Die Rohidee

rohidee

Eine Rohidee ist eine Idee, die gerade erst entstanden ist. Meist umfasst eine Rohidee nicht mehr als ein paar Worte. Ihre Vorzüge sind daher noch nicht eindeutig erkennbar. Aussagen über die Qualität oder Brauchbarkeit können in diesem Stadium noch nicht getroffen werden.

Rohideen entstehen entweder durch Zufall oder als Ergebnis von Ideenproduktionstechniken. In einer systematischen Ideenfindung werden hunderte davon in wenigen Stunden produziert. Diese werden im Anschluss durch weitere Verarbeitungsschritte sortiert, geclustert, ausgebaut, bewertet und dadurch in eine fertige Idee umgewandelt.

Man kann eine Rohidee mit einem Rohdiamanten vergleichen. Genauso wie dieser ist eine „rohe Idee“ wie ein noch nicht verarbeiteter Rohstoff. Wie schwer es ist, die Vorzüge eines „rohen Diamantklumpens“ überhaupt zu erkennen, macht das Zitat von G. F. Herbert Smith deutlich: „A rough diamond […] is no more attractive to the eye than a piece of washing-soda.

In einigen Fällen ist es von der Rohidee zur fertigen Idee noch ein weiter Weg. In anderen liegt die fertige Idee bereits auf der Hand. Die Qualität von Rohideen kann hierzu durch die verwendeten Ideenproduktionstechniken maßgeblich beeinflusst werden. Sehr häufig werden generische Kreativitätstechniken verwendet, die keine oder nur wenig zielgerichtete Perspektivwechsel enthalten. Die Folge ist, dass die Rohideen kaum bis gar nicht nutzbar sind. Verwendet man generische Techniken, sind weniger als 1% der so entstandenen Rohideen überhaupt brauchbar.

Die Rohideen können allderdings auch nur dann in nutzbare Ideen gewandelt werden, wenn ihre Vorzüge erkannt werden. Dies verhält sich ähnlich wie beim Rohdiamanten: Bei einem Diamanten kann das „Feuer“ erst durch die Nacharbeitsschritte spalten, reiben, schleifen und polieren zum „Leuchten“ gebracht werden. Auch bei einer Rohidee können erst durch die innovationstheoretisch maßgeschneiderten Nacharbeiten die Vorzüge erkennbar werden. In unseren Ideenworkshops und Innovationsworkshops verwenden wir einen Ideensteckbrief (Idea Napkin), um die ersten Ergänzungen für eine Rohidee festzuhalten.

Ein wichtiger innovationstheoretischer Nacharbeitsschritt ist zum Beispiel zu erkennen, welcher Rohideen Typ vorliegt…

  • Eine technologiegetriebene Rohidee
    Beispiel: Bei 3M beschäftigte sich Spencer Silver mit der Erfindung eines Superklebers. Dabei stieß er allerdings auf eine klebrige Masse, die zwar auf vielen Materialien klebte, jedoch leicht wieder zu entfernen war. Innerhalb von 3M suchte man dann nach einem passenden Bedürfnis für diese Lösung. Das Ergebnis sind die heute sehr bekannten Klebezettel – Post It’s.
  • Eine marktgetriebene Rohidee
    Beispiel: Eine amerikanische Kartoffelchip-Firma beobachtete das steigende Bedürfnis ihrer Kunden nach fett- und cholesterinarmen Produkten. Damit diese Firma den neuen Trend besser verstand, richtete sie ihr Produktdesign, ihre Marktevaluierungen und ihren Vertrieb auf diesen neuen Markt aus. Das Ergebnis war eine neue entwickelte Kartoffelchip-Sorte, deren Fett der Körper nicht absorbiert.

Einer technologiegetriebenen Rohidee fehlt das passende Marktbedürfnis. In der Nacharbeit dieser ist es also wichtig, ein passendes Bedürfnis für die Vorteile dieser Rohidee zu finden. Dahingegen braucht eine marktgetriebenen Rohidee die passende Lösung.

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Kompaktwissen Ideenfindung

Zitat von Herbert Smith bei Project Gutenberg

Rohidee-Beispiele: „Fuzzy Front End: Effective Methods, Tools and Techniques

Ein Optionenportfolio für Innovationsprojekte

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Im Artikel Das Innovationsportfolio haben wir gesehen, wie Innovationsprojekte in einem Portfolio organisiert werden können. Dabei sind verschiedene Dimensionen der Organisation möglich. Ein gutes Beispiel für ein solches Innovationsportfolio findet man in einem sehr lesenswerten Artikel von Ian MacMillan von der University of Pennsylvania und Rita McGrath von Columbia University.  Der Artikel heißt Crafting R&D Project Portfolios und bildet ein Kapitel im Buch Managing Strategic Innovation and Change von Michael Tushman und Philip Anderson.

In dem Modell von MacMillan und McGrath werden die Achsen des Portfoliodiagramms durch zwei Arten von Erfolgsungewissheit beschrieben, die jeweils in die Bereiche gering, mittel und hoch unterteilt werden. Die Marktungewissheit gibt an, wie unsicher der kommerzielle Erfolg des Projektes ist. Diese Ungewissheit wird beeinflusst durch Faktoren wie die Höhe der Nachfrage, mögliche Reaktionen der Konkurrenz oder der Einfluss von zukünftigen Gesetzen und Verordnungen. Die technische Ungewissheit dagegen beschreibt die Unsicherheiten bezüglich der Realisierbarkeit des Projektes. Diese werden unter anderem von den zu lösenden technischen Problemen, der Verfügbarkeit der notwendigen Ressourcen oder die Kosten für benötigte Infrastruktur beeinflusst.

Je nach ihrer Position im Portfolio haben unterschiedliche Innovationsprojekte unterschiedliche Bedeutungen für das Unternehmen.

Projekte, bei denen sowohl die Marktungewissheit als auch die technische Ungewissheit gering sind, sind inkrementelle Innovationen, z.B. Verbesserungsinnovationen an bestehenden Produkten oder schlichte Line Extensions. Solche Projekte sind technisch beherrschbar, und ihre kommerziellen Erfolgsaussichten können relativ sicher ermittelt werden.

Projekte, bei denen die Ungewissheit mittel ist, sind oft so genannte Plattformprojekte. Ein Plattformprojekt führt mittelfristig zu einem Produkt mit neuer Technologie, das als Grundlage für weitere (inkrementelle) Innovationen dienen soll.

Sowohl inkrementelle Projekte als auch Plattformprojekte dienen in erster Linie dazu, Umsätze zu sichern; sie sollen kurz- oder mittelfristig erfolgreiche Produkte hervorbringen, mit denen Marktanteile geschützt werden.

Die Innovationsprojekte, bei denen mindestens eine Dimension eine hohe Ungewissheit hat, sind dagegen laut MacMillan und McGrath als Optionen zu behandeln. An der Börse erwirbt man mit einer Kaufoption das Recht, in Zukunft eine bestimmte Aktie kaufen zu dürfen. Entwickelt sich das Wertpapier positiv, so macht man von diesem Recht Gebrauch; entwickelt sie sich negativ, so lässt man die Option ungenutzt verfallen. Optionen sind ein Mechanismus, mit dem man sich mit einem verhältnismäßig kleinen Betrag das Recht auf die Teilnahme an eine zukünftige positive Entwicklung kaufen kann. Aus dieser Überlegung heraus sind Innovationsprojekte mit hoher Ungewissheit als Option zu behandeln; sie sind „Eintrittskarten“ für eventuelle zukünftige Märkte oder Technologien.

Innovationsprojekte mit hoher technischer Ungewissheit, aber nur geringer oder mittlerer Marktunsicherheit werden Positionierungsoptionen genannt. Diese Projekte werden dann eingesetzt, wenn die Erfolgsaussichten einer bestimmten Technologie unbekannt sind, beispielsweise weil ihre Realisierbarkeit unklar ist oder weil verschiedene Technologien um die Vorherrschaft konkurrieren. Sollte sich die untersuchte Technologie als machbar bzw. als Sieger herausstellen, liefert die Positionierungsoption den Zugang zum Markt. Positionierungsoptionen haben also zum Ziel, Technologiefähigkeiten zu erwerben.

Innovationsprojekte mit hoher Marktunsicherheit, aber nur geringer oder mittlerer technischer Ungewissheit werden Kundschafteroptionen genannt. Dies sind Projekte,  bei denen die technische Machbarkeit zwar gegeben ist, es aber noch unklar ist, ob der Markt die neue Lösung annehmen wird bzw. ob sich die Lösung am Markt durchsetzen lässt. Kundschafteroptionen dienen dazu, Informationen über den Markt zu gewinnen.

Innovationsprojekte mit sowohl hoher Marktunsicherheit als auch hoher technischer Ungewissheit werden Trittsteinoptionen genannt, weil sie als Trittstein zu völlig neuen Lösungen und Märkten fungieren. Sie sind von ihrer Natur her sowohl Positionierungsoptionen als auch Kundschafteroptionen.

Je nach Branche und Art des Unternehmens haben die unterschiedlichen Felder des Portfolios eine unterschiedlich große Bedeutung. Eine gute Innovationsstrategie weiß um die Bedeutung der Felder und formuliert Ziele für jedes dieser Felder, die dann von Innovationsmanagement zu erfüllen sind. In einer technologisch sich schnell ändernden Branche beispielsweise wird der Anteil an Positionierungoptionen höher sein; in einem schnelllebigen, von Trends beherrschten Konsummarkt bekommen Kundschafteroptionen dagegen eine größeres Gewicht.

Wie im Beitrag Das Innovationsportfolio bereits geschrieben wurde, hat ein Innovationsportfolio Konsequenzen sowohl für die Ideengenerierung als auch für die Ideenbewertung. Eine Ideenfabrik zum Thema „Wir suchen Ideen für neue Plattformprodukte“ lässt sich wesentlich zielgenauer gestalten als eine zum Thema „Wir suchen Ideen für neue Produkte„. Analog ist auch die Ideenbewertung bei der ersten Aufgabenstellung wesentlich zielführender als bei der zweiten. Aus diesem Grund ist die Verknüpfung mit der Innovationsstrategie ein wichtiger Bestandteil jedes Ideenfindungsauftrags.

 

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Kompaktwissen Produktinnovation

 

Das Innovationsportfolio

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Das Innovationsportfolio ist ein wichtiges Instrument der Innovationstrategie, das unmittelbare Konsequenzen für das Innovationsmanagement hat. Es dient dazu, die Gesamtheit aller Innovationsprojekte eines Unternehmens zu visualisieren und zu strukturieren. Damit soll erreicht werden, dass die Innovationsaktivitäten eines Unternehmens ausgewogen sind; es soll vermieden werden, dass in manchen Innovationsbereichen zu viel investiert wird, während andere Bereiche vernachlässigt werden.

Eine typische Gliederungsstruktur  für eine Innovationsportfolio ist die bekannte dreidimensionale Darstellung im Diagramm oben. Alle aktuellen Innovationsprojekte des Unternehmens werden als Kreise im Diagramm platziert. Dabei bezeichnen die zwei Raumachsen Dimension 1 und Dimension 2 sowie das Kreisdurchmesser relevante Merkmale von Innovationsprojekten. Mögliche Merkmale sind unter anderem:

  • Marktunsicherheit
  • Technische Unsicherheit
  • Erwarteter Umsatz
  • Dauer bis zur Realisierung
  • Realisierungsaufwand
  • Strategisches Potential

Das Innovationsportfolio spielt eine wichtige Rolle in der letzten Phase der Ideenbewertung. Dort werden die Ideen im Portfoliodiagramm verortet, und es wird geprüft, ob die zu bewertende Idee eine sinnvolle Ergänzung zum Gesamtbild darstellt. Ideen, die auf einem bereits besetzten Platz landen, können zurückgestellt werden, oder sie können das dort vorhandene Projekt verdrängen. Ideen, die im Gegensatz dazu eine wichtige Lücke schließen, erhalten eine entsprechend höhere Priorität.

Das Innovationsportfolio spielt auch bei der Suchfeldbestimmung eine wichtige Rolle, denn gefährliche Lücken im Portfolio liefern den Anlass für eine gezielte Ideenproduktion, bei der der Innovationsmanager eine auf die Lücke maßgeschneiderte Ideenfindungsaufgabe formulieren kann.

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Äpfel und Birnen in der Ideenbewertung

äpfel und birnen in der ideenbewertung

Eine der fundamentalen Schwierigkeiten der Ideenbewertung ist das „Äpfel-Birnen-Problem“. Aus einer Menge von Ideen sollen die besten selektiert werden, die dann in die nächste Phase des Bewertungsprozesses gelangen. Dabei sind die Ideen, die während einer Ideenproduktion entstanden sind, meistens sehr unterschiedlicher Natur, und sie zu vergleichen ist daher wenig sinnvoll. Tut man dies dennoch, kommt es fast unausweichlich zu Bewertungsfehlern.

Ideen können sich in vielerlei Hinsicht unterscheiden, sowohl nach ihrer Art als nach ihrer Bedeutung:

  • Inkrementelle Verbesserung oder radikale Innovation?
  • Sustaining Innovation oder disruptive Innovation?
  • Marktneuerung oder Technologieneuerung?
  • Neues Feature oder neue Plattform?
  • Kurzfristiger Umsatzschutz oder strategische Option?

Es macht nur Sinn, Ideen gegeneinander konkurrieren zu lassen, die tatsächlich vergleichbar sind. Man sollte beispielsweise fragen, „Welche Idee stellt die beste inkrementelle Verbesserung dar?“ statt einfach nur „Welche Idee ist die Beste von allen?“

Stellen wir uns zum Beispiel vor, wir nehmen an einer Ideenbewertung bei Sony Anfang der achtziger Jahre teil. Es liegen drei Ideen zur Bewertung vor:

  1. „Wir brauchen eine gegen Spritzwasser geschützte Variante des (Kassetten-) Walkmans.“
  2. „Wir sollten einen Walkman auf CD-Basis entwickeln.“
  3. „Wir sollten ein Hollywood-Studio kaufen.“

Diese drei Ideen dienen alle sehr unterschiedlichen Zwecken:

  1. Der wasserdichte Walkman ist eine Linienerweiterung der bereits erfolgreichen Walkman-Serie und dient dazu, kurzfristig neue Umsätze zu generieren.
  2. Der CD-Walkman ist eine radikale Innovation auf der Basis einer neuen Technologie, die erhebliche Leistungsvorteile gegenüber der bestehenden Technologie besitzt. Mit ihr sichert sich Sony einen Marktanteil in der mittelfristigen Zukunft.
  3. Durch den Kauf eines Hollywood-Studios erhält Sony Zugang zu Inhalten für verschiedene Mediengeräte. Dies soll ihre Attraktivität erhöhen und einen Wettbewerbsvorteil gegenüber konkurrierenden Formaten sichern.

Rückblickend ist es klar, dass alle drei Ideen für Sony sinnvoll waren und eine weitere Untersuchung verdient hatten. Ebenso klar ist, dass sie auf Grund ihrer völlig unterschiedlichen Bedeutung für das Unternehmen auch unterschiedliche Bewertungsmaßstäben unterzogen werden sollten. Auf keinen Fall sollten sie miteinander konkurrieren!

Obwohl diese Einsicht auf der Hand liegt, beobachten wir häufig, dass vielen Unternehmen (und Autoren) diese Gefahr nicht bewusst ist: Dutzende von Ideen unterschiedlichster Art sollen auf Grund einer einheitlichen Liste von Bewertungskriterien gegeneinander antreten. Die Auswahl verläuft erfahrungsgemäß entsprechend kontrovers, wenn die Teilnehmer die unterschiedlichen Vorzüge unterschiedlich favorisieren. Dann findet der sprichwörtliche Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen statt.

Die Lösung für das Problem liegt im Prinzip nahe: Die Ideen müssen vor der Bewertung in verschiedene Kategorien unterteilt werden, und jede Kategorie muss getrennt behandelt werden. Diese Kategorien sollten nach den unterschiedlichen Funktionen der darin enthaltenen Ideen gewählt werden. Mit diesem Vorgehen konkurrieren dann nur solche Ideen miteinander, die für den Auftraggeber dieselbe Bedeutung haben.

Die Kunst an der Sache liegt allerdings darin, die relevanten Kategorien zu identifizieren. Diese hängen nicht nur von innovationstheoretischen Überlegungen ab, sondern auch von den Details der Aufgabenstellung und dem Innovationsmanagement des Auftraggebers ab.

P.S. Sony hat alle drei Ideen verwirklicht.

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Kompaktwissen Ideenbewertung

7 Regeln für die Ideenbewertung

Der Perspektivwechsel: Schlüssel zu neuen Ideen

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Was macht ein Perspektivwechsel?

Ein guter Perspektivwechsel ist der Schlüssel zu einer effektiven Ideengenerierung. Beim Perspektivwechsel ändert man seinen Blick auf die Problemstellung und betrachtet sie zunächst aus einer völlig neuen Richtung. Diese neue Perspektive liefert dann Anregungen zur Lösung der Aufgabe, die man sonst nicht, oder nur nach langem Suchen hätte finden können.

Dee Hock, der Gründer des Kreditkartenunternehmens Visa, hat einmal über die Kreativität gesagt:

The problem is never how to get new, innovative thoughts into your mind, but how to get old ones out. Every mind is a building filled with archaic furniture. Clean out a corner of your mind and creativity will instantly fill it.

Unsere Köpfe sind voll mit Wissen, Regeln und Annahmen über die Welt, in der wir leben. Diese helfen uns zwar, Kompetenzen zu erwerben und uns im Alltag zurecht zu finden, doch stellen sie Hindernisse dar, wenn es darum geht, neue Ideen zu bekommen. Dieses wertvolle Wissen wird plötzlich zur Betriebsblindheit, die neue Ideen verhindert. Gute Ideenfindungsmethoden helfen, diese Betriebsblindheit zu überwinden, indem sie hilfreiche und unerwartete Perspektivwechsel vorschlagen.

Ideenfindung ohne Perspektivwechsel

Das klassische Brainstorming verwendet keinen Perspektivwechsel. Vielmehr wird der direkte Weg zur Lösung versucht (der waagerechte Pfeil im Titelbild). In einem typischen Brainstorming-Sitzung nennt der Moderator einfach die Aufgabe und wartet am Flipchart auf die Eingebungen seiner Gruppe. Wer an solchen Sitzungen teilgenommen hat, weiß, dass sie selten funktionieren: es werden zunächst nur Geisterideen oder banale Ideen genannt, und nach einer kurzen Weile fällt niemandem mehr etwas ein. Außer allgemeiner Frustration wird kein Ergebnis erzielt.

Die Erklärung für dieses Phänomen ist einfach: im eigenen Kopf findet man zunächst nur Ideen, die vorher schon da waren. Um neue Einsichten zu erhalten, braucht es Anregungen von Außen. Für anspruchsvolle Aufgaben sind ungewöhnliche oder radikale Ideen zur Lösung erforderlich. Hier wird man schnell zur Geisel seiner eigenen Betriebsblindheit, denn es fällt schwer, die Dinge anders zu sehen, als man sie gewöhnt ist.

Nicht nur das klassische Brainstorming versucht, ohne Perspektivwechsel auszukommen. Viele weit verbreitete Techniken tun dies ebenso. Hierzu gehören Brainwriting, die Galerietechnik, die 6-3-5-Technik und das Brainwriting-Pool. Keine dieser Methoden bietet dem Anwender irgend eine Hilfestellung an – die kreative Leistung müssen die Teilnehmer komplett alleine erbringen. Von den 101 beschriebenen Kreativitätstechniken in VanGundys Buch 101 Activities for Teaching Creativity and Problem Solving sind etwa die Hälfte ohne Perspektivwechsel!

Methoden zur Herstellung

Das Diagramm im Titelbild zeigt den prinzipiellen Aufbau einer Ideenproduktionstechnik mit Perspektivwechsel. In einem ersten Schritt wird die neue Perspektive hergestellt, und in einem zweiten Schritt wird versucht, von hier aus Lösungsideen zu entwickeln.

Zur Herstellung der neuen Perspektive gibt es verschiedene Methoden. Im einfachsten Fall besteht ein Perspektivwechsel lediglich aus einem zufälligen Wort oder Bild:

  • Papagei
  • Astronaut
  • Tomatensuppe

Diese Konzepte sollen neue Anregungen liefern. Diese so genannte Zufallstechnik ist eine schwache (aber erstaunlich weit verbreitete) Kreativitätstechnik.

Ein kleines Stück wirksamer sind Perspektivwechsel der Form:

  • Wie würde IBM mein Problem lösen?
  • Was würde ein Vier-Sterne-General mir empfehlen?
  • Was wurde ein Nobelpreisträger an meiner Stelle tun?

Diese Methode nennen wir die Mr. X-Technik. Wir arbeiten gern mit Mr. Xen, mit denen wir gute Erfahrungen gemacht haben- hier ist eine Liste mit 100 Beispielen. Für einen Ideenworkshop oder Innovationsworkshop bereiten wir aber gezielte Mr. Xe vor, die wir für die Aufgabenstellung speziell auswählen. Für die Geschäftsmodellinnovation haben wir beispielsweise die IBMisieren-Methode entwickelt.

Eine wesentlich wirksamere Methode zur Gewinnung von neuen Perspektiven ist die Analogietechnik. Hier betrachtet man seine Aufgabe aus der Perspektive einer Person oder Organisation, die eine Ähnlichkeit zur Ausgangssituation hat. Dies funktioniert besonders gut, wenn Zielanalogien verwendet werden.

Man kann einen Perspektivwechsel auch durch das Kombinieren von Anregungen herbeiführen. Die Semantische Intuition beispielsweise erzeugt überraschende Perspektivwechsel durch zufällig gebildete Worte.

Um die eigene Betriebsblindheit zu überwinden verwendet man die Provokationstechnik. Diese Methode stellt gezielt Annahmen und Erfahrungen in Frage, um neue Perspektiven auf die Aufgabenstellung zu erhalten. Bei dieser Methode ist es zwar einfach, die Perspektivwechsel herzustellen, aber die Herleitung von Ideen aus diesen neuen Perspektiven braucht viel Erfahrung und schlägt oft fehl. Beispiele für allgemeine Provokationen für ein Unternehmen befinden sich im Artikel 15 Business-Provokationen.

Perspektivwechsel in der Praxis

In der Praxis haben wir es mit wichtigen und komplexen Aufgaben zu tun: unsere Kunden suchen Ideen für neue Produkte, Anwendungen oder Geschäftsmodelle. Hier reichen generische Perspektivwechsel nicht mehr aus; es braucht anspruchsvollere Methoden, um die Experten von ihrer Betriebsblindheit zu befreien, damit sie auf gute Ideen kommen können.

Dies ist ein Teil der Kunst des Drehbuchautors: Perspektivwechsel zu entwickeln, die zum Auftraggeber und zu seiner Aufgabenstellung passen. Mit guten Perspektivwechseln erreicht man nämlich im Vergleich zu den generischen Techniken die zehnfache Erfolgsquote bei den Ideen: mit klassischem Brainstorming ist eine Idee in 100 wirklich gut; mit guten Perspektivwechseln beträgt die Quote 1 zu 10 oder besser. Damit verkürzt sich die Dauer der Ideenfindung erheblich, die Teilnehmer sind frischer und besser gelaunt und die Kosten für die Ideenfindung sinken beträchtlich.

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Kompaktwissen Ideenfindung

Die Commodity-Falle vermeiden

commodity falle vermeiden

Die Commodity-Falle beschreibt eine Marktsituation, in der ein Produkt oder eine Dienstleistung keine Differenzierungsmerkmale mehr aufweist und nur noch über den Preis konkurrieren kann. Dies führt zu einer Abwärtsspirale der Preise, die die meisten Anbieter langfristig nicht überleben. Um dieser Falle zu entgehen, gibt es verschiedene Strategien.

IBM führte 2008 eine globale CEO Studie zum Thema Das Unternehmen der Zukunft durch. Darin spielte die Commodity-Falle ein wichtige Rolle. In dieser Studie erklärte Jeffrey Immelt, Chairman und CEO von General Electric:

Kontinuierliche Erneuerung ist von zentraler Bedeutung […] Wir sind alle nur einen Wimpernschlag von der Commodity-Falle entfernt.

Immelt spricht hier über die Commodity-Falle als eine Gefahr für marktführende Unternehmen. In seinen Augen hilft kontinuierliche Erneuerung, diese Falle zu vermeiden und so langfristig die Unternehmenszukunft zu sichern. Wer sich dagegen auf seinen einstigen Erfolgen ausruht, gerät schnell in die Commodity-Falle. Nach einer Einschätzung der Wirtschaftswoche sind zwei Drittel aller deutschen Unternehmen davon bedroht.

In meinem Beitrag möchte ich erklären, was die Commodity-Falle ist und wie Sie sie vermeiden können.

Was ist die Commodity-Falle?

Als Erstes müssen wir klären, was eine Commodity ist (englisch commodity = Gut, Ware). Eine Commodity meint Güter oder Waren, die sich in einem einzigen Merkmal voneinander unterscheiden können, nämlich ihrem Preis. Dies erklärt auch, dass sich eine Commodity nicht durch positive Differenzierungsmerkmale von der anderen Commodity unterscheiden kann. Ganz im Gegenteil, eine Commodity besitzt sogar standardisierte Eigenschaften. Dadurch kann sie, wie Öl oder Gold, auch an der Börse gehandelt werden.

Produkte können sich jedoch im allgemeinen bezüglich mehrerer Merkmale unterscheiden. Unterscheidungsmerkmale können sein: Zuverlässigkeit, Sicherheit, Service oder Funktionalität. Innovative Unternehmen nutzen diese Merkmale, um den Kunden einen einzigartigen Mehrwert bieten zu können. Sie heben sich dadurch vom Wettbewerb ab. Unternehmen, die das beherrschen, erzielen höhere Margen und Renditen. Im Gegensatz dazu wird ein Produkt dann zu einer Commodity, wenn mit der Zeit das einzige Unterscheidungsmerkmal der Preis geworden ist!

Durch typische Marktdynamiken gibt es eine Tendenz zur Commoditisierung. Hat ein Unternehmen eine Innovation auf den Markt gebracht, gibt es schnell Nachahmer. Kopien des einst innovativen Produkts werden von Konkurrenten an den Markt getragen. Ein Unternehmen tappt dann in die Commodity-Falle, wenn es statt die nächste Produktinnovation zu entwickeln sich auf die Commoditisierung einlässt. Für viele Kunden sind Druckerpapier, Butter oder Schrauben solche commoditisierten Produkte.

Die folgende Liste zeigt vier Merkmale, an denen Sie erkennen können, dass eines Ihrer Produkte sich in der Commodity-Falle befindet:

  • Das einzige Unterscheidungsmerkmal ist der Preis. Sie erkennen dies daran, dass sich Ihr Produkt nur über Preisnachlässe absetzen lässt.
  • Es wurde verpasst, einen neuen Mehrwert zu entwickeln.
  • Die Investitionen wurden ausschließlich für die Steigerung der Effizienz und nicht für Verbesserungen am Produkt genutzt.
  • Das Unternehmen muss die Kosten senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Warum ist die Commodity-Falle gefährlich?

Das Gefährliche an der Commodity-Falle ist, dass sie ein Teufelskreis ist:

  1. Zunächst generierte das Unternehmen eine Produktinnovation und kann durch den neuen Kundennutzen sehr hohe Margen einnehmen.
  2. Nach einiger Zeit gibt es Nachahmer am Markt, die vergleichbare Produkte herstellen können.
  3. Der Effekt ist: Nur durch den Preis kann das Unternehmen auf dem Markt noch einen Vorteil erzielen.
  4. Daher: Die Margen sinken.
  5. Die verfügbaren finanziellen Mittel fließen komplett in den Erhalt des Unternehmens, z.B. in Kostensenkung.
  6. Es fehlen die finanziellen Mittel, um die Investitionen für notwendige Erneuerungen tätigen zu können.

… nach einiger Zeit …

  1. Das Unternehmen kann nur durch einen noch günstigeren Preis einen Vorteil erzielen.
  2. Daher: Die Margen sinken noch weiter.
  3. Das Unternehmen muss weiterhin alle finanziellen Mittel für eine noch größere Effizienzsteigerung einsetzen.

Spätestens jetzt schlägt die Commodity-Falle zu.

Das Beispiel Compaq

Ein praktisches Beispiel hierfür ist Compaq, denn der Computerhersteller verschwand vom Markt, als er in die Commodity-Falle geraten ist:

1981-85
Compaq eroberte den x86 Markt mit der Einführung des 386 PC. Die Mehrwert-Strategie von Compaq, auch als hochpreisiger Anbieter, brachte ihnen hohes Umsatzwachstum und Renditen.

Kostensenkung1985-90
Anbieter aus Asien konnten vergleichbare PCs wesentlich günstiger als Compaq herstellen. Als diese Commoditisierung stattfand, konnte Compaq mit den Preisen nicht mehr mithalten. Die Gründe dafür sind die Kostenstruktur und der schnell ansteigenden Dollar. Compaqs Überleben befand sich in Gefahr.

Daher wechselte die Strategie nahezu plötzlich von einem hochpreisigen zu einem Niedrigpreis-Anbieter. Compaq konnte dadurch seine Marktposition (Platz 1) halten. Jedoch fielen die Margen weiter …

1990-95
Woraufhin Compaq wieder zur Mehrwert-Strategie gewechselt hat. Im Zuge der Entwicklung von Netzwerken, führte Compaq hoch verfügbare Server ein. Dieses neue Angebot traf genau die Bedürfnisse der Benutzer.

Aber auch dieses Produkt wurde schnell zur Commodity als andere Anbieter vergleichbare Produkte anboten.

1995-
Wieder schlug Compaq den Weg der Kostenreduktion ein. Am 4.9.2001 fusionierte Compaq mit dem Zweiten des Marktes, Hewlett Packard. Im Endeffekt stellte sich diese Fusion jedoch als Übernahme heraus.

Wie kann man die Commodity-Falle vermeiden?

Wird ein Produkt zur Commodity, so kann das weitreichende Folgen haben. Einige dieser Folgen, wie Umsatzeinbrüche oder Übernahmen haben wir Ihnen bereits vorgestellt. Aber was kann man tun? Zunächst einmal ist es wichtig zu erkennen, wann und wie die Commodity-Falle im Unternehmen zuschnappen kann. Ist dies geklärt, gibt es eine Reihe von Tipps die man befolgen kann, um sie zu vermeiden:

  1. Generieren Sie aktiv und vor allem ständig einzigartige Merkmale für Ihre Produkte oder Dienstleistungen, um im Markt immer einen Vorsprung zu haben. Das Strategy Canvas kann dabei helfen.
  2. Statt nur reaktiv auf Marktveränderungen zu reagieren, seien Sie proaktiv und schauen Sie in die Zukunft. Haben Sie im Blick, was zukünftige Marktbedürfnisse sein könnten.
  3. Hören Sie nie auf, nach neuen Mehrwerten für Ihre Kunden zu suchen. Seien Sie auch hier proaktiv und generieren Sie ständig neue Kundennutzen. Sie können dazu zum Beispiel die Buyer Utility Map anwenden.
  4. Nutzen Sie ihr Brot und Butter-Geschäft, um langfristige Produktinnovationen zu finanzieren.
  5. Setzen Sie eine langfristige Strategie gegen die Commoditisierung ein.
  6. Beachten Sie die verschiedenen Lebenszyklen Ihrer Produkte. Nutzen Sie ein langfristig ausgerichtetes Produktportfolio, um regelmäßig für Innovationsnachschub zu sorgen.

Innovationen sind wichtig. Damit man Innovationen für sich nutzen kann, braucht man einen guten Mix aus kurz- und langfristigen Produktinnovationen. Für die Erstellung und Taktung dieses Mixes sollten Sie den Lebenszyklus Ihrer Produkte berücksichtigen und unbedingt für Nachfolgeprodukte sorgen! Dadurch vermeiden Sie, in die Commodity-Falle zu tappen.

Das Beispiel CEMEX

Eines der bekanntesten Beispiele für das Entkommen aus der Commodity-Falle ist die Firma CEMEX. CEMEX ist ein Zementhersteller aus Mexiko. Zement ist ein Commodity-Produkt, aber es ist CEMEX gelungen, neue Kundenvorteile zu finden und dadurch ein starkes Wachstum zu generieren.

Quelle für die Commodity-Falle: The Innovators Dilemma von Clayton M. Christensen

Quelle für die Geschichte von Compaq: Innovation Management von Shlomo Maital und D.V.R. Seshadri

Quelle für den Produktlebenszyklus: Buying Hierarchy

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Kompaktwissen Innovationsmanagement

NASA – „Failure is not an option“ II

Rocket Launch

In Blogbeitrag Killerphrasen haben wir über Aussagen gesprochen, mit denen vor allem außergewöhnliche Ideen im Keim erstickt werden. Innovationen benötigen jedoch außergewöhnliche Ideen. Allerdings fällt es uns schwer diese Ideen zu generieren und sie zu erkennen! Der Effekt ist, dass gute Ideen entweder erst gar nicht geboren oder bereits in der Keimphase erstickt werden.

Ich möchte in meinem folgenden Beitrag darüber berichten, wie einige Ingenieure und Wissenschaftler vorbildhaft im Überwinden der eigenen Betriebsblindheit waren und so einzigartige sowie erfolgreiche Ideen entwickelt haben.

Das Problem

Vor Jahren schon standen Ingenieure und Wissenschaftler der amerikanischen NASA vor einem riesigen Problem. Sie verbrachten bereits Jahre damit eine Mars-Expedition zu planen. Dazu wurde ein Raumschiff, die Mars Explorer, entwickelt, das Bilder vom Mars aufnehmen sollte. Das Problem bestand darin, dass die Rakete des Raumschiffs zu schwer war. Dadurch hatte sie nicht genug Schubkraft, um die Mars Explorer zum Mars zu befördern.

Das Dilemma

Die Verantwortlichen taten alles dafür, das Projekt zu retten. So kam es, dass sie alle Möglichkeiten, die Rakete leichter zu machen, ausschöpften. Aber als sie am Minimum angelangten, reichte es immer noch nicht. Es schien so, als ob die Mission fehlgeschlagen war.

Die Killerphrase

An dieser Stelle der Geschichte könnte man sich sagen: „So ist das Leben: Mal gewinnt man und mal verliert man.“ Ein Ingenieur bei der NASA tat genau das Gegenteil davon! Er bastelte vehement an einer Lösung. Was hat er anders gedacht?

Der Ausweg

Sein Vorbild muss wohl Einstein gewesen sein, der einmal gesagt hat: „Man kann ein Problem nicht mit den gleichen Denkstrukturen lösen, die zu seiner Entstehung beigetragen haben.“ Denn der Clou ist, dass er gar nicht erst versuchte, die Rakete leichter zu machen. Er suchte nach anderen Möglichkeiten die Rakete zum Mars zu bekommen!

Die Lösung

Letztendlich wurde die Rakete in die andere Richtung, nämlich zur Venus geschossen. Für diese Reise hatte die Rakete jedenfalls genug Energie. Während die Rakete dann um die Venus kreiste, wirkte die Gravitation der Venus als eine Art Katapult. Dadurch beschleunigte es das Schiff und schoss es bis zum Mars. Das Schiff erreichte den Mars und nahm tausende Bilder von ihm auf. Mission accomplished!

Diese Geschichte zeigt sehr schön, wie sehr man doch in der eigenen Falle stecken kann. Verdeckte Annahmen, wie die der Mars Explorer Mission (Die Rakete ist zu schwer um zum Mars zu gelangen!) führen dazu, dass wir blind für alternative Lösungen werden. Kreativitätstechniken (z.B. Provokationstechnik) helfen dabei die eigene Betriebsblindheit zu überwinden und Lösungen auf Basis anderer Denkstrukturen zu generieren. In diesem Sinne „Failure is not an option!“

Quelle: Innovation Management von Maital und Seshadri

Attribute als Trittsteine zu neuen Ideen

attribute

Einen Schlüssel zum wirkungsvollen Einsatz vieler Ideenproduktiontechniken bilden die so genannten Attribute. Ein Attribut ist eine Eigenschaft oder ein Merkmal einer Sache. Attribute sind deswegen für die Ideenproduktion wichtig, weil sie Trittsteine hin zu nützlichen Perspektivwechseln sein können.

Attribute eines Fußballs sind beispielsweise:

  • Er wird beim Sport eingesetzt.
  • Er ist hohl.
  • Er schwimmt im Wasser.
  • Er eignet sich nicht als Briefbeschwerer.

Attribute können sehr unterschiedlich sein – sie haben ihrerseits Attribute, mit denen man sie klassifizieren kann, z.B.

  • konservative bzw. gewagte Attribute
  • naheliegende bzw. weit hergeholte Attribute
  • allgemeine bzw. spezifische Attribute

Durch die Wahl geeigneter Attribute als Bestandteil der Ideenproduktionstechniken können die Merkmale der erzeugten Ideen gesteuert werden. Die Wahl von Attributen hängt auch vom Auftrag und vom Auftraggeber ab. So sollte man bei einem konservativen Auftraggeber mit gewagten oder provokativen Attributen vorsichtig sein, weil diese ihn schnell überfordern können. Es gehört zur Kunst des Drehbuchautors, passende Attribute für die gegebene Aufgabenstellung zu wählen.

Bei der Analogietechnik sind es die Attribute der Aufgabenstellung, die uns zu Analogien führen. Die erste Klasse der Deutschen Bahn hat beispielsweise die Attribute

  • ist eine hochpreisige Dienstleistung für Geschäftsleute
  • ist ein Transportunternehmen

Diese Attribute führen unter anderem zu den Analogien

  • Ein Fünf-Sterne-Hotel
  • Eine Fluglinie

Nun fällt es leicht, Ideen für die erste Klasse der Bahn zu finden, indem man einfach schaut, welche Dienstleistungen diese Analogien ihren Erste-Klasse-Kunden bereits anbieten oder naheliegenderweise anbieten könnten.

Als Beispiel für die unterschiedlichen Arten von Attributen betrachten wir eine Schneiderin:

  1. Ein konservatives und allgemeines Attribut: Sie hat Geschäftsräume.
  2. Ein naheliegendes Attribut: Sie hat mit Textilien zu tun.
  3. Ein weit hergeholtes Attribut: Sie benötigt keinen Baukran.
  4. Ein spezifisches Attribut: Sie berührt ihre Kunden bei der Arbeit.

Bei der Analogietechnik würde Attribut #1 (Sie hat Geschäftsräume) breit gestreute, wenig verwandte Analogien liefern wie beispielsweise Rechtsanwalt, Bürgermeister, oder Obsthändler. Entsprechend breit gestreut werden auch die Ideen sein, die daraus entstehen. Das naheliegende Attribut (Sie hat mit Textilien zu tun) ist wahrscheinlich wenig ergiebig, auf jeden Fall wenig überraschend. Attribut #3 (Sie benötigt keinen Baukran) ist praktisch gleichbedeutend mit der Zufallstechnik, weil dieses Attribut für fast jeden zutrifft. Attribut #4 (Sie berührt ihre Kunden bei der Arbeit) ist am interessantesten, weil dies ein sehr charakteristisches aber gleichzeitig unerwartetes Attribut einer Schneiderin ist. Mögliche Analogien, zu denen es führt, sind Friseur, Physiotherapeut und Krankenpfleger. Derartige Attribute ergeben meistens die besten Ideen.

Für den Einsatz in der Praxis gibt es Methoden zur systematischen Erfassung der Attribute einer Aufgabenstellung. Dies ist wichtig, um eine möglichst reichhaltige Menge von Ideen produzieren zu können. Eine solche Methode ist die „8P-Liste„.

Und so sieht eine einfache Anwendung von Attributen in der Praxis aus:

  1. Welches Attribut charakterisiert Ihr Unternehmen am besten? Wählen Sie eines, das spezifisch ist, aber nicht auf der Hand liegt.
  2. Wer sonst hat dieses Attribut?
  3. Welche Ideen oder Lösungen könnten Sie von ihm/ihr übernehmen?

 

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Kompaktwissen Ideenfindung

 

PO: Ideen generieren ist ein Kinderspiel!

Vulkan

Wieso ist dieser Vulkan ein Hinweis auf die Leichtigkeit Ideen zu produzieren? Dieses Rätsel – lieber Leser – wird am Ende dieses Beitrags aufgelöst. Bis dahin bin ich auf Ihre Fantasie gespannt!

In diesem Blogbeitrag möchte ich mir den Mythos vornehmen, dass nur Kreative gute Ideen entwickeln können. Dem stimme ich nicht zu, denn jeder kann gute Ideen produzieren. Wir brauchen dazu nur die richtigen Fragen! Darüber die richtigen Fragen für Werbeideen zu stellen, hatte Graham im Beitrag Werbeideen durch extreme Konsequenzen berichtet. Als Beleg dafür, dass dies auch für andere Aufgabenstellung durchführbar ist, möchte ich in diesem Beitrag

  • eine Ideenfindungsaufgabe studieren,
  • eine eigene Kreativitätstechnik dafür erstellen und
  • anschließend zum Test einige Ideen damit produzieren.

Die Ideenfindungsaufgabe:

Zunächst stellen wir uns vor, wir sind Verantwortliche eines der führenden Computerspielhersteller. Da der Wettbewerb hart ist, müssen wir ständig neue Spielideen auf den Markt bringen. Unsere Ideenfindungsaufgabe lautet daher: Wir suchen Ideen für Computerspielszenarien.

zu a) Die Ideenfindungsaufgabe analysieren

Albert Einstein soll einmal gesagt haben:

Wenn man mir eine Stunde Zeit geben würde, ein Problem zu lösen, von dem mein Leben abhängt, würde ich vierzig Minuten dazu verwenden , es zu studieren, fünfzehn Minuten dazu, Lösungsmöglichkeiten zu prüfen, und fünf Minuten, um es zu lösen.“

Idea Engineering legt die gleiche Sorgfalt in der Analyse der Aufgabe wie Einstein zugrunde.

Zum Analysieren einer Ideenfindungsaufgabe haben sich zwei Fragen als besonders hilfreich erwiesen:

1. Was macht eine Computerspielidee erfolgreich?

In der Computerspielindustrie zählt vor allen Dingen, je außergewöhnlicher die Spielidee ist desto besser. Mit einem Blick in die aktuelle Bestsellerliste können wir unsere These prüfen. Dort finden wir auf Platz 1 …

Spore (erschienen 2008): Spore erlaubt es dem Spieler die Evolution einer Spezies zu kontrollieren. Er beginnt den Mehrzellerorganismus zu steuern, anschließend überwacht er seine Entwicklung als intelligentes und soziales Wesen und danach kontrolliert er die Entwicklung als interstellare Kultur, die fremde Welten entdeckt.

Preise als originellstes Spiel 2001 gewann …

Black & White (erschienen 2001): Der Spieler übernimmt die Rolle eines Gottes, der mit Güte oder Strenge über sein Volk wacht und sich gegen andere Götter durchsetzen muss.

Diese beiden Beispiele zeigen, dass außergewöhnliche Spielideen die Bestsellerlisten anführen, Preise gewinnen und dadurch auch erfolgreich sind.

2. Was sind die wesentlichen Attribute unserer Aufgabenstellung?

Ein wesentliches Attribut eines Computerspiels ist, dass die Spieler ein Ziel erreichen müssen. Solche Ziele können beispielsweise sein: das mächtigste Volk in der Galaxis führen, der einflussreichste Gott sein oder das meiste Geld verdienen. Wir suchen demzufolge ein Szenario, in der die Spieler ein Ziel erreichen müssen.

zu b) Eine eigene Kreativitätstechnik erstellen

Wir nutzen eine der einfachsten Kreativitätstechniken: das Gelenkte Brainstorming. Dies stellt eine Sequenz von Fragen dar, die zum Ziel haben, Ideen zu den wesentlichen Attributen einer Aufgabenstellung zu generieren.

Ein kleiner Trick, der uns die Erstellung der Fragesequenz erleichtert: Wir säumen das Pferd von Hinten auf und beginnen mit der letzten Frage:

  • N. Wie sieht das Computerspielszenario aus?

Diese Frage hilft uns noch nicht weiter, da sie zu allgemein gestellt ist und uns keinerlei Anregungen bietet. Damit wir Anregungen erhalten, bedient sich das gelenkte Brainstorming des wesentlichen Attributs. Ein solches Attribut haben wir bereits identifiziert: „Die Spieler erreichen ein Ziel.“ Bevor wir eine Idee für ein Computerspielszenario entwickeln, sollten wir daher herausfinden, welches Ziel der Spieler erreichen soll. Unsere vorletzte Frage könnte daher lauten:

  • N-1. Welches Ziel möchte … erreichen?

Sie sehen schon, hier fehlt uns ein Teil im Satz. Nutzen wir ein anderes Element unserer Analyse. Wir haben herausgefunden, dass ein Computerspielszenario möglichst außergewöhnlich sein muss. Dies ist ein guter Hinweis für unseren fehlenden Satzteil. Wir ergänzen unsere vorletzte Frage wie folgt:

  • N-1. Welches Ziel möchte etwas Außergewöhnliches erreichen?

Diese Frage ist so zwar korrekt, aber noch ein wenig schwer zu beantworten. Auch hier ein kleiner Trick aus dem Idea Engineering. Statt nach etwas Abstraktem zu fragen, suchen wir uns etwas Konkreteres. Zum Beispiel könnten wir nach Objekten oder Wesen mit außergewöhnlichen Attributen fragen. Nächster Versuch:

  • N-3. Was sind außergewöhnliche Attribute?
  • N-2. Wer oder was besitzt dieses Attribut?

Voila – Wir haben unsere erste eigene Kreativitätstechnik entwickelt. Bravo! Jetzt stellen wir die Fragen noch in die richtige Reihenfolge:

  1. Was sind außergewöhnliche Attribute?
  2. Wer oder was besitzt dieses Attribut?
  3. Welches Ziel möchte dieses ‚Wer oder Was‘ erreichen?
  4. Wie sieht das Computerspielszenario demzufolge aus?

zu c) Die Kreativitätstechnik testen

Alles was wir jetzt noch testen müssen ist, ob mit Hilfe dieser Fragesequenz Ideen hergestellt werden können.

1. Was sind außergewöhnliche Attribute?

  • fluffig, feurig, schleimig, knubbelig, kubisch, winzig, krass, gammelig, zuckrig, mächtig

2. Wer oder was besitzt dieses Attribut?

  • Fluffig sind Wolken, Moos und Schwämme.
  • Feurig sind Vulkane, Geysire und Magma.
  • Schleimig ist ein Sumpf.
  • Zuckrig sind Schokolade, Kuchen, Mousse und Bonbons.
  • Mächtig ist Mutter Natur.

3. Welches Ziel möchte dieses ‚Wer oder Was‘ erreichen?

  • Ein Vulkan möchte sich ausbreiten und Städte in Schutt und Asche legen.
  • Ein Sumpf möchte unvorsichtige Wanderer in sich hinein locken und verschlingen.
  • Ein Kuchen möchte die Welt erobern und Menschen dick machen.
  • Mutter Natur muss die Welt im Gleichgewicht halten. Dazu steuert sie die vier Naturgewalten Wasser, Erde, Feuer und Luft.

4. Wie sieht das Computerspielszenario aus?

  • Wir könnten uns vorstellen, dass wir einen Vulkan kontrollieren. Der Spieler hätte die Möglichkeit einen Vulkan ausbrechen zu lassen und sich dadurch vergrößern zu können. Je mehr Land er erobert, desto mehr Punkte verdient er. Dafür, dass man Städte und ganzen Kulturen in Schutt und Asche legt, bekommt man extra Punkte.

Eingangs hatte ich Ihnen ein Rätsel gestellt: „Was hat dieser Vulkan mit der Leichtigkeit, Ideen zu generieren, zu tun?“ Nun am Ende dieses Beitrags, sehen Sie, wie leicht es war eine Idee für ein Computerspiel herzustellen. Versuchen Sie es doch auch!

Unser Fazit

Wie dieses Beispiel zeigt, ist Ideenfindung ganz leicht. Voraussetzung dafür ist eine ausführliche Analyse der Aufgabe und Fragesequenzen, die uns Anregungen bieten. Techniken ohne eine Anregung (bzw. Perspektivwechsel) können höchstens von „Kreativen“ erfolgreich eingesetzt werden.

Sie könnten jetzt denken: „Sich Ideen für Computerspiele auszudenken, ist sicher leicht.“ Allerdings ist diese Vorgehensweise auch auf andere Aufgaben übertragbar. Es ist egal, ob man als B2C oder B2B Organisation auf der Suche nach Geschäftsmodell-, Produkt- oder Marketinginnovationen ist. Die Vorgehensweise bleibt immer gleich. Nimmt Zephram einen Ideenfindungsauftrag an, ist dies die Standard Vorgehensweise, um Kreativitätstechniken und somit auch Lösungsideen zu entwickeln.

Neue Geschäftsideen durch Analogien

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Ein Sprichwort sagt, es gibt keine wirklich neuen Ideen auf der Welt, sondern nur neue Kombinationen von alten Sachen. Ein Perspektivwechsel, der dieser Erkenntnis Rechnung trägt, ist die Analogietechnik. Mit Analogien betrachten wir ein Problem durch die Augen eines anderen. Durch diesen Perspektivwechsel erkennen wir oft neue Lösungen, die wir für uns selbst übernehmen können.

Zephram setzt Analogien sehr häufig in Kundenprojekten ein. Die häufigste Anwendung ist zur Entwicklung neuer Ideen für Produkte und Dienstleistungen. Richtig eingesetzt funktioniert die Analogiemethode sehr gut – sowohl für Produktverbesserungen als auch für völlig neue Produktideen.

Der erste Schritt bei der Methode besteht darin, sich die Namen von Unternehmen zurechtzulegen, die einem vielversprechend erscheinen. Einige Möglichkeiten für die Auswahl sind:

  • Konkurrenten
  • Erfolgreiche Unternehmen mit ähnlichen Kernkompetenzen
  • Erfolgreiche Unternehmen aus ganz anderen Branchen
  • Nichtkommerzielle Organisationen oder Einzelpersonen

Diese Liste ist organisiert nach der Entfernung vom eigenen Unternehmen. So sind die eigenen Konkurrenten naheliegende Analogien, während die nichtkommerziellen Organisationen weiter entfernt liegen. Je nachdem, ob man naheliegende oder weit entfernte Analogien wählt, erhält man sehr unterschiedliche Ideen; naheliegende Analogien erzeugen meistens naheliegende Ideen, während die ungewöhnlicheren Analogien auch unerwartete Ideen liefern können. Allerdings ist der Umgang mit den exotischeren Analogien auch anspruchsvoller. In der Praxis hängt Vieles von einer guten Wahl der Analogien ab.

Im zweiten Schritt betrachtet man seine Aufgabenstellung aus der Perspektive der gewählten Analogien. Dies erreicht man am besten mit Fragen wie

  • Wie würde <X> unsere Produkte verbessern?
  • Wenn <X> unser Unternehmen kaufen würde, welches neue Produkt würden wir als Nächstes einführen?
  • Welches neue Produkt würde ein Joint Venture zwischen <X> und unserem Unternehmen anbieten?

Als kleine Kostprobe beantworten Sie einfach die obenstehenden drei Fragen, wobei Sie <X> durch die folgenden Organisationen ersetzen:

  • Die NASA
  • IBM
  • Die Bundeswehr
  • Yahoo!
  • Die Vereinten Nationen
  • McKinsey & Company
  • Das Hotel Adlon Kempinski in Berlin

Schon mit dieser kleinen Übung können Sie sich selbst davon überzeugen, dass die Analogiemethode mit wenig Aufwand durchaus interessante Ideen liefern kann.

Links

Kompaktwissen Ideenfindung