchführung von Ideenworkshops haben wir erkannt, dass es drei Arten von Blockade im Kopf gibt, die das spontane Finden von Ideen verhindern. Wir brauchen also für jede dieser Blockaden einen Ansatz, um sie zu umgehen.

Fehlende Inspiration ⇒ Inspiration liefern

Die erste Blockade nennen wir fehlende Inspiration – man findet keine Konzepte im Kopf, die einen inspirieren. Dies ist die Blockade, die jeder häufig erlebt hat. Man kann sie auflösen, indem man sich Inspirationen besorgt. Im Titelbild ist das Symbol für diese Kategorie von Methoden zur Ideenfindung das Schmetterlingsnetz, mit dem man Inspirationen einfängt. In unseren Innovationsworkshops liefern wir Inspiration an die Teilnehmer mit der Analogietechnik und der Mr. X Technik.

Bei der Analogietechnik suchen wir Gegenstände oder Personen, die Eigenschaften mit der Aufgabenstellung gemeinsam haben. Diese Perspektivwechsel haben die größten Chancen, bei unseren Teilnehmern nützliche Ideen anzuregen. Die Vorbereitung setzt eine intensive Auseinandersetzung mit der Aufgabenstellung voraus. Für einen Auftraggeber aus der Investitionsgüterindustrie, der Dienstleistungsideen suchte, mussten wir zum Beispiel passende Vorbilder wie Rolls Royce recherchieren.

Der große Vorteil der Analogietechnik ist, dass wir sie an die Aufgabe anpassen können. Analogien können weit hergeholt sein oder dicht an der Aufgabenstellung liegen. Wir können sie als Bilder in einer Galerie aufhängen oder am Tisch auf Karten ausspielen wie im Kasino. Für einen Auftraggeber, der weiterführende Ideen für ein elektromechanisches Produkt suchte, haben wir während der Workshopvorbereitung diesen Kompositbogen als technische Analogie gefunden. Durch die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Geräten hat dieser Bogen den Ingenieuren geholfen, neue Features für ihr Produkt zu entdecken.

Betriebsblindheit ⇒ Annahmen aufheben

Die zweite Blockade ist die Betriebsblindheit: wenn man sich lang genug an eine bestimmte Sache gewöhnt, erkennt man nicht mehr die Möglichkeit, dass sie auch anders sein könnte. Damit ist es sehr schwierig, auf eine Idee zu kommen, die dieser bekannten Wirklichkeit widerspricht. Die Nähmaschine wurde erst möglich, als Balthasar Krems sich von dem gewohnten Bild der Nähnadel befreite und sich das Öhr am selben Ende der Nadel wie die Spitze vorstellte.

Die Betriebsblindheit kann man mit Hilfe der Provokationstechnik überwinden. Diese Methode zur Ideenfindung besteht aus zwei Schritten:

  1. Man benennt offensichtliche und unumstrittene Beobachtungen über die vorliegende Situation.
    (Die Öse und die Spitze befinden sich an unterschiedlichen Enden der Nadel.)
  2. Man verfälscht diese Beobachtungen mit dem Ziel, das Denken aus der gewohnten Bahn zu reißen.
    (Die Öse und die Spitze befinden sich am selben Ende der Nadel.)

Schritt 2 ist verhältnismäßig einfach. Dagegen fällt Schritt 1 gerade dem Experten oft schwer.

Wenn man auf diese Weise von der alten Denkweise kurzfristig befreit ist, ist der Weg frei, auf eine innovative Idee zu stoßen. Unser Symbol für die Provokation ist der Blitz.

provokationstechnik

Eine gute Übung, um die Provokationstechnik kennenzulernen besteht darin, ein neuartiges Kartenspiel zu erfinden. Ein Beispiel für die zwei Schritte könnte dann sein:

  1. Beobachtung: Die Spielregeln sind für alle Spieler gleich.
  2. Verfälschung: Für jeden Spieler gelten andere Spielregeln.

Es fällt dann nicht mehr schwer, sich ein neuartiges Kartenspiel vorzustellen, bei dem die Spielregeln für jeden Spieler anders sind. Es könnten zum Beispiel individuelle Spielregeln unter den Karten vermischt sein. Wer eine solche Karte zieht, muss ab sofort die neue, persönliche Regel befolgen.

Schlummerndes Wissen ⇒ Situationsanalyse

Die dritte Blockade entsteht, weil man das eigene Wissen nicht sofort parat hat. Da sagt man sich, ich weiß nicht, was ich für einen Kuchen backen will, obwohl man genau weiß, welche Zutaten man gerade im Haus hat und welche Rezepte man kennt. Man weiß es eigentlich schon, aber es liegt nicht abrufbereit im Vordergrund des Bewusstseins. Dann braucht es eine sanfte Erinnerung, sich wieder bewusst zu werden, was man schon weiß.

Die dritte Kategorie von Methoden zur Ideenfindung ist also ein Ins-Bewusstsein-rufen der relevanten Aspekte der Situation. Für Teilnehmer ohne das entsprechende Hintergrundwissen ist die Methode eine Art fachliche Ausbildung. Unser Symbol für diese Analyse ist das Mikroskop.

Wir setzen die Situationsanalyse auf zwei Weisen ein: die Semantische Intuition und die Suchfeldmatrix. Beide Methoden betrachten die Ideenfindungsaufgabe aus zwei verschiedenen Blickwinkeln oder Dimensionen. Beide Dimensionen werden analysiert; das Ergebnis sind zwei Listen von Anregungen, die die Workshop-Teilnehmer beliebig kombinieren können.

suchfeldmatrix

Für die Aufgabe Was könnten wir dem Publikum beim nächsten Tag der offenen Tür unseres Opernhauses anbieten? könnten wir die zwei Dimensionen Was gibt es im Opernhaus? und Wann gelingt ein Familienausflug? wählen. Das könnte wiederum zur folgenden Analyse führen:

Opernhaus: Orchesterprobe, Bühnenbild, Kostüme, Regie, …

Familienausflug: Spaß haben, etwas Gemeinsames machen, etwas Neues ausprobieren, etwas Besonderes erleben, …

Bei der Suchfeldmatrix werden diese Anregungen in einer Matrix visualisiert, um alle Kombinationsmöglichkeiten sichtbar zu machen. Bei der Semantischen Intuition dagegen werden Wortschöpfungen wie Orchestererlebnis oder Kostümspaß gebildet. In beiden Fällen liefern die Kombinationen sofort Inspiration für den Tag der offenen Tür.

Was ist mit allen anderen Methoden?

Die große Zahl der weiteren Methoden täuscht, weil viele der Methoden im Kern gleich sind. Ob bei der Zufallstechnik die Anregungen aus einem Lexikon, einem Warenkatalog oder irgendeiner anderen Quelle stammen, ist vom Prinzip her egal. Das sind in unseren Augen nur Varianten derselben Methode.

Es gibt drei große Kategorien von Techniken, die für uns als Methode zur Ideenfindung nicht in Frage kommen – entweder weil sie zu wenig effektiv sind oder weil sie einem anderen Zweck dienen.

Die Methode bietet keinen Perspektivwechsel

Einige bekannte Methoden enthalten keinen Perspektivwechsel. Von den 101 Methoden in Arthur VanGundys Buch 101 Activities for Teaching Creativity and Problem Solving bieten sogar mehr als 50% keinen Perspektivwechsel. Zu dieser Kategorie gehören die 6-3-5-Methode, der Brainwriting Pool, die Galeriemethode und das klassische Brainstorming. Ohne Unterstützung durch einen Perspektivwechsel müssen die Workshop-Teilnehmer aus eigener Kraft auf neue Ideen kommen; angesichts der Denkblockaden ist es nicht verwunderlich, wenn diese Methoden oft wenig ergiebig sind. Die Zeitschrift brand eins berichtete einmal von einem Ideenworkshop, bei dem rund 1.500 Ideen erzeugt wurden, von denen aber nur eine oder zwei wirklich brauchbar waren.

Die meisten Ideenfindungsaufgaben, mit denen wir beauftragt werden, sind anspruchsvoll; es geht beispielsweise um neue Produkte für einen Automobilzulieferer oder die Optimierung einer technischen Dienstleistung im Flugzeugbau. Dafür reichen Techniken, die keine Perspektivwechsel bieten, nicht aus.

Der Perspektivwechsel ist wenig hilfreich

Einige Methoden zur Ideenfindung setzt zwar Perspektivwechsel ein, diese sind aber für anspruchsvolle Aufgaben zu allgemein oder zu wenig relevant. Zu dieser Kategorie gehören SCAMPER und die Osborn-Checkliste. Beispielsweise ist die Anweisung Verändere etwas! aus der SCAMPER-Liste zu vage, um hilfreich zu sein. Dagegen führt die Provokation Die Schaltfeder hat ein nichtlineares Arbeitsprofil bei einem Ingenieur, der sein Gerät gut kennt, möglicherweise zu einer interessanten Idee.

Auch die Zufallstechnik gehört zu dieser Kategorie. Sie verwendet zufällige Perspektivwechsel wie

  • Papagei, Joghurt, Philosoph, Dschungel, Waschmaschine

Auch wenn solche Anregungen hin und wieder eine gute Idee inspirieren, ist die Trefferrate der Zufallstechnik (die bei weniger als 1% liegen kann!) für unsere Zwecke viel zu gering.

Die Methode macht eigentlich etwas anderes

Manche Techniken dienen einem anderen Zweck und zählen für uns nicht als Methoden zur Ideenfindung. Zum Beispiel hilft die Disney-Methode, eine bereits vorhandene Idee aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu untersuchen. Die Sechs Hüte Methode von Edward de Bono ist ein beliebtes Werkzeug, das oft als Kreativitätstechnik zitiert wird. In Wirklichkeit aber ist sie eine Hilfe, um Diskussionen effektiver zu gestalten.

Bedeutung für die Praxis

Wenn wir einen Kundenworkshop vorbereiten, planen wir normalerweise alle drei Ansätze Inspiration liefern, Annahme aufheben und Situationsanalyse ein. Je mehr die Aufgabe durch Randbedingungen und technische Einzelheiten geprägt ist, desto größer wird der Anteil der Situationsanalyse.

Bild von zwei Kindern im Kostüm by brgfx on Freepik

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Moderation von Innovationsworkshops

Zuletzt aktualisiert am 22. April 2024 von Graham Horton

 


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Innovationsworkshop für einen Automobilzulieferer 2007

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