6-3-5 methode

Die 6-3-5 Methode

Die 6-3-5 Methode ist eine Kreativitätstechnik, bei der sechs Personen in 30 Minuten bis zu 108 Ideen produzieren können. Sie ist eine Brainwriting-Technik und zählt in Deutschland zu den beliebtesten Methoden zur Ideenfindung.

Die Methode wurde 1968 von Bernd Rohrbach erfunden [1]. Sie ist auch als 635-Technik, Methode 635 und Round Robin bekannt. Der Name ist aus dem Ablauf abgeleitet: Sechs Personen haben fünf Minuten Zeit, um jeweils drei Ideen aufzuschreiben.

In der Taxonomie der Deutschen Gesellschaft für Kreativität gehört sie zu den Techniken der freien Assoziation.

Die Methode basiert auf der Annahme, dass gute Ideen entstehen können, wenn unterschiedliche Personen auf den Beiträgen anderer aufbauen. Ihr Ablauf ist so gestaltet, um bestimmte Nachteile des traditionellen Brainstormings zu vermeiden.

Anwendungsgebiete

Die 6-3-5 Methode eignet sich nicht, um neue, originelle Ideen für anspruchsvolle Aufgaben zu gewinnen. Das liegt daran, dass sie keinen Perspektivwechsel enthält. Deswegen funktioniert die Methode besser, wenn die Aufgabenstellung eher einfach ist, oder wenn die Teilnehmer viel Erfahrung mit Ideenfindung haben.

Am besten eignet sie sich für die Anreicherung und Erweiterung von bereits vorliegenden Ideen. In diesem Fall steht oben auf dem Vordruck keine Aufgabenstellung (Wie könnten wir …?), sondern eine Anregung oder ein Vorschlag (Wir könnten …). In diesem Sinne kann sie zur Anreicherung von Rohideen im Design Thinking verwendet werden.

Vorbereitung

6-3-5 methode vordruck

Ein Vorteil der Methode ist, dass sie keine inhaltliche Vorbereitung benötigt.

An Material braucht es nur Stifte und Papier. Die Blätter sind in drei Spalten und sechs Reihen eingeteilt, und ganz oben steht die Aufgabenstellung für die Runde.

Die Blätter können entweder live durch die Teilnehmer selbst vorbereitet werden, oder es können Vordrucke benutzt werden. Um im Workshop Zeit zu sparen, empfehlen wir, immer fertige Vordrucke mitzubringen.

Ablauf

6-3-5 methode stoppuhr

Die Methode ist in ihrer Grundform denkbar einfach:

  1. Die sechs Teilnehmer sitzen im Kreis an einem Tisch. Jeder hat einen Stift und einen Vordruck.
  2. Die Teilnehmer lassen sich von den schon vorhandenen Ideen auf ihrem Blatt inspirieren.
  3. Jeder Teilnehmer trägt drei Ideen in die oberste freie Reihe seines Vordrucks ein.
  4. Jeder Teilnehmer gibt seinen Vordruck an seinen linken Nachbarn weiter.
  5. (Die Schritte 2 bis 4 wird so oft wiederholt, bis jeder Teilnehmer jeden Vordruck bearbeitet hat.)

(Für Schritte 2 und 3 stehen fünf Minuten zu Verfügung.)

Nach 30 Minuten liegen sechs Blätter mit jeweils 18 Beiträgen vor – das sind insgesamt 108 Beiträge.

Regeln

Für die 6-3-5 Methode gelten drei der vier klassischen Brainstorming-Regeln von Osborn:

  • Keine Kritik. Die Diskussion und die Auswahl kommen erst später.
  • Verrückte Ideen sind willkommen. ‚Verrückte‘ Ideen lassen sich ja oft zurechtbiegen.
  • Entwickele bereits vorhandene Ideen weiter. Das ist das Wesen der 6-3-5 Methode. Alle Einträge in den Reihen 2 bis 6 einer Spalte sollten Weiterentwicklungen der Originalidee in der ersten Reihe sein.

Die vierte Osborn-Regel (Je mehr Ideen, desto besser) ist durch die Struktur der 6-3-5 Methode ausgehebelt – die Anzahl der Ideen ist vordefiniert.

Darüber hinaus gibt es ein paar spezielle Empfehlungen for die Methode:

  • Wenn Anonymität wichtig ist, sollten keine Namen auf den Blättern stehen. Auch sollten alle die gleichen Stifte verwenden.
  • Während der Durchführung wird nicht gesprochen. Die Stille ist ein gewollte Eigenschaft aller Brainwriting-Methoden. Die nachfolgenden Schritte sind der richtige Moment, sich zu äußern.
  • Der Fünf-Minuten-Takt sollte strikt eingehalten werden. Ausnahme: Zum Ende hin kann ein bisschen Zeit dazugegeben werden, um die vielen Vorgängerideen lesen zu können.

Beispiel

6-3-5 methode beispiel

Das Bild zeigt ein Beispiel für einen ausgefüllten Vordruck, das mit dem digitalen Whiteboard Miro erstellt wurde.

Die Ideenfindung fand bei einem Software-Unternehmen statt. Dieses Unternehmen stellt ein Software-Tool zur Verwaltung von Qualitätsmaßnahmen in großen Organisationen her. Die Aufgabenstellung lautete Wir können wir unsere Software verbessern?

Jeder der sechs Teilnehmer hat eine andere Farbe für seine virtuellen Haftzettel verwendet.

Das virtuelle Blatt ist beim Teilnehmer gelb gestartet, der in der ersten Reihe drei Stichworte zu Verbesserung der Software notiert hat. Das Blatt ging dann an grün, rot, blau, orange und schließlich lila. Jeder dieser Teilnehmer hat die Originalidee an der entsprechenden Stelle in der Tabelle weitergedacht und ergänzt.

Die 6-3-5 Methode lässt sich sehr gut mit einem Online-Tool wie Miro durchführen. Da kann man jedem Teilnehmer eine andere Farbe des virtuellen Haftzettels zuordnen. Alternativ dazu kann man Farben nutzen, um unterschiedliche Arten von Ideen zu kennzeichnen.

Vor- und Nachteile der 6-3-5 Methode

Die Vorteile

Die 6-3-5 Methode hat eine Reihe von Vorteilen, die sie für viele Anwender attraktiv machen:

  • Die Technik braucht keine inhaltliche Vorbereitung und nur minimale Materialien.
  • Sie ist sehr einfach: Die Teilnehmer brauchen keine Erfahrung mit Kreativitätstechniken, um sie anwenden zu können.
  • Es ist keine Moderation erforderlich. Es braucht nur einen Taktgeber für die sechs Runden.
  • Soziales Faulenzen (Trittbrettfahren) ist kaum möglich.
  • Die Schwächen des Brainstorming (Kritik der Ideen anderer und Killerphrasen, Produktionsblockierung, dominante Persönlichkeiten) werden vermieden; auch introvertierte Personen können sich aktiv einbringen.
  • Vielversprechende Ideen werden gleich gestärkt und verfeinert.
  • Alle Teilnehmer sind gleichberechtigt, und ihre Ideen werden gleich behandelt.
  • Die Methode ist ergiebig: Jeder Teilnehmer hat nach 30 Minuten 18 Beiträge geleistet.

Diese Vorteile sind nicht exklusiv – auch andere Ideenfindungsmethoden haben diese Vorteile.

Die Nachteile

Die Technik hat auch einige Nachteile:

  • Die Methode enthält keinen Perspektivwechsel. Sie eignet sich daher nicht zur Gewinnung origineller Ideen – insbesondere nicht für anspruchsvolle Aufgaben. Alle Ideen, die entstehen, stecken alle schon in den Teilnehmern drin.
  • Die Technik bietet keine Gelegenheiten für Klärungen oder Rückfragen.
  • Der strenge Arbeitstakt kann stören: für manche kann er zu schnell sein und für andere zu langsam.
  • Das enge Format kann die Teilnehmer einschränken. Es ist kein Platz (und nur wenig Zeit) für längere Texte oder Skizzen vorhanden.

Bewertung der Ideen

Die 6-3-5 Methode kann viele Rohideen produzieren. Als Nächstes muss eine Auswahl der attraktivsten Ideen erfolgen, die weiter bearbeitet werden sollen. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten:

Dot Voting

Jeder Teilnehmer darf eine gewisse Anzahl von Punkten vergeben. Dazu werden die Vordrucke erneut im Kreis herumgereicht, damit jeder bei den Ideen ein Kreuzchen setzen kann, die ihm besonders gut gefallen. Am Ende werden die Punkte aller Ideen verglichen, und die Ideen, die eine Mindestanzahl von Punkten erreicht haben, werden behalten. Dieser Vorgang heißt Dot Voting.

Individuelle Befürwortung

Eine alternative Methode ist die individuelle Befürwortung. Die Vordrucke werden im Kreis herumgereicht, und jeder Teilnehmer darf die Ideen markieren, die seiner Meinung nach behalten werden sollen. Schon eine solche Markierung reicht, dass die Idee weiter betrachtet wird.

Wir bevorzugen diese Variante, weil ein einziger Teilnehmer einen Grund kennen könnte, die für eine bestimmte Idee sprechen. Darum sollte die Idee so lang überleben, bis diese Gründe der Gruppe vorgestellt werden können. Solche Ideen scheitern an der Dot Voting Methode.

Unsere Tipps und Kommentare

Häufige Irrtümer und Missverständnisse

Es gibt einige Meinungen und Empfehlungen zur Methode 635, die wir für Irrtümer halten:

  1. Die Methode liefert viele Ideen.
  2. Die Methode liefert neue, ungewöhnliche Ideen.
  3. Die Methode sollte deshalb am Anfang eines Ideenworkshops stehen.

Dazu sagen wir:

  • Die Methode liefert nicht (wie oft behauptet wird) 108 Ideen. Vielmehr liefert sie bis zu 18 Ideen, die jeweils ein wenig erweitert und ergänzt worden sind. Das Beispiel weiter oben macht das klar.
  • Weil die Methode keinen Perspektivwechsel enthält, ist es unwahrscheinlich, dass viele originelle Ideen entstehen.
  • Aus diesem Grund wäre es wenig hilfreich, die Methode an den Anfang eines Ideenworkshops zu setzen, wenn die Absicht dabei ist, mit vielen, originellen Ideen zu starten.

Tipps und Verbesserungen

  • Um die Ideenfindung zu befördern kann man Anregungen bereitstellen. Eine Möglichkeit dafür sind die Osborn- bzw. SCAMPER-Fragen. Das gibt den Teilnehmern Inspiration, um die vorhandenen Ideen auszubauen.
  • Die Methode funktioniert mit größeren Blättern besser. Das gibt den Teilnehmern nicht nur eine größere Schreibfläche für ihre Ideen, sondern mehr Kreativraum im Kopf. Wir würden aus dem Grund Blätter in der Größe DIN A3 verwenden.
  • Weil wir die Strenge der 6-3-5 Methode eher hinderlich als hilfreich finden, würden wir immer den Brainwriting Pool bevorzugen. Das Prinzip dieser Methode ist gleich, aber sie kennt die erzwungene Kreisbewegung der Blätter und den Zeittakt nicht.
  • In den späteren Runden können das Durchlesen der vorhandenen Ideen und das Finden von Ideen etwas länger dauern. Dann sollten die Teilnehmer etwas mehr Zeit erhalten.

Literatur

[1] Rohrbach, Bernd (1969): Kreativ nach Regeln – Methode 635, eine neue Technik zum Lösen von Problemen. In: Absatzwirtschaft 12, S. 73-75.

Links

Kompaktwissen Ideenfindung

Zuletzt aktualisiert am 8. August 2024 von Graham Horton

 


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