provokationstechnik

Was ist die Provokationstechnik?

Die Provokationstechnik ist eine der wichtigsten Ideenfindungsmethoden. Sie basiert auf einem überraschenden Perspektivwechsel, der die bekannte Wirklichkeit in Frage stellt. Provokationen können für jede Art von Ideenfindungsaufgabe eingesetzt werden. Sie zählt für uns zu den wichtigsten Methoden der Ideenfindung und hat in unseren Innovationsworkshops hat sie einen festen Platz.

Provokationen sind Methoden, die im verborgenen Suchbereich für Ideen arbeiten, weil sie auf Anregungen beruhen, die im Alltag nicht vorkommen und auf den ersten Blick weder logisch noch hilfreich erscheinen.

Die Denkschritte der Provokationstechnik sind wertvolle kreative Fähigkeiten, und sie eignet sich daher gut als Übung für das Kreative Denken.

Provokationen

Eine Provokation ist eine Aussage, die das Denken aus der gewohnten Bahn reißen soll. Sie erreicht dieses Ziel, indem sie bewusst eine Aussage macht, die nicht richtig ist oder nicht mit der Lebenserfahrung übereinstimmt. Dadurch eröffnen sich neue Perspektiven, auf die man sonst nie gekommen wäre. Hier sind ein paar Kostproben:

  • Die Ostsee ist voller Cola.
  • In einer Vorlesung gibt es keine Studenten.
  • Alle Polizisten heißen Stefanie.

Provokationen brechen mit den üblichen Regeln des Denkens:

  • Sie müssen nicht logisch, vernünftig oder möglich sein.
  • Sie bedürfen keiner Begründung.
  • Sie müssen nicht zum Erfolg führen.
  • Sie wirken meistens absurd.

Provokationen sind Mittel des lateralen Denkens, sie existieren nur als Brücke zu einer neuen Idee. Als normale Aussagen über die Welt gesehen wären Provokationen immer „falsch“. Sie sind aber nicht dazu da, um diskutiert zu werden, sondern lediglich als Anregung zu dienen. Sie stellen Aussagen hin, ohne dabei etwas zu behaupten und wollen weder wahr noch falsch sein.

Es ist wichtig, zwischen gewöhnlichen Alltagsaussagen und Provokationen zu unterscheiden: Die Provokation Ich schenke Ihnen ein Tausend Euro ist etwas ganz Anderes als die „normale“ Aussage Ich schenke Ihnen Tausend Euro! Manche Workshop-Teilnehmer tun sich mit Provokationen schwer. In solchen Fällen (und um peinliche Verwechslungen zu vemeiden!) kann man ihnen Phrasen wie Was wäre, wenn … oder Nehmen wir an, … voranstellen.

Arten von Provokation

 Es gibt fünf Arten von Provokation, die die Wirklichkeit auf unterschiedliche Weise auf den Kopf stellen.

Verfälschung

Bei der Verfälschung wird eine qualitative Eigenschaft einer Sache verändert:

  • Die Regeln des Kartenspiels sind veränderlich.
  • Das Fußballfeld ist hügelig.
  • Eine Visitenkarte hat eine pelzige Oberfläche.
  • Alle Spieler haben unterschiedliche Spielziele.
  • Prüfungen finden im Freien statt.

Verfälschungen geben neue Einsichten, was anders sein könnte und führen manchmal direkt zu neuen Ideen.

Umkehrung

Bei der Umkehrung wird eine Aussage auf den Kopf gestellt, indem man Sachen vertauscht:

  • Das Zifferblatt bewegt sich, die Zeiger stehen still.
  • Der Snack isst den Käufer.
  • Der Gastwirt trinkt, die Gäste schenken aus.
  • Das Volk macht Gesetze für die Politiker.
  • Die Karten spielen mit den Menschen.

Umkehrungen ermöglichen den Blick für neue Beziehungen und Wechselwirkungen.

Idealfall

Man benennt den idealen Zustand oder das Wunschergebnis:

  • Alle Mitspieler sind Sieger.
  • Jeder Student erhält einen Abschluss.
  • Wir liefern nie ein kaputtes Produkt aus.
  • Der Supermarkt macht nie zu.
  • Die Akkus halten unbegrenzt lang.

Übertreibung

Hier wird ein quantitatives Attribut vergrößert oder verkleinert:

  • Das Studium dauert 10 Jahre.
  • Der Bleistift ist 100cm lang.
  • Das Land hat zwei Bundestage.
  • Man bekommt jeden Tag sein Gehalt ausbezahlt.
  • Jeder hat dreimal im Jahr Geburtstag.

Aufhebung von Annahmen

Eine Annahme, die man bisher über die Welt gemacht hat, einfach aufheben:

  • Die Universität hat keine Professoren.
  • Im Werbespot gibt es kein Bild zu sehen.
  • Man kann gewinnen, ohne die Spielregeln zu kennen.
  • Meine Visitenkarte enthält keine Adresse.
  • Das Gerät braucht keine Stromversorgung.

Im Grunde ist jede Art von Provokation das Aufheben einer Annahme. Die Fähigkeit, Annahmen zu erkennen und in Frage zu stellen ist eine sehr nützliche kreative Fähigkeit.

Vorgehen

Die Provokationstechnik vollzieht sich in drei Schritten:

  1. Attribute der Aufgabenstellung sammeln
  2. Attribute in Provokationen umwandeln
  3. Versuchen, aus den Provokationen Ideen abzuleiten

Für Schritt 1 ist eine wichtige Fähigkeit notwendig, nämlich das Offensichtliche sehen zu können. Im zweiten Schritt ist es hilfreich, die Gläubigkeit aussetzen zu können. Für Schritt drei ist Beharrlichkeit eine gute Voraussetzung, weil er oft fehlschlägt. Dies ist ganz normal – eine hohe Erfolgsrate im letzten Schritt bedeutet möglicherweise, dass die Provokationen zu konservativ sind! Der Filmemacher Woody Allen soll einmal gesagt haben:

If you’re not failing every now and again, it’s a sign you’re not doing anything very innovative.

Edward de Bono, der Erfinder der Provokationstechnik, behauptet, Provokationen sollten eine Erfolgsquote von höchstens 40% haben, d.h. mehr als die Hälfte davon darf nicht zu einer Idee führen. Eine höhere Quote würde nämlich bedeuten, dass die Provokationen zu zaghaft gewählt worden sind. In diesem Sinne sind Provokationen ‚risikobehaftete‘ Gedanken, und nur wer bereit ist, das Denkrisiko einzugehen, kann durch innovative Ideen belohnt werden.

Beispiele für die Anwendung von Provokationen

Das folgende, bekannte Beispiel für die Anwendung der Provokation stammt aus dem Flugzeugbau. Es wurden neue Ideen für Passagierflugzeuge gesucht. Es wurde das Attribut genannt:

Das Cockpit ist vorne im Flugzeug.

Daraus entstand die Provokation:

Das Cockpit ist hinten im Flugzeug.

Daraus entwickelte sich der folgende Gedankengang:

Wenn das Cockpit hinten wäre, könnten die Passagiere durch das Fenster nach vorne hinausschauen.

Man könnte eine Videokamera in die Spitze des Flugzeugs einbauen und das Bild auf den Monitoren in der Passagierkabine zeigen.

Die Kopfstandtechnik ist ein weiteres Beispiel für eine Provokationsmethode, die die Aufgabenstellung selbst auf den Kopf stellt.

Gute und schlechte Provokationen

Gute Provokationen stellen Annahmen in Frage, die für die Aufgabenstellung grundlegend und relevant sind. Für eine Universität wäre das zum Beispiel:

  • Weniger gut: Die Bibliothek ist bis 20 Uhr geöffnet.
  • Gut: Der Staat bezahlt die Professorengehälter.

Der Grund liegt darin, dass innovative, nützliche Ideen dann entstehen, wenn sie die wichtigen, relevanten Merkmale der Aufgabe betreffen und mit Glaubenssätzen brechen, die die ganze Welt bisher für gegeben gehalten hat. Aus den beiden oben stehenden Beobachtungen über die Universität ergeben sich beispielsweise die zwei Provokationen:

  • Weniger gut: Die Bibliothek ist bis Mitternacht geöffnet.
  • Gut: Die Studenten bezahlen die Professorengehälter.

Die erste Provokation wird vermutlich nicht zu radikalen Innovationen für eine Universität führen. Die zweite könnte sich als sehr interessant erweisen, wenn man sich erst einmal die Konsequenzen der Provokation bewusst macht.

Es ist schwierig, gute Attribute für die Provokation zu finden. Man braucht viel Erfahrung, um sie aufzudecken, denn sie sind so selbstverständlich, dass sie normalerweise unsichtbar sind.

Vor- und Nachteile

Der große Vorteil der Provokationstechnik ist, dass sie sehr innovative Ideen produzieren kann. Das ist im nachhinein schwer zu erkennen, weil die verwirklichte Idee wie eine Selbstverständlichkeit wirkt. Es musste aber jemand erst einmal darauf kommen zu sagen Die Biergläser werden von unten befüllt oder Es gibt für jeden Tag der Woche einen anderen Teppich.

Die Provokationstechnik hat aber auch zwei wesentliche Nachteile: Sie geht öfter schief, als sie zum Erfolg führt, was anstrengend werden kann, und nicht jeder kommt mit der Denkweise klar.

Anwendungsbeispiele

Wir berichten hier von einem Kundenprojekt, bei dem die Provokationstechnik eine wichtige Rolle gespielt hat. Wir haben auch einige weitere Beispiele für Provokationen gesammelt:

Links

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Zuletzt aktualisiert am 31. März 2024 von Graham Horton

 


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