ideenbewertung

Was heißt, Ideen bewerten?

Am Anfang des Innovationsprozesses entstehen Ideen aus vielen Quellen, z.B. aus dem Ideenmanagement oder als Ergebnis eines Innovationsworkshops. Im kleineren Kontext entstehen Ideen auch als Output eines Ideenworkshops. Typischerweise werden Dutzende oder sogar Hunderte von Ideen produziert, von denen nur einige wenige, oder vielleicht nur eine einzige verwirklicht werden soll. Es muss also eine Ideenbewertung erfolgen.

Ideenbewertung besteht aus zwei verschiedenen Aufgaben: die Zuordnung einer Wertung zu den Ideen und die Auswahl der Siegerideen. (Im Idea Engineering legen wir auch großen Wert auf diese Unterscheidung!) Da aber diese beiden Schritte oft vermischt werden und im allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff „Ideenbewertung“ häufig auch für die Ideenauswahl verwendet wird, werden wir hier beides betrachten.

Das Ziel der Ideenbewertung

Das Ziel der Ideenbewertung ist, eine Entscheidung zu ermöglichen, was mit dieser Idee passieren soll. Diese Entscheidung kann zum Beispiel sein: verwerfen, sofort implementieren, weiter untersuchen, oder halten bis zu einem späteren Zeitpunkt.

Im landläufigen Sinn bedeutet Ideen bewerten, in einer Menge von Ideen diejenigen auszuwählen, die weiter betrachtet bzw. verworfen werden sollen.

Eine Ideenbewertung ist gut, wenn sie weder Annahmefehler noch Ablehnungsfehler macht. Dieses Ziel kann jedoch in der Praxis kaum erreicht werden. Unser Vier T-Modell hilft, Bewertungsfehler zu verstehen.

Voraussetzungen für die Ideenbewertung

Die Voraussetzung dafür, dass eine Ideenbewertung sinnvoll durchgeführt werden kann, ist, dass Ziele, Randbedingungen und Erfolgskriterien für die Ideen bekannt sind. Erst dann kann der Wert einer Idee sinnvoll ermittelt werden.

Einer der häufigsten Fehler in der Ideenproduktion ist, diese Voraussetzung nicht zu erbringen. Das Ergebnis ist, dass die Bewertung schwierig ist und die Ergebnisse kontrovers sind.

Schwierigkeiten bei der Ideenbewertung

Äpfel und Birnen

Bei der Ideenproduktion fallen immer Ideen an, die dem Hauptziel des Innovationsworkshops nicht entsprechen. Diese Ideen dürfen nicht zur Bewertung zugelassen werden, weil es dann zu Schwierigkeiten kommt, weil Ideen, die unterschiedlichen Zielen dienen miteinander verglichen werden. Dies nennen wir das Äpfel-und-Birnen-Problem. Das Drehbuch muss vorsehen, dass solche Ideen aus dem Hauptprozess herausgetrennt und separat behandelt werden.

Versteckte Profile

Bei der Bewertung von Ideen ist die Gefahr von versteckten Profilen sehr groß. Dies kann in einer Gruppe zu falschen Bewertungsergebnissen führen. Ähnlich verhält es sich mit falschem Konsens und falschem Dissens, die irreführende Bewertungsergebnisse verursachen können.

Psychologische Effekte

Psychologische Effekte spielen eine große Rolle bei der Ideenbewertung. Viele Menschen neigen dazu, Ideen spontan abzulehnen, die nicht zu ihrem Weltbild passen. Dies erkennt man an den so genannten Killerphrasen wie Das würde niemals funktionieren! Polarisierte Bewertungen sind ein guter Hinweis auf innovative Ideen und verdienen besondere Aufmerksamkeit. Nicht nur Individuen, sondern auch die Organisation selbst kann so auf innovative Ideen reagieren. Dies führt dazu, dass der Innovationsprozess häufig die mittelmäßigen Ideen bevorzugt.

Rein praktische Schwierigkeiten entstehen durch die schiere Anzahl zu bewertender Ideen. Sich mit vielen Ideen auseinanderzusetzen ist für Workshop-Teilnehmer schnell ermüdend, und bei schlecht ausgestatteten Workshop-Räumen kann schnell ein Platzmangel entstehen.

Annahmen und Schätzungen

Oft beruht die Ideenbewertung zwangsläufig auf Annahmen oder Schätzungen. Beispiele sind die Marktgröße für eine neue Dienstleistung oder das Weiterbestehen der Verfügbarkeit einer bestimmten Ressource.

Interpretationsspielraum und Meinungsunterschiede

Fast jedes Bewertungskriterium bietet Spielraum für unterschiedliche Interpretationen. Kriterien sind oft nicht messbar (Der Markt muss ausreichend attraktiv sein) oder sind sehr subjektiv (Die Idee muss zum Image des Unternehmens passen.) Durch diesen Interpretationsspielraum kommt es zu Unterschieden im Urteil der einzelnen Bewerter. Um zu einem Gesamtergebnis zu kommen, müssen diese Unterschiede jedoch zusammengeführt werden.

Dies kann durch eine Diskussion erfolgen, bei der eine Einigung angestrebt wird. Dies kann jedoch sehr zeitraubend sein, ohne dass es eine Erfolgsgarantie gibt. Wenn viele Ideen zu bewerten sind, ist dieser Ansatz ausgeschlossen.

Es gibt Situationen, in denen schon die Reihenfolge der Abfrage der Meinungen der Experten zum falschen Bewertungsergebnis führen kann. Dieses Bewertungsparadox entsteht, wenn unterschiedliche Meinungen vorliegen, die unterschiedliche aggregierte Meinungen erlauben.

Bei quantitativen Bewertungen kann der Mittelwert der einzelnen Urteile gebildet werden. Allerdings kann dadurch wichtige Information über eine Idee verloren gehen. Es kann zum Beispiel sein, dass ein Experte wichtige und relevante Kenntnisse hat, die aber nicht zum Tragen kommen, wenn seine Bewertung im Mittelwert verschwindet.

Fast immer wird das arithmetische Mittel verwendet, um die unterschiedlichen Punktbewertungen zu aggregieren. Es ist aber leicht, zu zeigen, dass dies nicht zu einem mehrheitsfähigen Ergebnis führt. Besser ist es, den Median statt des arithmetischen Mittels zu verwenden.

Bei moderierten Workshops wird oft das einfache Punktekleben verwendet. Diese Methode hat den inhaltlichen Nachteil, dass sie unterschiedliche Kriterien nicht einzeln abbilden kann und den psychologischen Nachteil, dass die Bewerter durch die Punkte anderer in ihrem Urteil beeinflusst werden können. Zephram setzt das Punktekleben in Innovationsworkshops nie ein.

Aggregation über Kriterien hinweg

Um eine Gesamtbewertung zu erhalten, müssen die einzelnen Bewertungsergebnisse bezüglich der einzelnen Kriterien aggregiert werden.

Am einfachsten ist es, einen Mittelwert über alle Kriterien zu bilden. Dies entspricht der Praxis in der Schule, wo die Note 1,0 in Mathematik und die Note 3,0 in Deutsch zusammen die Note 2,0 ergeben. Das Problem hierbei ist, dass man dadurch den Mathegenie übersieht.

Die Nutzwertanalyse schert ebenfalls alle Kritierien über einen Kamm. Diese Eigenschaft ist für eine Ideenauswahl nicht angemessen: Ein Haus mit einem undichten Dach und einem herausragenden Keller ist nicht mittelmäßig gut.

Die AHP-Methode ist ein komplexes mathematisches Verfahren, das mehrere Ideen und Kriterien zugleich berücksichtigen kann. Dieses Verfahren hat aber ein unnatürliches Verhalten, was seinen Einsatz nach unserer Auffassung verbietet. Es ist zum Beispiel gezeigt worden, dass das nachträgliche Hinzufügen einer weiteren Alternative eine bereits berechnete Bewertung verändern kann.

Allgemeine Methoden zur Ideenbewertung und -auswahl

Outranking

Das Outranking ist eine einfache Methode, mit der man aus einer Menge von Ideen viele der Nicht-Sieger identifizieren kann. Dadurch wird die Menge der übrig gebliebenen Ideen erheblich verkleinert.

Paarvergleiche

Paarvergleiche können dafür verwendet werden, um ein Ranking unter einer Menge von Ideen zu ermitteln. Die Paarvergleichsmatrix ist eine einfache Möglichkeit hierfür.

Nutzwertanalyse

Die Nutzwertanalyse wird oft von Unternehmen in ihren Innovationsprozessen eingebaut. Sie hat zwar den Vorteil, mehrere Bewertungskriterien berücksichtigen zu können, hat aber eine Reihe von Nachteilen, die leicht zu falschen Bewertungsergebnissen führen können.

SWOT-Analyse

Die SWOT-Analyse ist eine etwas aufwendigere, aber beliebte qualitative Methode, eine einzelne Idee zu bewerten. Diese Technik betrachtet eine Idee aus den vier Perspektiven Stärken, Schwächen, Chancen und Bedrohungen. Sie wird eingesetzt, wenn nur wenige Ideen zu bearbeiten sind.

Die lexikographische Methode

Lexikographische Techniken sind wenig bekannte, aber sehr nützliche Methoden zur Auswahl von Ideen. Sie setzen voraus, dass die Bewertung bereits erfolgt ist. Das Verfahren eignet sich dafür, entweder nur die Siegeridee(n) zu ermitteln oder aber auch, um ein vollständiges Ranking aller Ideen zu erhalten.

Ideenbewertung für Geschäftsideen und Geschäftsmodelle

Die perfekte Startup-Geschäftsidee

Diese kurze und einfach anzuwendende Checkliste beschreibt die perfekte Geschäftsidee für ein Startup. Sie eignet sich sehr gut, um am Anfang des Bewertungsprozesses die attraktivsten Ideen aus einer Menge schnell zu identifizieren.

Checkliste zur Bewertung von Produktideen

Eine umfassende Bewertung von Produktideen muss die Kunden-, Markt- und Implementierungsperspektiven berücksichtigen. Diese Checklisten enthalten viele der wichtigsten Fragen aus diesen drei Themenbereichen.

Expected Commercial Value

In späteren Phasen des Innovationsprozesses wird eine quantitative Ideenbewertung benötigt, um die wirtschaftliche Attraktivität von Ideen zu ermitteln. Eine gängige Methode, die die Erfolgswahrscheinlichkeiten der verschiedenen Prozessphasen berücksichtigt, ist der Expected Commercial Value.

Die PERFECT-Checkliste

Bei Geschäftsideen muss man prüfen, ob ein entsprechender Kundennutzen gegeben ist; dazu haben wir eine Checkliste mit dem Akronym PERFECT entwickelt.

Das Kano-Modell

Eine weitere, weit verbreitete Methode, die ebenfalls den Kunden im Fokus hat, ist das Kano-Modell der Kundenzufriedenheit.

Die KERNWEG-Checkliste

Geschäftsmodelle bilden die Grundlage für neu gegründete Unternehmen; um eine gute Erfolgschance zu haben, müssen sie eine Reihe von Kriterien erfüllen. Diese Kriterien fassen wir in unserer KERNWEG-Checkliste zusammen.

Die VALUEPROP-Checkliste

Kern eines Geschäftsmodells ist das Nutzenversprechen an den Kunden. Ein falsch gewähltes oder ungünstig formuliertes Nutzenversprechen bedeutet fast automatisch den Misserfolg eines neuen Produktes am Markt. Mit dieser Checkliste für die Bewertung von Nutzenversprechen werden die wichtigsten Kriterien geprüft.

Klassische Methoden der Ideenbewertung

Es gibt viele Webseiten und Bücher, die traditionelle Methoden zur Ideenbewertung empfehlen und Seminare, die diese Methoden unterrichten. Diese Methoden stammen aus dem Bereich der Kreativitäts- und Moderationstechniken. Zu den beliebtesten davon gehören das Punktekleben, das Rosinenpicken, die Disneymethode, Pro und Kontra und Plus-Minus-Interessant. Diese sind aber für die Anwendung im Innovationsprozess nicht geeignet, weil sie viel zu wenig auf die spezifischen Aufgabenanforderungen Rücksicht nehmen.

Die Wissenschaft hat eine Fülle von Methoden entwickelt, um eine Auswahl aus einer Menge von Alternativen zu treffen. Diese haben fast alle den Nachteil, dass sie aufwendig und schwer verständlich sind. Viele von ihnen brauchen einen Computer, um die entsprechenden Berechnungen durchzuführen. Das bekannteste Verfahren dieser Art ist die AHP-Methode, die auf Verfahren der linearen Algebra basiert.

Artikel über Ideenbewertung in unserem Blog

Unser Blog hat eine eigene Kategorie zum Thema Ideenbewertung mit derzeit mehr als 50 Beiträgen. Sie erreichen alle Artikel zu diesem Thema, indem Sie in der Spalte rechts im Abschitt Blog-Kategorien auf den entsprechenden Link klicken.

Bemerkung

Wir haben den Wikipedia-Artikel über Ideenbewertung auf der Grundlage dieses Artikels sowie einiger der verlinkten Beiträge geschrieben.

 


Über uns

Zephram hilft seinen Kunden, mehr Erfolg in der Innovation zu haben. Wir führen Workshops für die Ideenentwicklung und -bewertung durch, beraten bei der Wahl einer Innovationsstrategie und bilden Teams in Ideenfindung und Innovationsmanagement aus. Unsere Kunden reichen von KMUs bis zu DAX 30-Konzernen, und die Projektthemen von Patenten bis zur Unternehmensstrategie.

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