von Graham Horton

Die Antwort ist einfach: Gar nicht!
Ideen sollten niemals abgelehnt werden – das erzeugt ein menschliches Problem und kann die Produktivität einer Ideenrunde erheblich beeinträchtigen. Wer eine Idee ablehnt, hat die Natur und die Funktion einer Idee nicht richtig verstanden, und ein guter Moderator würde es niemals tun. Wir erklären das Missverständnis und bieten ein paar Handlungstipps an.
Wann entsteht das Problem?
In einer Ideenfindungsrunde entstehen zwangsläufig viel mehr Ideen als jemals umgesetzt werden könnten. In unseren eigenen Innovationsworkshops entstehen je nach Aufgabenstellung Dutzende bis Hunderte von Ideen, aber der Auftraggeber verfolgt am Ende höchstens die 12 bis 15 Ideen, die das größte Erfolgspotential besitzen. Dementsprechend bleiben Dutzende bis Hunderte von Ideen zurück. Ähnliches gilt natürlich auch für informelle, unmoderierte Ideenrunden.
Die schädlichen Folgen
Die Ablehnung einer Idee in einer Arbeitsrunde kann schädliche psychologische und materielle Konsequenzen haben, die sich sowohl kurz- als auch langfristig auswirken können.
- Demotivation der Teilnehmer
- Die Ablehnung einer Idee – vor allem vor den Augen der Kollegen – kann schnell zur Demotivation des Ideengebers führen. Er fühlt sich unter Umständen herabgesetzt oder sogar gedemütigt, vor allem, wenn die Ablehnung auf insensitive Weise erfolgt. Teilnehmer, denen dies widerfährt, verlieren sofort die Lust, sich zu beteiligen und ziehen sich aus dem Prozess zurück. Es wird auch schwieriger, sie in Zukunft für ähnliche Veranstaltungen zu begeistern.
- Verlorene Gelegenheiten
- Eine Idee abzulehnen bedeutet immer, das Risiko eines Ablehnungsfehlers einzugehen: Die abgelehnte Idee könnte in Wirklichkeit sehr gut sein, aber durch die Ablehnung wird dies nicht erkannt, und der Organisation geht eine wertvolle Gelegenheit verloren.
Die Lösung des Dilemmas
Wir haben also scheinbar ein Dilemma: Ideen müssen abgelehnt werden, aber die Ablehnung kann unerwünschte Konsequenzen nach sich ziehen. Wie kann man dieses Dilemma lösen?
Die entscheidende Einsicht besteht darin, Ideen und Vorschläge zu unterscheiden und sie auch unterschiedlich zu behandeln.
- Ein Vorschlag…
- ist eine konkrete Handlungsempfehlung, zum Beispiel, eine bestimmte Erfindungsidee hinsichtlich einer möglichen Patentanmeldung näher zu untersuchen oder das Marktpotential einer neuen Dienstleistung zu ermitteln.
- Eine Idee…
- ist ein spontaner Einfall, der entweder von selbst im Geiste oder durch eine gezielte Anregung entsteht. Bei einer Ideenfindungstechnik wie etwa der Zufallstechnik oder der Provokationsmethode sind Ideen oft nur ein Zwischenschritt zu einem konkreten Vorschlag. Es kommt in einer Ideenphase darauf an, flüssig und ohne Hemmungen die eigenen Einfälle zu äußern, damit sie der Gruppe als Anregung zur Verfügung stehen.
Vorschläge können (und sollen) abgelehnt werden, wenn gute Gründe gegen sie sprechen. Ideen dagegen entstehen spontan und ohne kritisches Hinterfragen. Dabei nimmt man bewusst in Kauf, dass die Mehrzahl aller ausgesprochenen Ideen nicht zu Vorschlägen führen kann. Darum sollten sie immer zunächst vom Moderator (und von der Runde insgesamt) angenommen werden.
Tipps für die Praxis
Wir haben ein paar Tipps für die Moderation von Ideenrunden zusammengetragen:
- Regel merken:
- Es gibt keine schlechten Ideen.
- Regel merken:
- Ideen werden immer angenommen; Vorschläge werden – falls notwendig – abgelehnt.
- Visuell trennen
- Das Workshop-Drehbuch sollte klar zwischen Ideen und Vorschlägen unterscheiden – zum Beispiel durch die Farbe des Papiers, auf dem sie jeweils notiert werden. In unseren Workshops verwenden wir für Ideen den Begriff „Rohidee“ und setzen dafür grundsätzlich schlichte DIN A5-Blätter ein, während Vorschläge immer auf aufwendig gestalteten A4-Blättern notiert werden.
- Die Kategorie „unklar“
- Es gibt immer Vorschläge, deren Qualität im Rahmen des Ideenworkshops nicht festgestellt werden kann, zum Beispiel weil dafür bestimmte Informationen nicht bekannt sind. Wir verwenden für derartige Vorschläge die Kategorie „unklar“. Das rettet sie vor einer glatten Ablehnung und gibt ihnen noch die Chance, im Nachgang zum Workshop befürwortet zu werden.
- Die Kategorie „disruptiv“
- Es gibt oft Vorschläge mit großem Potential, die aber zur erfolgreichen Umsetzung eine Änderung der Rahmenbedingungen erfordern. Ein typisches Beispiel ist eine Produkt- oder Geschäftsmodellinnovation, die im Widerspruch zu einem Beschluss der Geschäftsleitung steht oder eine Verhaltensänderung bei den Kunden voraussetzt. Solche Vorschläge sollten nicht mit der schlichten Bemerkung „Das geht nicht!“ abgelehnt werden, sondern in einer speziellen Ergebniskategorie landen. Wir nennen diese Kategorie disruptiv.
- Annahmen untersuchen
- Lassen Sie die Annahme benennen, die zur Ablehnung eines ansonsten attraktiven Vorschlages geführt haben. Manchmal entdecken die Teilnehmer dadurch, dass es doch eine Realisierungsmöglichkeit für den Vorschlag gibt.
- Rettungsfragen stellen
- Wenn wir als Moderatoren den Verdacht haben, dass unsere Workshop-Teilnehmer gerade dabei sind, einen vielversprechenden Vorschlag abzulehnen, stellen wir sogenannte „Rettungsfragen“. Dies hilft gelegentlich, eine guten Vorschlag vor dem vorzeitigen Aus zu bewahren.
- Beförderung statt Ablehnung
- Es ist für die Stimmung eines Ideenworkshops generell förderlicher, statt „schlechte“ Vorschläge abzulehnen, die attraktiven Vorschläge zu befördern.
von Graham Horton

Nachdem wir uns in den vergangenen zwei Tagen die Verteilung der Google-Suchbegriffe ideenfindung und innovation angesehen haben ist heute die Anfrage produktinnovation dran. Die Titelgrafik zeigt die relative Anfragehäufigkeit für die letzten fünf Jahre. Sie macht deutlich, dass dieses Suchwort ein rein westdeutsches Phänomen ist (mit Berlin): Die Suchhäufigkeit ist in sechs Bundesländern ziemlich gleichmäßig verteilt und liegt in allen ostdeutschen Bundesländern bei weniger als einem Hundertstel des Wertes von Baden-Württemberg:
von Graham Horton

In unserem gestrigen Beitrag haben wir eine Google Trends-Karte gezeigt, die die Suchanfragen nach „disruptive innovation“ in den deutschen Bundesländern visualisiert. Das erstaunliche Ergebnis war, dass der Anteil aller Suchanfragen sich um einen großen Faktor unterscheidet: In Dreiviertel aller Bundesländer erreicht das Interesse nach „disruptive innovation“ nicht einmal 1% des Wertes des erstplatzierten Landes Bayern.
Heute haben wir eine Suchanfrage recherchiert, die für uns besonders interessant ist: Ideenfindung. Wir haben den maximal möglichen Zeitraum von 2004 bís heute gewählt. Das Ergebnis war gleichermaßen überraschend: Sieben Bundesländer bilden eine Spitzengruppe. Die anderen neun Bundesländer kommen jedoch nicht einmal auf 1% des Wertes des Spitzenreiters Sachsen-Anhalt. Das vollständige Ranking sieht wie folgt aus:
- Sachsen-Anhalt: 100
- Baden-Württemberg: 88
- Niedersachsen: 72
- Nordrhein-Westfalen: 72
- Berlin: 69
- Bayern: 67
- Hessen: 59
- Alle anderen Bundesländer: weniger als 1
Mit anderen Worten: Der Anteil aller Google-Suchanfragen nach ideenfindung seit 2004 war in Sachsen-Anhalt mehr als 100 mal höher als (beispielsweise) im Nachbarland Sachsen. Das Ergebnis variiert mit dem Zeitraum ein wenig: Betrachtet man nur die vergangenen 12 Monate beispielsweise stand Baden-Württemberg auf Platz 1 und Sachsen-Anhalt auf Platz 4. In allen Fällen aber waren die Spitzengruppe und die „Alle anderen“-Gruppe gleich besetzt.
von Graham Horton

Was ist eine Disruptive Innovation?
Disruptive Innovation bezeichnet die Verdrängung einer Produktkategorie durch eine andere, die auf einer neuen Technologie oder einem neuen Geschäftsmodell basiert. Das innovative Element ermöglicht einen neuen oder einen dramatisch verbesserten Kundennutzen mit dem Ergebnis, dass der bestehende Markt durcheinandergewirbelt wird, neue Kundengruppen entstehen und etablierte Unternehmen untergehen. Es gibt zahlreiche Beispiele für disruptive Innovationen – sowohl historische als auch aktuelle.
Disruptive Innovationen sind ein Motor des wirtschaftlichen Fortschritts. Dies wurde vor rund 70 Jahren von dem österreichisch-amerikanischen Ökonom Joseph Schumpeter erkannt. Durch disruptive Innovationen entstehen verbesserte Lösungen für Verbraucher und Wirtschaftswachstum für die Gesellschaft. So reisen wir heute dank Gottlieb Daimler und Carl Benz mit dem Auto statt mit der Pferdekutsche und beleuchten unsere Häuser und Straßen seit Thomas Edison mit Elektrizität statt mit Gas.
So suchen die Deutschen nach „Disruptive Innovation“
Die Titelgrafik zeigt die Häufigkeit, mit der in den vergangenen 12 Monaten in den verschiedenen Bundesländern eine Google-Suche nach dem Begriff disruptive innovation durchgeführt wurde. Das Bild wurde mit dem Dienst Google Trends erstellt. Dabei wird die Häufigkeit dieses Suchbegriffs relativ zu allen Suchbegriffen aus der selben Region angezeigt, und die Zahlen werden auf eine Skala von 0% bis 100% normiert. Die Darstellung gibt also keinen Rückschluss auf die absolute Anzahl der Suchanfragen.
Die kräftigste Farbe hat Bayern (100%), gefolgt von Baden-Württemberg (88%), Berlin (55%) und Nordrhein-Westfalen (49%). Alle anderen Bundesländer bleiben ohne Farbe, da dort der Anteil des Begriffs unter allen Suchanfragen weniger als 1% so hoch war wie in Bayern. (Für die Nachbarländer werden keine Daten dargestellt.)
Die Werte sind erstaunlich konstant über die Zeit hinweg – selbst bei der längstmöglichen Betrachtung (2004 bis heute) ändert sich kaum etwas am Ergebnis.
Warum ist das interessant?
Disruptionen werden nur von den innovativsten Unternehmen versucht, denn sie sind anspruchsvoll und mit großem Risiko behaftet. Entweder sind es etablierte Firmen, die einen Seitwärtsschritt in einen neuen Markt wagen – wie Apple 2001 mit dem iPod und iTunes, oder es sind Startups wie Spotify oder Skype, die neuartige Lösungen in die Welt bringen. Im Erfolgsfall können disruptive Innovationen zu erheblichen Investitionen und zu vielen neuen Arbeitsplätzen führen.
Wenn die Häufigkeit der Suchanfragen nach disruptive innovation ein Indikator für disruptive wirtschaftliche Aktivität ist, dann wundert es vielleicht nicht, dass die führenden Regionen die drei wirtschaftsstarken Bundesländer BY, BW und NRW sowie die Startup-Metropole Berlin sind. Dort gibt es auch starke technisch orientierte Universitäten und eine Konzentration von Forschungsinstituten der Max-Planck- und der Fraunhofer Gesellschaften. Allerdings liegt selbst innerhalb dieser kleinen Führungsgruppe das Niveau in Bayern doppelt so hoch wie in Nordrhein-Westfalen.
Bedenklich erscheinen die Zahlen aus den anderen 12 Bundesländern, denn keines von ihnen erreicht auch nur ein Hundertstel des Wertes von Bayern. Ist denn dort das Niveau der Aktivitäten, die vielleicht eines Tages zu den bahnbrechenden Innovationen der Zukunft führen, wirklich so gering? Das könnte weitreichende langfristige Folgen für die Wirtschaftskraft haben.
Bemerkenswert ist vielleicht auch, dass fast alle Zephram-Kunden aus den vier „blauen“ Bundesländern stammen – auch wenn nicht jeder Innovationsworkshop sich mit disruptiven Innovationen beschäftigt.
Bildquelle: Google Trends
von Graham Horton

Was ist Innovation?
Was ist Innovation? Wer öfter mit dem Thema zu tun hat, weiß, dass jeder sich etwas Anderes darunter vorstellt.
Diese Frage wurde neulich in der LinkedIn-Gruppe Innovation Management gestellt. Es gab 33 Antworten von Gruppenmitgliedern, die von ideaspies zusammengefasst wurden. Einige der Vorschläge finden wir gut, andere dagegen umständlich oder sogar irreführend.
Viele Beiträge haben eine kommerzielle Sicht auf das Konzept – sie verwenden Begriffe wie Kommerzialisierung, Monetarisierung und Produkt. Dies ist angesichts der Zielgruppe der Befragung vielleicht nicht überraschend, aber Innovation kann auch jenseits von Märkten und Kundenbedürfnissen passieren – Es war auch eine Innovation, als Ludwig van Beethoven 1808 die Posaune in das Symphonieorchester einführte.
Wir haben die Antworten aus der Umfrage übersetzt. Dabei haben wir uns bewusst ganz dicht an die Originale gehalten – die teilweise holprigen Formulierungen sind also kein Ergebnis unserer mangelhaften Übersetzungsfähigkeit! Darüber hinaus haben wir unsere eigene Definition an den Anfang der Liste gesetzt.
Die ersten 1+9 Einträge sind unsere Favoriten und beantworten am besten die Frage, Was ist Innovation?
- Die erfolgreiche Einführung von etwas, was neu und nützlich ist (Zephram)
- Der Prozess der Nutzbarmachung neuer, problemlösender Ideen
- Neue Ideen, erfolgreich angewandt
- Die Dinge auf neue Weise tun oder neue Dinge erschaffen, die eine wichtige Wirkung haben
- Die vorteilsbringende Anwendung von Wissen und Kreativität um das, was noch nicht existiert, zu entdecken und zu verwirklichen
- Wertschöpfung aus Ideen, die für einen neu sind
- Kreatives Denken, das Nutzen stiftet, oder in zwei Worten “bedeutsam einzigartig”
- Etwas Neues oder Andersartiges, das einen größeren Wert oder einen Vorteil bietet
- Der Einsatz von neuen Ideen bzw. existierenden Ideen in einem neuen Kontext, um einen Wandel herbeizuführen, der einen Mehrwert bereitstellt
- Das Ergebnis eines kreativen Prozesses, der einen Mehrwert für die Gesellschaft bringt
Die restlichen Vorschläge 11-34 sind für uns aus verschiedenen Gründen weniger gut. Viele, weil sie nur eine kommerzielle Perspektive enthalten oder weil ihnen der Aspekt des Vorteils bzw. Fortschritts oder Nutzens fehlt.
- Die kreative Entwicklung von Lösungen für echte und wichtige Kundenprobleme, die gewinnbringend vermarktet werden
- Erschaffung eines wettbewerbsfähigen neuen Angebotes
- Alles, was irgendetwas verbessert
- Neue Arten der Wertschöpfung oder der Monetarisierung
- Der tatsächliche Einsatz eines nicht-trivialen Wandels und einer Verbesserung eines Prozesses, Produktes oder Systems, die für die Organisation, die sie einführt, neu sind
- Gewinnbringender Wandel
- Die Einführung von etwas Neuem in irgendwas oder irgendwo
- Eine Idee, die ihrem Markt entspricht
- Aktivitäten, die Kunden ein neues, wiederholbares (skalierbares) Konzept bringt
- Forschung ist die Verwandlung von Geld in Wissen. Innovation ist die Rückübertragung von Wissen in Geld.
- Erfolgreich angewandte Ideen
- Eine erfolgreich verwirklichte und breit akzeptierte Erfindung, die materiell oder nicht-materiell sein kann – ein Objekt, Prozess, Phänomen und/oder deren Kombination.
- Der Prozess der Erschaffung einer neuen Produkt- oder Dienstleistungslösung, die wesentlichen neuen Kundennutzen bereitstellt
- Der Prozess der Verwirklichung einer Idee
- Das Ergebnis von: Ideen aus verschiedenen Sektoren kombinieren + aktuelle Einsichten + ein Bedürfnis befriedigen
- Neues Geschäft mit neuem Geld
- Erfolgreiche Kommerzialisierung einer Idee, die für irgendeinen Stakeholder Nutzen schafft
- Kulturwandel
- Fortschritt, der eine wichtige Verbesserung in der Lebensqualität bewirkt
- Der Vorgang der Übertragung einer Idee vom Einfall bis zur Kommerzialisierung (Wertschöpfung)
- Erfolgreiche Einführung mehrwertigen Wandels (Neuheit) im Wirtschafts-, Gesellschafts- und Umweltbereich
- Der erfolgreiche Einsatz neuer Ideen oder Wege, um bestimmte Bedürfnisse zu erfüllen
- Kommerzialisierung neuartiger Ideen
- Erzeugter Mehrwert für gesellschaftlichen Wandel
von Graham Horton

Wofür geben Sie beim Friseur Geld aus?
Dies ist keine Trickfrage, aber die Antwort ist wahrscheinlich dennoch nicht die, die Sie erwarten. Beim Friseur geben Sie Ihr Geld nämlich nicht für Haare schneiden, fönen, färben oder Ähnliches aus, auch wenn diese Dienstleistungen auf der Rechnung stehen mögen.
Es gibt im Wesentlichen nur zwei Gründe, um zum Friseur zu gehen: entweder um ein gutes Gefühl (z.B. sich attraktiv fühlen) zu bekommen oder um ein lästiges Problem (die Haare sind schon wieder zu lang) möglichst effizient zu lösen. Der erste Grund gilt in der Regel eher für Frauen und der zweite für Männer – darum sehen die Dienstleistungen (und die Preise!) bei Damen und bei Herren so unterschiedlich aus. Solche Gründe für einen Kauf werden Nutzen oder Kundennutzen – auf englisch (customer) value – genannt. Der Kundennutzen ist das, was ein Kunde sich letzten Endes von der Nutzung eines Produktes bzw. der Inanspruchnahme einer Dienstleistung verspricht.
Das Problem mit dem Kundennutzen
Ein häufiges Problem bei Startup-Gründern ist, dass sie sich keine Gedanken um den Nutzen ihrer Angebote machen. Sie sind oft so stark mit den Einzelheiten ihrer Produkte beschäftigt, dass sie den Blick für ihre Kunden aus den Augen verlieren. Es fällt ihnen dann schwer, wirksame Kaufargumente zu finden, wenn sie anfangen, ihr Angebot zu vermarkten.
Andere Gründer denken zwar schon an ihre Kunden, verwechseln aber Produkteigenschaften mit Kundennutzen. So stellt beispielsweise eine Aluminiumkarosserie bei einem Auto keinen Kundennutzen dar. Selbst die positiven Konsequenzen daraus – kein Rosten und ein geringeres Fahrzeuggewicht – sind keine Kundennutzen. Der Kundennutzen ist im Wesentlichen Geld sparen (weil der Kraftstoffverbrauch geringer ist und keine Rostbehandlungen nach ein paar Jahren erforderlich werden).
Startup-Gründer müssen den Nutzen ihrer Produkte oder Dienstleistungen genauestens verstehen, sonst können sie keine Marktpositionierung finden und keine wirksamen Verkaufsargumente entwickeln.
Was ist ein Nutzenversprechen?
Die beste Erklärung für einen Kunden, warum er ein Produkt kaufen soll, ist das sogenannte Nutzenversprechen (englisch: Value Proposition). Dies ist eine kompakte Aussage, die die besonderen Vorteile des Produktes zum Ausdruck bringt.
Es gibt nur wenige Arten von Kundennutzen; Wir beschreiben sie mit unserer PERFECT-Checkliste:
- Problem: Ein Problem des Kunden lösen.
- Environment: Das Produkt in sein Umfeld besser integrieren.
- Risk: Ein Risiko des Kunden verringern.
- Feelings: Beim Kunden ein positives Gefühl bewirken (oder ein negatives Gefühl verringern bzw. vermeiden).
- Efficiency: Die Effizienz oder die Produktivität des Kunden erhöhen.
- Convenience: Den Komfort für den Kunden erhöhen.
- Total Costs: Die Belastungen für den Kunden reduzieren.
Ein Nutzenversprechen enthält eine oder mehrere dieser Nutzenarten – entweder indem es sie explizit benennt oder sie indirekt andeutet.
Das perfekte Nutzenversprechen formulieren
Das Nutzenversprechen steht an zentraler Position im Werbematerial und auf der Landing Page eines Produktes.
Das optimale Nutzenversprechen erklärt einem Kunden sofort, worum es bei einem Produkt geht und lockt ihn zum Weiterlesen an. Dazu sollte es fünf Eigenschaften haben, die wir mit dem Akronym KAESE beschreiben:
- Kompakt. Der Text sollte mit einem einzigen Blick erfasst werden können, muss also sehr kurz sein. Im Idealfall umfasst er weniger als 10 Wörter und kann gleichzeitig als Tagline verwendet werden.
- Attraktiv. Natürlich muss das Produkt attraktiv für den Leser erscheinen – seine Vorteile müssen klar ersichtlich sein.
- Einprägsam. Der Text sollte in Erinnerung bleiben. Dies erreicht man beispielsweise durch Humor oder ein bemerkenswertes mentales Bild.
- Spezifisch. Das Nutzenversprechen muss sich klar auf das Produkt beziehen und am besten konkrete Angaben machen. Allgemeinplätze und eine unverbindliche Sprache lösen nur eine schwache Reaktion beim Leser aus.
- Einzigartig. Das Versprechen sollte einmalig sein im Vergleich zu den Alternativen. Dies kann durch Superlative erreicht werden („schnellste, größte, komfortabelste, …“).
Ein Beispiel: Das Apple iPod
Das Musikabspielgerät iPod wurde 2001 von Apple eingeführt. Es hatte damals mehrere innovative Merkmale, zum Beispiel:
- Das charakterische Drehrad als zentrales Bedienelement
- Eine Bildschirmanzeige
- Schnelles Download der Musikdaten vom Rechner
- 4″ x 2,4″ x 0,8″ Größe
- Eine sehr kompakte Festplatte mit 5GB Speicherplatz
- 10 Stunden Akkulaufzeit
Mit einer solchen Fülle an attraktiven Merkmalen hätte es viele Möglichkeiten für Werbetexte gegeben, zum Beispiel…
- Sehr handliches Format!
- Noch nie so viel Speicher in einem so kleinen Gerät!
- Superschnelles Download!
- Einfach zu bedienen durch das innovative Drehrad
- Der einzige MP3-Spieler mit Bildschirmanzeige
Derartige Behauptungen sieht man in der Werbung jeden Tag. Manche von ihnen beschreiben einen Kundennutzen (handlich, schnell, einfach) – andere dagegen nicht (innovatives Drehrad, Bildschirmanzeige).
Apple hat eine geniale Lösung für das Nutzenversprechen gefunden, die heute – 15 Jahre und 24 Modelle später – immer noch bekannt ist:
1,000 songs in your pocket
Apple hat der Versuchung widerstanden, zu viele Vorzüge in den Text hinein zu quetschen; Sie haben sich auf nur zwei beschränkt: den Speicherumfang und die kompakte Bauweise. Diese haben sie auch nicht explizit genannt, sondern in einem Vorstellungsbild kombiniert: 1,000 Lieder in deiner Jackentasche zeigt jedem sofort, welchen Vorteil er von dem iPod hat. (Damals waren Geräte mit einem vergleichbaren Speicher wesentlich größer und unpraktischer.)
Apples Nutzenversprechen – das zugleich auch als Werbespruch genutzt wurde – erfüllt die KAESE-Kriterien eindeutig:
- Kompakt. Ja: Es besteht aus nur sechs Wörtern.
- Attraktiv. Ja: Wer möchte nicht seine komplette Musiksammlung bei sich tragen können?
- Einprägsam. Ja. Der Text ist sogar heute noch bekannt.
- Spezifisch. Ja. In die Tasche passen ist ein sehr konkretes Bild.
- Einzigartig. Ja. Es gab damals kein anderes Gerät, das nur annähernd das Gleiche versprechen konnte.
2001 umfassten die Musiksammlungen der meisten Menschen zu Hause nicht mehr als 1,000 Lieder (auf etwa 80 bis 100 CDs), sodass das iPod die komplette persönliche Musikbibliothek speichern konnte – in einem Gerät, das nur etwa die Größe einer Zigarettenschachtel hatte. So könnte man sich auch die folgende KAESE-Lösung vorstellen:
All your music in the palm of your hand
Bedeutung für Startup-Gründer
Gründer müssen sich gedanklich in die Situation ihrer Zielgruppe versetzen und die Frage beantworten, welche Vorteile sie durch die Nutzung ihres Produktes bzw. ihrer Dienstleistung haben. (Diese stimmen nur selten mit Produkteigenschaften überein – ganz gleich wie stolz die Gründer auf diese Eigenschaften sein mögen!) Je klarer die Gründer ein Nutzenversprechen nach den KAESE-Eigenschaften formulieren können, desto leichter und schneller werden sie ihre Zielgruppe von ihrem Angebot überzeugen können.
Bildquelle iPod: Wikipedia
von Graham Horton

Welche Features sollte ein MVP enthalten?
Eine Entscheidungshilfe für Startup-Gründer
In seiner bekanntesten Form ist ein Minimum Viable Product (MVP) eine vorläufige Version eines Produktes mit dem Nutzerfeedback eingesammelt und die Markttauglichkeit geprüft werden. MVPs spielen bei vielen Startups eine zentrale Rolle.
Für die Funktionalität eines MVPs gilt: „So umfangreich wie nötig und so einfach wie möglich“. Dies führt zur Frage, welche Features zum Minimum Viable Product gehören müssen und welche (vorerst) nicht realisiert werden sollten. Wir stellen einen Leitfaden vor, der Gründern hilft, diese schwierige Entscheidung zu treffen.
Was ist ein Minimum Viable Product?
Modern geführte Startups gehen nach der Lean Startup-Methode vor. Lean Startup basiert auf der Prämisse, dass die Gründer zu Beginn nichts über die Kunden und deren Wünsche wissen. Demnach werden alle Faktoren, von denen der zukünftige Geschäftserfolg abhängt, als ungesicherte Annahmen betrachtet, die sorgfältig geprüft werden müssen. Auf diese Weise schützen sich die Gründer vor vermeidbaren Fehlentscheidungen.
Das Minimum Viable Product ist ein Kernelement der Lean Startup-Methode. Es wurde von Eric Ries in seinem Buch „The Lean Startup“ wie folgt definiert:
Die Version eines neuen Produktes, die es dem Gründer-Team ermöglicht, mit dem geringstmöglichen Aufwand die größtmögliche Anzahl an validierten Erkenntnissen über seine Kunden zu gewinnen.
Das MVP ist also ein Versuchswerkzeug, mit dem Experimente durchgeführt werden.
Für ein MVP gelten zwei Ziele, die sich aber widersprechen. Einerseits sollte das MVP so einfach wie möglich sein, damit es schnell entwickelt werden kann. Andererseits muss es ausgereift genug sein, um den Nutzern ein Bild von dem zukünftigen Produkt und dessen Vorteilen zu geben.
Mit dem folgenden Leitfaden können Gründer eine optimale Auswahl der Features für ein MVP treffen.
Anwendungsbeispiel: Der Airchecker
Wir nutzen im Folgenden ein fiktives Beispiel, um den Entscheidungsprozess für das MVP zu erläutern.
Beispiel |
Die Gründer der Luftschnüffler GmbH haben ein innovatives Gerät entwickelt, das sie Airchecker nennen. Der Airchecker kann viele Arten von Luftbelastung feststellen – unter anderem Staub, Pollen, und Bakterien sowie diverse Haushalts- und Industriechemikalien. Das Gerät ist nur so groß wie eine Streichholzschachtel und überträgt seine Messdaten an ein Smartphone, wo sie gespeichert und angezeigt werden.
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Das Vorgehen in sechs Schritten
1. Zielgruppe: Wer sind unsere Early Adopters?
Startups haben in der Regel nicht genug Ressourcen, um von Anfang an ihren gesamten Markt zu bedienen. Stattdessen wählen sie einen sogenannten Brückenkopf-Markt – den Teilmarkt, den sie am leichtesten erobern können. Erst wenn sich das Startup im Brückenkopf-Markt erfolgreich etabliert hat wendet es sich dem großen, breiten Markt zu.
Die Mitglieder des Brückenkopf-Marktes werden Early Adopters genannt. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ein überdurchschnittlich starkes Bedürfnis nach der Lösung haben, die das Startup anbieten will. Ferner können die Gründer sie leicht ansprechen und mit ihnen kommunizieren.
Gründer müssen ihre Early Adopters sorgfältig auswählen und genau verstehen, denn sie bestimmen sowohl die Produktentwicklung als auch das Marketing.
Beispiel |
Für den Airchecker gibt es viele mögliche Anwendungsmöglichkeiten, zum Beispiel in Büros, Fabriken, Hotels und Privatwohnungen. Der Markt scheint also insgesamt sehr groß zu sein.
Die Luftschnüffler-Gründer wählen als Early Adopters die Bewohner von Altbauwohnungen, weil ihre Wohnluft oft höher belastet ist und sie (vermutlich) ein großes Interesse an Aufklärungsinformation haben. Außerdem sind sie leicht zu finden und anzusprechen.
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2. Bedürfnis: Welches Kundenbedürfnis wollen wir mit dem MVP lösen?
Ein Startup kann nur Erfolg haben, wenn es eine Lösung für ein Kundenbedürfnis bietet. Darum muss dieses Bedürfnis im Mittelpunkt der Produktentwicklung stehen.
Eine gründliche Analyse einer Zielgruppe wird mehrere Kundenbedürfnisse aufdecken. Beispielsweise wollen die Early Adopters von Airchecker die Wohnluft regelmäßig und in unterschiedlichen Räumen prüfen, und sie wünschen eindeutige Hinweise auf Stoffe, die gesundheitsschädlich sind oder Allergien auslösen könnten.
Startups positionieren ihr Produkte im Markt, indem sie für ein ausgewähltes Kundenbedürfnis eine wesentlich bessere Lösung anbieten als bisher verfügbar war. Das Minimum Viable Product muss auf jeden Fall dieses Zielbedürfnis befriedigen. Produktfunktionen, die weitere Kundenbedürfnisse bedienen, können später implementiert und in die Untersuchungen einbezogen werden.
Beispiel |
Die Gründer der Luftschnüffler GmbH haben mit Hilfe von Interviews mit Early Adopters bereits verschiedene Kundenbedürfnisse ermittelt. Das Zielbedürfnis dieser Gruppe haben sie als eine Antwort auf die Frage, „Gibt es ein Problem mit der Luft in meiner Wohnung?“ formuliert. |
3. Learning: Was wollen wir mit dem MVP lernen und wie machen wir das?
Nach der Lean Startup-Philosophie werden alle Faktoren, die dem Geschäftsmodell zugrunde liegen, als ungesicherte Annahmen behandelt, die geprüft werden müssen.
Das MVP dient dazu, die zentrale Annahme zu testen: Wird die Zielgruppe unser Produkt kaufen? Dabei spielen viele Aspekte eine Rolle, zum Beispiel die Funktionen des Produktes, seine Handhabung, den Wechsel- oder Einarbeitungsaufwand für die Nutzer und nicht zuletzt der Preis. Je nachdem, welche Annahmen getestet werden sollen, muss das MVP die entsprechenden Elemente bereitstellen. Außerdem muss es eine Möglichkeit geben, Feedback von den Nutzern zu erhalten, denn nur dann kann das MVP seinen Zweck als Lernwerkzeug erfüllen.
Beispiel |
Das Airchecker-MVP soll den Gründern helfen zu lernen, ob …
- das Produkt das Zielbedürfnis befriedigt,
- die Nutzer mit der Handhabung klarkommen,
- die Darstellung der Ergebnisse am Mobiltelefon hilfreich ist,
- die Nutzer tatsächlich wiederholte Messungen in verschiedenen Räumen durchführen,
- die Zielgruppe bereit ist, den vorgesehenen Kaufpreis zu bezahlen.
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Beispiel |
Das Nutzerfeedback zum MVP soll erfolgen, indem …
- das Nutzerverhalten automatisch protokolliert und analysiert wird,
- mit den Testpersonen ein Interview geführt wird,
- eine Sofort-Feedback-Funktion in die App eingebaut wird,
- den Testpersonen die Möglichkeit gegeben wird, das Produkt vorzubestellen.
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4. Feature List: Welche Features und Funktionen gehören hinein?
Nachdem die Lernziele für das MVP festgelegt worden sind, wird eine Liste der Produktfeatures und -funktionen erstellt. Diese Liste enthält alle Ideen zum Produkt, die bereits entwickelt worden sind. Die Gründer sollten bei der Listenerstellung ihre Fantasie frei laufen lassen, denn schon eine einzige innovative Idee kann den Erfolg des Produktes bewirken. Die kritische Auseinandersetzung mit den Ideen erfolgt erst im nächsten Schritt.
Gründer haben in dieser Phase ein Problem, denn sie kennen ihr zukünftiges Produkt schon und können dadurch leicht übersehen, was einem neuen Nutzer fehlen könnte. Dazu versetzen sie sich gedanklich in die Situation ihrer Nutzer und versuchen, ihr Produkt durch deren Augen zu erleben: Wo und wann setzen sie das Produkt ein? Welches Wissen und welche Erwartungen haben sie? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, um das Produkt zu verwenden? Was muss das Produkt leisten, damit die Nutzer erkennen, dass ihr Zielbedürfnis in hohem Maße befriedigt worden ist?
Beispiel |
Die Gründer schreiben eine lange Liste von Features für den Airchecker:
- Chemikaliendetektion
- Pollenmessung
- Staubmessung
- Messung von Luftfeuchtigkeit, -druck und -temperatur
- Darstellung der gespeicherten Messwerte in einer Smartphone-App
- Messungen können unterschiedlichen Orten und Zeiten zugeordnet werden
- Hochladen der Messdaten in eine Online-Datenbank
- Website mit einer umfassenden Analyse der hochgeladenen Daten
- Ratgeber
- Notizenfunktion
- …
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5. Pruning: Welche Features können wir entfernen?
Die Feature-Liste ist für ein MVP viel zu lang, und die Gründer haben jetzt die Aufgabe, sie auf das Notwendigste zu reduzieren. Dies ist der schwierigste Teil des Prozesses, denn Gründer sind oft in ihre Erfindung verliebt und wollen ungern auf Features verzichten, auf die sie besonders stolz sind. Wichtig ist, zu bedenken, dass das Streichen eines Eintrags aus der Liste nicht deren Abschaffung bedeutet, sondern nur die Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt.
Der Leitgedanke bei der Listenkürzung sind stets die Lernziele und das Kundenbedürfnis; Alles, was nicht dazu beiträgt, gehört nicht in das MVP. Das Ziel eines Lean Startups ist, von der Zielgruppe schnell zu lernen, und aufwendige Entwicklungsarbeiten verzögern den Beginn des Lernprozesses.
Für jedes Feature muss eine Kosten/Nutzen-Abwägung getroffen werden: Lohnt sich der Entwicklungsaufwand im Hinblick auf den zu erwartenden Lerneffekt? Ist es möglich, den gleichen Lerneffekt mit einer einfacheren Funktion zu erzielen?
Beispiel |
Die Gründer von Luftschnüffler beschließen, die folgenden Einträge aus der MVP-Feature-Liste zu streichen, weil sie nur wenig zu den Lernzielen beitragen bzw. das Zielbedürfnis befriedigen. Die Funktionen können zu einem späteren Zeitpunkt untersucht und gegebenenfalls verwirklicht werden.
- Ratgeber
- Analyse-Website
- Hochladen in die Online-Datenbank
- Notizenfunktion
- Messung von Luftfeuchtigkeit, -druck und -temperatur
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6. Viability: Ist das MVP als Produkt realistisch?
Das MVP muss so einfach wie möglich sein, um schnell Nutzerfeedback sammeln zu können. Gleichzeitig aber muss es ein plausibles Produkt sein, für das die Zielgruppe bereit ist, Geld auszugeben. Aus diesem Grund wird im letzten Schritt geprüft, ob es diesem Anspruch gerecht wird. Gegebenenfalls müssen Funktionen oder Features ergänzt werden.
Die folgenden Fragen helfen, diese Prüfung vorzunehmen:
- Kommt der Nutzer mit dem MVP klar?
- Erlebt der Nutzer, was er erleben soll?
- Wird das Zielbedürfnis durch das MVP befriedigt?
- Erkennt der Nutzer die Vorteile des Produktes, insbesondere gegenüber möglichen Alternativen?
- Erfüllt das MVP Mindestanforderungen an Sicherheit, Qualität und Zuverlässigkeit?
Beispiel |
Die Gründer sind der Meinung, dass Airchecker die folgenden Funktionen benötigt, um das Ziel zu erreichen:
- Email-Funktion: Der Nutzer kann die Messwerte aus der App als Email versenden. Dies ist wichtig, um die Messdaten dokumentieren zu können und kann viel schneller implementiert werden als das Hochladen in eine Online-Datenbank.
- Richtwertvergleich: Die App vergleicht die Messwerte mit anerkannten Richtwerten und zeigt eine Warnung an, wenn sie überschritten werden. Diese Funktion trägt dazu bei, das Zielbedürfnis „Gibt es ein Problem mit der Luft in meiner Wohnung?“ zu befriedigen.
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Praxistipps
Die Wahl der Features im Minimum Viable Product ist eine schwierige, aber wichtige Aufgabe. Sorgfältige Experimente können die Erfolgschancen für ein Produkt erheblich steigern. Schlecht durchdachte Experimente können dagegen zu falschen – und potenziell fatalen – Schlussfolgerungen führen.
MVP-Experimente können schwer zu interpretieren sein, denn negative Ergebnisse können verschiedene Ursachen haben. Die Ablehnung eines MVPs durch eine Testperson muss nicht bedeuten, dass es seinem Bedürfnis nicht entspricht. Möglicherweise fehlte der Testperson nur ein kleines Stück Information, oder sie kam einfach mit Nutzerschnittstelle nicht klar. Aus diesem Grund ist es wichtig, Interviews mit den Testpersonen zu führen, oder besser noch ihnen bei der Nutzung live über die Schulter zu schauen.
In der Praxis wird nicht nur eine, sondern eine ganze Reihe von MVPs gebaut, denn falsche Annahmen müssen verworfen und durch neue ersetzt werden, was jeweils ein neues MVP nach sich zieht. Diese Lernschleifen – Iterationen genannt – sind ein typisches Merkmal von Lean Startups. Erst nach einigen solchen Iterationen entsteht ein Minimum Viable Product, das den begehrten Nachweis der Markttauglichkeit liefert.
Trotz des Aufwandes für die Experimente lohnt es sich, MVPs einzusetzen. Sie können Gründer vor teuren Fehlentscheidungen bewahren und dadurch die Erfolgschancen für ihr Startup positiv beeinflussen.
von Graham Horton

Wir haben unsere Website idea-engineering.de überarbeitet. Sie enthält jetzt einen Überblick über unsere wichtigsten Seminare und Trainings. Wir haben die Angebote in drei Kategorien eingeteilt: Ideenproduktion, Innovationsmanagement und Innovationsstrategie. Damit decken wir viele wichtige Themen ab, die für den Innovationsmanager und die erste Phase des Innovationsprozesses relevant sind.
Einen besonderen Platz hat unser Kernangebot, das Idea Engineering Seminar. In diesem Seminar zeigen wir kompakt die Grundprinzipien der Ideenfindung und Ideenbewertung, die das Ergebnis unserer Forschung zusammen mit Universität Magdeburg darstellen und die wir in allen Kundenworkshops einsetzen.
von Graham Horton

Nach jedem Projekt bitten wir unsere Teilnehmer, einen Feedback-Bogen auszufüllen. Dieser hilft uns, zu verstehen, ob es gelungen ist, dem Kunden zu helfen, seine Ziele zu erreichen und was wir verbessern können.
Bei einem Seminar vor Kurzem haben wir uns besonders darüber gefreut, dass wir von den meisten Teilnehmern eine „glatte eins“ bekommen haben 🙂
von Jana

Innovationen misslingen häufig
Jeder Innovations- oder Produktmanager ist bestrebt seine Innovationen zum Gelingen zu bringen. Bislang misslingen Innovationen immer noch häufig. Bei Zephram glauben wir, dass für den Erfolg oder Misserfolg einer Idee, die Umsetzungsart entscheidend ist. Warum? Weil eine Idee lediglich einen Kerngedanken einfängt. In den seltensten Fällen entspricht der erfolgreiche Dienst, das erfolgreiche Produkt oder das erfolgreiche Geschäftsmodell noch haargenau der ursprünglichen Idee.
Das Innovationsmanagement ist nicht gut vorbereitet auf radikale Ideen
Nun ist aber genau für diese Wandelbarkeit einer Idee der übliche Ansatz im Innovationsmanagement sehr schädlich, denn er begreift eine Idee als etwas nahezu fertiges, nur noch nicht ganz vollständig ausgearbeitetes: Aus einer Menge von Ideen werden typischerweise nur einige nach einem Stage Gate Process ausgewählt und anschließend als Projekt nach dem Wasserfallmodell umgesetzt. Der Misserfolg ist damit aber schon vorprogrammiert: Wird die Idee erst einmal in einen abgesegneten Plan gegossen, die Budgets für dieses Innovationsprojekt eingestellt, erfolgt die Umsetzung nahezu sklavisch nach diesem Plan, selbst wenn sich erste Misserfolge absehen lassen. Erst nach der Realisierung dieses Projekts wird es erneut in Frage gestellt und dort stellt man nicht selten fest, dass man in der Planung von ganz anderen Prämissen ausgegangen ist. Die Folgen ziehen nicht selten das Scheitern des Projekts mit sich bzw. teure Anpassungen. Mit dem Bewusstsein, dass eine Idee, und besonders radikale Ideen, noch sehr wandelbar sind, erscheint der übliche Innovationsmanagementansatz wie reine Geldverschwendung.
In der Ideenfindung fragen wir uns nun, wer hat solch ein Problem schon einmal gelöst, etwas noch Unreifes zum Erfolg zu bringen?
Lean Startup als Inspiration für Lean Innovation
Genau mit diesen Schwierigkeiten kämpften auch Startups, ganz besonders zu Zeiten der Dotcom-Blase, wo Millionen von Dollar an Startups verschwendet wurden – vor allem weil sie nach dem Wasserfallprinzip vorgegangen sind (z.B. Webvan). Eric Ries und Steve Blank entwickelten daher eine neue Methode, um Startups dabei zu helfen effizienter und schneller zum Geschäftserfolg zu kommen. Das Besondere an dieser Methode ist, dass sie die „Unreife“ einer Geschäftsidee direkt adressiert, indem sie zunächst nur als Hypothese betrachtet wird. Das bedeutet, dass uns unsere Idee nur eine Vermutung aufzeigt, welches Produkt zu welcher Zielgruppe passen könnte. Vom ersten Tag geht daher ein Lean Startup „raus“ und validiert ihre Geschäftsidee auf allen Geschäftsmodellebenen. Die Vorteile dadurch sind: eine schlechte Idee wird schnell entlarvt, Zeit wird nicht an einer perfekten aber marktlosen Produktentwicklung verschwendet und das Managementteam erhält Steuerungsmechanismen für die Geschäftsmodellentwicklung.
Lean Innovation Management als Lösung
Auch Steve Blank, schreibt einen Artikel darüber, wie Lean Startup nun auch Unternehmen dabei helfen kann schneller zu innovieren – er nennt es Lean Innovation Management. Blank beschreibt darin, dass Unternehmen schon sehr gut darin sind Verbesserungen an ihrem aktuellen Geschäftsmodell vorzunehmen, aber oft daran scheitern, größere Innovationssprünge zu unternehmen. Gerade bei radikalen Neuerung sind auch gestandene Unternehmen Neueinsteiger, die wie ein Startup mit Ungewissheiten umgehen müssen. Mit der Lean Startup Methode lässt sich die Erfolgswahrscheinlichkeit insbesondere für radikalere Neuerungen auch bei bestehenden Unternehmen erheblich steigern (z.B. neue Geschäftsmodelle, Produkterweiterungen).
Lean Innovation Management aus unserer Sicht
Wie das Innovationsmanagement von Lean Startup in unseren Augen profitieren kann:
- Es ist nichts sicher bei einer neuen Unternehmung, egal ob es sich dabei um eine Idee für ein gesamtes Geschäftsmodell, ein Produkt oder einen Service handelt.
- Statt aufwendige Business Pläne zu verlangen, nutze ein einfaches aber gut durchdachtes Geschäftsmodell als Entwicklungsgrundlage. Dadurch lassen sich auch wesentlich schneller Änderungen dokumentieren und kommunizieren.
- Behandle alle Faktoren in diesem Geschäftsmodell als Hypothesen. Kein Faktor ist validiert solange dort nicht ein Experiment Fakten geschaffen hat – nicht die erdachte Lösung, nicht das vermutete Problem der Zielgruppe, nicht einmal die Zielgruppe selbst.
- Überprüfe die Hypothesen konsequent. Für jede Hypothese braucht es ein Experiment, das die Hypothese belegt bzw. widerlegt. Die ersten wichtigen Hypothesen beziehen sich darauf, ob die Zielgruppe überhaupt die Lösung in Anspruch nehmen würde oder für die Lösung zahlen würde.
- Prüfe alle Hypothesen bis sie valide sind.
- Sind nicht alle Hypothesen validiert wurden, dürfen in die Unternehmung keine großen Investitionen fließen. Ausgaben in dieser Phase haben zum Ziel das Marktrisiko zu verringern. Es braucht daher nur so viel Investments, wie nötig sind, diese Risiken weitestgehend auszuräumen. Erst nach der Validierung werden große Mengen Geld für die Skalierung benötigt.
- Das Ziel dieser Etappe ist, wenn dann schnell zu scheitern. Das führt nämlich zu Gewissheit über die Erfolgswahrscheinlichkeit der Idee und senkt die damit verbundenen Kosten.
Unterschied Lean Startup und Innovation Management
Dazu braucht es allerdings einen extremen Wandel im Denken und Handeln von großen Unternehmen, um Lean Startup für sich einzusetzen. Hier zeigen wir, welche Unterschiede gerade existieren: Warum Konzerne sich immer noch schwer tun, zu innovieren?
Bildquelle: Stockvault