Die Osborn-Checkliste ist eine der ältesten und bekanntesten Techniken zur Ideenfindung. Sie wurde von Alex Osborn erfunden und erschien 1953 in seinem Buch Applied Imagination. Sie geht von einer vorliegenden Situation wie eine Idee oder ein Produkt aus und enthält Handlungsvorschläge, wie diese verändert werden könnte.
Die Osborn-Checkliste
Die Checkliste besteht aus sieben Einträgen:
- Substitute (Ersetzen): Was können wir an der vorliegenden Situation ersetzen?
- Combine (Kombinieren): Welche Elemente könnten wir kombinieren?
- Adapt (Anpassen): Was könnten wir von woanders übernehmen und anpassen?
- Modify (Verändern): Wie könnten wir die Idee verändern?
- Magnify (Vergrößern): Was könnten wir hinzufügen oder vergrößern?
- Minify (Verkleinern): Was könnten wir entfernen oder verkleinern?
- Put to other uses (Anders verwenden): Was könnten wir für einen anderen Zweck einsetzen ?
- Rearrange (Umstellen): Was könnten wir neu anordnen?
- Reverse (Umkehren): Was könnten wir auf den Kopf stellen oder vertauschen?
Wegen der Erstbuchstaben der Listeneinträge im englischen Original wird die Osborn-Checkliste manchmal auch SCAMPR genannt. Daraus ist später durch Hinzufügen der Anregung Eliminate (Entfernen) die SCAMPER- bzw. SCAMMPERR-Checkliste entstanden.
Das Original in Osborns Buch
Wir besitzen ein Exemplar der ersten Ausgabe von Applied Imagination. Die berühmte Checkliste steht auf Seite 284:
Osborn wusste, dass die neun Anregungen zu abstrakt sind, um Ideen anzuregen. Er verbringt im Buch viel Zeit damit, sie zu begründen und mit Konkretisierungsfragen anzureichern. Die Checkliste ist eine Zusammenfassung der vorausgegangenen 60 Buchseiten, und einige dieser Fragen sind in der Checkliste zu sehen. Der Wikipedia-Eintrag zur Osborn-Checkliste enthält viele Beispiele für Konkretisierungsfragen.
Anwendungsbeispiel
Wir können die Osborn-Checkliste auf unser eigenes Produkt – den Ideenworkshop – anwenden:
- Substitute (Ersetzen): Wir ersetzen die Klebepunkte bei der Schlussbewertung durch Million-Dollar-Scheine (Spielgeld!), um den Wert der Ideen zu symbolisieren.
- Combine (Kombinieren): Wir schreiben Anregungen aus einer der Ideenfindungsmethoden auf die Rückseiten der Namensschilder.
- Adapt (Anpassen): Wir übernehmen den Elevator Pitch aus der Startup-Welt und nutzen ihn zur Präsentation der Siegerideen am Ende des Workshops.
- Modify (Verändern): Wir lockern unseren sonst strengen Zeitplan auf und geben den Teilnehmern eine halbe Stunde, in der sie an ihren Ideen arbeiten können.
- Magnify (Vergrößern): Wir verlängern den Workshop auf zwei ganze Tage für besonders anspruchsvolle Aufgaben.
- Minify (Verkleinern): Wir schaffen die Ideenbewertung ab und geben sie dem Kunden als Hausaufgabe mit.
- Put to other uses (Anders verwenden): Wir stellen die Pinnwände als enges ‘U’ zusammen, um einen Fahrstuhl für die Elevator Pitches zu simulieren.
- Rearrange (Umstellen): Wir platzieren die Kaffeepause nach der Clustering-Phase, damit die Teilnehmer während der Pause die ausgestellten Ideen ansehen können.
- Reverse (Umkehren): Wir lassen die Teilnehmer Ideen zur Stärkung der Konkurrenz brainstormen, (um Entwicklungsrichtungen für die eigene Verbesserung zu identifizieren!)
Nachteile der Methode
Für den Einsatz in der Ideenfindung sind die Perspektivwechsel der Osborn-Checkliste unserer Meinung nach wenig geeignet. Man kann mit ihr keine neuen Ideen gewinnen, sondern lediglich eine bereits vorliegende Sache anpassen.
Die Checkliste enthält auch kein Ziel. Sie liefert keine Hinweise, wo oder zu welchem Zweck etwas angepasst, vergrößert, verkleinert usw. werden soll. Auch wenn man Komponenten der Aufgabenstellung zu den Vorschlägen hinzufügt, werden die Anregungen kaum hilfreicher: Aufforderungen wie Ersetze das Zahnrad! oder Verändere die Stange! sind nicht wirklich hilfreich.
Ziele sind aber für eine wirksame Ideenfindung essenziell. Deswegen ist die Methode kaum zur Optimierung eines Produktes geeignet, wie oft behauptet wird. Denn zur Optimierung gehört ein Ziel; bei einem Produkt beispielsweise die Leistung, die Flexibilität oder die Ergonomie.
Dagegen haben die drei Ansätze zur Ideenfindung, die wir in unseren Ideen- und Innovationsworkshops einsetzen, diese Eigenschaft. Darum gehört die Osborn-Checkliste zu den Methoden, die wir – trotz ihres hohen Bekanntheitsgrades – in unseren Workshops nicht einsetzen.
Eine Verbesserung von Osborns Methode
Wir können diesen zweiten Nachteil der Methode beseitigen, indem wir die Osborn-Checkliste zu einer Suchfeldmatrix ausbauen. Die Suchfeldmatrix besteht aus zwei Checklisten, und es sind Kombinationen aus Elementen beider Checklisten, die die Inspiration für neue Ideen liefern.
Die erste Dimension der Suchfeldmatrix ist die Osborn-Checkliste, und die zweite besteht aus dem Ziel der Ideenfindung. Bei einer Aufgabe in der Produktentwicklung könnte dieses Ziel zum Beispiel die PERFECT-Liste sein. Jede Zelle in der Matrix stellt eine Kombination aus einer Zeile und einer Spalte dar und liefert eine Anregung, die sowohl einen Handlungsvorschlag als auch ein gewünschtes Ergebnis enthält. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Kombination zu einer guten Idee führt, ist viel höher, als mit der Osborn-Liste allein.
In diesem Beispiel sind die Spalten der Suchfeldmatrix mit den Osborn-Vorschlägen belegt, und die Reihen enthalten typische Ziele der Produktentwicklung. Im Ideenworkshop stellt der Moderator Anregungen durch Kombinieren zweier Überschriften her, zum Beispiel:
- Was könnten wir verändern, um das Produkt nachhaltiger zu machen?
- Was könnten wir ersetzen, um die Kosten des Produktes zu senken?
- Was könnten wir neu anordnen, um die Herstellung des Produktes zu vereinfachen?
Für die Ingenieure, die das Produkt kennen, können derartige Anregungen sehr hilfreich sein.
Der Moderator könnte die Methode nochmal verstärken, indem er Komponenten oder Funktionen des Produktes in die Anregungen integriert, zum Beispiel:
- Was könnten wir am Gehäuse verändern, um das Produkt nachhaltiger zu machen?
- Was könnten wir in der Mechanik ersetzen, um die Kosten des Produktes zu senken?
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Zuletzt aktualisiert am 26. April 2024 von Graham Horton